Gegen Abend hatte ich dann irgendwie eine Idee. Ich rief den Zimmerservice und bestellte mir Erdbeeren und ein Gläschen Sekt. Gekühlt natürlich. In mir hatte sich eine Idee festgesetzt. Aber ob das so eine gute Idee war. Das musste ich Lilly fragen.
Claire: Lilly, hast du Zeit?
Lilly: schon, hab gerade Pause.
Claire: ich hab da so eine bescheuerte Idee. Jessy und ich haben das mal gemacht.
Lilly: Echt? Erzähl?
Claire: Nun. Jessy und ich hatten ein Date. Ein virtuelles Date.
Lilly: Klingt spannend.
Claire: War es auch, bis... Dan den Unfall an dem Abend hatte...
Lilly: Oh!
Claire: Ja :(
Lilly: Darf ich fragen, mit wem du ein virtuelles Date haben willst?
Claire: Ganz einfach. Mit Jake! Nur... Weiß ich nicht, ob er da mit machen würde.....
Lilly: Frag ihn einfach, ich meine, das ist eine nette Idee.
Claire: Falls nicht hab ich mir umsonst Erdbeeren und Sekt bestellt....
Lilly: Gleich in die Vollen, wie :)
Claire: NO Risk, NO Fun!
Lilly: Frag ihn! Ich finde das süß.
Claire: Danke dir, ich werde ihn gleich fragen ;)
Damit war das schon mal beschlossen. Ich schaltete den TV aus, weil jetzt nichts mehr lief, was mich interessieren könnte. Jake war wichtiger. Und ich wollte ein Date. Oder eben ein virtuelles eben. Besser als nichts, also öffnete ich seinen Chat.
Claire: Ich hab eine Idee!
Ich schrieb das einfach und schickte es ab, in der Hoffnung, das wir ein wenig reden konnten, und ich mal seine wahre Stimme zu hören bekam. Immerhin hatte ich ja nur die verzerrte Version davon zu hören bekommen. Und ich war vielleicht auch etwas neugierig.
Jake: Was für eine?
Claire: Wir gehen auf ein Date!
Jake: Ein Date? Wie?
Claire: Beruhige dich, kein normales Date, du brauchst nirgends hin zu kommen. Ich meine ein virtuelles Date!
Jake: Ein Virtuelles Date? Wie soll das funktionieren?
Claire: Lass mich doch erst mal erklären :)
Jake: Da bin ich jetzt doch etwas gespannt.
Claire: Eigentlich war es Jessys Idee, als wir nach Hannah gesucht haben. Wir machen einfach einen Videocall. Und ja du musst nicht unbedingt vor die Kamera, wenn du das nicht willst, ja? Und Jake?
Jake: Was denn?
Claire: Keinen Stimmverzerrer, ich will dich hören und nichts anderes. Also, kannst du das für mich tun?
Es dauerte etwas, er schrieb etwas und löschte es wieder, ehe da eine Antwort stand, die mich zufrieden stellte.
Jake: Na gut. Was für Bedingungen gibt es noch?
Claire: Hast du was zu trinken da? Egal was?
Jake: Lässt sich einrichten. Ich begnüge mich aber mit Wasser. Was anderes ist nicht da.
Claire: Das doch auch etwas, ich nehme Sekt und Erdbeeren :P
Jake: Seit wann hast du diesen Gedanken?
Claire: Sagen wir so, seit kurzem, hab es auch schon bestellt. Sollte gleich da sein. Dann geht es los :) Freue mich.
Jake: Wieso lass ich mich dazu überreden?
Claire: Hm, lass mich raten, du bist bei mir weich geworden, hm?
Jake: Möglich ;) Eine Frage habe ich noch. Bleibt alles unter uns?
Claire: Natürlich ;) Ich hatte nur den Gedanken, das ich mal deine wahre Stimme hören möchte. Sehen muss ich dich noch nicht, wenn du das nicht willst. Wir gehen das langsam an, aber auch das kommt irgendwann, ja?
Jake: Na gut, irgendwann, wenn ich nicht mehr auf der Flucht bin.
Claire: Der Zimmerservice ist da ich geh es holen. Bis gleich.
Damit verließ ich das bequeme Bett und trottete freudig zur Tür. Ich war schon ein wenig aufgeregt, aber bei Jake war das denke ich normal. So wäre ich mit Tobi nie umgegangen. Tobi war auch etwas anderes, er hatte mich nie so in seinen Bann gezogen.
Obwohl ich Jake vor einigen Wochen auch nicht wirklich kannte. So war es immer noch, und das obwohl Gefühle im Spiel waren. Und da war es doch nur üblich, das man etwas vom Partner mochte. Und ich wollte ihn jetzt einfach nur hören. Sehen war dabei noch nicht so ganz drin. Das ahnte ich. Jake war nämlich verdammt schüchtern.
In meiner Vorstellung war er zwar größer als ich, aber trug immer einen Hoodie in Schwarz natürlich, das passte zu seinen schwarzen Haaren die etwas abstanden. Was mich meistens zum schmunzeln brachte. Irgendwie komisch, das ich jemanden mochte, den ich bis dato noch nie gehört und gesehen hatte. Aber Jake übte ein bisschen Faszination auf mich auf. Was schon ein bisschen komisch war. Ich war die erste bei der er sich ein wenig geöffnet hatte und etwas von sich preis gegeben hatte, auch wenn er es gar nicht gewollt hatte.
Ich nahm die Bestellung entgegen und fuhr den Wagen ins Zimmer, und zahlte ein kleines Trinkgeld und bedankte mich. Zumindest war jetzt alles anwesend. Ich musste nur eine gute Position finden, in der ich das Smartphone stellen konnte. Damit Jake auch sah,d as ich was hatte, wenn er darauf sah. Ich fragte mich, ob er sich doch überwand und ich ihn zu Gesicht bekam. Auch wenn mir das jetzt noch nicht wichtig war.
Ich wollte ihn ja schließlich auch nicht unter Druck setzen. Immerhin war er immer noch auf der Flucht. Und ich wollte ihn so wenig wie möglich in Gefahr bringen. Auch wenn das vielleicht in den nächsten Tagen nicht mehr der Fall sein würde. Wenn Tobi es schaffte und anwesend war.
Ich schrieb ihm kurz oder wollte. Da er ja auch ein wenig Zeit hatte sich das Wasser zu holen, da wir ja jetzt gleich ein Date haben würden. Als ich auf das Display sah, standen da zwei Nachrichten:
Lilly: Viel Spaß ;)
Jake: Das ist so bescheuert....
Und ich glaube ich wusste wie das gemeint war. Damals als ich mit Jessy so etwas gemacht hatte, war es auch etwas komisch gewesen. Zumindest zum Anfang. Es war dann aber auch witzig gewesen. Wir hatten ja auch darüber gelacht und uns einfach normal verhalten und uns fragen gestellt und einfach nur Smalltalk gemacht. Also schrieb ich ihm auch.
Claire: Wir müssen es ja nicht übertreiben. Wie wäre es mit Smalltalk?
Jake: Okay.... Bin bereit.
Und genau als das im Chat stand drückte ich auf die Videofunktion der Messengerapp und stellte es einfach hin. Ich räusperte mich etwas. Es war dennoch vielleicht ein bisschen peinlicher, als wenn man in einem Café saß. „Tja, da sind wir nun. Wie geht es dir?“, fing ich einfach mal an, weil das war ein guter Einstieg.
Ich sah zwar im Hintergrund, als er angenommen hatte einen PC und einen Stuhl der ihn zur Hälfte verdeckte. Außerdem war es vielleicht etwas dunkler als sonst. Aber es saß eindeutig jemand vor dem PC. Und wenn ich mich nicht irrte flirrte im Bildschirm des PCs das Bild, das ich ab gab, also das was meine Kamera einfing. Also hatte er wohl etwas gebastelt oder so etwas in der Art. „Du weißt, das das etwas peinlich ist.“, drückte er sich nervös aus.
Ich musste schmunzeln. Ja, ich konnte mir das gut vorstellen. „Hab dich nicht so, als ich das mit Jessy gemacht hab, war es anfangs auch so. Es kann aber ganz angenehm sein. Wenn auch etwas ungewöhnlich, oder?“, sagte ich und lächelte. „Nun jetzt weißt du zumindest auf was du dich einlässt.“, fügte ich hinzu.
„Schon, wie ist das Wetter bei dir?“, irgendwie war das auch die erste Frage die ich stellen würde. Einfach ein zwangloses Gespräch. Man musste ja jetzt noch nicht so persönlich werden.
„Draußen scheint die Sonne mit ein paar Wölkchen. Und bei dir, ist es Nacht, oder warum ist es so dunkel?“, fragte ich um ihn dazu zu bringen, es vielleicht ein wenig heller zu stellen, aber das musste er entscheiden.
„nein, ich hab es extra dunkel gemacht. Es ist Tag, aber auch hier scheint die Sonne.“, meinte er und ich hörte in seiner Männeraltstimme, das er so etwas wie schmunzelte.
„Du, was mir gerade in den Sinn kommt. Ich war ja die letzten Tage ja auch in Duskwood...“, fing ich an und trank einen Schluck.
„Was ist dir denn in den Sinn gekommen?“, wollte er nun wissen, und er schien auch etwas neugierig zu sein.
„Nun, vor dem Motel von Miss Walter ist ein Chinese. Das weiß ich, weil ich mit Lilly dort essen war. Kann es sein... als du mich nach meinen Lieblingsessen gefragt hast, dort warst, oder ist das Zufall?“, sinnierte ich und sah natürlich in die Kamera, während ich ein paar Erdbeeren verspeiste.
Es war etwas still geworden. „Kann schon sein.“, kam es dann etwas zögerlich.
Ich verzog das Gesicht. „Ach der gute Herr war in Duskwood, während er mich dazu nötigte dort zu bleiben wo ich war. Ist es weil du dir Sorgen gemacht hast.“, wollte ich dann wissen.
„Ja, ich mach mir auch jetzt Sorgen um dich. Wenn... Wenn sie herausfinden, das du mehr über mich weißt als andere, bist zu zu einer Zielscheibe geworden.“; murrte er etwas heiser und genervt.
„Ach komm schon. Wenn ich seit sechs Jahren auf der Flucht bin, dann weiß ich genau, wie schnell ich verschwinden kann. Mach dir darum keine Sorgen.“, meinte ich versöhnlich.
„Ich... mach mir aber Sorgen.“, kam es dann nur zurück.
„Jake, ich bin erwachsen, genau wie du, ich kann auf mich aufpassen. Und keine Sorge deine Geheimnisse sind auch die meinen.“, zwinkerte ich und trank in Ruhe meinen Sekt.
Er murrte leicht und etwas bewegte sich leicht. Als ich mitbekam, das er wohl einen Schluck trank. „Was ist eigentlich deine Lieblingsfarbe?“, begann ich ihm mal eine Frage zu stellen.
„Weißt du wie lang mich, das niemand mehr gefragt hat?“, lachte er etwas, und war wieder etwas lockerer drauf.
„Was denn, ich würde es eben gerne wissen. Und komm mir nicht mit Schwarz!“, lachte ich amüsiert.
„Was wenn ich dir sage, das ich auf Marineblau stehe.“ Eigentlich alles was so blaue Farben hat.“, meinte er.
„Dann werde ich meinen Gedächtnis löschen, damit das nie raus kommt. Top Secret.“, sagte ich und zog meinen Finger um über den Mund und warf den Schlüssel weg, was Jake wieder zum lachen brachte.
„Hast Recht, das macht sogar spaß. Zumindest etwas. Hätte ich nicht gedacht.“, sagte er. „Auch wenn es ein wenig anders ist, als ich mir das im Kopf vorgestellt habe.“; fügte er hinzu.
„In deiner Vorstellung sitzen wir beim Chinesen und sehen uns in die Augen, nicht wahr?“, sagte ich, wobei das nur eine Feststellung war.
„Kann sein.“, sagte er und ich sah so etwas wie ein nicken.
Obwohl ich zwar immer noch nicht wusste, wie Jake aussah, war es angenehm seine Stimme zu hören. Wenigstens ein Geheimnis das gelüftet war. Und mir gefiel die Tonlage in der er sprach. Sie war angenehm zu hören. Nicht zu hell aber auch nicht zu dunkel. „ich hätte noch so viel zu tun. Ist es okay, wenn wir hier Schluss machen?“, fragte Jake.
Ich verzog den Mund, sagte aber: „Können wir ja demnächst mal wiederholen. Was meinst du?“, fragte ich dann, bereit auf zu legen.
„Ja, können wir tun. Ich...“, begann er.
„Ich dich auch!“, streckte ich ihm spielerisch die Zunge raus, da er abrupt stoppte, hatte ich die letzten Worte die er mir geschrieben hatte in den Gedanken,. Er brauchte es mir nicht zu sagen. Und dann war der Call auch fürs erste beendet.
Es hatte einfach gut getan, zumindest waren wir jetzt mal einen Schritt weiter. Und es war einfach schön gewesen. Ich trank meinen Sekt, der übrig war und aß die Beeren in der Schale. Sie schmeckten fantastisch. Wir hatten gerade so etwas wie ein Dinner zusammen gemacht, wenn auch wir uns nicht persönlich gegenüber saßen.