Vor ein paar Tagen, als Jan die Information über die Außerirdische an Shay weitergeleitet hatte, saß er am Computer und rieb sich die Augen.
»Nun denn, lasst die Show beginnen!«, murmelte er, atmete tief ein und... »ACH DU HEILIGE SCHEIßE, WAS IST DENN DAS?«, schrie Jan auf einmal los. »HEY IST JEMAND IN DER NÄHE ... DAS GIBTS NICHT!!!!! HALLO!!!!«
Sein Geschreie wurde gehört und jemand der nebenan in einem anderen Büro saß, kam rübergestürmt.
»Was ist los?«, fragte derjenige und Jan hüpfte auf einem Platz und zeigte unkontrolliert mit dem Zeigefinger auf seinen Bildschirm.
»Da ...Da ... das musst du dir ansehen! Das gibts nicht ... Da ... da ist ein Raumschiff!« Jan fuchtelte weiter herum. »Das ... das ist doch ein Raumschiff, oder? Ich träume doch nicht, oder? Ich träume nicht, ganz bestimmt nicht ... Ein Raumschiff ... ein ... ein ...«
»Verdammt noch mal, ja ... Das sieht wie ein Raumschiff aus!«, sagte der andere und er schien sich besser unter Kontrolle zu haben, oder wohl eher, er glaubte es nicht. Denn es kam oft vor, dass Neulinge mit der größten Neuigkeit, Außerirdische oder Asteroiden oder Meteoriten oder sogar einen neuen Planeten entdeckt hätten, schnell aufsteigen wollten, aber sich dadurch total überschätzten oder ihre Lüge rauskamen. »Das muss der Vorgesetzte erfahren. Aber vorher Mr. Jänicke bitte koordinieren Sie die Spiegel A-78, A-79, A-80 und AA-01 auf diese Koordinaten, wo Sie das Raumschiff entdeckt haben!«, sagte er und er hörte sich noch nicht überzeugt an. Nervös nickte Jan und der Mann zog leicht überrascht die Augenbrauen hoch. »Warum ist er so hilfsbereit, wenn es sich eh als eine Lüge herausstellt!«, dachte er und blickte auf dem Bildschirm. »Aber wenn ich mir diese Bilder anschaue, ich kann nicht auf den ersten Blick erkennen, ob sie gestellt sind!«
»Ähm Sir, wären die Spiegel C-03, G-84 und AA-01 nicht besser dafür geeignet?«, fragte Jan vorsichtig.
»Das sind die Spiegel die, die größte Auflösung haben!«, sagte er überrascht, denn niemand konnten sich die Zuordnung der verschiedenen Spiegel so schnell merken. »Mit welchen Spiegel haben Sie ...«
»B-03 und B-04!«
»Ahh verstehe«, sagte nun der andere vorsichtig, denn diese zwei Spiegel waren auf den Jupiter fokussiert und sie schickten nur 1 Mal im Monat Bilder von dem Planeten und bis jetzt hatte sich noch niemand gefunden, um diese Spiegel neu zu kalibrieren.
»Okay stellen Sie die vier Spiegel, die ich vorhin erwähnt habe auf den Planeten Jupiter ein!«, sagte dieser und verließ Jans Büro.
»Was ist denn das für einer?«, brummte Jan vor sich hin und hatte nicht bemerkt, dass noch jemand mit in seinem Büro gekommen war. Der den aufgeregten dicken Mann das erste Mal sah und in seinen Gedanken nur eins aufkam. »MEINS« aber er riss sich zusammen und begnügte sich damit, dieses eine Wort ›meins‹ wie ein Mantra zu denken.
***
Hal war gerade in seine Schicht gekommen und schlürfte seine Konserve, als er das hysterische Geschrei hörte.
»Ah der Neue!«, belächelte er es nur. »Aber der ist mit seiner bahnbrechenden Neuigkeit aber sehr bald dran. Meistens warten die Neuen, mindestens ein Monat, oder er wird gerade von jemanden anderen verarscht.«
Dennoch war er neugierig und wollte das Büro betreten, als sein Kollege bereits augenverdrehend reinging. Er ging ihm hinterher und als er Jan ... seine Schweißperlen liefen ihm über sein rotes Gesicht. Seine Haare strubbelig durcheinander, sein Herzschlag ... hüpfte, wie Jan im gleichen Takt und der Geruch, der von ihm ausging. Hals Zähne wurden länger und er biss sich unbewusst in die Lippe. ›Meins!‹
Er brauchte seine komplette Konzentration, um ihr Gespräch mitzuverfolgen, und er schloss seine Augen.
»Er sagt die Wahrheit ... aber bei einem lügt er. Er hat es schon vorher gewusst! Wer ist er? Wer bist du, mein Gefährte?«, dachte Hal und blickte seinen Kollegen hinterher, der den Raum soeben verlassen hatte.
»Was ist denn das für einer?«, hörte er den Neuen vor sich hinbrummen und Hal trat aus dem Schatten.
»Einer der über dir steht!«, sagte er und Jan erschrak fürchterlich. Funkelnd und schwer atmend starrte er den ... wirklich gut aussehenden Mann, mit roten Augen und allem was, Mann begehrt, obwohl Jan der Meinung war auf Frauen zu stehen, vor sich an.
»Hallo mein Name ist Jan Jänicke und ich ... ich ... was ist das für ein Gefühl ... mein Kopf!« Jan fasste sich an den Kopf, denn er hatte plötzlich höllische Kopfschmerzen.
Hal stürmte auf ihn zu und fing den dicken Mann mit einer Leichtigkeit auf.
»Hey Jan, alles gut ... Jan ... schau mir in die Augen!«, sagte Hal und Jan tat es, obwohl es nicht seine Art war, auf einem fremden Mann geschweige denn Vampir zu hören, aber bei ihm ...
Ihr Blicke trafen sich und Hal fing wie ein Werwolf zu knurren an.
»Gedächtnislöschung ...! Ich werde denjenigen in Stücke reißen ...«
»Nicht ... ich weiß, wer mir immer das Gedächtnis löscht. Er tut es für mich, für meine Sicherheit ... aber ich ... ich ... es tut höllisch weh ...«
»Das jetzt mal beiseite ... ich hebe die Löschung auf!«, knurrte Hal weiter und kurz bevor, der Vorgesetzter mit jemanden anderem zurückkam, erinnerte sich Jan an alles, was der Dark Servant ihm gelöscht hatte.
»Er hat mich großgezogen. Er hat mich adoptiert. Ich bin sein Sohn ... GOTT was hat er alles ... ›Jan bitte, ich muss es tun. Ich liebe dich viel zu sehr, als das ich dich der Gefahr aussetzen will ... Mein Sohn ... du bist das Beste, was ich bekommen konnte ... wie gerne würde ich Papa wieder aus deinem Mund hören ...‹ und vieles, vieles mehr. Viele schöne Moment und auch viel Wissen, was wirklich seinen Tod hätte bedeuten können.
»Dark Servant ist mein Vater!«, kam es kaum aus seinem Mund und Hal, starrte seinen Gefährten fassungslos an. »Und dieses Gefühl, ich kenne dich, obwohl ich dich heute zum ersten Mal sehe ... das ist wie, wie die Beschreibung, wie ein Gefährtenband!«, sagte Jan gefasster und konnte nur noch lächeln.
»Das ist es auch ...!«, weiter sprachen sie nicht und blickten sich nur in die Augen.
Der magische Moment war vorbei und auch wenn Jan es nicht ständig tun wollte, so musste er seinen Gefährten ... Hal ... was für ein schöner Name immer wieder anschauen und Hal erging es nicht anders. Allerdings überfiel Jan der Gedanke, warum um Himmels willen, hatte sich das Schicksal so entschieden? Er war ein dicker, ein wirklich dicker und schwacher Mensch und sein Gefährte, er war, wie alle Vampire die Schönheit in Person.
***
Jan war mit der Einstellung der Spiegel fertig und es dauerte keine Sekunden und die ersten Bilder in der höchsten Auflösung erschienen auf dem Monitor. Jan hatte es so eingestellt, dass die Bilder automatisch gespeichert und auch sogleich angezeigt werden.
Hal saß neben ihm und fing an, über dieses Genie, was Jan an den Tag legte sich zu wundern.
»Sag mal, wie machst du das? Kein ITler schaffte es auf dieses Niveau ... und so schnell ...!«
»In den letzten 200 Jahren gelte ich mit von den drei intelligentesten Menschen auf der Welt. Wahrscheinlich bin ich der Intelligenteste überhaupt und das hier ... ist für mich Kindergarten! Es gibt nichts, was ich nicht knacken, berechnen, reparieren und zerstören mittels Technik und mein Verstand kann!«, sagte Jan.
Hal hörte, wie jemand in den Raum kam, und drehte sich um.
»Oh Hal, du bist da?«, sagte der, der vorhin augenverdrehend Jans Büro verlassen hatte und tat leicht überrascht. »Und was hat unser Neuer?«
»Die ersten hochauflösenden Bilder vom außerirdischen Raumschiff!«, antwortete Hal lapidar, so als ob es nichts besonderes wäre.
»WAS?«, rief nun der andere der vom Vorgesetzten geholt worden war.
»Ich schalte es auf den Monitor!«, sagte Jan und zeigte auf den großen Flachbildschirm. Alle beide standen im Büro, starrten auf den Flachbildschirm und keiner konnte es glauben, was sie sahen. Und alle fünf Sekunden kam ein neues Bild.
»Wenn du Feierabend hast, so würde ich mich gerne mit dir unterhalten«, flüsterte Hal in Jans Ohr.
»Warum? Wir können uns doch hier auch unterhalten?«
»Nicht unbedingt. Der Name Dark Servant, wird hier nicht gerne laut ausgesprochen. Er gilt als berühmt berüchtigt«, antwortet Hal und Jan erinnerte sich zurück, wie sich der Direktor benommen hatte, und musste unwillkürlich grinsen.
»Verstehe ... meine Schicht ist sowieso schon vorbei und ich denke, dass ich das den Obigen überlassen kann!«, sagte Jan und Hal nickte.
Jan packte seine Sachen zusammen und ging zu seinem Vorgesetzten, der als Erstes ins Zimmer gestürmt war und sagte, dass er Feierabend machte. Er nickte nur und starrte immer noch auf den Flachbildschirm. Der andere den er mit hergebracht hatte, war wieder gegangen.
***
Jan saß an einem Tisch, der wohl für Kurzgespräche oder Bewerbungsgespräche in Hals Büro stand und blickte sich um. Das Büro war wie ein gewöhnliches Büro eingerichtet worden. Keine besonderen Merkmale, was für die Spezialität der Nasa auszeichnete. Nur ein Kunstgemälde hing an der Wand, welches Jan, eh als eine billige Nachbildung erkannte und eine Uhr tickte leise über der Tür. Wirklich kein besonderes Büro.
Hal kam mit zwei Tassen Kaffee zurück in sein Büro und stellte eine Tasse vor Jan hin.
»Was machst du hier?«, fragte Jan, nahm die Tasse in die Hand und nippte daran.
»Das hier gehört zum Personalbüro mit. Aber es liegt woanders, als wo sich das Personalbüro befindet, aus dem einzigen Grund, weil dieses Büro, das einzige Büro mit Jalousien ist.«
»Ahh!«, sagte Jan und nippt noch einmal. Hal konnte seinen Blick nicht von Jans Adamsapfel nehmen und drehte sich abrupt weg. Jan bekam dies mit und wieder machte er sich Gedanken darüber, warum? Warum bekam er, ein fetter, schwabbeliger und schwacher Mensch, einen Vampir als Gefährten. Er war über 30 und hatte sich schon damit abgefunden, sein ganzes Leben alleine zu verbringen, aber nicht nur darüber machte er sich Gedanken. Er machte sich Gedanken über die gelöschten Erinnerungen. Alle Erinnerungen, die er von Dark Servant gelöscht bekommen hatte, hatte er sich freiwillig nehmen lassen und er konnte verstehen warum, sein Adoptivvater so gehandelt hatte. Manches war wirklich delikates Wissen.
Die letzte Löschung war, als sie herausgefunden hatten, das Phelan Talfon ein Omega war. Aber am Ende hatte er es dennoch noch einmal erfahren. Vor allem aber klopfte er sich selbst auf die Schulter, wie er diese Lücke, wieder mit irgendwelchen Informationen gefüllt hatte. Sein Verstand wäre damit nicht zurechtgekommen, wenn auch nur eine Sekunde gefehlt hätte.
»Wir haben jetzt etwas Zeit. Die Chefs, werden erst alles überprüfen und das wird dauern. Jan ich will dich nicht verurteilen, aber du hast es bereits gewusst, dass ein Raumschiff in unserem Sonnensystem aufgetaucht ist. Woher?«, fragte Hal und Jan verzog kurz seine Augenbraue. Er wusste, dass es nichts brachte, einen Vampir anzulügen, und rieb sich die Augen.
»Ich arbeite hin und wieder für Dark Servant und er hat mich hergeschickt, um den Bereich um Jupiter im Auge zu behalten!«, antwortete Jan und diesmal hob Hal seine Augenbraue.
»Und woher wusste er, dass ein Raumschiff genau da erscheint?«
»Tja, das weiß ich nicht! Aber wir sprechen hier von Dark Servant. Sein Verstand ist außergewöhnlich!«
»Nun das kann ich nicht beurteilen, ich kenne ihn nicht. Nur von Hörensagen. Ich weiß nur, dass er die einzige Person ist, die mein Bruder versklavt hat, und ich frage mich noch heute, warum er es getan hat. Mein Bruder ist nicht so ein ....«
»Warte ... warte ... wer ist dein Bruder?«
»Ach stimmt, ich habe mich noch gar nicht richtig vorgestellt!«, sagte Hal und stand auf. »Mit Verlaub!« Er verbeugte sich. »Ich bin Kronprinz Hal Leaffall, erstgeborener der Leaffall und Thronerbe! Aber ich habe auf den Thron verzichtet, weil das nichts für mich ist und mein jüngerer Bruder ist dann König geworden. Leider schleppe ich den Titel noch immer mit mir rum!«, sagte er und setzte sich wieder hin. »Mit anderen Worten, mein Bruder ist der jetzige Vampirkönig Ivo Leaffall! Aber ich war schon über ein halbes Jahrtausend nicht mehr im Königreich Leaffall und habe keine Ahnung, was dort abgeht!«
Im Normalfall würde Jan jetzt auf Abwehrhaltung gehen und Vorsicht walten lassen, aber dadurch, dass das Band geknüpft wurde, blieb er locker.
»Verstehe, dein Bruder ist der Vampirkönig. Na da kann man nichts machen. Wie heißt es so schön, die Verwandtschaft kann man sich nicht aussuchen!«, sagte Jan ziemlich trocken und Hal lachte laut auf.
»Da hast du verdammt noch mal recht!«, sagte Hal und sie versanken in ein tiefes Gespräch. Jan erzählte ihm viel über sich, auch über die Truppe und über die Prophezeiung und im Gegenzug erzählte Hal sehr viel über sich und es war bereits weit nach Mitternacht, als Jan gerufen wurden.
»Na es sieht so aus, als ob es losgeht!«, sagte Hal und grinste.
»Warum grinst du?«, fragte Jan.
»Nun, weil ich eine zukünftige und aufsteigende Berühmtheit, der die außerirdische Lebensform entdeckt hat, als Gefährten habe ... Rampenlicht, Fotoshootings und viele Interviews! Mal schauen, wie die Menschen die Außerirdischen bezeichnen werden. Sie werden bestimmt deinen Namen mit verwenden ...«
»Bloß nicht!«, murrte Jan und Hal lachte wieder.
Als sie Jans Büro betraten, war es mit Leuten überfüllt und alle Augen, manche hatten einen ängstlichen Ausdruck, andere waren voller Hoffnung, waren auf Jan gerichtet. Er wünschte sich ein Mäuseloch her.