Mir wurde heiß und kalt! Erinnerungen holten mich ein, von denen ich gehofft hatte, sie würden mich nie finden...
Egal, wer diese Frau auch sein mochte: Sie hatte ein Problem! Und zwar ein Gewaltiges. Und wie es aussah, hatte auch ich wieder dieses Problem!
"Hat sie jemand ins Taxi steigen sehen?" fragte ich sie scharf. "Ja...Nein!...Weiß ich nicht! Warum?" - "Weil die dann rausfinden wo sie sind!" Aber das können die nicht! Die sind keine Polizei. Die dürfen das gar nicht! Wozu gibt es Datenschutz?" - "DATENSCHUTZ? Sie glauben an Datenschutz? Sie Märchentante!!! Wir befinden uns in Lebensgefahr, ist ihnen das klar?! Das sind keine Security-Leute...Das sind Auftragskiller!"
"Aber, Aber..." stammelte sie. Hätte sie uns nicht dermaßen in Gefahr gebracht, hätte sie mir fast leid getan, so wie sie dastand; ein Häufchen Elend. Doch ja, sie tat mir leid, aber ich hatte keine Zeit dafür. "Ich dachte, bei ihnen wäre ich vorerst in Sicherheit..."
"Das wären wir wahrscheinlich, wenn sie drauf geachtet hätten, dass niemand ihr Ziel verraten kann. Jetzt bietet auch mein Haus keine Zuflucht mehr. Haben sie nichts bei sich, außer dieser kleinen Handtasche?" Sie schüttelte verlegen den Kopf. Tränen liefen über ihre geröteten Wangen, betreten sah sie zu Boden.
"Passen sie auf!" sagte ich. "Sie räumen ein paar Lebensmittel hier rein!" (Aus dem Schrank im Flur hatte ich eine mittelgroße Reisetasche genommen und ihr in die Hand gedrückt). "Da ist die Küche, hier ist eine kleine Speisekammer. Nehmen sie Zeug für ein, zwei Tage und vergessen sie nicht auf Trinkbares. Ich ziehe mich um und pack ein paar Sachen ein. Wir müssen so schnell wie möglich weg hier!"- "Aber wo sollen wir denn hin?" - "Egal! Weg hier!"
Ich lief ins Schlafzimmer, in den begehbaren Schrank, zog mich in Windeseile um und nahm einige Sachen mit, die eventuell auch sie tragen konnte, wie Jogginganzug, Morgenmantel und ein paar T-Shirts. Eine gut befüllte Toilett-Box hat man in meinem Beruf immer für die nächste Reise parat. Als ich fertig war schnappte ich alle Schlüssel vom Schlüsselbrett ,mein Laptop und Handy und gab alles in die Tasche. Dann ging ich in die Bibliothek. In einer in Ziegenleder gebundenen Ausgabe von Goethes Faust hatte ich immer einen "kleinen Notgroschen" versteckt. (Eine Marotte aus der Zeit in der ich noch ein armer Schlucker war). Viertausend zweihundert Euro in bar. Damit würden wir schon ein Stückchen kommen.
"Los jetzt! Haben sie alles?" Sie nickte, ich griff sie am Ellenbogen und zerrte sie fast zur Tür, die vom Flur in eine geräumige Garage führte.
Darin standen vier Fahrzeuge. Ich überlegte kurz und nahm schließlich den Porsche, einen Geländewagen, der schien mir angemessen, denn ich hatte schon eine Idee, wohin es gehen sollte. "Ziehen sie den Mantel aus. Das ist bequemer, wir werden ein Weilchen unterwegs sein." Auch ich warf meine Lederjacke in den Fond und setzte mich ans Steuer. Ein Druck auf die Fernbedienung und das breite Tor hob sich vor uns. Es würde sich in einer Minute selbst wieder schließen (und dabei automatisch die Alarmfunktionen meiner Villa scharfstellen). Die Reise konnte beginnen. Der Cayenne war erst letzten Monat beim Service gewesen und hatte vollgetankt auf die nächste Ausfahrt gewartet. "Haben sie ihr Handy dabei?" Sie nickte. "Nehmen sie den Akku raus! Jetzt sofort" Zitternd fummelte sie an ihrem Telefon herum. Mühsam hielt sie die Tränen zurück und mir wurde bewusst, dass ich sie seit ihrer Ankunft nur scharf angesprochen hatte. Es war aber auch zum Aus der Haut fahren, dass sie ausgerechnet zu mir gekommen war. Ich war neugierig zu erfahren, was sie zu mir geführt hatte. Noch hatte ich keine Zeit mich darüber zu unterhalten. Wir befanden uns noch immer auf meinem Privatweg, der zu meinem Anwesen führte und es war über-lebensnotwendig hier nicht von den Schergen aufgegriffen zu werden. Endlich kamen wir auf die Hauptstraße und verschwanden vorerst in der Anonymität der Masse...