Liebend gern wäre ich in der Nähe geblieben, um zu sehen, ob jemand zu meinem Besitz abbiegt, aber die letzte Begegnung mit den beiden Herren hatte mich gelehrt, sofort das Weite zu suchen, wenn es auch nur den Anschein hat, auf sie zu treffen! Dieses Mal würde ich wohl nicht überleben. Dimitri Janko und Viktor Lejbosz konnte man oft im Hintergrund sehen: Bei Staatsbesuchen, Diplomatenempfängen und so weiter. Sie gehörten offiziell einer der renommiertesten Securityagenturen der Welt an. Man möchte glauben, Leute in ihrer Position machten sich die Hände nicht mehr schmutzig. Irrtum: Ihre öffentliche Präsenz, ihre namhaften Auftraggeber ließen unwahrscheinlich erscheinen, was sie tatsächlich waren; Problemlöser der finalen Art!
Noch unglaublicher: Die Auftraggeber! Die beiden erhielten ihre Spezialaufträge von den ganz Großen der Weltwirtschaft!
Wortlos saß meine Begleiterin auf dem Beifahrersitz und schaute mich von der Seite an. Unverständnis und Erschöpfung zeichneten ihr normalerweise sicher attraktives Gesicht, sowie eine tiefe Traurigkeit. Wenn ich mich ihr zuwandte, schien sie es Sekundenbruchteile vorher zu spüren und wendete den Blick nach vorne durch die Windschutzscheibe.
"Normalerweise benehme ich mich nicht so ekelhaft!" versuchte ich die verstörte Frau ein wenig herunter zu holen. "Wir sind vorerst mal sicher, also wär es gut, wenn sie mich nicht länger im Unklaren lassen. Fangen sie mal damit an, wer sie sind und was sie zu mir führt."
"Zunächst mal Danke! Vielen Dank, dass sie mich nicht einfach zurückgelassen haben. Wo soll ich nur beginnen?" Ich war in der Zwischenzeit auf die Autobahn aufgefahren und stellte den Tempomaten auf die Flußgeschwindigkeit des Verkehrs ein. Bei diesem Wetter war es nicht ratsam, die Fahrbahn und das auf ihr befindliche Geschehen lange außer Acht zu lassen, weshalb ich nur sporadisch zu ihr hinübersah. Doch genau das half ihr, glaube ich, ihre Scheu ein wenig abzulegen. "Mein Name ist Selina Bücker." Sie machte eine rethorische Pause und beobachtete mich dabei genau. Doch im Moment konnte ich noch nichts mit dem Namen Bücker anfangen.
"Mein Vater ist...oder besser gesagt war" Sie schlug die Hände vors Gesicht und schluchzte kurz auf, "...Entschuldigung!" Mein Vater war Chemiker. Er feierte große Erfolge in der Gesundheits- und Pharmaindustrie. Er hatte aber auch ein ganz großes Hobby: Die Alchemie. In den letzten Jahren wendete er sich immer mehr dieser alten Kunst und der Naturheilkunde zu. Ebenfalls mit Erfolg!"
Langsam begann ich zu begreifen. Und langsam kam mir auch der Gedanke: "Ach,...der Dr. Bücker!"
"Lassen sie mich raten! Er hat ein Verfahren entwickelt, das teure medikamentöse Behandlungen ersetzt oder zumindest dezimiert...?"
Sie schaute mich mit großen Augen ungläubig an. "Wie können sie das wissen? Die Öffentlichkeit ahnte noch nichts davon! Er wollte damit das Gesundheitswesen revolutionieren! Aber die Studien waren alle noch streng geheim!"
"Glauben sie mir, Selina, nicht die Verschwörungstheoretiker sind shizophren. Die beiden Killer, die uns auf den Fersen sind, sind sowas wie die Polizei der Lobbyisten. Egal welcher Lobby. Sie treten immer dann auf den Plan, wenn es um unermeßlich viel Geld geht. Lehnen sie sich zurück und ruhen sie sich ein wenig aus! Wenn wir da sind, werden wir uns näher unterhalten."
Sie nickte dankbar und nahm die Sitzlehne etwas zurück. Sie hatte sich nun ein wenig beruhigt und als ich den Tempomat rausnahm und auf die Überholspur beschleunigte, war sie bereits eingeschlafen...