Marilyn saß in der großen Bibliothek von Hiroki und las ein Buch über die Werbiester. John hatte ihr aufgetragen, sich auf den neusten Stand des Wissens zu bringen, da die Wälder der Werbiester sein nächstes Ziel waren und sie doch einige Jahre nicht dort gewesen war. Hiroki stand hinter ihr und sah ihr über die Schulter. "Wie Ihr seht hat sich nicht viel geändert, seit Ihr von dort weggegangen seid", meinte der Waldgeist und Marilyn nickte. "Verkauft trifft es wohl eher. Trotzdem danke Hiroki, du hast mir wirklich sehr geholfen", meinte sie lächelnd und stand auf. Hiroki grinste und verbeugte sich leicht vor ihr. "Für Mylady würde ich doch alles tun", antwortete er und küsste ihre Hand. Der Waldgeist nahm die Bücher wieder an sich und verabschiedete sich. Marilyn sah ihm noch kurz nach, dann drehte sie sich um, nur um überrascht zusammenzuzucken, als sie Ben erblickte. "Ben! Ich habe gar nicht bemerkt, dass du auch hier in der Bibliothek bist", meinte sie. Sie wusste, dass John mit Tammy in seinem Büro war und ihr dort gerade alles erklärte, aber dass Ben alleine herumgehen durfte hatte sie nicht mitbekommen. Der Junge sah sie bloß an. "Du bist wunderschön", hauchte er und die Ohren des Werbiestes zuckten bei dem Kompliment überrascht. "W-was?", stotterte sie und ihr Gesicht wurde hochrot. Sie sah an ihrem weißen ärmellosen Kleid herab, und fuhr sich verlegen durch die Haare, die zu einem Zopf zusammengeflochten waren. "Du bist wunderschön. Ich habe dich noch nie in etwas anderem, als deiner Uniform gesehen", murmelte er. "N-naja, das hier trage ich nur zuhause", antwortete sie ihm. "Zuhause", wiederholte Ben leise und sie sah ihn fragend an. "Das ist der Grund, warum du mir damals sagtest, dass wir uns nicht mehr wiedersehen würden, oder? Du hattest keine Angst, dass du im Krieg fallen würdest, du wusstest, dass es einfach nicht möglich sein würde, weil du einem Gott dienst." "Ben, ich…", begann sie, doch er unterbrach sie. "Ich glaube du hattest recht, als du sagtest, dass ich es lieber vergessen sollte. Ich…ich denke, dass ich dich wirklich nur aufhalten würde. Wir sollten besser nur Freunde bleiben", meinte er und drehte sich um. Marilyn versuchte ihn aufzuhalten, doch der Junge rannte aus der Bibliothek. "Sieh mal einer an, der Kleine hat wohl ein falsches Bild von Euch bekommen", meinte Hiroki, der plötzlich wieder hinter Marilyn auftauchte. "Ein falsches Bild?", fragte diese. "Er nimmt an, dass Ihr bereits jemanden habt. Naja, das stimmt ja auch irgendwie, aber Ihr habt es diesem Jemand noch nicht gesagt. Ich weiß, dass Euer Herz bereits diesem Jemand gehört." Marilyn senkte den Kopf. Ja…ja das tat es. Aber wem? Wem gehörte ihr Herz? Sie war sich selbst nicht mehr sicher. So sehr sie Ben auch mochte, ein Teil von ihr schrie immer wieder, dass es nicht wahr war. Und dieser Teil hatte recht, das wusste sie ganz genau. "Ich…ich muss gehen", murmelte sie und Hiroki nickte verständnisvoll. Das Mädchen rannte los, sie rannte durch die Gänge von Skyfortress, bis sie schließlich dort ankam, wo sie hinwollte. Dem Büro des Königs.
Ohne zu Klopfen stürzte Marilyn in Omnix‘ Zimmer. Der Reinkarnitor und Tammy sahen überrascht von der Karte auf, die er ihr gerade zeigte, als sie hereinplatzte. "Meister, ich muss mit Euch reden", bat das Mädchen. "Kann das noch etwas warten Marilyn?", fragte Omnix sie und sie schüttelte energisch den Kopf. "Nein kann es nicht! Ich flehe Euch an Meister, ich brauche Euren Rat!", rief sie verzweifelt. "Na schön. Tammy bitte lasst uns beide alleine. Zwei Erzengel werden sich um Euch kümmern." Die junge Frau nickte und verließ das Zimmer. Omnix und Marilyn waren alleine. "Nun, um was geht es?", fragte der lebende Nachthimmel und setzte sich in seinen großen Stuhl, der hinter dem gigantischen Schreibtisch stand. "Ich…ich weiß nicht mehr weiter", schluchzte sie und viel auf die Knie. Omnix sah sie überrascht an, doch dann begriff er. "Es ist wegen Ben, habe ich recht?", fragte er und sie nickte schwach. "Warum musstet Ihr die beiden nur einweihen?", fragte das Mädchen. "Ich dachte, dass es so leichter für euch beide werden würde. Aber ich sehe jetzt, dass die beiden nicht hier oben hergehören", antwortete der Reinkarnitor etwas zerknirscht. "Ich denke, dir ist jetzt klar geworden, dass es nur auf zwei Arten enden kann." Abermals nickte sie. "Entweder ich bleibe bei Euch, oder ich verlasse Euch für immer", flüsterte sie und Omnix‘ Auge leuchtete zustimmend auf. "Aber Ihr habt gesagt, dass ich ihn wiedersehen könnte", erinnerte sie sich. "Ich wollte das auch. Ich wollte deine Hoffnungen nicht zerstören Marilyn", antwortete das leuchtende Wesen. "Ihr wusstet es schon immer und habt trotzdem nichts gesagt", flüsterte sie. Omnix sah sie traurig an und sie erkannte, dass sie recht hatte. "Ihr habt es also wirklich gewusst. Ihr wusstet, dass sie nicht hierbleiben können und habt sie trotzdem hergebracht. Warum?" "Die Zeit ist gekommen, dass du eine Entscheidung triffst Marilyn. Und diese Entscheidung musst du hier und jetzt fällen." "Was wollt Ihr, das ich tue?", fragte das Mädchen. "Das spielt keine Rolle. Du musst dich jetzt für das entscheiden, was du willst", meinte Omnix. "Ihr seid ein Monster." "Vielleicht", stimmte Omnix zu und sie sah ihn überrascht an, als sie plötzlich erkannte, was der Reinkarnitor vorhatte. "Ihr…Ihr wollt, dass ich Euch hasse", flüsterte sie und an seinem Blick erkannte sie, dass sie erneut die richtige Vermutung hatte. "Ihr denkt, dass es das Beste für mich wäre, wenn ich nicht mehr bei Euch bleiben würde." "Marilyn, ich will, dass du ein normales Leben führen kannst", murmelte Omnix. "Ihr seid so ein Dummkopf!", entfuhr es ihr und er zuckte zusammen. "Alle Leben dieser Welt wären sinnlos, wenn Ihr nicht an meiner Seite stehen würdet!" Im nächsten Moment schlug sie ihre Hände auf ihren Mund. Hatte sie das gerade wirklich gesagt? Sie atmete tief durch. Ja das hatte sie. Und sie konnte es nun nicht mehr zurücknehmen. "Meister, erinnert Ihr Euch an damals, als ich sagte, dass ich Euch als mehr mag, als bloß einen Freund? Ich…ich meinte nicht das, was Ihr dachtet. Ich meinte, dass ich…dass ich Euch liebe", sprudelte es aus ihr heraus. Omnix Auge wurde groß, als sie diese Worte aussprach. "Ich habe mich in Euch verliebt, als Ihr mich gerettet habt. Ich würde mit Euch bis ans Ende der Welt gehen und das wisst Ihr auch. Ich würde Euch niemals verlassen." Der Reinkarnitor sah sie eine Weile bloß still an. "Ist das wirklich das, was du möchtest? Kannst du dir wirklich vorstellen, für den Rest deines Lebens bei mir zu bleiben?", fragte er und das Mädchen senkte den Kopf. "Ich bin mir jetzt endlich wieder sicher. Das was ich für Ben empfunden habe war falsch. Nichts weiter als meine Verwirrung, weil ich so frustriert war", murmelte sie. "Und warum warst du frustriert?", fragte eine menschliche Stimme plötzlich. Marilyn sah überrascht auf und erkannte, dass John seine normale Gestalt wieder angenommen hatte. "Weil ich mich nie getraut habe, Euch die Wahrheit zu sagen. Und vielleicht auch, weil Ihr es nie bemerkt habt", antwortete sie dem Jungen. "Dann wäre all das hier also nie passiert, wenn ich einfach gestanden hätte, dass ich dich auch liebe?", fragte er. "Ja vermutlich…warte mal was?!", fragte sie ungläubig, als ihr klar wurde, was der Junge gerade gesagt hatte. John lächelte schwach. "Du hast richtig gehört Marilyn. Ich liebe dich auch", meinte er und ihre Augen wurden groß. Er hatte es gesagt. Und diesmal fügte er nichts hinzu. Tränen stiegen dem Mädchen in die Augen und sie fiel ihm um den Hals. "Warum? Warum habt Ihr es mir nie gesagt?", fragte sie ihn. "Ich glaube, ich hatte Angst dich zu verletzen und so zu verlieren", antwortete John ihr. "Das werdet Ihr nicht. Ich werde bis zum Schluss bei Euch sein", flüsterte sie. "Bei dir", besserte John sie aus und Marilyn sah ihn verwirrt an. "Duze mich endlich Marilyn." Sie lächelte. "Von mir aus, aber wenn du als Gott unterwegs bist, dann wirst du trotzdem mein Meister sein", meinte sie und der Junge stimmte ihr zu. Die beiden sahen sich glücklich an und kamen sich mit ihren Gesichtern immer näher, bis sich ihre Lippen schließlich berührten und sie ihre neue Bindung mit einem Kuss besiegelten. Und als sich Marilyn in seinen Armen entspannte wusste sie, dass ihre Gefühle diesmal wirklich wahr waren.