"Es gibt Geheimnisse auf dieser Welt, die wir nie entschlüsseln werden. Aber wer wir sind und warum wir hier sind gehören nicht dazu. Diese Antworten tragen wir tief in unseren Herzen. Manchmal finden wir sie alleine, aber manchmal wird uns auch geholfen, von unseren Freunden, oder unserer Familie. Ich selbst habe lange gebraucht, um zu erkennen, dass es nicht das ist, womit ich geboren wurde, das entscheidet, wer ich bin, sondern das, was ich damit mache. Und ich entschloss mich dazu, den Leuten zu helfen, neue Dinge zu erforschen, neugierig zu bleiben und niemanden jemals als etwas Schlechteres als mich selbst zu bezeichnen, nur weil ich stärker bin. Mir wurde beigebracht, dass jedes Leben unschätzbar wertvoll ist und nun endlich begreife ich, dass das auch für mein Leben gilt. Ich möchte herausfinden, wer mir dieses Leben gab. Und darum verlasse ich euch heute. Ich werde nie zurückkommen, doch wisset, dass nichts jemals wirklich endet. Wenn ihr also jemals in den Nachthimmel seht und etwas hört, dann wisset, dass es mein Geist ist, der durch Zeit und Raum nach eurem ruft. Ich bin Omnix und ich sende diese Nachricht auch an meinen Schöpfer. Sucht nicht nach mir. Denn ich komme zu Euch."
Der alte Kaiser des südlichen Imperiums verstummte und ließ die Schriftrolle sinken, auf denen Omnix' letzte Worte standen, die er jedem Lebewesen auf der Welt telepathisch geschickt hatte, ehe der Himmel in den buntesten Farben aufgeleuchtet war und damit bekanntgab, dass der Reinkarnitor verschwunden war. Vertreter aller Völker hatten sich in Minerva versammelt, um Omnix vor der riesigen Marmorstatue von ihm, die ihm zu Ehren errichtet worden war, ein letztes Mal zu danken. "Lord Omnix hat viel für unsere Welt getan. Und nun verschwand er, wie alle anderen alten Götter vor ihm. Er war es, der zwischen unseren Reichen Frieden stiftete, die Echsenmenschen vereinte, die Werbiester stärkte, die Elfen rettete und die Zwerge wieder dazu brachte, zu glauben. Wenn mein alter Freund, der König des östlichen Königreiches noch unter uns weilen würde, dann würde er mir zustimmen, dass er ohne Zweifel der Oberste der alten Götter war." Die anderen Herrscher der verschiedenen Völker, die mit ihm auf dem Podest standen, stimmten zu. Die Leute begannen Blumen vor Omnix' Statue zu werfen. Auch Hiroki und Furuimori traten vor. Sie ließen zwei prachtvolle Bäume neben der Statue aus dem Boden schießen. Ignis, der bis jetzt nur zugesehen hatte, legte eine seiner goldenen Schuppen hinzu, wobei ihm alle Platz machen mussten, damit er überhaupt dorthin gelangen konnte. Tomoko kam mit einer Gruppe Erzengel, welche auf ihren goldenen Trompeten eine Fanfare anstimmten, sobald sie ihre weißen Rosen abgelegt hatten.
Tomoko sah sich um. ‚Ihr habt es geschafft Lord Omnix. Es herrscht Frieden. Niemand kämpft mehr, oder sieht auf andere herab', dachte sie. Es waren viele Jahrzehnte vergangen, seit Omnix aus der Türe zurückgekehrt war. Wie versprochen blieb er, bis Marilyn gestorben war. Dann ging er und hinterließ ihnen die letzten Worte, die der Kaiser vorgelesen hatte. Er verabschiedete sich von niemandem und an dem Tag, als der Himmel aufleuchtete flossen in Skyfortress viele Tränen. Denn ein großer Mann war von ihnen gegangen. Ein Held, ein Anführer, doch am allerwichtigsten, ein Freund, der ihnen allen geholfen hatte, sich selbst zu finden. Nicht weniger traurig waren sie, als sie Marilyn friedlich in ihrem Bett schlafend vorfanden. Die Königin der Erzengel hatte um ihre Freundin geweint, bis der Morgen graute. Sie wusste, dass es so enden würde. Schließlich wurde das Werbiest immer älter, während sie und Hiroki, ja selbst Omnix, sich nicht veränderten. John hatte sein Aussehen immer an sie angepasst und war bis zum Ende bei ihr geblieben. Sie hatten sich bis zum Schluss geliebt, wie an dem ersten Tag. Tomokos Blick schweifte in Richtung Westen, als sie an ihre alte Freundin dachte. Zwei Personen vermisste sie auf dieser Zeremonie, doch sie wusste, dass es einen guten Grund gab, warum sie nicht da waren.
Zwei Gestalten gingen durch die riesigen Wälder des Westens. Die erste, die voranging, leuchtete schwach silbern. Es war eine junge Frau mit langen weißen Haaren. Die zweite Gestalt war in eine Robe gehüllt und stützte sich auf einen Holzstab. Es war ein alter Mann mit einem langen weißen Bart. Sein Gesicht hatte unzählige Falten, doch seine Augen leuchteten wie die eines Kindes. "Bitte etwas langsamer Vitae ich bin nicht mehr so schnell", meinte der Mann und sie nickte. "Kein Problem Ben", antwortete sie lächelnd und verlangsamte ihren Schritt. Ben nickte dankend. John hatte Vitae vor Jahrzehnten mit ihm und Tammy bekannt gemacht, damit sie gemeinsam umherziehen konnten. Vitae war eine gute Heilerin und ein wertvolles Teammitglied, vor allem jedoch eine gute Freundin geworden. Ihre Herkunft spielte bald keine Rolle mehr und die drei reisten herum, bis Tammy vor wenigen Jahren starb. Dann waren es nur mehr Ben und Vitae, die alleine weiterzogen, doch aufgrund von Bens inzwischen ebenfalls hohen Alters, hatten sie beschlossen, dass dies ihre letzte Reise werden würde. Vor ihnen sahen sie die Hütten des Werbiest-Dorfes auftauchen. Vulpis, der immer noch Häuptling und inzwischen weit über einhundertfünfzig Jahre alt war, begrüßte sie müde. Er brauchte inzwischen Hilfe, um sich überhaupt bewegen zu können und so führte er sie unter großer Anstrengung zu dem Baum der Trauer, wo er sie mit den drei Grabsteinen alleine ließ, die nun unter diesem lagen. ‚Hier liegt Tammy. Eine Frau, die stets das tat, was sie für richtig hielt und stets frohen Mutes war.‘ Das stand auf dem ersten Grabstein. Ben hustete, als er sich dem zweiten zuwandte. ‚Hier liegt Marilyn. Ein Werbiest so tapfer und liebevoll, dass sie andere vor sich selbst rettete.‘ Vitae begutachtete inzwischen den dritten Stein. ‚Hier liegt John. Ein Mann von dem niemand weiß, woher er kam und warum er tat, was er tat. Doch was er tat, veränderte die Welt.‘ Die ehemalige alte Göttin musste schmunzeln. Sie hatte erst lange Zeit nach ihrer Ankunft in dieser Welt erfahren, dass Omnix John war. Doch was dort stand stimmte. John und Marilyn kämpften zusammen mit ihrem Team gegen die Armut, den Sklavenhandel und weitere Dinge, die ein alter Gott nicht selbst erledigen würde. Mit Erfolg, denn inzwischen hatten sich riesige Organisationen gebildet, die ihr Werk fortführten. "Was wohl auf meinem Grabstein stehen wird?", fragte Ben plötzlich und riss sie damit aus ihren Gedanken. "Du denkst zu weit voraus", meinte Vitae, doch er schüttelte den Kopf. "Ich meinte die Frage ernst." Die Frau überlegte kurz. "Wahrscheinlich: Hier liegt Ben. Ein Mann, der mit nichts begann und es doch schaffte, großartiges zu vollbringen", vermutete sie und der alte Mann nickte lächelnd. "Ich glaube, damit kann ich leben", murmelte er zufrieden. Vitae sah zufrieden in den Himmel. Sie wusste nicht, was die Zukunft bringen würde, doch sie hatte das deutliche Gefühl, dass, auch wenn Omnix selbst nicht mehr da war, sein leuchtendes Auge für immer über sie wachen würde.