"Ich…ich kann das nicht", flüsterte Hiroki und Omnix sah ihn überrascht an. Nachdem sie allen Stämmen ihre Nachricht überbracht und dabei mehr als nur einen inkompetenten Häuptling beseitigt hatten, waren sie nach Skyfortress zurückgekehrt. Nun saß Omnix wieder in seinem riesigen Thron und blickte etwas verwirrt auf seinen Freund, der mit gesenktem Kopf vor ihm stand. "Ich bitte vielmals um Verzeihung, ich glaube, dass ich mich gerade verhört habe. Also nochmal: Ich möchte, dass du mit den Waldgeistern redest, damit wir angemessen im Werbiestreich einziehen können", wiederholte er und Hiroki ließ den Kopf hängen. "Ich kann das nicht", antwortete er erneut. Marilyn, die neben Omnix‘ Thron stand, sah den Waldgeist wütend an. "Wie kannst du es wagen, dich gegen den Willen von Lord Omnix zu stellen Hiroki?", fragte sie ihn. Der Junge zuckte zusammen, doch bevor das Werbiest weiterschimpfen konnte, brachte Omnix sie mit einer Handbewegung zum Schweigen. "Warum kannst du es nicht?", fragte der Reinkarnitor ihn ruhig. "Ich möchte Euch jetzt nicht mit meiner gesamten Vergangenheit langweilen", murmelte der Waldgeist. "Langweile mich", bat Omnix und Hiroki zögerte. Doch das leuchtende Wesen vor ihm sah ihn mit einem warmen, verständnisvollen Blick an, so dass der Junge langsam auftaute. "Na schön", seufzte er. "Warum denkt Ihr, lebe ich nicht in den großen westlichen Wäldern, sondern hier in Skyfortress?" Omnix‘ Auge leuchtete auf. "Du warst schon immer anders, als die anderen Waldgeister. Furuimori hat mir davon erzählt", antwortete der lebende Nachthimmel. "Das ist noch lange nicht alles. Ich wurde verbannt", meinte Hiroki und Omnix sah ihn mit großem Auge an. "Sie dulden mich nicht mehr im Wald, weil ich nichts von den alten Traditionen halte", erklärte er. Omnix rieb sich nachdenklich das Kinn. "Das macht die Sache natürlich schwerer, aber nicht unmöglich", murmelte er. "Wie bitte?", fragte der Waldgeist verwirrt. "Hiroki, erzähl mir alles." Und so erzählte Hiroki. Er erzählte von seiner Vergangenheit, von den Traditionen, die die Waldgeister davon abhielten, sich aktiv in das Leben der Werbiester und Elfen einzumischen und wie er gegen diese Traditionen verstoßen wollte, als er sah, dass die momentanen Häuptlinge nicht gut für die einzelnen Stämme waren. Omnix hörte ihm geduldig zu, stellte manchmal Fragen, unterbrach ihn ansonsten jedoch nicht. "Ich habe genug gehört. Du wirst mich zu den Waldgeistern begleiten!", bestimmte der Reinkarnitor schließlich und der Junge riss die Augen auf. "A-aber, sie werden das nicht akzeptieren, sie werden uns hinauswerfen!", rief er aufgeregt. "Ich bin ein alter Gott Hiroki!", unterbrach Omnix ihn mit donnernder Stimme, so dass sogar Marilyn erschrocken zusammenzuckte. "Niemand schmeißt mich irgendwo hinaus, wenn ich das nicht wünsche!" Der Waldgeist kniete nieder und nickte. "Ich habe einen Plan und du wirst ihn ausführen", redete der Reinkarnitor normal weiter. "Ich werde ihn dir aber erst im letzten Moment offenbaren. Meine Frage an dich lautet nun also: Vertraust du mir? Stehst du an meiner Seite?" "Ich diene Euch bis in den Tod, mein Lord!", schwor Hiroki. "Sehr gut. Tomoko!", rief der Herr von Skyfortress den Erzengel herein. "Ja Lord Omnix, was kann ich für Euch tun?" "Setze Kurs auf die Lichtung des ewigen Baumes", befahl er ihr und sie nickte. "Wir werden den Waldgeistern einen höchst eindrucksvollen Besuch abstatten", sprach Omnix, während sich die ganze schwebende Insel mit einem Ruck in Bewegung setzte und langsam in Richtung Westen trieb.
Es waren mehrere Tage vergangen, doch nun stand Skyfortress über der Lichtung des ewigen Baumes, dem Ort, an dem sich die Waldgeister immer versammelten und warf bedrohlich ihren Schatten auf das Land unter ihr. "Ich warne Euch nochmal, erwartet bloß keinen freundlichen Empfang", meinte Hiroki, als er zusammen mit Omnix hinunterflog. "Oh mach dir keine Sorgen, ich bin dafür bekannt, dass ich zu Beginn immer recht unfreundlich empfangen werde", beruhigte Omnix ihn. Als sie auf der Lichtung landeten wurden sie bereits erwartet. Unzählige Waldgeister hatten sich unter dem ältesten Mammutbaum des Waldes versammelt und in der Mitte stand einer, der ganz besonders herausstach. Zwar sah er nicht älter aus, als alle anderen und hatte ebenfalls die charakteristischen Rindenbeine und Arme, doch aus seinem Kopf wuchsen, anders als bei den anderen, zwei astähnliche Hörner. "Hiroki, du hast ganz schön Mumm, hier nochmal aufzutauchen", meinte der gehörnte Waldgeist ohne sie zu begrüßen. Hiroki schluckte heftig. "Ich habe dich damals von hier verbannt, weil du dich nicht mehr an die Regeln gehalten hast. Weil du dich in das Leben der Werbiester einmischen wolltest. Und jetzt kommst du trotzdem hierher zurück? Runter auf die Knie, aber sofort! Vielleicht werde ich dich dann nicht sofort töten!" Hirokis Augen wurden zu schmalen Schlitzen, als er all seinen Mut zusammennahm. "Tut mir leid Sekoia, aber ich kniee nur mehr vor einem nieder", meinte er. Sekoias Blick fiel auf Omnix. "Ach, sieh mal einer an. Von dir habe ich schön gehört. Der selbsternannte alte Gott. Omnix war der Name, oder?", fragte er spöttisch. Der Reinkarnitor trat vor und nickte. "Richtig gehört. Selbsternannt mitnichten, das Ganze steht schon seit Anbeginn der Zeit fest, als selbst du noch ein kleiner Setzling warst", antwortete er. Omnix musste sich sehr bemühen, nicht zu kichern, als er diese Worte aussprach, aber er hatte nun mal Erwartungen zu erfüllen, wenn er wirklich als alter Gott durchgehen wollte. "Du wagst es, mir gegenüber respektlos zu sein?", fragte der alte Waldgeist und wütend rückte bedrohlich nahe. Omnix bewegte sich keinen Millimeter. "Muss ich dir eine so dämliche Frage wirklich beantworten?", stellte er die Gegenfrage und Sekoia zuckte überrascht zurück. "Kommen wir zum Grund meines Kommens. Hiroki hier wird wieder von euch aufgenommen und er wird deinen Platz einnehmen", sprach der Reinkarnitor weiter. "Was? Was?!", rief Sekoia fassungslos. "Du denkst wirklich, dass dieser Spinner statt mir Anführer wird?" Hiroki sah Omnix ebenfalls fragend an. "Ja, das denke ich. Er hat nämlich etwas, das du nicht hast Sekoia. Er hat den Mut, aktiv zu werden. Er wollte den Werbiestern immer helfen, da er wusste, wie inkompetent ihre Anführer sind. Das habe ich übrigens mit eigenen Augen gesehen, als ich sie neulich besucht habe." Der alte Waldgeist zitterte vor Wut. "Es würde gegen sämtliche Traditionen verstoßen, wenn wir uns einmischen würden!", rief er. "Du reißt das Maul ja ganz schön auf Sekoia!", ertönte da plötzlich eine Stimme aus der Menge von Waldgeistern. "Furuimori, wie schön dich wiederzusehen", begrüßte Omnix seinen Freund erfreut, als er ihn erkannte. "Ich freue mich auch Euch zu sehen, obwohl Ihr mir anders in Erinnerung geblieben seid", kicherte der Waldgeist, den der lebende Nachthimmel vor Kurzem getroffen hat. "Furuimori, wie kannst du es wagen, sie in Schutz zu nehmen?", fragte Sekoia erbost. "Es reicht langsam mit dem Schwachsinn. Ich und viele andere haben Hiroki schon immer zugestimmt. Aber dann hast du ihn verbannt, nicht wegen der geliebten Traditionen, sondern weil du Angst hattest, dass er dich ersetzt!", rief Furuimori und aus der Menge ertönten viele zustimmende Rufe. Sekoia sah sich unsicher um. "Du hörst dein Volk mein Freund", mischte sich Omnix nun wieder ein. "Es gibt nur eine Art und Weise, wie das Ganze enden kann. Und ich bin mir sicher, dass Hiroki sich dessen auch bewusst ist, habe ich recht?" Der Waldgeist nickte. "Ja Meister. Sekoia, ich fordere dich heraus! Wenn ich gewinne, dann gibst du nicht nur zu, dass meine Methoden wirksamer sind, als die traditionellen, sondern akzeptierst auch mich als neuen Anführer der Waldgeister! Wenn du gewinnst, dann töte mich meinetwegen!", rief er. "Kann der großartige alte Gott nicht selbst für diesen Titel kämpfen?", fragte Sekoia grinsend und Omnix legte übertrieben entsetzt seine Hände auf seinen nicht existierenden Mund. "Aber das würde gegen die Traditionen verstoßen, weil ich kein Waldgeist bin", meinte er. Hiroki schmunzelte. Sein Meister hatte alles genau durchgeplant. Darum wollte er alles über die Traditionen wissen, um Sekoia bloßstellen zu können. "Außerdem ist das Hirokis Kampf und nicht meiner! Er ist es, der für seine Rückkehr kämpft! Also, wie lautet Eure Antwort?" Der alte Waldgeist hatte keine andere Wahl. Er musste zustimmen, sonst würde er als Feigling dastehen. "Na schön", meinte Sekoia zähneknirschend. "Ich nehme die Herausforderung an."