"Ich frage mich manchmal schon, was wohl geschehen wäre, wenn ich dieses Gerät nie gefunden hätte. Alles wäre anders gekommen. Ich hätte niemals so viel Schmerz erleiden müssen, ich wäre niemals aus meinem Dorf verbannt worden, ich hätte Lora niemals verloren, ich hätte mich niemals von jemandem verabschieden müssen, ich hätte niemals Schuldgefühle gehabt, weil ich alles und jeden überlebe. Aber gleichzeitig hätte ich auch niemals so viele Freunde gefunden. Ich hätte Lora gar nicht kennengelernt und hätte mich niemals in sie verlieben können. Ich hätte niemals traurig sein können, weil ich sie verloren habe und ich hätte niemals daraus lernen können. Man sagt, was man nie erlebt hat, das kann man nicht vermissen, aber ich denke, dass man es sehr wohl kann. Es würde einem auf ewig etwas fehlen und wenn mich heute jemand fragen würde, dann würde ich absolut nichts ändern. In jedem Leben gibt es den Punkt, wo man so tief gesunken ist, dass man sich wünscht, alles rückgängig zu machen. Doch wenn man sich erinnert, dass auf jede Nacht ein Tag folgt, dass nach jedem Gewitter die Sonne wieder scheint, dass nach jedem Tal, in welches man hinabsteigen musste, ein Berg auf einen wartet, von dem man wieder alles sehen kann, dann erkennt man, dass man, egal wie oft man fällt, stets wieder aufstehen sollte. Ich gebe zu, niemand kann das alles alleine schaffen, nicht mal ich und ich bin ein unsterbliches Wesen mit Allmacht. Auch das habe ich gelernt. Ich hatte unzählige Freunde, die mir dabei halfen. Meine Familie. Und ich bin mir sicher, dass auch ihr so jemanden habt, der euch hilft und der euch niemals im Stich lassen würde. Ich habe meine Bestimmung, anderen zu helfen gefunden und mein neues Ziel vor Augen, meinen Schöpfer zu finden. Ich habe vielleicht kein richtiges Zuhause, aber das brauche ich nun auch nicht mehr. Mein Zuhause ist, wo ich und meine Freunde sind, denn meine Freunde behalte ich immer in meinem Herzen. Wo wir herkommen ist nicht wichtig, nur wohin wir gemeinsam gehen. Und ich hoffe, dass auch ihr mit mir auf diese Reise gehen werdet, schließlich haben wir gemeinsam schon viel durchgemacht. Und dafür danke ich euch. Danke, dass ihr meine Geschichte lest. Mein Name ist John, aber ihr kennt mich wahrscheinlich eher unter dem Namen Omnix. Ich bin ein Reinkarnitor. Und meine Geschichte ist noch lange nicht zu Ende."
Cogito las sich die letzten Zeilen durch. "Was das betrifft hat er recht. Wenn er doch nur etwas weniger dramatisch wäre", seufzte die Muse. Omnix war vor kurzem wieder in seinem interdimensionalen Bibliotheksturm, wo er alles, was je geschehen war aufbewahrte, um Autoren aus anderen Dimensionen Ideen zu geben, zu Gast gewesen und hatte ihm diese Zeilen gegeben, da er meinte, dass ein wichtiger Abschnitt seines Lebens nun abgeschlossen war. Der Allwissende kicherte und legte den dicken Wälzer zur Seite. Er stimmte dem lebenden Nachthimmel zu, aber eine Sache hatte er ihm verschwiegen: Omnix‘ Buch war inzwischen zu dick geworden, also hatte Cogito sich dazu entschlossen, etwas zu tun, das er bisher noch bei keinem anderen Reinkarnitor getan hat. Seine gelben Augen leuchteten aus dem Schatten seiner Kapuze hervor, als er ein neues Buch zur Hand nahm und den Titel betrachtete. ‚Reinkarnitor Band 2‘ stand dort geschrieben. "Also", murmelte die Muse. "Wo waren wir?"