Dies ist eine Fortsetzung! Die Geschichte beginnt hier: https://belletristica.com/de/books/17559-writeinktober-2019/chapter/65204-01-gold
Einige Tage später ist es endlich soweit.
Ich wickle für den Geweihten, der sich die Wunde ansehen will, den Verband um meinen Bauch ab. Ich bin dankbar, dass er akzeptiert, dass ich das lieber selbst mache.
Er nickt und lächelt. „Sehr gut“, murmelt er. Dann streckt er die Hand aus, holt durch einen stummen Blick meine Erlaubnis ein und betastet mit den Fingerspitzen das entstehende Narbengewebe. Meine Augen folgen aufmerksam jeder seiner Bewegungen und betrachten dann die heilende Wunde.
Ihre Form bringt mich zum Lächeln: Sie ist halbmondförmig. Was könnte besser zu einem Mondschatten, wie die kircheninterne Bezeichnung für Phexgeweihte lautet, passen als ein mondförmiges Mal?
Der Perainegeweihte erwidert mein Lächeln, wenn auch aus anderen Gründen. „Peraine hat Euch gesegnet, das ist wirklich ausgezeichnet verheilt! Es besteht keine Veranlassung mehr, hierzubleiben – Ihr solltet Euch nur noch ein wenig schonen, denn es wird noch eine Weile schmerzen, bis die Heilung abgeschlossen ist.“
Natürlich nicke ich brav und verspreche, mich an seine Anweisung zu erinnern – nicht aber, mich auch daran zu halten.
Als er gegangen ist, mache ich mich daran, meine wenigen Sachen zu packen. Schwungvoll setze ich mich im Bett auf und lächle über das nur noch leichte Ziehen in der nun unverbundenen Wunde. Wie weit kann ich sie belasten? Kann ich mich endlich wieder bewegen?
Prüfend betrachte ich den sauberen Fußboden. Hier wird so häufig geschrubbt, dass man von den glattpolierten Holzdielen essen könnte! Ein kurzer Blick in die Runde bestätigt mir, dass ich nicht beobachtet werde, und so lasse ich mich auf Hände und Knie nieder.
Bewusst langsam strecke ich meinen Körper, halte die Spannung, bis ich mich nur noch mit Zehen und Handflächen auf den Boden stütze. Die Narbe schmerzt nicht, sondern zieht nur ein wenig. Ich fahre also fort, winkle langsam die Ellbogen an, bis meine Nase beinahe die Dielen berührt, und stemme mich wieder in die Höhe. Es geht! Erfreut wiederhole ich die Übung. Die Muskeln in meinem Körper jauchzen vor Vergnügen darüber, endlich wieder bewegt zu werden! Das herrliche Gefühl lässt mich breit grinsen, und ich wiederhole die Bewegung wieder und wieder, ignoriere das immer stärker werdende Zittern der Muskulatur, die durch die Bettruhe faul geworden ist, bis ich es nicht mehr schaffe, mich hochzustemmen.
Keuchend entspanne ich, rolle mich auf den bereits verschwitzten Rücken, stelle die Knie auf, um die Narbe zu schonen, und spüre der süßen Erschöpfung in meinen Gliedern nach: Endlich wieder bewegen, endlich wieder durch Anstrengung schwitzen, endlich wieder ich selbst sein! Mit täglicher Übung werde ich bald wieder so leistungsfähig sein wie zuvor – ich fühle mich großartig! Tatendrang und Lebensfreude werden mit jedem Herzschlag durch meine Adern gepumpt, füllen mich bis zum Bersten, brechen sich durch Lachen Bahn. Danke, ihr Zwölfe! Alles ist gut – endlich geht das Leben weiter!