Dies ist eine Fortsetzung! Die Geschichte beginnt hier: https://belletristica.com/de/books/17559-writeinktober-2019/chapter/65204-01-gold
Aus dem nahen Strohhaufen, wo einige der Funken landen, steigt bereits leichter Rauch auf. Das Stroh kokelt, doch noch hat es sich nicht zu einem Feuer –
Ein Windstoß fegt durch die Gasse. Ganz plötzlich entzünden sich die Halme, die Flammen steigen rasch in die Höhe und lecken an der Holzkonstruktion des Dachs.
Bin ich deshalb in den Regen geraten und klatschnass geworden?
Ich beeile mich, so schnell wie möglich an den Ort des Geschehens zu gelangen. Vielleicht kann ich das Feuer noch ersticken, wenn ich eine Schaufel finde, eine Heugabel, irgendetwas, um das Stroh auseinanderzuziehen ...
Die Hitze des Brandes lässt mich trotz meiner durchweichten Kleidung wie von einer Mauer zurückprallen.
Mit einem schrecklichen Gefühl der Machtlosigkeit starre ich für einen Augenblick in die Flammen, die die Umgebung taghell erleuchten. Dann balle ich entschlossen die Fäuste: Auch, wenn ich das Feuer jetzt nicht mehr verhindern kann, werde ich sicher nicht untätig bleiben! Also hole ich tief Luft und lasse laut den Ruf erklingen, den alle Stadtbewohner am meisten fürchten:
„Feuer! Es brennt!“
Fast augenblicklich sehe ich aus dem Augenwinkel Menschen auf der Straße. Ich muss die Bettler geweckt haben, die meinen Ruf sofort übernehmen und an die Menschen in den angrenzenden Gebäuden weitergeben.
Ich renne zur nächstbesten Haustür und trommle mit den Fäusten gegen die Tür. „Feuer!“, rufe ich, warte keine Reaktion ab und laufe zum nächsten Haus, wiederhole die Prozedur und eile weiter.
Immer mehr Leute sammeln sich auf der Straße. Viele haben Eimer, Schüsseln oder andere Behälter in den Händen, bilden Löschketten. Alt und Jung, Bettler und Wohlhabende – alle helfen mit, denn es gibt keine größere Bedrohung für eine Ortschaft als einen Brand. Er könnte auf jedes Gebäude übergreifen, jedes Haus in Schutt und Asche legen. Nichts verbindet Stadtbewohner so sehr wie diese Angst, die auch mir, der in einer bedeutenden Stadt aufgewachsen ist, vollkommen in Fleisch und Blut übergegangen ist.
Alle Türen, an die ich gehämmert habe, haben sich geöffnet, jeder in der Umgebung weiß Bescheid. Einen Moment halte ich inne, lasse meinen Blick über das Geschehen schweifen, um die Situation zu erfassen.
Sämtliche Anwohner sind in hellem Aufruhr, tun ihr Möglichstes, um den Brand zu bekämpfen. Dank des Regens und der Anstrengungen der Leute hat sich das Feuer bisher nicht auf weitere Häuser ausgebreitet. Die Flammen tauchen alles in ein flackerndes orangerotes Licht, das vom Rauch, der tief über den Gebäuden hängt, auf unwirkliche Art zurückgeworfen wird.
Ich schließe für einen Augenblick die Augen, atme tief durch, um den Aufruhr in meinem Inneren zu besänftigen. Ich danke Phex in einem inbrünstigen Stoßgebet dafür, dass ich wie zufällig hier entlang kam und als das Werkzeug des Gottes des Glücks dienen durfte.
Dann öffne ich entschlossen die Augen und sehe mich um. Was kann ich noch tun, um zu helfen?