Dies ist eine Fortsetzung! Die Geschichte beginnt hier: https://belletristica.com/de/books/17559-writeinktober-2019/chapter/65204-01-gold
Während Praioslob Burkherdall das Dokument fertigstellt, beginne ich, verhalten zu husten. Als er mir die Feder entgegenstreckt, greife ich mit zitternder Hand danach, sacke leicht in mich zusammen und simuliere einen krampfartigen Hustenanfall.
Mein Gastgeber mustert mich zunehmend besorgt, da sich mein Zustand stetig zu verschlimmern scheint. In einer kurzen Atempause bitte ich krächzend um Wasser. Sofort eilt er davon, um meine Bitte zu erfüllen.
Kaum ist er aus der Tür hinaus, bin ich mit einem Satz am verborgenen Schrank und kippe, weiterhin unter lautstarkem Husten, der jegliches Geräusch überdeckt, den Inhalt des Rucksacks hinein. Dann bringe ich das Bild rasch wieder in seine ursprüngliche Position.
Geschafft – Teil eins meiner Mission ist geglückt! Nun muss ich nur noch einen Weg hier hinaus finden, ohne den Vertrag zu unterzeichnen oder aufgehalten zu werden.
Für einen Augenblick erwäge ich, ein weiteres Stück Papier aus dem Schreibtisch zu nehmen und das Dokument mit verändertem Text erneut abzufassen, sodass ich es bedenkenlos unterzeichnen könnte, verwerfe den Gedanken jedoch wieder. Erstens würde Praioslob sicherlich auffallen, dass das Schreiben nicht mehr in seiner Handschrift verfasst ist, zweitens habe ich die Zeit nicht, da er jeden Augenblick zurückkommen wird, und drittens wäre das Dokument kaum leserlich: Das erzwungene Husten hat mich inzwischen so atemlos werden lassen, dass mein Sichtfeld sich tatsächlich zu verdunkeln beginnt. Verstellung ist nicht mehr notwendig, es geht mir wirklich nicht besonders gut, solange ich meine Krankheitssimulation aufrechterhalte. Ich beschließe, möglichst rasch von hier zu verschwinden – ich werde auf dem Weg einfach wieder improvisieren!
Ich stolpere in Richtung des Ausgangs. Auf dem Treppenabsatz kommt mir der Hausherr mit einem Krug Wasser entgegen. Er mustert mich von Kopf bis Fuß, woraufhin sein Gesicht einen noch besorgteren Ausdruck zeigt als zuvor.
„Bei Peraine, was ist mit Euch?“, fragt er entsetzt und tritt einen Schritt zurück. Seine Bewegung zeugt von Angst. Das bringt mich auf eine Idee: Er wird mich nicht aufzuhalten versuchen, wenn er sich vor Ansteckung fürchtet!
„Keine Ahnung“, antworte ich keuchend und huste erneut. „Ist seit zwei Tagen ...“ Wieder schüttelt mich ein Hustenanfall, den meine gereizte Lunge inzwischen nicht einmal mehr vortäuschen muss. Ich wende mich ihm direkt zu. „Keine Heilung, sagen die Geweihten ...“ Wieder huste ich, und er bringt noch mehr Abstand zwischen uns.
Perfekt!
Er lässt mich passieren, und ich mache einen weiteren Schritt in Richtung des Ausgangs.
„Soll ich Euch zum Perainetempel begleiten lassen?“ Das Angebot ist halbherzig vorgetragen, und ich sehe ihm die Erleichterung an, als ich um Atem ringend abwinke.
„Schaffe ich schon ...“, murmle ich und huste weiter.
Selbst die Söldner treten beiseite und lassen mich kommentarlos durch. Auf der Straße wende ich mich in Richtung des Perainetempels, gehe den Weg entlang, bis ich außer Sichtweite des Anwesens bin, und verschwinde in den verwinkelten Gassen Warunks.
Ich lehne mich an eine Hauswand, atme möglichst gleichmäßig und warte, bis meine geschundenen Atemwege sich so weit beruhigt haben, dass das Husten von selbst abklingt.
Dann nehme ich mir einen Moment Zeit, um mein Vorgehen zu analysieren. All meine Ziele, auch die Teile, die ich improvisieren musste, sind erreicht! Um meine Tat unerkannt abzuschließen, werde ich nun nur noch die ausgeborgte Kleidung zurückbringen. Um die Sache perfekt zu machen, könnte ich in einer Taverne noch beiläufig erwähnen, dass ich einem Landsmann begegnet sei, einem almadanischen Händler, der Hals über Kopf die Stadt verlassen habe, doch wirklich nötig ist dieses Detail nicht.
Vergnügt grinsend schlendere ich zu meiner Unterkunft zurück, in deren Nähe ich in einem Versteck meine eigene Kleidung verborgen habe. Das erfreute Lachen, das ob meines Erfolgs in mir aufsteigt, unterdrücke ich jedoch – ich will meiner gereizten Kehle ein wenig Ruhe gönnen.