Dies ist eine Fortsetzung! Die Geschichte beginnt hier: https://belletristica.com/de/books/17559-writeinktober-2019/chapter/65204-01-gold
Die Einschätzung der Perainegeweihten bestätigt sich – mein Körper benötigt Zeit, um wieder zu Kräften zu kommen. Im Gegensatz zu vielen anderen, die hier im Tempel versorgt und gepflegt werden, genieße ich jedoch den Luxus, dass mein Geist ungetrübt bleibt, nicht zuletzt, weil ich die schmerzstillenden Mittel, die man hier verteilt, ablehne. Je schneller ich die Strafe hinter mich bringe, desto schneller kann ich Phex meinen Wert erneut unter Beweis stellen!
Die Stunden, in denen ich tatenlos herumliege, nutze ich zum Sammeln von Informationen. Ich halte die Ohren offen, lausche den Gesprächen der Geweihten und der Besucher. Insbesondere die Akoluthen unterhalten sich häufig über Klatsch aus der Stadt, während sie im Krankensaal Vorräte auffüllen, Bettzeug wechseln oder den Boden schrubben. Wie ich durch aufmerksames Zuhören erfahre, ist die Familie Burkherdall weithin für ihre Freundlichkeit und Großzügigkeit bekannt. Es sind zum Teil auch ihre Spenden, die es den Perainegeweihten ermöglichen, mich hier zu versorgen. Die Kaufleute auf dem Markt hingegen haben den Ruf, Neider und Lästerer zu sein. Sie finden an jedem etwas, das sie schlechtreden können.
Unruhe breitet sich ob dieser Informationen in mir aus. Als ich den Gesprächsfetzen auf dem Marktplatz hörte, hatte ich nicht dieses sichere Gefühl, etwas Wichtiges aufgeschnappt zu haben, das mich bis nach Warunk leitete. Ich hatte es auf meine noch nicht allzu große Erfahrung mit Phexens Fingerzeigen geschoben ...
Nein, damit belüge ich mich selbst. Ich wusste, dass es kein Hinweis meines Gottes war. Ich wollte ihm beweisen, dass ich auch ohne ihn auf lohnende Ziele stoßen kann. Ich, Geweihter des Fuchses, plante, die meinem Gott zustehende Wahl selbst zu treffen! Was, bei den Zwölfen, war nur in mich gefahren?
Trotz der damit verbundenen Anstrengungen suche ich den Gebetsraum des Tempels auf, um mich dort weiter in der Kunst der Meditation zu üben. Wie ich es gelernt habe, lasse ich dabei die Gedanken vor meinem inneren Auge vorbeiziehen, ohne sie zu bewerten, beobachte sie und halte emotionalen Abstand zu ihnen. Die Erkenntnisse, die ich mit dieser Methode gewinne, helfen mir meist weiter: Oft verbinden sich die vielen Informationen so zu einem aufschlussreichen Gesamtbild.
Die Analyse, worin genau mein Fehler lag, beschäftigt mich während der gesamten Meditation – und tatsächlich komme ich der Sache endlich auf die Spur: Es war ein kapitaler Fehler, mein Ziel aufgrund einer einzelnen Informationsquelle auszuwählen.
Je länger ich darüber nachdenke, desto offensichtlicher wird selbst für mich, wie ungeduldig ich war. Dabei ist Geduld eine Tugend ...
Der Fuchs, Phexens Sternbild, ist ein Jäger. Ich als Diener des Fuchses darf mich auf der Jagd nach Informationen nicht von Ungeduld behindern lassen. Diese Lektion werde ich ganz sicher nicht so schnell vergessen. Ab sofort übe ich mich in Geduld und nutze die Zeit, die ich hier bin, so gut ich es vermag. Man kann aus allem etwas Gutes ziehen!