Dies ist eine Fortsetzung! Die Geschichte beginnt hier: https://belletristica.com/de/books/17559-writeinktober-2019/chapter/65204-01-gold
Die Stadtgarde kümmert sich um die dringend benötigte Brandwache: Es wäre nicht das erste Mal, dass ein angeblich gelöschter Brand, Stunden nachdem die Helfer gegangen sind, erneut aufflammt.
Die Gardistin, deren Gespräch ich teilweise mit angehört habe, übernimmt das Kommando über die verbliebenen Leute. Ich will mich gerade unauffällig davonstehlen, als ihr scharfer Blick mich findet.
„Heda! Ihr, dort drüben!“
Es bleibt mir kaum etwas anderes übrig, als mich zu ihr umzudrehen. Ich setze eine möglichst überraschte Miene auf. „Meint Ihr mich?“
Sie nickt knapp. „Ihr seht aus, als hättet ihr noch ein wenig Energie im Leib. Könntet Ihr eine Weile bleiben und uns unterstützen?“
Ich lasse meinen Blick rasch über die anwesenden Gardisten schweifen. Die, die nicht zu erschöpft aussehen, um noch hilfreich zu sein, lassen sich an einer Hand abzählen. Schicksalsergeben nicke ich ihr zu. „Eine Weile.“
Ein kurzes, dankbares Lächeln erhellt ihr Gesicht, bevor sie sich von mir abwendet, um weitere Helfer zu sammeln.
Die Stadtgarde hat einige gut gesicherte Lampen holen lassen, mit denen die verbliebenen Gardisten und Freiwilligen ausgestattet werden. Die Kommandantin teilt uns in Gruppen ein, die regelmäßig am Gebäude entlang patrouillieren.
Wir durchsuchen die Schutthaufen, die sich größtenteils aus herabgestürztem Dachgebälk und Teilen der in Fachwerkbauweise errichteten Wände zusammensetzen. Finden wir Glutnester, eilt sofort jemand vom Wasserwagen, der inzwischen aufgefüllt wurde und wieder auf der Straße steht, herbei und löscht sie ab.
Unter der Führung eines Offiziers wird ein nur aus Gardisten bestehender Trupp damit beauftragt, vorsichtig das Innere des Hauses auf Gefahrenquellen zu überprüfen.
Der Abend war ausgesprochen ereignisreich. Meine Glieder werden immer schwerer und ich immer müder, doch ich will die übernommene Aufgabe pflichtbewusst zu Ende führen und halte die Augen offen. Nach den intensiven Übungen im Rondratempel und der Eimerschlepperei läge ich sicherlich längst in tiefem Schlaf, würde ich mich hier nicht beständig bewegen.
Ein Krachen und ein Schrei aus dem ersten Stock der Ruine lassen mich und meine Patrouillenkameradin erschrocken zur Seite springen. Da die straßenseitige Hauswand zur Hälfte eingestürzt ist, haben wir einen unverstellten Blick auf die Ursache des Lärms.
Unter einem der Gardisten, einem großen, muskulösen Kerl, ist die Treppe zwischen den Stockwerken zusammengebrochen. Verzweifelt mit den Beinen strampelnd, schreiend und fluchend hängt er über dem leeren Raum, seine Hände krallen sich um den verkohlten Rest des Pfostens, an dem einst das Treppengeländer befestigt war.
Die Überraschung und der Schreck lähmen für einen Moment jeden. Dann stürmen zeitgleich zahlreiche Füße voran, in Richtung des gefährdeten Mannes.
Der Befehl der Kommandantin lässt alle abrupt innehalten: „Stopp! Haltet euch von der Treppe fern!“