Prompt vom 12.05.2020
Der Raum ist abgedunkelt und durch die grauen Wände wirkt er kühl, obwohl draußen beinahe 30 Grad herrschen. Den Insassen dieser Kammer ist dieser Umstand jedoch im Moment egal. Feindselig starren sie sich abwechselnd in die Augen, bis der Blickkontakt durch die dritte Person unterbrochen werden kann.
"Wir brauchen ein Geständnis von Ihnen. Ein umfassendes Geständnis", spricht der Dritte im Raum, einer unter zwei Polizisten. Er hat sich an die Mauer gelehnt und blickt den Mann an, der mit finsterer Miene an einem Tisch sitzt. Seine Hände umschließen Handschellen, die scheinbar unangenehm an seiner Haut reiben. Der Mann lehnt sich zurück und lächelt.
"Warum sollte ich gestehen?", fragte er und der gegenübersitzende Polizist schüttelt voller Wut den Kopf.
"Weil sie es waren", zischt dieser mit zusammengebissenen Zähnen. Der stehende Polizist legt dem Sitzenden beruhigend eine Hand auf seine Schulter.
Der Gefangene lächelt noch immer. "Gibt es irgendwelche Beweise, die gegen mich sprechen?"
"Es gibt Aufzeichnungen einiger Überwachungskameras, Fotos und Zeugenaussagen. Auf allen diesen werden sie perfekt beschrieben", gibt einer der Beamten zur Auskunft. Der Mann am Tisch grinst, denn er weiß, dass die Polizisten bluffen. Niemand hatte ihn gesehen.
*
Vormittags hatte ihm die Firma, eine führende Produktionsfirma für Überwachungskameras und Alarmanlagen, bei der er arbeitete, einen speziellen Auftrag zugewiesen. Warum er ausgewählt wurde, das hatte er von Anfang an gewusst. Sein Boss hing mit drin in der ganzen Sache. Genauso tief wie er. Er hatte ihn in sein Büro gerufen, um den nächsten Coup zu besprechen. Er, sein Boss, hatte alles organisiert. Präparierte Alarmanlagen, die nicht ansprangen, wenn sein Mitarbeiter in das Haus eindringen sollte und Überwachungskameras, die sich von selbst um Punkt 0:00 Uhr ausschalteten. Dann nämlich sollte er in das Haus einbrechen und den Tresor ausräumen, in dem sich kostbarer Schmuck und einige wertvolle Gemälde befanden. Niemand war auf der Straße gewesen und das Haus stand so weit abseits, dass auch keine nervenden Nachbarn ihn hätten stören können. Niemand hatte ihn gesehen. Niemand hatte ihn gehört. Und gerochen schon gar nicht. Es gab weder Aufzeichnungen, noch irgendwelche Beweise, die gegen ihn sprachen.
Nur zwei Dinge waren schief gelaufen. Als er wieder aus dem Haus kam, hatte ihn ein Mädchen gesehen. Mit all seiner Beute. Sie wollte sofort verschwinden, doch er war schneller gewesen. Mit einem einzigen Schlag hatte er sie kaltgemacht. Und sie war tot gewesen.
Und noch etwas hätte nicht passieren dürfen. Die Alarmanlage war zu früh angesprungen, sodass die Polizei ihm noch am Unfallort vorfand. Er gab vor ein verwirrter Spaziergänger zu sein, der seinen Hund suchte, doch leider hatte man ihm nicht geglaubt. Er trug keine Leine bei sich. Und als sich dann noch herausstellte, dass er die Nichte eines Polizisten getötet hatte, da wurde er sofort festgenommen.
Aber sie hatten keine Beweise. Keine Beute, keine Überwachungsvideos. Und somit war er auch öffentlich kein Einbrecher oder Mörder. Über drei Stunden hatte man ihn verhört, doch er gab nichts preis. Sein Chef würde die Beute finden und sie mitnehmen. Später, wenn er wieder frei war, würden sie wie immer teilen. Denn auf seinen Boss war Verlass.
*
Und bis dahin musste er sich nur gedulden. Er lächelte erneut, als er das wütende Gesicht des Polizisten war. Auch ein wenig Trauer konnte er erkennen, wahrscheinlich war dies der Onkel der Verstorbenen. "Niemand kann mir etwas beweisen", meinte er fröhlich. Und schon bald würde er wieder auf freiem Fuß sein.