Prompt vom 17.11.2020
Es gab einst zu der Zeit, an dem alles dunkel und düster schien, einen Lichtblick, den sich niemand mehr erhofft hatte. Ein Kind wurde geboren, mit seltsamen Kräften, die zunächst niemand erahnen hatte können. Wie ein junger Bursche wuchs der Knabe auf, bei einer nicht besonders reichen Familie, die jedoch gut über die Runden kam mit ihrem Einkommen.
Es trug sich zu, dass der Knabe zu einem stattlichen jungen Mann heranwuchs und das Handwerk des Vaters, ein Schmied, erlernen sollte. Aus der Ferne hatte er ihn oft beobachtet und nun sollte es endlich soweit sein, dass er selbst einmal den Hammer schwingen, das Feuer und die Hitze auf seiner Haut spüren und die unterschiedlichsten Dinge schmieden durfte. Doch als dann die Zeit kam, an der er selbst den Hammer in die Hand nehmen sollte, konnte er nicht. Er stand nur da und starrte in die Tiefen des Feuers, hörte es knistern in seinem Inneren und konnte bis tief auf den Grund des Scheines sehen. Seine Augen begannen zu leuchten und langsam trat er näher an die Hitze heran. Er wollte sie liebkosten, sich an ihr laben, sich ihr vollkommen hingeben. Der Junge griff, ohne zu zögern, in die Flammen und als er sich dem vor Schreck erstarrtem Vater wieder zuwandte, brannten seine Handflächen lichterloh. Und doch schien nichts zu verbrennen. Seine Haut wurde nicht kohlenschwarz, er stieß keine Schmerzensschreie aus, blieb ruhig.
Das Feuer glitt langsam an seiner Haut empor, lechzte an seiner Kleidung, ohne dass sie auch nur zu brennen anfing, bis irgendwann der ganze Körper des Jungen in Flammen stand. Der Vater schrie, der Teufel habe sein Kind befallen und verbannte es für immer aus seiner Mitte und Familie. Nichts wollte er mit einem Kinde zu tun haben, das einen Pakt mit dem Teufel geschlossen und beinahe seine Erscheinung angenommen hatte.
Der Junge aber schritt langsam davon, denn das Feuer zerrte ihn mit sich, hinaus in die wilde Ferne, die noch niemals jemand betreten hatte. Nichts konnte ihn aufhalten. Er hörte einzig und allein das Knistern der Flammen, das sich mit den verzweifelten Schreien seiner Mutter zu einem Lied der Trauer und Auferstehung vermischte. Er spürte die Hitze, die ihn voll und ganz einnahm und niemals mehr aus ihm weichen sollte. Denn er war das Kind des Feuer, der Phönix unter all den Trollen, der immer wieder auferstand und erst zur Ruhe kommen würde, wenn die Dunkelheit besiegt war.
Weit ging er, ließ sein altes Leben, ohne zu zögern, hinter sich, denn er wusste, dass der Weg der Flammen der richtige war. Kein einziges Mal blickte er zurück, sah nur nach vorne in seine Zukunft.
Nach Monaten der langen Wanderung suchte er ein Haus auf, das vollkommen verlassen in der Einöde lag und erbaute es zu neuer, stattlicher Kraft und taufte es zu seinem neunen Zuhause. Aber das Feuer, das brannte nicht mehr, war erloschen nach den ersten Wochen seiner Reise. Doch es züngelte noch immer in ihm und wartete nur auf den richtigen Moment, um wieder auszubrechen.
Und dieser Moment kam schneller, als sich jeder erträumt hatte. Die Wolken verfinsterten sich zu einem düsteren Himmelsbad und der Regen viel ununterbrochen auf das Land, das schon bald an Überschwemmungen sterben würde. Kein Haus stand mehr sicher auf seinen Mauern, kein Strauch oder Baum überlebte das viele Wasser, das unzubändigende Plätschern, das Tag und Nacht zu hören war und den Schlaf aller Menschen störte. Doch es war der Junge, der seit dem Beginn des Regens kein Auge mehr zutun konnte. Er schlief nicht, denn sein Haus war nicht dicht und der Boden dessen schon lange nicht mehr trocken, träumte nicht, denn das Wasser drohte das Feuer in ihm auszulöschen.
Und dann eines Nachts, da stand er auf und kehrte zu seinem Küchentisch hinüber, stellte einen Kessel darauf, den er in der Hütte gefunden hatte. Er fing an durch sein Haus zu eilen, stellte die unmöglichsten Zutaten auf den Tisch und Boden, weil bald schon kein Platz mehr war. Und dann fing er an zu reden, zunächst nur ganz leise, bis seiner Stimme am Ende das Getöse des Regens übertönte.
„Wie einst soll es werden, der Regen verschwinden, den Tag zurück und die Nacht hinter die Berge verbannen. Kein Wasser mehr für tausend Tage, das Feuer soll das Leben erobern.“ Plötzlich flammten seine Handflächen auf und die Flammen glitten langsam in den Kessel, wo sie weiter vor sich hin züngelten.
„Das Feuer soll den Regen vernichten. Ein Teelöffel meiner Tränen, ein Lachen meiner Flammen, das Weinen des Wassers und das A und O sollen die Worte meiner Verbannung sein.“ Aus seinen Fläschchen und Schachteln holte er alles, was er brauchte und schüttete es in die tanzenden Flammen, die die teure Kost dankbar in sich aufnahmen.
„Spielt das Lied der Wiederauferstehung über die weiten unserer Welt hinaus und bekehrt jedem des guten Willens und der Liebe. Tanzt durch die Herzen aller und lasst dort ein Gewissen zurück, wo es fehlt.“ Kurz überschattete Trauer seine Augen.
„Und nun fliegt, mein Spiel der Lichtes!“
Die Flammen stoben auseinander, flogen aus seinen Fenstern und ließen denjenigen zurück, der einst verbannt worden war und nun diejenigen rettete, die sein Schicksal herbeigeführt hatten.