Seit Tagen brütete Kelpie nun schon über Büchern mit Titeln wie „Das Liebesleben unter übernatürlichen Wesen“, „Was eine Hexe braucht“ und „Partnerschaft für Dämonen leicht gemacht“, doch irgendwie hatte er noch nicht das gefunden, was er suchte. Zudem war es gar nicht so einfach für ihn, seine geheimen Machenschaften vor Xannis Blicken zu verstecken. Ein paar Mal hatte sie ihn fast erwischt und er konnte nur noch im letzten Moment die Bücher unter die Couch stupsen, sich verflüssigen und kopfüber in den Eimer springen. Immerhin schien sie keinen Verdacht zu schöpfen. Das wäre ihm aufgefallen. Sie war nach wie vor verrückt nach ihm und seit Beginn der dunklen Jahreszeit bestand sie sogar noch öfter auf einer „schnellen Runde“, wie sie es nannte, als zuvor. Und genau darin lag das Problem. Kelpie als gestandener Wasserdämon verfügte über mehr als ausreichende Mittel und Ausstattung, um den Wünschen der jungen Hexe jederzeit zu genügen, aber dass sie immer erst auf einen kurzen, halsbrecherischen Besenritt bestand, bevor es zur Sache ging, das wurde ihm mit der Zeit doch etwas zu stressig. Die Luft war nicht so sehr sein Element, das müsste sie doch einsehen! Auch wenn diese Flüge ihm die köstliche Gelegenheit boten, sich ganz dicht an sie heranzudrücken und ihre Taille zu umfassen, dann überkam ihn in festem Zustand bei 120 Sachen über den Baumwipfeln doch eine leichte Übelkeit. Nur, wie sollte er das seiner Angebeteten beichten?
Endlich musste er einsehen, dass diese Bücher viel zu theoretisch waren und noch dazu nirgends ein Kapitel über Seekrankheit beim Besenritt zu finden war. So trieb es ihn zum Äußersten: Heimlich, als Xanni irgendwo im Ort ihr Unwesen trieb, schlich er zu ihrer Zauberstube, wo er unter allerlei Krimskrams, Häkelgarn und noch zu verzaubernden Rechnungen ihre Kristallkugel vermutete und fand. Wie man das Ding benutzte, das hatte er in „Was eine Hexe braucht“ gelesen, also rieb er das Teil ordentlich zwischen seinen Händen, dann schaute er hinein, dachte an die Wetterhexe, von der er sich Rat erhoffte und weil es ihm spontan einfiel, leckte er dreimal darüber. Tatsächlich schaute ihm plötzlich eine verdatterte Gisberta in die dämonischen Augen.
„Kelpie? Seit wann darfst du Xannis Kugel benutzen?“, schoss sie los.
„Wer sagt, dass ich das darf?“
Sie nickte. „Hab ich nicht dran gedacht. Du bist ja ein richtiger Bad Boy! Was willst du?“
„Ich brauche einen Rat“, begann er, als die ältere Hexe auch schon ein weiteres Mal nickte.
„So so. Dir wird bei Xannis Reitkünsten schlecht …“
Kelpie rollte bestätigend die Augen und schnalzte mit der Zunge. Das war ja klar, dass diese Hexenschwester praktisch seine Gedanken lesen konnte. Und jetzt lachte sie auch noch.
„Das ist nicht witzig, Gisberta!“
Überrascht, weil seine donnernde Stimme doch eine gewisse Not verriet, beruhigte sich die Hexe.
„Zwei Möglichkeiten, Süßer: Du redest mit ihr und sagst ihr, dass du sie liebst, dass sie dein Ein und Alles ist, dass du sie vergötterst und alles für sie tun würdest, wirklich alles, doch sie möchte bitte etwas langsamer fliegen …“
Der Wasserdämon seufzte, denn das war viel Text, um ihn sich zu merken.
„ … oder ich gebe dir beim nächsten Besuch eine paar Zäpfchen mit. Die helfen gegen Flugangst.“
Kelpie seufzte noch einmal. „Was sind denn Zäpfchen?“ So was gab es nicht in der Wasserhöhle, aus der er kam.
Gisberta erklärte ihm kurzerhand, wie die einzuführen seien.
„Und die helfen wirklich?“, hakte er nach.
„Es sind die, der lange Text oder du riskierst, dich doch noch zu übergeben, Süßer.“
Letzteres, das war dem Dämon klar, würde er auf gar keinen Fall riskieren.
„Dann wähle ich deine Zauberzäpfchen. Das Zusammenleben mit einer Hexe hatte ich mir anders vorgestellt.“
Gisberta schenkte ihm den Versuch eines aufmunternden Lächelns. „Mach dir mal nicht ins Hemd. Du hältst schon länger durch als irgendein anderer Dämon vor dir.“
Das stimmte. Und wenn er diese blöden Dinger brauchte, um die Beziehung mit Xanni weiter zu festigen, dann würde Kelpie nicht zögern!