Zweifelnd sah die Frau auf die zwei Pferde, die friedlich nebeneinander an einem Querbalken angebunden standen. Etwas weiter ruhte das Maultier, ein Bein ein wenig angezogen. Auf seinem Rücken waren unterschiedliche Handelswaren fest verschnürt. Huftiere, das war Beute, kein Fortbewegungsmittel!
„Gleich können wir losreiten.“ Der Franzose pfiff vergnügt eine Melodie vor sich hin, als er die Gurte erst bei einem, dann bei dem anderen Reitpferd festzurrte. Sein Bart war grau meliert, die Hautpartie um seine Augen von hunderten kleiner Fältchen durchzogen wie die Rinde einer Eiche. Er war vor vielen Jahren in die Neue Welt gereist und zog als Händler durch das Land der Eingeborenen. Dort, wo die Nachfahren der Engländer unerwünscht waren, war er willkommen. Es wunderte sie nicht, bei seiner freundlichen Art. Er war ein angenehmerer Reisegefährte als der junge Mann aus Hamburg, der sich eingebildet hatte, sie würde seine Ehefrau werden. Sie lächelte bei dem Gedanken daran, wie sie vor wenigen Wochen mitten in der Nacht auf leisen Pfoten davongeschlichen war.
New York. Die riesige Stadt, in der Immigranten aus allen Teilen der Alten Welt ankamen, in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Wo die Menschen in manchen Vierteln so dicht aufeinander gepfercht lebten, dass Seuchen ein leichtes Spiel hatten. Zu laut und zu dreckig im Vergleich zu ihrer Heimat. Lieber wagte sie sich auf den Rücken eines dieser lausigen Viecher, das nicht nur Stroh fraß, sondern dieses ebenfalls im Gehirn hatte.
„Wir können los. Soll ich dir beim Aufsteigen helfen?“, bot er freundlich lächelnd an. Sie schüttelte den Kopf. Ihr gefielen diese Tiere nicht. Doch sie war durchaus in der Lage, selbst hinaufzuklettern. Sie trat an den Wallach heran, zog die Augenbrauen skeptisch hoch. Das dumme Pferd erkannte nicht ihre wahre Gestalt, roch nicht die Gefahr, die sie in ihrer anderen Form umgab und ihr wie ein Schatten folgte.
Sie stellte einen Fuß in den Steigbügel, der über einem kreisförmigen Lederlappen hing, hielt sich zeitgleich am Sattelknauf fest und schwang sich auf das Reitpferd. Missmutig musterte sie das hölzerne und unverkleidete Sattelhorn. Bequem sah das Ganze nicht aus und sie wünschte sich sehnlichst, ihrer zweiten Natur freien Lauf zu lassen, die Neue Welt rennend zu erkunden. Doch das barg zu viele Gefahren. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als einen Teil des Weges im Sattel zu verbringen.