Dylan war froh, als sie endlich landeten. Der Flug selbst war aufregend aber dennoch entspannt gewesen. Allerdings nahmen ihn die Ereignisse der letzten Tage immer noch mit. Er sah zu Brianna, deren Gesicht auch jetzt noch leicht verfärbt war und seufzte leise. Sie hatte den Flug zum Glück größtenteils und vor allem ruhig verschlafen. Tylers Schoß hatte ihr dabei als Kopfkissen gedient und er hatte seiner Schwester immer wieder über die Haare gestreichelt, wenn sie sich bewegte.
Die letzten beiden Nächte hatte Dylan in Wolfsform zwischen Jaden und Brianna gekuschelt verbracht. Sie alle hatten die Nähe zueinander gebraucht, um sich sicher zu fühlen. Dennoch waren sie mehr als einmal von Briannas Albträumen geweckt worden und es hatte eine Weile gedauert, bis sie wieder hatten einschlafen können.
Als das kleine Flugzeug in Richtung des Hauptgebäudes rollte, sah Dylan, dass scheinbar die halbe Familie gekommen war, um sie abzuholen. Er entdeckte Landon, Liam, River und Tylers und Briannas Eltern. Begleitet wurden sie von mehreren Betas, die aufmerksam auf sie aufpassten.
Unruhig rutsche Dylan auf seinem Sitz herum.
„Bist du ungeduldig, kleiner Wolf?“, fragte Jaden leise.
„Ja! Ich will nach Hause!“, murmelte Dylan.
Jaden lächelte ihn liebevoll an. „Ja, zu Hause ist immer gut. Und nach den letzten Tagen können wir es wirklich brauchen.“
„Nur schade, dass Mason und Rob nicht mitgekommen sind.“ Dylan kräuselte die Nase.
„Du weißt, dass sie ihre eigenen Familien besuchen wollten.“ Jaden streichelte Dylan sanft über die Wange.
„Ja, aber ich mache mir Sorgen. Für die beiden war das Ganze auch nicht einfach.“ Dylan seufzte.
„Ich hab doch mit ihren Alphas telefoniert. Und beide haben versprochen, dass sie sich darum kümmern, dass es ihnen gut geht.“ Jaden lächelte.
Dylan seufzte erneut. „Ich weiß. Trotzdem doof!“
Das Flugzeug blieb stehen. Nach und nach verließen sie es über die angestellte Leiter. Jaden lief vor Dylan die Treppe hinunter und wurde in Landons Arme gezogen, kaum, dass er wieder festen Boden unter sich hatte.
Dylan landete in der Mitte von Liam und River, die sich scheinbar vorgenommen hatten, ihn zu zerquetschen. Er lehnte sich dennoch dankbar an Rivers Schulter und genoss die Geborgenheit der Familie.
„Hey! Hört auf meinen Gefährten zu zerdrücken“, murrte Jaden.
„Tun wir doch gar nicht!“, protestierte River. „Aber dich können wir zerdrücken!“ Er ließ Dylan los und zog stattdessen Jaden in eine feste Umarmung. Liam schloss sich an.
Während Jaden von seinen Brüdern zerquetscht wurde, zog Landon Dylan in seine Arme und drückte ihn an sich.
„Ich bin so froh, dass es euch gut geht“, murmelte Landon in Dylans Haare und rieb dann seine Wange darüber.
„Ich auch“, antwortete Dylan ebenso leise. Er lehnte seine Wange an Landons Schulter und schloss die Augen.
Landon brummte.
Dylan öffnete die Augen ein bisschen und sah, dass Brianna zwischen ihre Mutter und Tyler gekuschelt war. Er sorgte sich um seine beste Freundin, wusste aber, dass sie bei den beiden bestens aufgehoben war.
Unter den wachsamen Augen der Betas führte Landon sie in Richtung der Autos. River und Liam trugen Dylans und Jadens Taschen. Am Auto angekommen, verstauten sie das Gepäck im Kofferraum, dann stiegen sie ein. River auf den Fahrer-, Landon auf den Beifahrersitz. Liam und Jaden saßen mit Dylan in der Mitte hinten.
Während River langsam losfuhr, holte Liam eine Decke aus dem Fach aus dem Sitz vor sich und deckte Dylan damit zu. „Damit du nicht frierst“, sagte er und zwinkerte Dylan zu.
„Danke“, murmelte Dylan und kuschelte sich in die Decke. Seinen Kopf lehnte er an Jadens Schulter.
Sie fuhren nicht lange. Dylan wurde entspannter, je näher sie ihrem Zuhause kamen. Er war erstaunt, wie schnell er Trinity als seine Heimat angenommen hatte.
Kurz darauf half Jaden Dylan aus dem Auto. Liam und River kümmerten sich erneut um ihre Taschen, während Landon sich noch mit Ryan und Vincent unterhielt, die ihren SUV hinter Rivers angehalten hatten.
Da es draußen kalt war, war Dylan immer noch in die Decke eingekuschelt, die Liam ihm im Auto gegeben hatte. Gemeinsam mit Jaden stapfte er die kurze Strecke zur Tür und wunderte sich, warum noch niemand heraus gestürmt war.
Drinnen nahm Jaden ihm die Decke und die Jacke ab, während Dylan seine Winterstiefel auszog und in die Schuhschale stellte. Immer noch nichts, obwohl er aus dem Wohnzimmer Stimmen hörte.
Fragend sah Dylan zu Jaden, aber der zuckte auch nur verwundert mit den Schultern.
Als Dylan ins Wohnzimmer kam und sich umsah, erstarrte er. Das musste ein Traum sein, oder? Er träumte grade, dass seine Mom zwischen Mia und Eve auf dem Sofa saß und ihn anlächelte.
„Kannst du mich mal kneifen?“, murmelte Dylan an Jaden gewandt.
„Hü?“, fragte Jaden, der ebenso verwundert war. Dylan hatte ihm Bilder von seiner Mom gezeigt.
Dylans Mom stand auf und ging auf die beiden zu. Dylan schluckte, als sie vor ihm zu stehen kam und ihn dann in eine feste Umarmung zog. Da sie eine Beta war, war sie deutlich größer als er, auch wenn ihr zu Jaden ein paar wenige Zentimeter fehlten.
Schluchzend drückte Dylan sein Gesicht an ihren Hals und klammerte sich an ihr fest.
„Hey, mein Baby“, murmelte sie ihm ins Ohr. „Es ist alles gut. Ich bin da und sicher.“
„Ich hab dich so vermisst“, sagte Dylan und schniefte.
Sie lächelte. „Ich hab dich auch vermisst. Du bist doch mein Baby.“
„So klein bin ich auch nicht“, nuschelte Dylan.
„Immer noch kleiner als ich, also bist du mein Baby!“, antwortete seine Mom amüsiert.
Dylan wusste nicht, wie oft sie diese Unterhaltung bereits geführt hatten. Aber sie hinterließ ein warmes Gefühl der Geborgenheit in ihm und er kuschelte sich noch fester an seine Mom.
Sie gab ihm einen Kuss auf den Kopf und rieb dann ihre Wange darüber. „Hey, mein Baby. Magst du mich nicht deinem Gefährten vorstellen?“ Sie grinste.
Dylan wurde rot und ließ seine Mom los. Dann drehte er sich so, dass er beide sehen konnte. „Mom, das ist Jaden, mein Gefährte. Jaden, das ist meine Mom Kathleen.“
Jaden lächelte sie an. „Ich hab schon so viel von dir gehört. Es ist schön, dich endlich kennenzulernen.“
Nun wurde Kathleen rot. „Ich freue mich auch, dich kennenzulernen. Auch wenn Dylan und ich in der letzten Zeit nicht wirklich die Gelegenheit gehabt haben, miteinander zu telefonieren.“ Sie sah lächelnd zu Landon und Eve. „Aber wenn du nur halb so herzlich wie deine Familie bist, hat Dylan einen verdammt guten Fang gemacht.“
Landon lachte. „Der Welpe ist ein Satansbraten. Aber er hat das Herz am rechten Fleck. Von daher brauchst du dir da keine Sorgen zu machen.“
„Ich weiß, Alpha Landon.“ Kate lächelte Jaden an.
Schnaubend schüttelte Landon den Kopf. „Hör mit diesem Alpha-Blödsinn auf. Ich heiße Landon. Bei offiziellen Anlässen meinetwegen. Aber du gehörst zur Familie!“
„Entschuldige bitte. Es wird eine Weile dauern, mich daran zu gewöhnen. Mein Bruder hat sehr auf seinen Titel bestanden. Ebenso wie mein Vater und Großvater.“ Kate legte den Kopf zur Seite und bot ihm so ihre Kehle dar.
Landon seufzte erneut. „Ich weiß, Kate. Aber ich werde dich einfach so lange dran erinnern, bis du es gelernt hast.“ Er grinste. „Dylan hat es ja auch schon geschafft.“
Dylan lächelte ihn verlegen an. „Meistens.“
Jaden zog Dylan an sich heran und drückte seine Nase an Dylans Hals. „Solange du mich nicht mit Alpha Jaden ansprichst.“
Die Familie lachte.
Ungeduldig sprang Celine, die bisher brav mit ihrem Bruder an der Seite gesessen und gemalt hatte, auf und marschierte auf Dylan zu. „Ich will meinen Dylan jetzt auch endlich knuddeln!“
Schmunzelnd ging Dylan in die Knie und breitete seine Arme aus. „Ich hab dich vermisst!“
Celine wickelte sich wie ein Klammeräffchen um Dylan und drückte ihm dabei fast die Luft ab. „Du musst jetzt hierbleiben! Vermissen ist voll doof!“
Das Gelächter der Familie wurde nur lauter.
„Genau Jaden. Du kannst alleine wieder zurück zur Uni fahren. Dylan bleibt bei uns!“, warf River vergnügt ein.
„Träum weiter!“, antwortete Jaden und schüttelte amüsiert den Kopf.
„Sorry, River. Aber ich bleib bei Jaden.“ Dylan streckte ihm die Zunge raus.
River lachte schallend. „Und frech wird er auch noch!“
„Natürlich! Du hast es ja auch nicht anders verdient“, sagte Jaden.
Dylan sah zu seiner Mom, die die Unterhaltung mit großen Augen verfolgte. Er wusste, wie sie sich fühlen musste. Immer die Angst im Hinterkopf zu haben, dass doch irgendjemand seine Aussagen böse nahm und ihn bestrafen wollte. Aber die Zeit mit Jaden hatte ihn diesbezüglich entspannen lassen. Er wusste, dass Jaden ihm nichts Böses wollte und ihre kleinen Kabbeleien sehr genoss. Auch Ryan, Vince und Tyler hatten ihm immer wieder gezeigt, wie anders dieses Rudel im Gegensatz zu dem seines Onkels war. Er lächelte seine Mom fröhlich an. Auch sie würde sich noch daran gewöhnen.
„So. Jetzt hört mal auf, Dylan zu belagern. Es gibt auch noch andere hier, die Hallo sagen wollen!“ Energisch schob Eve sich zwischen den großen Kerlen hindurch. „Celi-Schätzchen. Denkst du, Grammy darf Dylan auch mal knuddeln? Du hast ihn noch eine ganze Zeit lang, sofern du Jaden Zeit mit Dylan abschwatzen kannst.“
Celine kräuselte ihre kleine Nase, aber nickte dann und streckte eine Hand nach Jaden aus, der sie schmunzelnd entgegennahm und an sich drückte.
„Hey, Dylan“, sagte Eve leise und zog ihn in eine feste Umarmung. „Schön, dass du wieder da bist. Und dass euch nichts passiert ist. Wir haben uns solche Sorgen gemacht!“
„Ich hab euch auch vermisst“, gab Dylan leise zu. „Und ich bin auch froh, dass es uns allen soweit gut geht. Aber ich mache mir wirklich Sorgen um Brianna.“
Eve lächelte ihn an. „Mach dir keine Sorgen. Hier wird sie bestens umsorgt werden. Und ihr auch. Du kannst mir nicht erzählen, dass das an euch spurlos vorbeigegangen ist.“
„Ist es auch nicht. Vor allem, weil Gregory ihr wehgetan hat, weil er an mich ran wollte.“ Dylan ließ den Kopf hängen.
„Dich trifft keine Schuld, Baby“ Kate legte Dylan die Hand auf die Schulter und drückte leicht zu. „Richard hat Gregory völlig irre gemacht. Nachdem er mich ins Gästezimmer gesperrt hat, hat Richard keinen Hehl draus gemacht, was er mit dir vorhat. Ich bin froh, dass er jetzt in einer Konzil-Zelle vor sich hin schimmeln kann.“
Dylan nickte nachdenklich. „Wie kommst du eigentlich hierher?“, fragte er dann verwundert.
Kate grinste und nickte dann in Richtung Landon.
Der verdrehte nur amüsiert die Augen. „Na wie wohl? Mit dem Auto!“
Unbeeindruckt starrte Dylan ihn an und schnaubte.
Landon hob abwehrend die Hände. „Na gut. Wir dachten uns, es wäre doch ein tolles Weihnachtsgeschenk, wenn du Weihnachten nicht nur mit uns, sondern auch mit deiner Mom verbringen könntest. Das Konzil war nach der ganzen Sache mit deinem Onkel und Gregory sowieso schon kurz davor gewesen, die beiden einzusammeln. Bei Gregory war es nun ja nicht mehr möglich, aber sie haben dafür deinen Onkel einkassiert und wir waren eben ‚zufällig‘ auch da und haben deine Mom auf einen kleinen Road-Trip eingeladen.“ Landon grinste.
Dylan schniefte und sprang dann auf Landon zu, um ihn fest in die Arme zu schließen. „Dankeschön“, sagte er mit stockender Stimme.
„Nicht dafür, Dylan. Wie ich gesagt habe: Du gehörst zur Familie. Und deine Mom ist dir wichtig, damit gehört sie auch zur Familie. Und du weißt, was wir für unsere Familie tun, oder?“
Überwältigt nickte Dylan. „Alles“, flüsterte er.
„Korrekt“, antwortete Landon lächelnd. „Aber, nachdem wir den dramatischen Teil nun hinter uns gebracht haben. Da warteten noch ein paar Anwesende auf ihre Umarmung und Eve und Mia haben gekocht und möchten ihre Arbeit mit gefräßiger Stille und ganz vielen Ohs und Ahs belohnt bekommen.“
Nickend drehte Dylan sich um und drückte erst Toby und dann Mia an sich. Dann ließ er sich wieder von Jaden in die Arme ziehen und sah glücklich und mit feuchten Augen zu seiner nun wieder vollständige Familie.
„Bestes Weihnachtsgeschenk ever“, murmelte Dylan.
Jaden lachte leise. „Ich hoffe, du bist dann von meinem nicht enttäuscht.“
Dylan sah ihn liebevoll an. „Niemals!“
„Puh!“, sagte Jaden und küsste ihn sanft. „Wobei du mein größtes Geschenk bist, kleiner Wolf.“ Jaden streichelte ihm lächelnd über die Wange. „Ich liebe dich so sehr.“
„Ich liebe dich auch“, antwortete Dylan und drückte dann sein Gesicht an Jadens Hals. „Ich mach dich schon wieder nass“, nuschelte er.
Jaden gluckste. „Das ist okay, kleiner Wolf. Du darfst das immer.“
„Du bist der beste Gefährte, den ich mir wünschen könnte. Du bist besser als jeder Traum.“ Dylan seufzte glücklich und kuschelte sich an Jaden.
„Kommt ihr jetzt endlich? Das Essen wird kalt!“, rief River aus der großen Wohnküche.
Lachend lösten sich Dylan und Jaden voneinander, verschränkten ihre Finger und folgten Rivers Ruf. Es roch wieder zu köstlich.