Dylan saß beim Frühstück und kaute missmutig auf seiner Zimtschnecke. Er war schon wieder alleine aufgewacht und vermisste Jaden schmerzlich. Aber dieser wurde in Weaverville gebraucht, da die Wilderer immer noch ihr Unwesen trieben. Sie hatten zwar keine weiteren Wandler getötet, aber dafür viele Tiere. Dylan seufzte schwer und griff nach seinem Kaffeeglas. Hoffentlich fanden sie die Wilderer bald.
Brianna saß neben ihm und lehnte ihren Kopf an seine Schulter. „Was hältst du davon, wenn wir unseren freien Tag heute nutzen, um ins Städtchen zu fahren und uns ein wenig umzuschauen? Vielleicht finden wir ja auch noch was Nettes für Kates Welpen?“
„Klingt auf jeden Fall nach nem besseren Plan als seufzend und schmachtend auf dem Sofa zu liegen“, gab Dylan grummelnd zu.
„Aber sowas von! Also aufessen, umziehen und los?“ Brianna grinste.
Seufzend steckte Dylan sich das letzte Stück seiner Zimtschnecke in den Mund und nickte.
River kam in die Küche und schnappte sich eine Zimtschnecke. „Wen nehmt ihr mit?“
Dylan sah ihn verwirrt an. „Mitnehmen?“
„Ja? Betas? Habt ihr schon wen?“ River biss in seine Schnecke und seufzte glücklich.
„Öhm nein?“, antwortete Dylan verlegen.
„Willst du Ryan nach wem fragen oder soll ich mir noch wen suchen?“, fragte River zwischen zwei Bissen.
Dylan zuckte mit den Schultern. „Mach du, du hast ja schließlich auch gelauscht. Dann kann ich wenigstens noch gemütlich meinen Kaffee austrinken.“ Er grinste frech.
„Fauler Kerl“, murmelte Brianna amüsiert.
„Lass mich! Ich darf das heute“, murrte Dylan.
Brianna verdrehte die Augen. „Hmhm. Ausnahmsweise!“
River lachte und schnappte sich eine weitere Zimtschnecke. „Bis gleich!“
Nachdem sie ihr Geschirr in den Geschirrspüler und die Reste in den Kühlschrank gepackt hatten, eilte Brianna nach Hause und Dylan in sein Zimmer, um sich umzuziehen. Kurz darauf trafen sie sich vor der Haustür wieder. River hatte Tyler und Vincent im Schlepptau, die ihnen zuwinkten.
„Ah schau mal, Dylan. Wenn Tyler dabei ist, haben wir sogar nen Packesel“ Brianna grinste ihren Bruder an.
Tyler verdrehte nur die Augen. „Du kannst deine Sachen mal schön selbst tragen!“
Brianna streckte ihm die Zunge heraus. „Pah! Das sag ich Mama!“
Dylan prustete los. „Die gibt ihm nur Recht!“
„Hmpf!“ Brianna schmollte.
„Aber wie kommt es, dass ihr hier und nicht in Weaverville seid?“, fragte Dylan.
„Ich muss meinem Bruder nicht ständig am Hintern kleben“, antwortete River schmunzelnd. „Und falls es dir noch nicht aufgefallen ist: Es ist immer jemand in deiner Nähe.“
„Oh? Aber warum das denn?“ Dylan sah ihn verwundert an.
Tyler lachte. „Weil du der Alpha-Gefährte bist? Du bist uns wichtig!“
Dylan schnaubte. „Als ob mich hier irgendwer klaut.“
„Ich lege es nicht drauf an, herauszufinden, ob nicht doch jemand auf so eine idiotische Idee kommt. Und abgesehen davon, dass du der Alpha-Gefährte bist, du bist auch mein kleiner Bruder!“ River legte Dylan den Arm um die Schulter, zog ihn zu sich und umarmte ihn fest. „Du bist toll, Dylan! Und du bist mir wichtig, grade weil du so bist, wie du bist. Du machst unser Leben schöner!“, murmelte River und rieb seine Wange über Dylans Haare.
„Hab dich auch lieb!“, nuschelte Dylan in Rivers Brust.
River drückte ihm einen Kuss auf den Scheitel und ließ ihn los. „Na dann auf! Habt ihr schon mehr als ‚wir wollen in die Stadt‘ geplant?“
„Nicht wirklich“, antwortete Dylan, der noch an Rivers Seite lehnte. „Wir wollten nach was für Mom schauen und ansonsten einfach mal stöbern.“
„Alles klar, wollen wir dann los?“ River rieb Dylan über den Rücken.
„Klingt gut. Bree?“ Dylan drehte sich zu ihr.
„Jupp. Wir können!“, antwortete sie.
„Tyler? Du fährst!“ River warf Tyler die Autoschlüssel zu.
„Wohoo!“ Tyler fing den Schlüssel und hob ihn begeistert in die Höhe.
„Du nimmst das zweite Auto?“, fragte River an Vincent gewandt.
Vincent nickte und drehte sich dann zu seinem Gefährt um.
River machte Brianna und Dylan die Tür zum Rücksitz auf und sie kletterten hinein. Er selbst setzte sich auf den Beifahrersitz.
Sie fuhren in gemütlichem Tempo los. Der Weg ins Städtchen war nicht weit und die Fahrt dauerte nur wenige Minuten.
Tyler und Vincent parkten auf einem der Mitarbeiterparkplätze des Kräuterladens.
„Sicher, dass wir hier parken können?“, fragte Dylan.
River grinste. „Klar. Saphana, das ist die Inhaberin, hat nichts dagegen.“
„Saphana? Das war doch deine beste Freundin, oder?“ Dylan sah ihn fragend an.
„Jupp. Die einzig Wahre!“, antwortete River.
„Können wir rein? Ich will Kekse!“ Brianna rieb sich die Hände.
Fragend sah Dylan sie an. „Kräuterkekse?“
Brianna, River und Tyler lachten. „Lass dich überraschen!“
Sie betraten den Laden und Dylan sah sich neugierig um. Der Laden verströmte eine heimelige Atmosphäre. Es roch angenehm nach frischen Kräutern, Blüten und Tee, die die Holzregale an den Wänden füllten. Dazu kamen Räucherstäbchen und ein Geruch, der ihn an frische Erde und Wald erinnerte. Auch die Dekoration mit Ästen, Rindenstücken, Moos und echten Pflanzen unterstützte den Eindruck.
„Ich bin gleich da!“, kam eine melodische, weibliche Stimme aus einem Nebenraum.
„Kein Stress, Saphana!“, antwortete River amüsiert.
Kurz darauf kam die Besitzerin der Stimme hinter einem Vorhang hervor. Dylan fand sie auf Anhieb sympathisch. Und beneidete sie etwas um ihre wunderschönen goldblonden Haare, die sie in langen Wellen umspielten. In ihrem weichen, waldgrünen Gewand hatte sie etwas von einer Elfe.
„Willkommen, Alpha-Gefährte“, sagte sie freudig und neigte ihren Kopf. „Schön, dass wir uns endlich treffen. Wir haben uns sonst immer verpasst.“ Saphana lächelte.
Dylan lächelte zurück. „Es freut mich auch, ich hab schon viel von dir gehört.“
„Ich hoffe nur Gutes!“ Saphana sah zu River. „Sonst gibt das keine Kekse!“
„Natürlich nur Gutes! Und ... Kekse!“, sagte River, setzte seinen besten Bettelblick auf und schniefte.
Saphana lachte. „Du bist unmöglich!“ Sie patschte mit der Hand nach River, aber er wich geschickt aus. Neben River sah sie noch kleiner und zierlicher aus, als sie war. „So! Dafür darfst du jetzt Tee kochen und die Kekse holen. Ich unterhalte mich derweil mit Dylan!“
„Ja, Chefin!“, antwortete River und verschwand hinter dem Vorhang.
„Und wehe du fasst die Kekse an, bevor sie hier auf dem Tisch stehen!“, rief Saphana ihm hinterher.
River lachte. „Würde ich doch nie tun!“
Saphana schnaubte und schüttelte amüsiert den Kopf. „Komm, Dylan. Wir setzen uns gemütlich hin und reden ein wenig.“ Sie hakte sich bei Dylan unter und lotste ihn zu einer Sitzecke, wo er sich auf eines der weichen Sofas sinken ließ.
Brianna, Tyler und Vincent folgten ihnen und setzten sich ebenfalls.
„Du hättest ruhig vorher Bescheid sagen können, dann hätte ich frische Kekse backen können!“, beschwerte Saphana sich bei River.
„Zu seiner Verteidigung: Es ist ein spontaner Besuch“, sagte Brianna.
„Danke! Wenigstens eine die zu mir hält!“, rief River aus der Küche.
„Jaja! Ausreden hast du auf jeden Fall genug!“, sagte Saphana und zwinkerte Dylan zu. „Also. Ich bin Saphana, mir gehört der Kräuterladen und ich bin mir ziemlich sicher, dass das eines meiner Werke ist.“ Sie zeigte auf das kleine Amulett, das Dylan an einem Lederband um den Hals trug.
Dylans Blick wanderte zum angesprochenen Schmuckstück und dann wieder zu Saphana. „Oh?“
Saphana lächelte. „Es ist ein Schutzamulett. Meine Spezialität.“
„Jaden hat es mir geschenkt.“ Dylans Wangen färbten sich rosa.
„Ich erinnere mich daran, dass er angerufen hat. Ich hätte es euch gerne persönlich übergeben, aber wie gesagt, wir haben uns ja immer verpasst. Jedes Mal wenn ihr hier wart, war ich unterwegs.“ Saphana zuckte mit den Schultern.
Nachdenklich musterte Dylan sie. „Du bist eine Hexe, oder?“
Schmunzelnd nickte Saphana. „Ja. Ich habe eine Affinität für Naturmagie und habe mich auf Schutzzauber spezialisiert.“
„Ich hab noch nie eine Hexe kennengelernt.“ Dylan wurde rot.
Saphanas grinste schelmisch. „Oh, ich bin also deine Erste?“
Dylan nickte freundlich, bis ihm die Doppeldeutigkeit des Satzes auffiel. Brianna, Tyler und auch Vincent lachten los, während Dylans Wangen noch dunkler wurden.
„Entschuldige bitte, aber es war zu verlockend“, sagte sie verlegen grinsend. „Ich schiebe es auf Rivers schlechten Einfluss!“
„Ey!“ River kam mit einem Tablett, auf dem sich eine große Teekanne, Tassen und ein Berg Kekse stapelten, aus der Küche. Er stellte es auf dem Tisch ab und setzte sich neben Saphana. „Und sei lieb zu Dylan, sonst bekommen wir beide Ärger!“ Er zwinkerte Dylan zu.
„Keine Sorge! Ich mag ihn, also pass ich gerne mit dir auf ihn auf!“ Sie pikte River in die Seite.
„Besser ist das!“ River patschte ihr leicht auf die Finger. „Pfoten weg, sonst wird das nichts mit Tee!“
„Hmhm. Mach hinne!“, antwortete Saphana grinsend.
Gemächlich nahm River die Teekanne und füllte die Tassen. Nachdem alle eine Tasse Tee und mindestens einen Keks hatten, lehnte er sich zurück und nippte an seinem Tee.
Dylan schnupperte neugierig. Der Tee roch gut. Er trank einen Schluck. Der Tee schmeckte auch gut.
„Was führt euch in die Stadt?“, fragte Saphana neugierig.
„Uns war langweilig und ich dachte, wir schauen nach einem Geschenk für meine Geschwister die bald auf die Welt kommen“, antwortete Dylan und knabberte dann an einem Keks. Jetzt verstand er die Begeisterung der anderen.
Saphana lächelte. „Stimmt, es ist ja bald so weit. Freust du dich schon?“
Eifrig nickte Dylan und strahlte. „Jupp. Ich freue mich tierisch!“
„Wir freuen uns alle“, sagte River grinsend.
„Das ist schön. Neues Leben, das mit so viel Liebe begrüßt wird. So muss es sein“, sagte Saphana zufrieden.
Dylan kaute auf seiner Unterlippe herum. Er hatte eine Idee für sein Geschenk, aber er war sich nicht sicher, wie er die Frage am besten stellen sollte.
„Man sieht die Rädchen in deinem Kopf werkeln, Dylan. Was beschäftigt dich?“, fragte Saphana.
Verlegen sah Dylan sie an. „Ich war am überlegen, ob es möglich ist, dass meine Geschwister auch ein Schutzamulett bekommen können.“
Freudig sah Saphana ihn an. „Natürlich! Magst du mit mir dann die Anhänger aussuchen?“
„Oh, es gibt Auswahl?“, fragte Dylan.
„Natürlich! Der Anhänger soll ja auch zum Träger passen. Aber trink erstmal ganz gemütlich aus und iss Kekse. Wir haben ja Zeit.“ Saphana lächelte.
Dylan lehnte sich entspannt zurück und trank seinen Tee.
Sie unterhielten sich angeregt über alles Mögliche und die kleine Hexe wurde Dylan immer sympathischer. Später zeigte sie ihm mit einer Engelsgeduld ihre Anhänger, der die Basis des Amulettes bildete. Sie erklärte ihm zu jedem die Symbolik, Stärken und Schwächen. Für den Schutzzauber, den sie später darauf legen würde, luchste sie ihm noch zwei Strähnen Wolfsfell ab, für die er sich im Nebenraum extra wandelte. Sie würden den Zauber persönlicher und stärker machen.
Als sie den Laden verließen, war es bereits später Nachmittag und Dylan knurrte der Magen. „Können wir heim? Ich hab Hunger!“
River lachte. "Ja, ich könnte auch einen ganzen Hirsch verputzen.“ Er rieb sich den Bauch.
„Hmm. Hirsch. Das wär was“, antwortete Tyler und leckte sich die Lippen.
„Na dann auf, ab ins Auto, mal schauen, ob wir nicht irgendwo ein Stück Hirsch auftreiben können“, sagte River.
Zu Hause angekommen, vergaß Dylan den Hirsch und seine Begleitungen allerdings direkt, als er Jaden sah, der auf der Veranda auf ihn wartete. Dylan hüpfte aus dem Auto, eilte zu ihm und warf sich in seine Arme.
„Hey, kleiner Wolf“ Jaden drückte ihn fest an sich. „Ich hab dich vermisst.“
„Ich hab dich auch vermisst!“ Dylan schniefte und kuschelte sich so fest wie möglich an ihn.
Jaden küsste auf die Wange. „Ich bleibe ein paar Tage daheim. Die sind selber groß. Ich muss denen nicht ständig im Nacken sitzen. Sorry, dass ich dich alleine gelassen hab.“
Dylan drückte seine Nase an Jadens Hals und atmete ein. Wie hatte er Jadens Geruch vermisst. Er entspannte sich etwas. „Wilderer sind wichtig!“
„Ja. Aber das ist kein Grund, dich zu vernachlässigen. Und wenn ich dich vermisse, bin ich eh zu nichts zu gebrauchen. Es ist also für alle das Beste, wenn ich dich regelmäßig durchknuddle.“ Jaden lächelte ihn an.
„Gute Idee. Mindestens einmal am Tag zehn Minuten Kuscheln sind ab jetzt Pflicht!“ Dylan streckte sich etwas und küsste Jaden.
Jaden erwiderte den Kuss und brummte selig. „Was hältst du von Essen, Duschen, Kuscheln, noch mehr Kuscheln, noch mehr Kuscheln und dann Schlafen?“
Dylan grinste. „Perfekt!“