Während im Rathaus die außerordentliche Sitzung tagte, ging es im Hause Wollhaupt drunter und drüber. Rieke hätte sich am liebsten irgendwohin verkrochen, so sehr nervte sie der Trubel um ihren Bräutigam. Da ihre Kammer gleich neben seiner lag, war es unausbleiblich, dass sie jede noch so kleine Regung mitbekam. Dabei wollte sie lieber allein sein und dem Treffen mit Konrad am Abend entgegen fiebern.
Leider blieb ihr nichts anderes übrig, als sich an der Pflege des Kranken zu beteiligen. Ständig wurde sie von ihrer Mutter, die inzwischen wie eine Glucke an Andres Bett wachte, hin und her gescheucht. Rieke hol dies, Rieke hol das, Rieke beeile dich. Wofür hatten sie eigentlich Dienstboten? Die junge Frau verstand die Welt nicht mehr. Sie war heilfroh, als endlich ihr Vater aus dem Rathaus zurückkehrte und zu Abend gegessen werden konnte.
„Du siehst ermüdet aus“, sprach Augusta ihren Gatten während des Essens an. Die Sitzung heute dauerte ungewöhnlich lang, was bei der Lage in der Stadt recht verständlich war.
„Oh ja, da hast du recht“, erwiderte Wolfhardt, nachdem er seinen Bissen Brot hinunter geschluckt und den Bierschaum vom Bart gewischt hatte. „Die Ratsherren waren sehr in Aufruhr und nur schwer im Zaum zu halten.“
„Wie ich dich kenne, wirst du auch dies gemeistert haben“, meine Augusta daraufhin, ihn dabei liebevoll anlächelnd. Sie kannte ihren Mann nur zu gut. Er konnte sich durchsetzen, nicht nur in seinem Kontor oder bei Geschäftspartnern, sondern auch unter den Ratsherren von Arnstadt.
„Wir konnten uns sogar darauf einigen, wie wir weiter verfahren“, erklärte Wolfhardt mit vor Stolz geschwollener Brust. Dann erzählte er seiner Frau, was die Ratsherren beschlossen hatten. Eigentlich war die Angelegenheit keine, die eine Frau interessieren sollte, doch seine Gemahlin interessierte sich für alles, was ihren Gatten betraf. Dazu gehörten auch seine Ämter, die er in der Stadt inne hatte. Nicht nur einmal konnte sie ihm mit einem Rat beiseite stehen, was Wolfhardt seiner Frau hoch anrechnete.
Rieke, die so tat, als wäre sie mit dem Essen beschäftigt, hörte genau zu. Erfreut erfuhr sie somit, dass ihr heimlicher Galan die Zulassung erhielt, seine Heilkunst im Spital anwenden zu dürfen. Dies war zwar nicht das, was sie sich für ihn wünschte, doch noch war nicht aller Tage Abend. Die Ratsherren würden sich überzeugen können, welch Wissen Konrad besaß und dass er in der Lage war, das Fieber zu bekämpfen.
Nach dem Abendmahl saß die Familie noch einige Zeit in der Wohnstube. Die Mutter stickte an seinem Tuch, während Rieke an einem Schal arbeitete, den sie ihrem Bräutigam schenken wollte.
Roman, der jüngste der Wollhaupt-Brüder war bereits auf der Ofenbank eingeschlafen. Zusammengerollt lag er an die Seite seiner Mutter gekuschelt und sprach im Schlaf. Die beiden älteren Brüder spielten mit Holzfiguren. Sie hätten zwar noch gerne eine Weile mit den Nachbarskindern in der Gasse herumgetobt, doch ihre Mutter erlaubte dies nicht. Einige ihrer Nachbarn waren ebenfalls am Fieber erkrankt. Daher hatte sie Sorge, ihre Söhne könnten sich anstecken. Rieke hatte seit einiger Zeit ebenfalls Ausgehverbot. Doch die Tochter hielt sich nur ungern daran und entwischte immer wieder der aufmerksamen Mutter, um sich mit ihren Freundinnen zu treffen.
„Ihr solltet nun zu Bett gehen“, sagte Augusta zu ihren Söhnen, die ohne zu murren gehorchten. Sie räumten noch ihr Spielzeug in die Kiste unter der Ofenbank und wünschten den Eltern und ihrer Schwester eine gute Nacht. „Ich komme gleich noch einmal zu euch“, verabschiedete die Mutter die Jungen. Sie legte ihre Arbeit beiseite, um auch ihren Jüngsten ins Bett zu bringen. Der Knabe wurde nicht einmal wach, als seine Mutter ihn in ihre Arme nahm.
„Ich gehe dann auch zu Bett“, kündigte Rieke an und räumte ihre Nähsachen in das Körbchen, in dem sie neben Nadeln und Garn auch noch andere Kleinigkeiten, wie Knöpfe und Schleifen aufbewahrte. „Ihr erlaubt, dass ich noch eine Weile in den Garten gehe, ehe ich mich zur Nachtruhe begebe?“, fragte das Mädchen ihre Eltern. „Die frische Luft wird mir beim Einschlafen helfen.“
„Aber natürlich, mein Kind“, erwiderte der Vater.
„Danke sehr“, entgegnete Rieke, „ich wünsche Euch dann eine gute Nacht“, sagte sie noch und ging nach draußen. Sie durchquerte den Flur und ging durch die Hintertür hinaus in den Garten. Die Blumen, die ihre Mutter gepflanzt hatte, verströmten ihren betörenden Duft und ließen sie den Gestank vergessen, der die meiste Zeit in der Gasse vor dem Haus herrschte. Rieke wohnte mit ihren Eltern in einer eigentlich wohlhabenden Gegend der Stadt. Hier hielt sich in den Gassen keinerlei Getier auf wie in den Armenvierteln. Es war aber auch hier Gang und Gäbe, dass die Anwohner ihre Notdurft und das Abwasser einfach auf die Straße gossen.
Langsam schlenderte sie durch den Garten, zupfte dabei hier und da ein Unkraut zwischen den Pflanzen heraus und warf es den Hühnern vor, die bereits in ihrem Verschlag hockten und leise gackerten. Während sie so durch den Garten flanierte, kam sie dem kleinen Tor in der Mauer am hinteren Ende des Grundstückes immer näher.
Als sie das Tor zu Gesicht bekam, fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Sie musste das Haus gar nicht durch den Vordereingang verlassen. Wenn sie das Gartentor benutzte, musste sie zwar einen Umweg machen, aber sie könnte ungesehen der elterlichen Macht entfliehen. Sie brauchte die Tür nicht fest verschließen, sondern nur den Riegel, der auch von außen bedienbar war, vorschieben. Daher wäre es ein Leichtes, genauso unbemerkt nach Hause zurückzukehren. Meistens war nachts auch der Hintereingang zum Haus offen.
***
Als die Dämmerung hereinbrach, wurde es für Rieke Zeit, aufzubrechen. Aufmerksam schaute sie sich um, ob sie auch von niemandem beobachtet wurde. Alles war still, nur aus der Stube hörte sie, wie sich ihre Eltern unterhielten. Vorsichtig spähte sie auch noch durch das Küchenfenster und sah, wie Else mit Gislind und Lisbeth am Tisch saß. Die Frauen plauderten miteinander und machten dabei Handarbeiten. Von Friedbert war nichts zu sehen. Wahrscheinlich traf er sich wieder mit seinen Kumpanen trotz Verbot ihres Vaters in irgendeiner Spelunke und zechte.
Der Weg war für Rieke frei. Sie schlüpfte durch das Tor in die angrenzende Gasse. Vorsichtig schaute sie sich um. Auch hier war zu ihrem Glück niemand zu sehen. Schnell lief sie weiter, immer in Richtung westliches Tor. Ein wenig unheimlich war ihr schon zumute, ganz allein durch die menschenleeren Gassen und Straßen zu gehen. Doch die Aussicht, bald Konrad sehen zu können, beflügelte sie. Ihre Angst ließ nach und wich einer Freude, die sie nicht beschreiben konnte. Ihr Herz machte Freudensprünge und in ihrem Bauch kribbelte es, als würden dort tausende von Schmetterlingen darin herumfliegen und sie kitzeln.
Endlich erreichte sie das Westtor. Die Büttel hatten es, wie es üblich war, bereits zu Beginn der Dämmerung verschlossen. Niemand kam mehr unbemerkt hinaus, aber auch nicht herein. Wer hinaus oder herein wollte, musste am Wachhäuschen klopfen und einen kleinen Obolus leisten, damit die kleine Pforte, die nachts als Ein- und Ausgang genutzt wurde, geöffnet wurde.
Rieke schaute sich ein wenig irritiert um. Von Konrad war noch nichts zu sehen. War sie womöglich viel zu zeitig?
„Einen schönen guten Abend, liebes gnädiges Fräulein. So allein hier in der Dunkelheit“, sagte plötzlich jemand hinter ihr.
Sie stieß einen erschrockenen Schrei aus und drehte sich um. Da blickte sie in Konrads lächelnde Augen. Der junge Mann lachte über das ganze Gesicht und verbeugte sich vor ihr.
„Der Herr Konrad“, grüßte Rieke zurück. „Ich dachte schon, Ihr kommt nicht oder habt mich vergessen.“
„Aber nein, wie könnte ich unser Stelldichein vergessen“, sülzte Konrad mit süßer Stimme und blickte die geliebte Person an, als würde er sie sogleich mit Blicken verschlingen wollten. Seine Augen hatten einen eigenartigen Glanz, Rieke mochte fast schon betrunken sagen. Doch Konrads Atem roch weder nach Bier noch nach Wein.
„Wir sollten uns hier nicht so auf dem Präsentierteller zeigen“, sagte das Mädchen. „Gehen wir ein Stück, wo uns niemand sehen kann.“
„Ihr habt Recht“, gab Konrad zu und reichte Rieke seinen Arm.
Langsam näherten sich die beiden Spaziergänger plaudernd der Stadtmauer. Hier und da waren Büsche angepflanzt worden, die bereits so groß gewachsen waren, dass sich ein erwachsener Mensch dahinter verstecken konnte.
„Ich hörte, ihr dürft jetzt im Spital arbeiten“, sagte Rieke.
„Ja, das stimmt. Allerdings, na ja, ich weiß nicht so recht, ob das das Richtige für mich ist. Den ganzen Tag in den stinkigen Katakomben des Spitals, das bin ich nicht gewohnt“, erwiderte Konrad. Er hatte sich sehr viel mehr erhofft.
„Mein Vater erzählte heute beim Abendmahl davon“, sprach das Mädchen. „Die Ratsherren wären anfangs nicht damit einverstanden gewesen, die Kranken der Stadt von einem Fremden behandeln zu lassen. Aber mein Vater schlug die Einwände nieder, da wir jede helfende Hand bitter nötig hätten.“
Konrad nickte zustimmend. „Ich war bereits bei einigen Erkrankten zu Hause und habe sie behandelt, bevor ich die Erlaubnis dazu erhielt“, gab er nun zu.
„Das war sehr unvorsichtig von Euch“, sagte Rieke.
„Was will ich tun, wenn jemand dringend meine Arznei benötigt, gebe ich diese gerne her“, log Konrad. Die Lüge kam ihm so leicht von den Lippen, dass Rieke sie nicht erkannte. „Aber lassen wir die unschönen Dinge und wenden wir uns lieber den schönen zu“, ging der Mann dem ungeliebten Thema aus dem Weg.
Rieke ging darauf ein. So schlenderten sie weiter, bis Konrad sie fragte, ob sie sich nicht ein wenig setzen wollte. Er sah sich um und entdeckte eine kleine Nische zwischen den Büschen, wo zu seinem Glück auch noch eine Bank zu einer Rast verführte. Konrad zog seine Jacke aus, legte sie auf die Bank und ließ Rieke darauf Platz nehmen. Er selbst setzte sich daneben.
Einige Zeit schauten beide wortlos ein paar Spatzen zu, die sich lärmend um ein paar Krumen balgten. Dabei rutschte Konrad unbemerkt immer näher. Anfangs bemerkte Rieke es nicht. Erst als sich Konrads Hand auf die ihrige legte, blickte sie auf und lächelte ihn an.
„Oh Fräulein Rieke, Ihr habt mich verzaubert“, flüsterte Konrad und näherte sich ihr noch mehr. Sollte er es wagen oder nicht. Sein Herz klopfte aufgeregt.
Auch Rieke war aufgewühlt. Ihr war plötzlich so schummrig zumute. Die Schmetterlinge kehrten wieder. Sie brachte kein Wort hervor, sondern lächelte ihr Gegenüber nur an.
Konrad wurde mutiger. Er zog das Mädchen zu sich herüber und setzte sie auf seinen Schoß. Rieke schaute ihn fragend an, als sie an ihrem Schenkel etwas Hartes durch den Stoff ihres Kleides verspürte.
„Ich möchte Euch küssen“, flüsterte Konrad, sich gänzlich bewusst, das Mädchen überrumpelt zu haben. Noch ein wenig und er hätte sie da, wo er sie haben wollte. Sie schmolz dahin wie Butter in der Sonne. Eine Jungfer, die wie eine reife Pflaume zum Pflücken bereit war. Er musste nur zugreifen.
Rieke beugte sich zu ihm und bot ihm ihre Lippen an. Als sich seine auf ihre legten und sie zärtlich liebkosten, stieß sie einen tiefen Seufzer aus. Konrad griff nach Riekes Haar, wühlte darin, wie er nun auch mit seiner Zunge in ihrem Mund wühlte. Keuchend ließ er sie los und nestelte an ihrem Mieder. Das Mädchen ließ es geschehen. Während er die Schnürung immer mehr öffnete, küsste er sie wie ein Verdurstender.
Rieke keuchte auf, als seine Finger die nackte Haut ihrer sprießenden Brüste berührten. Noch nie hatte ein Mann sie an dieser Stelle berührt, doch sie fand es prickelnd. Als sich Konrad bewegte und dieses harte Ding, das sie immer noch verspürte, noch härter wurde, wusste sie, um was es sich handelte. Oft genug hatte sie Lisbeth und Gislind flüstern gehört, was sie mit Männern taten und welche Wonnen dieses Ding ihnen verschaffte, das hart und steif in ihren Schoß eindrang. „Das muss die Liebe sein“, dachte Rieke und ließ Konrad seinen Willen.
Konrad bemerkte, wie das Mädchen immer geschmeidiger und williger wurde. Bald war er am Ziel. Dass dies bereits am ersten Abend soweit sein sollte, hatte er sich in seinen kühnsten Träumen nicht ausgemalt. Er wollte sie besitzen. Er wäre der erste Mann in ihrem Leben, was ihn in gewissem Maße stolz machte. Später konnte er wieder damit protzen, eine tugendhafte Jungfer auf den Pfad der Sünde geführt zu haben.
Konrad ließ Riekes Busen los. Er strich stattdessen langsam über Riekes nackte Fesseln und ließ seine Finger immer höher krabbeln. Rieke kicherte ein wenig beschämt, ließ es aber geschehen. Schon waren die Finger an ihrem Knie, aber die Reise war noch nicht zu Ende. Nun befanden sie sich in der Mitte ihres rechten Oberschenkels.
„Spreize deine Schenkel ein wenig, mein Liebes“, gab Konrad leise eine Anweisung. Nur noch ein winzig kleiner Schritt und er ist am Ziel. Rieke tat es ohne nachzudenken, obwohl ihr ein wenig unwohl war, an einer Stelle berührt zu werden, die der Pfaffe von der Kanzel immer als Sündenpfuhl bezeichnete.
Konrads Finger erreichten ihr Honigtöpfchen. Vorsichtig streichelte er über die geschwollenen Lippen und tauchte dann in die vorhandene Hitze ein, die vorher noch nie ein Mann berührt hatte.
Rieke verspürte keine Angst mehr. Im Gegenteil. Lust schoss durch ihren Körper wie ein Blitz und erhitzte ihn. Leise stöhnend gab sie sich den Fingern ihres Liebhabers hin. Aus den anfänglichen Schmetterlingen wurde ein Ameisenhaufen. Das Kribbeln wurde intensiver und verbreitete sich in ihrem ganzen Körper.
Gerade wollte Konrad noch tiefer in das Mädchen eintauchen, als eine dunkle Stimme hinter ihnen böse schrie: „Was ist denn hier los? Lasst sofort Eure Griffel von der Jungfer. Schämt Ihr Euch denn nicht! Schande über Euch!“