Shari war aufgesprungen, als Mörtel und Staub begonnen hatten, auf sie niederzuprasseln. Dabei stiess sie sich allerdings den Kopf am untersten Boden, so dass sie fluchtartig nach draussen lief. Sie hustete, denn der Staub begann in ihre Lungen einzudringen und auch ihre Augen tränten.
Bewegungslos, aber mit steigender Wut hörte sie der Schimpftirade des alten Wachturms zu.
Als dieser sich zufrieden wieder in sein Schweigen zurückgezogen hatte, platzte Shari der Kragen.
Die Arme in die Hüfte gestützt, mit vor Zorn funkelnden Augen, legte sie los.
«Wenn du gedacht hast, mich mit einem Ausbruch wie eben zu verjagen, hast du dich gründlich geirrt, Bürschen! Denn es geht hier nicht um mich. Und es geht auch nicht um dich und deine geliebte Ruhe. Es geht um Bellestristica, falls dir das noch nicht bekannt sein sollte sollte. Die Winterdämonen greifen uns voll an und der Herr beleidigter Wachturm möchte bitte seine Ruhe haben?»
Das leise Herabrieseln von Mörtel zeigte ihr, dass sich der Wachturm offenbar etwas bewegt hatte. Ob er wohl seine Ohren spitzte?
«Schau, Wachturm: Meine Aufgabe ist es, dich zu verteidigen. Bei dem Aufgebot, welches die Winterqueen auf Belletristica losgelassen hat, könnte es sehr gut sein, dass auch hier Truppen vorbeikommen. Und dann? Was willst du machen, in deinem – ähm – Zustand? So ganz allein?»
Tief atmetete Shari durch. Nun fühlte sie sich wieder wohler. Ihren Ärger hatte sie rausgelassen. Was der alte Griesgram damit anfangen würde, stand natürlich noch in den Sternen. Eine Antwort erwartete sie nicht. Klar war: Sie würde nicht weichen.
Sie kroch wieder unter den ersten Boden.
Auf einmal lugten sie zwei gelb funkelnde Augen an. Shari erschrak. Eine feuchte Nase stubste sie an. «Das hast du gut gemacht, Shari! Dieser gemeine Wachturm muss unbedingt noch lernen, wie man sich benimmt!»
Shari lachte erleichtert auf. «Marv! Du bist es! Wie schön! Und bestimmt ist auch Lu nicht weit, stimmt's?»
Aus dem Schatten trat tatsächlich Lu hervor.
«Du warst ja ganz schön laut, Shari! Halb Belletristica hast du aufgescheucht.» Sie lachte. «Wir haben uns schon ein wenig Sorgen gemacht, aber so, wie es sich anhörte, kannst du dich ganz gut wehren!»
Erst jetzt sah Shari, dass sich ganz viele ihrer Freunde eingefunden hatten. Oh weh, ein wenig peinlich war ihr das nun schon. Sie hatten ja alle auch ihre Wachtürme, Trutzburgen oder gar Grafschaften zu verteidigen!
Doch nun, da sie schon alle da waren, bat sie Lu, mit ihrem Calcy ein Feuer zu entfachen. Bald schon sassen sie alle fröhlich plaudernd um ein wärmendes Fagerleuer herum, assen und tranken. Sie erörterten aber auch die Gefahr, die ihnen durch die Winterdämonen drohte und was jedes einzelne dagegen unternehmen wollte.
Neben Shari sass Adamas. Dieser runzelte besorgt die Stirn. «Einen so verlotterten Wachturm zu verteidigen ist ja echt schwierig», meinte er anteilnehmend. Er und Tolkien begannen zu fachsimpeln, während Shari nachdenklich dasass und grübelte.
Sie schaute ihre Freunde an, wie sie dasassen, lachten, scherzten und berieten – und auf einmal hatte sie eine Idee.