Am nächsten Morgen hatte sich der dichte Nebel gelichtet und Shari konnte sich jetzt in dem schönen Wald von Xandra umsehen. Wunderschöne Tannen und Laubbäume standen da, Unterholz bot Tieren und Naturwesen Unterschlupf, Pflanzen und Blumen blühten. Summend spazierte sie durch die Waldwege in unmittelbarer Nähe ihres Wachturms und sammelte Beeren zum Frühstück.
Als sie zurückkam, strich sie kurz über einen der Pfosten des Wachturms und sagte ihm freundlich guten Morgen. Heute war ein neuer Tag und sie dachte, es sei das Beste, die Geschehnisse des Vortags ruhen zu lassen.
Nach ihrem leckeren Frühstück machte sie sich an die Arbeit.
Ihr erster Gang führte sie zu den Mäusen, die sich im untersten Stockwerk des Wachturms heimisch gemacht hatten. Sie klopfte sachte an die Mauer und viele spitze Näschen erschienen.
«Hallo, ihr!» begrüsste sie die grosse Mäusefamilie. «Es wird hier demnächst Veränderungen geben.»
«Veränderungen? Was denn für denn Veränderungen?»
Shari lächelte zuversichtlich.
«Die Löcher in der Mauer, welche euch lange als Wohnung gedient haben, könnten sich demnächst wieder schliessen. Deshalb wollte ich euch vorwarnen und euch bitten, frühzeitig eine neue Bleibe zu suchen.»
«Wie denn? Was denn? Warum denn? Was hast vor?»
Aufgeregt riefen die Mäuse durcheinander.
«Schscht!» beruhigte Shari die aufgeregten Graupelzchen.
«Was ich machen werde, werdet ihr gleich noch erfahren. Ich möchte euch einfach noch einmal bitten, euch nach einer neuen Unterkunft umzusehen. Ich habe übrigens vorhin bei meinem Spaziergang bereits einige Möglichkeiten gesehen, die euch gefallen könnten.»
Sanft streichelte sie ein ganz junges Mäuschen, welche sich ihr furchtlos genähert hatte.
Bevor ihr aber auf Wohnungssuche geht, möche ich euch etwas fragen.»
Shari setzte sich auf den Boden und lehnte sich vorsichtig an einen Pfosten des Wachturms. «Darf ich?» fragte sie ihn. Es blieb still, was sie als gutes Zeichen wertete. Erleichtert atmete sie auf.
In kürzester Zeit war sie von der ganzen grossen Mäuseschar umringt.
Flüsternd erzählte Shari ihnen von ihrem Plan.
Wenig später sah man die Mäuse in alle Richtungen ausschwärmen.
Dann rief sie die Eule zu sich, welche schon lange neugierig zu ihr hinuntergespäht hatte. Lange und sehr leise sprachen die beiden miteinander, bevor die Eule ihre Schwingen erhob und im Wald verschwand.
Als die Eule weg war, rief Shari die Vögel, welche unter den losen Ziegeln des Wachturms nisteten, zu sich.
«Es stehen grosse Aufgaben und Veränderungen an», begann sie ihnen zu erklären. Auf längere Sicht muss ich auch euch bitten, euch eine neue Bleibe zu suchen. Ich würde mich aber sehr freuen, wenn ihr in der Nähe bleiben würdet!»
Die Vögel flogen auf, setzten sich wieder auf den feuchten Waldboden und zwitscherten wild durcheinander. Mit ruhiger Stimme fuhr Shari fort zu sprechen:
«Ich brauche eure Hilfe.» Es wurde ganz still. Dann erzählte sie ihnen von der Bedrohung durch die Winterdämonen und ihrer, Sharis Aufgabe, diesen Wachturm zu verteidigen. Sie legte ihnen auch leise flüsternd ihren Plan dar. «Worte heilen!» lächelte Shari am Schluss und blickte die Vögel aufmunternd an. «Kann ich auf euch zählen?» Zustimmendes Zwitschern und Piepsen ertönte, bevor sich die Vögel fast gleichzeitig erhoben und in alle Richtungen davonflogen.
Zufrieden zog sich Shari wieder an ihren Platz unter dem untersten Boden zurück, suchte in ihrer Tasche nach Papier und Bleistift und begann zu schreiben.