Als John aufwachte, lag Marilyn eng an ihn gekuschelt neben ihm im Bett. Vorsichtig stand er auf, weil er sie nicht wecken wollte und ging in die Gaststube hinunter. ‚Ich sollte wirklich langsam aufhören, mich jedes Mal beim Aufwachen so zu erschrecken. Außerdem hat sie auch damals bei mir geschlafen, nachdem ich sie gerettet habe‘, dachte John, während er sich an die Zeit erinnerte, bevor er nach Skyfortress eingeladen wurde. Es war so, als wäre es gestern gewesen, dass Marilyn noch nachts weinend aufgewacht war. Damals hatten sie viele Albträume geplagt, da John ihr zwar geholfen hatte, ihre Vergangenheit zu akzeptieren, aber sie nicht gelöscht hatte. Der Junge hatte beschlossen, sich mit ihr ein Zimmer zu teilen, damit sie besser schlafen konnte und jede Nacht war das kleine Mädchen in sein Bett gekrochen. John musste schmunzeln, als er die Treppen hinunterging. ‚Ich habe damals gesagt, dass ich es nur mache, um die Kosten für zwei Zimmer zu sparen‘, erinnerte er sich. Er hatte Marilyn damals schon gemocht, doch die Tatsache, dass sie älter wurde, während er sich nicht veränderte, hatte dazu geführt, dass er bald andere Gefühle für sie entwickelte, die er jedoch nicht zugeben wollte, bis zu jenem Tag in Skyfortress. An all das erinnerte er sich, als er sich an die Bar setzte und ein Frühstück bestellte. "Ihr habt recht gehabt John. Der alte Gott Omnix ist persönlich erschienen, um den Fürsten zu stoppen", erzählte der Wirt dem Jungen, als er ihm das Brot reichte. "Was Ihr nicht sagt", meinte John gelangweilt und biss ein Stück ab. "Doch es ist wahr. Ein Bote hat die Nachricht heute Morgen überbracht", antwortete der Wirt, dem Johns Sarkasmus anscheinend nicht aufgefallen war. John seufzte und stand auf. "Ich denke ich esse den Rest oben", meinte er und ging wieder hinauf. Marilyn war inzwischen aufgewacht. Als sie ihn erblickte, sah sie ihn leicht säuerlich an. "Weck mich nächstes Mal doch, wenn du aufwachst. Es ist immer so blöd, alleine aufzustehen", meinte sie und zog einen Schmollmund. "Entschuldigung, aber ich wollte dich nicht wecken, du hast so friedlich geschlafen", erklärte er und sie lächelte. "Weißt du noch, als ich das erste Mal zu dir ins Bett geklettert bin?", fragte sie und der Junge sah sie überrascht an. "Kannst du Gedanken lesen?", fragte er sie und das Mädchen lachte. "Nur deine", antwortete sie. "Ich mache mich fertig, dann können wir aufbrechen", meinte sie und John nickte.
John ging gemächlich hinter dem Mädchen her, das vor ihm über die Straße hüpfte. "Dum-di-da, durch die Wälder tralala, über Stock und über Stein, Berg und Tal, ob groß, ob klein…", trällerte sie ihr Liedchen. ‚Was ist nur los mit mir?‘, dachte er niedergeschlagen. ‚Ich sollte mich freuen, dass ich endlich mal wieder alleine mit ihr herumreisen kann. Aber ich fühle nichts.‘ Der Junge war so in seine Gedanken versunken, dass er fast in Marilyn hineinrannte, als sie plötzlich stehenblieb. "Oh, Entschuldigung." Das Mädchen drehte sich langsam zu ihm um und sah ihn mit traurigen Augen an. "Es…es ist schlimmer geworden, habe ich recht?", fragte sie und John brauchte kurz um zu verstehen, was sie meinte. "Erinnerst du doch noch? Du hast mir damals in Skyfortress erzählt, dass du deine Gefühle verlierst, wenn du zu lange in deiner anderen Form bist", flüsterte sie und bestätigte so seine Vermutung. "Damals, als ich dir diesen Menschen gebracht habe, der über Level vierzig gekommen war, da hast du mich um etwas gebeten." John sagte nichts, sondern sah sie nur stumm an. "Ich sollte dir versprechen, dich daran zu erinnern, wie wichtig Gefühle sind." Sie sah vom Boden auf und blickte ihm direkt in die Augen. Erst jetzt erkannte der Junge, dass ihr Tränen über die Wangen liefen. "Bitte John…bitte vergiss nicht, was du fühlst", meinte sie mit brechender Stimme. John wollte etwas erwidern, doch plötzlich stürzte das Werbiest vor und ihre Lippen berührten seine. Er war kurz überrascht, doch dann sank er in den Kuss. Sie legte ihre Arme um seinen Hals und seine wanderten instinktiv um ihre Hüfte. In seinem Herzen spürte er auf einmal einen kleinen Stich, der immer heftiger wurde, bis es schließlich aufhörte und ein warmes Gefühl durch seinen Körper strömte. Die beiden lösten sich wieder voneinander und sahen sich glücklich an. "Danke Marilyn", flüsterte er und sie lehnte sich an ihn, ohne die Umarmung zu beenden. "Du erinnerst dich wieder?", fragte sie leise und er nickte kaum merklich. "Gut. Das ist gut", meinte sie und die beiden ließen sich wieder los. "D-dann gehen wir weiter", stammelte sie und hob ihren Rucksack wieder auf, den sie fallen gelassen hatte, als sie auf ihn zugestürmt war. Als sie weitergingen erkannte John, dass ihre Ohren wild zuckten. "Marilyn!", rief er und sie drehte sich hastig zu ihm um. "Ja?" "Sei nicht so niedlich." Das Gesicht des Mädchens wurde rot wie eine Tomate und sie vergrub es schnell in ihren Händen. John lachte und ging weiter. Als er an ihr vorbeiging legte er ihr kurz seine Hand auf den Kopf, dann setzte er seinen Weg fort. Marilyn sah ihm mit gemischten Gefühlen nach, dann gab sie sich einen Ruck und lief ihm hinterher.