Ich verstehe noch immer nicht, wie es dazu gekommen ist, dass wir in dieser Situation sind.
Du hasst mich.
Das hast du mir klar und deutlich gesagt.
Und doch verstehe ich nicht weshalb.
Ich erinnere mich nicht an die Dinge, die du mir vorwirfst.
Ich soll eifersüchtig gewesen sein auf dich und deinen Partner und deswegen soll ich euer Auto mit meinem gerammt haben; euch von der Straße gegen einen Baum gedrängt haben.
Und nun ist dein Partner tot.
Nun ist Tony tot.
Das Problem ist, ich kenne keinen Tony.
Ich weiß nicht, wer das ist.
Mit zitternden Händen schiebe ich die Tür zu deinem Krankenzimmer auf.
Du stehst dort am Fenster, starrst hinaus in das graue Winterwetter.
Schnee fällt von den schweren grauen Wolken.
Ich kann sehen, wie du zitterst.
Ohne nachzudenken nehme ich den Mantel, der am Fußende des Bettes liegt und trete zu dir, lege ihn um deine Schultern und umarme dich von hinten.
"Tony?"
Deine Stimme klingt so hoffnungsvoll als du dich umdrehst.
Als du mich siehst, brichst du in Tränen aus und sackst auf die Knie.
Hysterisch beginnst du zu schreien und schlägst gegen meine Oberschenkel.
Es dauert nicht lange und die Pfleger kommen in den Raum gerannt.
Sie zerren mich zurück, schimpfen mit mir, weil ich gar nicht hier sein sollte.
Ich kann dich jedoch nur anstarren.
Wie du weinend, besiegt am Boden kniest und nach Tony rufst.
Zumindest bis sie dich mit einer Spritze ruhig stellen.
Die Tür fällt ins Schloss.
Trennt mich von der Person in meinem Leben, die mir am Meisten bedeutet.
Es ist so endgültig, dass mein Herz in meiner Brust zu erstarren scheint.
Es ist das letzte Mal, dass ich dich lebend sehe.
Ein Jahr später stehe ich an deinem Grab.
Ich kann es immer noch nicht fassen.
Du bist tot.
Von uns gegangen.
Einfach so.
Als ich vorhin bei deinen Eltern war, sagte deine Mutter, du wärst an gebrochenem Herzen gestorben.
Tony war die Liebe deines Lebens.
Du hast dich nicht umgebracht, hat sie mir erzählt.
Du wärst nur eines Morgens einfach nicht mehr aufgewacht.
Auch wenn ich mich immer noch nicht erinnern kann …
Es tut mir leid.
Ich knie hier vor deinem Grab am Boden.
Es schneit.
Wie an dem Tag, an dem ich dich das letzte Mal sah.
Der Schnee legt sich wie ein Mantel über mich.
Er ist warm und kalt zugleich.
Es stört mich nicht.
Mein Körper erstarrt wie mein Herz ein Jahr zuvor zu Eis.