Das kleine Restaurant war beinahe menschenleer. Auf einem der Gästetische rauschte ein Ventilator gegen die sommerliche Hitze und den heißen Dampf der offenen Küche an. Der ganze Tisch vibrierte unter den erfolglosen Bemühungen des Geräts.
Rove ließ ihren misstrauischen Blick durch den Rest des Raumes schweifen. Das Mobiliar war offensichtlich billig gewesen, erfüllte aber seinen Zweck. Die Wände waren geschmückt mit einigen traditionellen Bildern und Laternen, waren größtenteils aber ebenso leer, wie der Rest der Einrichtung.
Araz ging voraus zum Tresen, hinter dem zwei Männer in der offenen Küche arbeiteten. Sie sahen sich kurz nach ihnen um, wandten sich dann aber wieder den zischenden Pfannen zu.
„Weißt du schon, was du möchtest?“, fragte Araz, während sie auf den Kellner warteten.
„Nein“, antwortete Rove, die den Blick auf die Angebotstafel über dem Tresen gerichtet hatte.
„Das gebratene Rindfleisch mit Gemüse kann ich sehr empfehlen."
„Danke, aber ich möchte kein Fleisch.“
„Magst du dann lieber Fisch? Oder bist du Vegetarierin?“
„Ich mag Fleisch und Fisch. Aber nur, wenn ich weiß, woher es kommt. Also in diesem Fall, nein. Hier bestelle ich vegetarisch.“
Er hob die Brauen, musterte sie noch einen Augenblick lang und nickte schließlich. „Wie du meinst“, kommentierte er und zuckte die Schultern. Erst sah er wieder auf die Speisekarte, blickte aber ohne auch nur eine Speise davon abgelesen zu haben wieder zu ihr.
„Wir können auch vorher fragen, woher sie ihr Fleisch und den Fisch bekommen, wenn du möchtest.“
Sie schüttelte den Kopf und winkte ab. „Nein danke. Wir bestellen ja nur zum Mitnehmen. Das ist den Aufwand nicht wert.“
„Wie du meinst“, kommentierte er erneut, wieder mit einem Schulterzucken.
Mitternachts auf den flachen Dächern der Hochbauten war die Sommerliche Hitze kaum noch zu spüren. So hoch oben wirkte die Stadt unter ihnen seltsam fern und doch so nah. Die Lichter der Straßen stahlen sich weit nach oben und doch war alles in eine drückende Dunkelheit gehüllt. Hier oben herrschte eine angenehme Stille, doch immer wieder wurden Bruchstücke des Lärms unter ihnen bis zu ihnen nach oben getragen.
So viele gegensätzliche Eindrücke und Gefühle, die sich hier vermischten.
Fast so wie zwischen ihr und ihm.
Sie sah zu Araz hinüber, der auf der Mauer saß und seine Beine lässig über den Rand hinaus hängen ließ.
Vor nur wenigen Wochen waren sie noch Feinde gewesen. Und nun saßen sie hier, aßen und warfen gemeinsam ihre wachenden Blicke über die Stadt.