»Zwanzig Jahre Solares Imperium«
Im Jahre 2010 war ich nach zwanzig Jahren deutscher Einheit vom alltäglichen Kleinkrieg und der Perspektivlosigkeit in Deutschland so frustriert, dass ich nicht das runde Jubiläum der am 3. Oktober 1990 vollzogenen Wiedervereinigung von Ost- und Westdeutschland feierte. Stattdessen beging ich den 20. Jahrestag der Gründung des Solaren Imperiums am 1. Januar 1990 durch Perry Rhodan und seine Kumpels, die mit von Außerirdischen geklauter Technologie die Menschheit einen. Viele werden das für Eskapismus halten. Wohin uns rückwärtsgewandter Nationalismus und identitäre Diskurse in Deutschland und der »multipolaren« Welt führen, illustriert diese Meldung vom 18. April 2024:
»Im Prozess gegen Thüringens AfD-Chef Höcke geht es um den Vorwurf, eine verbotene SA-Losung verwendet zu haben. Er selbst beteuert, nicht gewusst zu haben, dass dies verboten ist.«
Der vollständige Artikel ist hier: https://www.tagesschau.de/inland/hoecke-prozess-100.html
Eine geeinte Menschheit
Es ist kein Wunder, dass viele Menschen Nationalismus und Selbstzerfleischung überwinden wollen und dass schon vor über sechzig Jahren eine Heftserie mit der Vision einer geeinten Menschheit erfolgreich war. In der vor allem für die Anfänge der Perry-Rhodan-Serie so typischen wie verwirrenden Verbindung von Schund mit Zukunftsvision griffen ihre Macher Ängste und Hoffnungen auf, die heute so aktuell sind wie damals. So handelt der Roman »Die verdammten von Isan« vom Schicksal der Überlebenden eines Atomkriegs auf dem Planeten Isan und Perry Rhodans Handlungen werden damit gerechtfertigt, den Menschen auf der Erde so ein Schicksal zu ersparen.
Link zur Inhaltsangabe:
https://www.perrypedia.de/wiki/Die_Verdammten_von_Isan
Die Methoden zur Einigung der Menschheit sind allerdings recht rabiat und Perry schreckt vor Gewaltandrohung nicht zurück. Der von ihm verwendeten außerirdischen Technologie mit Superwaffen und überlichtschnellen Raumschiffen haben die Regierungen der Erde nichts entgegen zu setzen und so fügen sich alle in die neue Ordnung. Einzelheiten sind hier nachzulesen:
https://www.perrypedia.de/wiki/Solares_Imperium
Die Menschheit kann alle Vorteile einer technischen Zivilisation ohne Not und Mange genießen, ins Weltall vorstoßen und fremde Planeten besiedeln. Allerdings hat das Solare Imperium mit Perry Rhodan als netten Diktator autokratische und paranoide Züge. Die Beziehungen zu außerirdischen Zivilisationen sind von Konflikten und Misstrauen geprägt. Die »Terraner« begegnen den älteren Kulturen in der Milchstraße mit Respektlosigkeit und die anderen Zivilisationen würden die Newcomer, die nur für Ärger sorgen, am liebsten wieder von der galaktischen Bühne entfernen.
Mit zunehmender Größe wachsen im Solaren Imperium Spannungen und Gegensätze. Politiker wie der Herrscher des Planeten Plophos, Iratio Hondro, nehmen sich die Methoden von Perry Rhodan bei der Einigung der Menschheit zum Vorbild, um ihre eigenen Imperien zu gründen. Während sich Perry Rhodan ungeachtet fragwürdiger Methoden noch den humanistischen Idealen von Aufklärung und Moderne verpflichtet fühlt, frönen seine Rivalen der Tyrannei alter Schule und kehren zur ungeschminkten Diktatur pur zurück.
Mehr über Iratio Hondros Leben und Wirken hier:
https://www.perrypedia.de/wiki/Iratio_Hondro
»Menschheit im Zwielicht«
ist der Titel von Band 400 von »Perry Rhodan« und bezieht sich darauf, dass die Menschheit erneut in verfeindete Machtblöcke zerfallen ist. Hier der Link zur Zusammenfassung des Heftromans:
https://www.perrypedia.de/wiki/Menschheit_im_Zwielicht
Den Populismus in der wirklichen Welt des 21. Jahrhundert haben die Macher von »Perry Rhodan« schon vor Jahrzehnten vorhergesehen. Bei Krisen und Konflikten, die es in ihrer Zukunftswelt zuhauf gibt, rufen die Menschen nur zu gern nach dem »starken Mann« und lassen sich von aggressiven und energischem Auftreten täuschen. Politiker müssen doch so sein wie Marschall Bount Terhera:
https://www.perrypedia.de/wiki/Bount_Terhera
Ebenso wie in der wirklichen Welt verschließen in der Zukunftswelt des Solaren Imperiums viele Menschen lange Zeit die Augen vor den kriminellen Machenschaften ihres populistischen Idols. Bount Terhera missbraucht seine Position als Flottenkommandeur und schreckt vor Einschüchterung und Lügen, Hetze und Mordkomplotten gegen Rivalen nicht zurück. Mit ihren Gegenstücken in der wirklichen Welt haben er und seine Anhänger Frauenfeindlichkeit und extremen Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit gemeinsam. Ungeachtet aller Unterschiede zwischen der wirklichen Welt und dem »Perryversum« entspricht das fiktive Wahljahr 3444 dem, was sich bei realen Wahlen abspielt. So heißt es über die von schlimmen Krisen gebeutelten Wähler »(…) war bei fast allen eine seelische Unausgeglichenheit und verstärkte Labilität zurückgeblieben. Sie waren anfällig für äußere Einflüsse und stark verunsichert, also das ideale Publikum für die ausgeprägten Wahlkampagnen.«
Die Menschen sind verunsichert und viele haben das Vertrauen in den Regierungschef verloren. Sein populistischer Gegenspieler glaubt, leichtes Spiel zu haben, doch die Menschen erkennen, dass er weder sich selbst noch seinen Apparat im Griff hat und entscheiden sich für den Amtsinhaber.
Quelle: https://www.perrypedia.de/wiki/Wahljahr_3444
Die Erde ist ein einziges Land …
… aber sie ist weder eine Nation noch ein Staat.
Als K. H. Scheer und seine Mitstreiter ab 1961 ihren Serienhelden Perry Rhodan die Menschheit einen ließen, ersetzten sie die konkurrierenden Nationalismen der USA, Chinas, Russlands und all der anderen Völker der Welt durch terranischen Nationalismus und die oft dysfunktionalen Staaten der Erde durch einen Superstaat. Anstelle engstirniger Regierungschefs und kleingeistiger Tyrannen lenkt Perry Rhodan nun die Geschicke der Menschheit. Die durchaus visionäre Idee führt schon im Kontext der Serie zu Konflikten, weil sie im Kleinen, im Hier und Jetzt und auf der Erde gescheiterte Modelle in die Zukunft und ins Weltall fortschreibt. Auf einem Literaturabend hat ein Fan der Heftserie die Methoden erläutert, mit denen Perry Rhodan die Menschheit einigt und ein Zuhörer hat es so zusammengefasst: er ist wie Putin.
Am Beispiel des Austritts von Großbritannien aus der Europäischen Union sagte ich damals, dass sich in einem universalistischen Gemeinwesen diejenigen unterdrückt fühlen, die meinen, dass ihr Volk selbstständig sein und eigene Wege gehen soll. Setzten sich wie in Großbritannien die Nationalisten durch, fühlen sich die ebenso zahlreichen Weltbürger und kosmopolitisch Denkenden und Lebenden zurückgesetzt. Wohin es führt, die Lösung aller Probleme in einer Rückkehr zum Nationalstaat zu suchen, zeigt diese englischsprachige Dokumentation über den »Brexit«:
https://www.youtube.com/watch?v=HLF_ZkIpVrQ
Hier ein Video über Vorteile und Risiken einer geeinten Menschheit:
https://www.youtube.com/watch?v=lEhyAOunq28
»Menschheit im Zwielicht«
beschreibt den Zustand der wirklichen Menschheit in der realen Welt 34 Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges zwischen dem liberalkapitalistischen Westen und dem autoritär sozialistischen Ostblock. Es mag dafür Erklärungen geben, aber ich bin die Entschuldigungen und Apologien leid und möchte nicht jeden mir und vielen anderen aufgezwungenen Irrsinn als Normalität erklärt bekommen.
Bezüglich Tatsachen und den Zusammenhängen zwischen ihnen leisten die Medien und Analysten, Wissenschaftler und Journalisten gute und zum Teil exzellente und aufopferungsvolle Arbeit. Nur zu oft informieren die Medien ihre Zuschauer und Leser über eine Welt, die von Krise zu Krise taumelt und in der sich selbst wohlhabende Menschen durchs Leben quälen. Politik ist zu organisierter Kriminalität in großem Stil geworden und die Reichen und Superreichen entziehen sich ihrer Verantwortung und leben in einer Parallelwelt. Der politische und gesellschaftliche Diskurs ist lokal und auf Weltebene zu »epistemischen Tribalismus« verkommen. Jede Gruppe lebt in ihrer eigenen ideologischen Blase und wird von Leuten geführt, die sich wie der Rattenfänger von Hameln gebärden. Themen werden aufgegriffen und gehypt, um bei den Anhängern und Gegnern Angst und Verzweiflung, Wut und Hass zu erzeugen. Menschen, die anders leben und denken, werden bestenfalls als dumm betrachtet und nur zu oft sind sie der Feind, den es mit Zwang und Gewalt zu unterdrücken oder zu vernichten gilt.
Die Welt braucht Weltbürger
Bei Bewertungen und Erklärungen und besonders bei Lösungen herrscht scheinbar Totalversagen. Vor Jahren hat ein Intellektueller mir in einer Mail geschrieben, wie er die Dinge sieht:
Selbstverantwortung
Eigeninitiative
Freies Spiel der Kräfte
Ich selbst habe in einer Gesprächsrunde die Abschaffung von
Nationalstaat
Feudalismus
Bürokratie
vorgeschlagen. Ein Freund hat unsere falschen Erwartungen an politische und geistige Führer so zunichte gemacht:
Wer sich selbst führen kann, braucht keinen Führer.
Ein anderer Freund hat alles in einem Satz zusammengefasst:
Die Menschen machen lassen.
Wem sein eigener Vorgarten und der Hühnerstall wichtiger ist als das große Menschheitsganze , der kann sich darum kümmern. Niemand muss sich in von Demagogen inszenierte Kriege hetzen lasse – nur müssen sich die Menschen auf beiden Seiten der Front absprechen und vereinbaren, nach Hause zu gehen. Weltbürger müssen weder auf eine Religion oder Weltanschauung noch auf ihre Sprache und Kultur verzichten.