Frühstück und ab in die Schule. Nachmittags Bilder kopieren. Es waren doch recht viele. Ich machte zwei Kopien für meine Opfer. Alle Umschläge wurden versiegelt. An Marni schrieb ich eine Art Liebesbrief. Sie würde merken, dass es kein echter war. Es ging mir dabei hauptsächlich um den Spaß mit dem Vornamen. Dann brachte ich noch alles zur Post.
Am Abend rief Rama an. „Prinzessin Rama, Geehrte, was kann ich für dich tun?“
„Ich sagen Danke. Leila viel erzählen. Ich wissen nicht alles, denken dabei Leila haben kleines Geheimnis. Du wissen mehr? Sie jetzt noch viel mehr schmusen mit Peter.“
„Es gab nichts, was dir Sorgen machen müsste. Leila hat zusammen mit Lis ein wenig über die Stränge geschlagen. Aus weibliche Neugierde. Beiden ist garantiert nichts geschehen, es war ihnen eher von Nutzen. Lass ihr das Vergnügen und das Geheimnis. Vielleicht erzählt sie es dir ja doch einmal. Ich denke, es ist einfach Liebe, die sie zu Peter zieht. Er ist ein Mann, der zu seinem Versprechen steht.“
„Ich auch denken. Und - haben Sohn gefallen Haus Radama?“
„Leila hat dir sicher viel erzählt. Ich denke, die kleine Hilfe, die ich für euch war, war diesen Aufwand nicht wert. Ich weiß jetzt was ein Gwaihir wirklich bedeutet. Ich verdanke es dir. Sollte es die kleinsten Probleme geben, ich werden für die Familie Radama da sein.“
„Paul, du wirklich Sohn. Ich danken. Berichten an Prinzessin Marni. Ich wissen viel, Leila bringen Kurierpost. Du schicken Bericht Renate an mich. Ich leiten weiter, du können vertrauen. Bilder, bitte selber schicken. Das sehr, sehr geheim. Nicht vergessen, versiegeln und groß schreiben: Diplomatenpost. Ich danken und dich küssen.“
„Ich darf Marni zu ihr sagen, auch die Bilder sind gerade weg. Grüße alle die ich kenne und gib meiner kleinen frechen Schwester einen Kuss von mir.“
***
Die Schriftstellerin Beatrix Mai bat um mehr Information. Zusammen mit Lis erzählte ich ihr unsere Abenteuer auf den Punkt genau. Es sollten keine Unklarheiten bleiben.
In der Schule gab es drei Klausuren. Lis und ich paukten ganz schön und versiebten keine davon. Lis packte diesmal Chemie sogar mit einer Eins minus, ein dummer Flüchtigkeitsfehler. Sie will es in der Mitarbeit ausgleichen. Ansonsten hatten wir alles im Griff (auf dem sinkenden Schiff, wie das so schön heißt. Unser Schiff sank aber keinesfalls. Im Gegenteil, es schien voll Fahrt aufzunehmen.).
Am Dienstag rief ich Herren Wollweber an und bat um Models für Samstag, falls er denn Fotos brauche. Sie wurden zugesagt, er brauchte sogar dringend Fotos für die nächste Kampagne.
Am Mittwoch, nachdem Lis schon weg war, kam Renate völlig aufgelöst zu mir hoch. „Heute Morgen wurde uns eröffnet, dass wir ab 10. November ein Praktikum von drei Wochen machen müssen. Wir sollen die entsprechende Firma selbst suchen, die Bewerbung ist schon Teil des Praktikums, denn es soll berufsbegleitend sein. Mir fiel natürlich gleich ein, dass Prinzessin Leila, die Älteste, sagte, jeder Termin sei ihr Recht.“
„Meinst du, bis dahin könntest du ein paar Worte Persisch?“
„Ich hatte gestern die erste Lektion. Ich werde wie eine Verrückte lernen, es erscheint einfach. Ich würde gerne zeigen, was ich kann.“
Ich ging wortlos zum Telefon und rief in Konstanz an. Leila war dran.
„Oh, Hallo Leila, meine geliebte Schwester. Kann ich ... Ja, hier ist Paul. Guten Tag Mutti Rama. Renate ... ja die, sie möchte ab 10. November für drei Wochen nach Teheran. Wegen der Stelle, du weißt Bescheid? Ja. Danke.“ Renate war blass. Es ging um die Wurst. „Sie ruft dort an. Die melden sich.“
Renate musste beruhigte werden, doch schon nach zehn Minuten klingelte das Telefon, Prinzessin Marni.
Ich schmeichelte ein paar Worte, bedankte mich noch mal für die Uhr, dann gab ich den Hörer an Renate weiter.
„Prinzessin Marni, ich bin Renate Schäfer. Ja. Die Nebenfrau von Paul.“ Sie schnitt mir eine Grimasse, dann trug sie ihr Anliegen vor. Sie notierte Daten, sagte ein paar Worte auf Persisch und legte auf.
„Paul, ich fliege. Es werden 23 Tage, das bekomme ich aber hin. Die Andern werden vor Neid platzten. Renate Schäfer als Assistentin einer Prinzessin! Ich soll mich übermorgen bei PanAm melden.“ Sie fiel mir um den Hals. Dann klagte sie: „Dir ist es wohl noch nicht ganz klar, solange wirst du auf mich verzichten müssen. Ich bedauere es sicher so sehr wie du, aber das hier geht vor. Du verstehst das doch?“
„Für den Notfall bleibt mir ja noch das Dreifarbenhaus. Aber Spaß beiseite, ich liebe und brauche dich. Deine Zukunft ist mir jedoch auch wichtig und ich glaube, dass dies eine einmalige Chance für dich ist. Wir fahren nächstes Wochenende nach Konstanz zu Rama. Ich habe ein paar Mark in der Kasse und lade dich ins Inselhotel ein. Wir werden, nein du wirst Rama nach allen Regeln der Kunst ausquetschen. Je mehr du weißt, desto weniger Fehler machst du. Es geht zwar nur um ein Vorstellungsgespräch, ich will aber, dass du es perfekt machst. Sonst verstoße ich dich!“, vorsichtshalber lächelte ich dazu.
Renate hatte mir mit offenem Mund zugehört, dann rannte sie aus dem Zimmer. Ich war sicher, sie geht zu Mom. Ich schlenderte langsam runter. Sie war bei Mom, sie war hektisch, aufgeregt und brauchte weiblichen Beistand. Ich ging wieder hoch. Nach einer halben Stunde kam sie. Ruhig und gefasst. Sie küsste mich zärtlich.
„Wenn Lis nicht wäre, würde ich um dich kämpfen. So liebe ich dich halt nur, du wirst aber immer in meinem Herzen sein. Oh, ich muss nach Hause. Meine Eltern sollten es ja auch wissen, wenn ich nach Persien fahre, um mich zu bewerben.“
Ich schrieb einen Brief an Marni. Wegen Renate und, dass sie wie verrückt persisch lernt. Ich begann mit liebste Prinzessin Marni. Als Gwaihir kann man sicher ein wenig eigenwillig sein. Marni wird es schon verstehen.
Freitag. Keine Hausaufgaben, kein Stress. Renate kam, wie immer früh, und ging gleich zu Mom. Lis kam schon von der Schule aus mit. Natürlich kam die Rede wieder auf Persien. Lis und ich schwelgten in Erinnerungen. Mom erfragte immer neue Einzelheiten, Renate ebenfalls, wenn auch völlig anderer Art. Sie wollte einen guten Eindruck machen, nicht nur vordergründiges, sondern fundiertes Wissen war gefragt. Unsere Renate platzte fast vor Ehrgeiz. Ich verkündete, dass ich mit ihr nächstes Wochenende, nach Konstanz fahre.
„Geh doch bei Wollweber vorbei. Spesen“, riet Pop.
„Gibt es für mich keine Chance mitzukommen?“, klagte indessen Lis.
„Ruf doch deine Freundin Leila an. Wenn du bei ihr schläfst und Renate nicht bei ihrem Interview störst, dann steht dem nichts im Wege. Die Fahrt zahle ich dir.“ Lis strahlte wieder.
„Ob ich da wohl auch Traudl kennenlerne?“, fragte sie dann noch. Oh Neugierde.
„Gesichtskontrolle, was? Bist du womöglich doch verunsichert wegen anderer Mädchen?“
„Kontrolle ist besser - jedoch nicht der Grund. Ich will halt nicht allein in Stuttgart bleiben. Ohne euch ist es einfach langweilig und irgendwann muss ich deine Freunde ja doch auch mal kennenlernen.“
***
Der erste Kunde wird um zwei kommen. Wir waren bereit. Lis und Renate hatten alles proper sauber, der Sekt stand kalt und das Naschwerk auf dem Tisch. Sogar Baklava von Papa.
Es läutete pünktlich: Kunigunde Dahlke. Wir plauderten ein wenig, um ihr die Scheu zu nehmen. Zusammen mit Lis hatte ich vor kurzem ein neues Fotoalbum fertiggemacht, mit großen Bildern der Mädchen und Kleinen vom Szenenablauf. Kritische Fotos hatten wir an den entsprechenden Stellen mit roten Klebepunkten verdeckt. Einen nackten Busen hielten wir nicht für kritisch. Wir zeigten das Album Kunigunde. Kuni, so wollte sie genannt werden, blätterte es interessiert durch.
„Ich habe so was halt noch nie gemacht. Meine Freundinnen und mein Freund haben mich jedoch dazu ermuntert“, erzählte sie.
Renate spendierte einen Wacholder, dann war Kuni soweit. Die schöne Zeit, wo die Mädchen schon bühnenreif ankamen, war vorbei. Kuni hatte eine Tasche dabei, damit ging sie ins Bad. Sie kam mit einer von diesen kurz abgeschnittenen Jeans, die werden sicher noch topp aktuell. Oben trug sie ein schwarzes Bustier, es gab da nicht viel Busen zu tragen. Wir gingen an die Wand und besprachen kurz den Ablauf. Mit wenigen Anweisungen lief es ganz ordentlich.
Lis kam mit unserem nächsten Kunden. Alissa Sternberg. Eine Blondine. Ali, so wollte sie genannt werden, war eine typische Göre aus Berlin. Großes Mundwerk, allerdings Grips dahinter.
„Ich hab ein Problem, ich bin arg ungeschickt beim Ausziehen. Entweder stolpere ich über den Rocksaum oder klemme mich in der Bluse fest. Ich würde lieber gleich, nur mit dem Slip bekleidet in die Deko kommen. Ginge das?“
„Kein Problem. Meine Assistentin Lis gibt dir einen Bademantel und bringt dich vom Bad oder dem Umkleideraum zu mir“, machte ich ihr Mut.
Es war ein superflottes Shooting. Alissa hatte nicht die geringsten Hemmungen. In 15 Minuten war sie durch.
„Einen so flotten, knackigen Fotografen hatte ich noch nie. Du scheinst deinen Job zu verstehen. Das spürt man. Wenn deine Assistentin nicht da wäre, würde ich dich glatt anmachen. Du hast mich etwas sehr geil gemacht“, lachte sie fröhlich und kein bisschen frustriert.
Unsere nächste Kundin, Julia Dorm, brachte ihre Freundin mit. Doris Klein. Sie hatte wie Julia einen Auftrag. „Ich war nicht da, als der Brief kam und gestern habe ich hier keinen erreicht?“
„Wir quetschen dich auch noch rein. Renate, kannst du bitte für Doris die blaue Decke über die kleine Couch werfen. Für Julia ist ja alles vorbereitet. Nun meine Damen, trinkt eure Gläser aus, wir müssen“, drängte ich.
Wir haben da diesen runden Rohrsessel. Renate hat aus Dekostoff verschiedene Überzüge dafür gemacht. Der Sessel stand jetzt an der Treppe zum Atelier. Da drin sollte Julia agieren. „Fühle dich einfach wohl in deinem Nest, ziehe dich langsam aus und denke dabei, gleich kommt der Freund und du willst dich vorher schon mal warm machen.“
„Darf ich auch an meinen Mann denken?“, fragte sie lächelnd.
„Natürlich, vor allem wenn du ihn liebst.“
Es lief heute einfach wundervoll. Nette Kundinnen mit Freude an der Sache und nicht verklemmt sind, was will man mehr. Ich sparte nicht an Lob. Das kostet mich nichts und freut die Mädchen.
Renate hatte das Sofa hergerichtet. Ich konnte mich gleich auf Doris stürzen. Natürlich nur bildlich. Sie hatte ein buntes Sommerkleid an und es in wenigen Minuten wieder ausgezogen. Die Kamera kam gerade noch nach.
***
Die Shootings waren vorbei. Meine Frauen meinten beim Nachgespräch, das sei ja ein richtig ruhiger Mittag gewesen. Wir kamen überein, dass das wohl auch mit der Erfahrung zusammenhing, die wir inzwischen hatten. Lis kochte Kaffee zu dem Sandkuchen, den sie selbst gebacken hatte. Das Telefon läutete. Es war Axel, ob er vielleicht mit Kristin vorbeikommen könne.
„Am besten gleich, Lis kocht gerade Kaffee“, bat ich.
Da saßen die beiden nun, sie hatten etwas auf dem Herzen, das sah man. Beide waren ungewohnt nervös und saßen auf der Stuhlkante. Kristin hippelte und Axel trank seinen Kaffee ohne Zucker. Sonst nahm er immer drei Löffel davon.
„Kann ich dich wohl kurz alleine sprechen?“, begann Axel.
„Wir können ins Büro gehen. Ich bespreche aber alles mit meinen Frauen. Wenn also Kristin auch nicht ...“
„Du hast ja recht. Bitte Lis quatsche aber nicht zu Hause. Zur Sache: Ich habe gestern eine ganz süße, wie Kristin sagt, kleine Dachwohnung gefunden: großes Wohnzimmer mit riesigem Fenster zu einem Balkon, dahinter eine kleine Küche mit Dachfenster auf einer und ein kleines Zimmer an der anderen Seite. Dazwischen der Flur. Hinter der Küche ein Bad und dann der Treppenaufgang. Neben dem kleinen Zimmer ein schönes Schlafzimmer. Zusammen 95 qm und das für 300 Mark, kalt. Nun ja, der Vermieter ist ein Vetter meines Vaters.“
„Da freue ich mich aber für euch“, jubelte Lis.
„Was denkst du wohl, wie ich mich freue“, sagte Kristin, inzwischen voll entspannt. „Dann hast du unser Zimmer alleine. Papa und Mama werden nichts dagegen haben, aber Axel ...“
„Ich sage es dir knallhart. Ich brauche ganz schnell 20000 Mark. Papa würde sie mir geben. Genau das will ich aber nicht. Einen Zuschuss zum Anfang nach der Heirat, einverstanden. Aber für meine Frau will ich ganz alleine sorgen können. Sonst würde ich noch nicht heiraten.“
„Du hast recht Axel. Ich würde es auch nicht wollen. Für seine Familie muss man selbst sorgen können. Du kannst das Geld haben, ich hab gerade genug im Tresor, keiner kam auf die Bank. Ich bin allerdings Geschäftsmann, du wirst die Zinsen zahlen müssen, die ich dabei verliere, wenn ich Geld verleihe anstatt es auf die Bank zu bringen. Nichts mehr und nichts weniger. Verdienen will ich nichts an dir.“
„Das ist nur fair. Auf der Bank hätte ich wohl auch einen Kredit bekommen, aber bestimmt teurer. Es gibt noch ein winziges Problem: Ich habe nur ein kleines Einkommen, solange ich zur Schule gehe. Ich bekomme zwar einen Bonus, aber ich weiß nicht, wann und wie viel. Das hängt halt von meinem Glück beim Verkaufen ab. Papa hatte mir damals Bonus oder Festgehalt angeboten. Wir sprachen darüber und ich habe mich dann für Bonus entschlossen. Das treibt mehr an. Nun will ich es aber auch nicht einfach wieder ändern.“
„Wo ist das Problem? Ihr zahlt, was ihr könnt. Der Rest wird verzinst. Du brauchst wohl das Geld als Mietabstand für den Vormieter? Denkt aber auch an Möbel und so was. Du kannst gerne mehr haben, ich habe reichlich im Safe. Willst du es gleich mitnehmen?“
„Wäre nicht schlecht, dann machen wir den Mietvertrag morgen gleich fertig. Sicher ist sicher - so billige Wohnungen sind sehr gefragt.“
„Sekretärin Elisabeth Bronner setzen sie den Vertrag auf wie gerade besprochen.“ Lis wetzte los und Kristin küsste mich ab. Axel war sichtlich zufrieden.
Während Lis schrieb, rief ich bei IGDuM an. Herr Wollweber war noch da. Er bestätigte mir den Termin mit seinen Models am Samstag. Ich sagte ihm, Geschäfte würden mich am Samstag in einer Woche nach Konstanz führen, ich würde im Inselhotel nächtigen und ihn und seine Frau gerne zu einem netten Abendessen einladen. Freunde und meine Assistentinnen seien dabei. Ob er Lust dazu hätte.
Ich bin fünfundzwanzig und Solo. Darf es auch eine Freundin sein?“, lachte er. Wir klärten den Termin.
„Kennt jemand die Nummer von Papas Geschäft?“ Axel ratterte sie runter.
Ich rief Papa Bronner an. Er nannte mir eine Telefonnummer, eine Codenummer und den Namen eines Mitarbeiters. Ich rief dort an und bestellte eine Suite im Inselhotel. Ich bat auch um Reservierung von 10 Plätzen im Restaurant. Danach rief ich Rama an.
„Ja. Lis schon fragen. Können schlafen in Gästezimmer oder bei Leila. Ich denke besser bei Leila. Sie mögen Lis.“
„Habt ihr am Samstagabend Zeit?“
„Ja, haben Zeit. Für Sohn immer haben Zeit.“
„Wir kommen, sobald wir im Hotel unser Zimmer bekommen haben. Ich schätzte um eins. Am Abend lade ich dich, mit Mann, Leila, Peter und Traudl zum Abendessen im Insel ein. Macht euch angemessen schick und sag den andern bitte Bescheid.“ Ich legte auf und grinste meine Gäste an: „Entschuldigt, Geschäfte.“
Renate hatte zugehört und bekam rote Ohren. Kristin verstand nur Bahnhof. Ich erzählte ihr und Axel, dass Renate nach Teheran fliegt, zur Vorstellung und einem Praktikum zur Probe. Beide hatten ja mitbekommen, dass Marni interessiert war. Nun freuten sie sich natürlich mit Renate.
Lis brachte den geschriebenen Vertrag, Axel, Kristin und ich lasen noch mal alles durch, dann wurde unterschrieben.
„Bevor wir in allgemeiner Seligkeit versinken, können wir bitte noch kurz über morgen reden?“, fragte ich danach.
Meine Frauen waren ganz Ohr.
„Ich denke, ich mache ein paar kurze Shootings und einen ganzen Berg Einzelaufnahmen. Es wird ein knallharter Tag, keinesfalls so locker wie heute, es werden da ja mindestens acht Mädchen rumhängen. Wie organisieren wir das alles?“
„Wann macht ihr Morgen eure Wohnung klar?“, fragte Renate, Kristin. Verstehen tat ich es nicht, es ging doch um unser Shooting.
„Nachmittags. Axel ist ja morgens im Geschäft.“
„Das passt. Du kannst uns bei dem Shooting helfen. Von neun bis vier?“, setzte Renate nach.
„Ja doch, wenn ihr mir sagt, was ich tun soll. Das würde mir sogar richtig Spaß machen - glaube ich.“
„Meine Frauen haben manchmal wirklich gute Ideen. Du bekommst natürlich Geld für die Hilfe“, lockte ich zusätzlich. Dann quatschten wir den vorgesehenen Ablauf auch noch durch. Es war ja immerhin das erste Massenshooting, das ich Samstag vorhatte.
„Wenn sonst nichts mehr anliegt, ich hätte nichts gegen eine schöne große kalte Platte. Oder muss jemand schon heim?“, fragte ich. Keiner musste. Die Damen enteilten in die Küche.
„Wann wirst du es Papa sagen?“, wollte ich von Axel wissen.
„Wenn wir fertig sind, geben wir ne Party. Ihr seid natürlich alle eingeladen. Dann werden wir ihn damit überraschen. Meinst du, dass Papa deswegen sauer ist?“
„Wenn ihr nicht völlig verlottert und die Schule vernachlässigt, glaube ich kaum. Den einzigen Ärger, den ich auf dich zukommen sehe, ist, dass er seine Töchter wenigstens am Sonntag zum Kaffee sehen möchte.“
„Kristin sagte mir, früher hätte sie Angst vor ihm gehabt. Das hat sich wohl inzwischen völlig geändert. Sie schiebt die Schuld dafür auf dich. Du hättest da so eine Art manches hinzubiegen, ich glaube du merkst das gar nicht.“
„Schätz nicht“, antwortete ich und bekam heiße Ohren.
Unsere Mädchen sorgten für uns. Wir fühlten uns beinahe wie in Persien. Lis kniete neben mir und fütterte mich lachend. Dann schob sie ihren Rock etwas hoch, nur für mich sichtbar. Sie trug keinen Slip. Das elende Biest hatte also in Persien doch gesehen, wie ich dort Kitty angemacht hatte. Ich tat Lis kurz den Gefallen, dann saß sie wieder neben mir als sei nichts gewesen.
Die Themen, die wir draufhatten, waren von keinerlei Wichtigkeit. Nur kurz kamen wir aufs Fotografieren, vielmehr zu den Models, die da teilweise schon recht frech agierten.
„Wenn man so sieht, wie manche agieren, könnte man schon an einen rasanten Sittenverfall glauben“, vermutete Renate.
„Und kaum ist die Show vorbei, sind es wieder sittsame Frauen“, tat Lis wissend. „Das muss ich noch genauer beobachten.“
Es wurde zehn. Axel und Kristin hauten ab. Lis und Renate blieben da, morgen geht es ja bereits früh los mit der Arbeit.
„Du kannst ihn heute haben. Du fällst ja morgen aus, ich erst am Montag. Hoffen wir, dass sich unsere Körper daran halten, erklärte Lis und schlief im Gästezimmer.
„Am nächsten Wochenende bin ich aber wieder voll da“, lachte Renate.
***
Samstag. Großes Frühstück. Kristin war auch schon da. Mom fühlte sich an dem großen Tisch, den wir in letzter Zeit hatten, sichtlich wohl. Pop fand den Zuwachs durch Kristin durchaus auch nicht schlecht. Der Bus kam um halb zehn. Neun Mädchen. Eine fuhr den Bus. Sie fielen bei uns ein, voll mit neuester Wäsche von Willi eingedeckt. Gästezimmer und Bad waren nun dauerbelegt. Meine Frauen hatten die Sache jedoch voll im Griff. Ich wurde immer zur jeweils nächsten Location gebracht, wo das Model schon wartete. Kurzes Einleuchten, ein paar Bilder, dann wurde ich schon wieder abgeschleppt. Nächste Location. Gleiche Situation. Ich brauchte nur zu arbeiten. Ritsch - ratsch.
Renate und Kristin servierten zum Mittagessen, einen netten Salat mit gegrilltem Hähnchenfleisch. On Stage - in der Dekoration. Nur kurze Pause, dann - weiter. Der zwölfte Film.
Es entstand ein leichter Aufruhr. „Michaela möchte gerne nackt in der Halle fotografiert werden“, berichtete Lis. Ich sah auf die Uhr. Drei Uhr. Mom wird schon wieder schreiben. „Nicht nackt. Zumindest Hüfthalter und Strümpfe, wir haben einen Kunden. Beeilung. Nach Karla und Gise komme ich runter. Aber Ruhe.“
Zwanzig Minuten später stand ich in der Eingangshalle und fotografierte Michaela. Auch noch in der Bibliothek, wenn wir schon mal da waren. Dann war Schluss.
Ich versammelte alle die Damen um mich. „Danke, ihr seid unglaublich gut gewesen. Ich hatte eigentlich ein großes Chaos befürchtet. Euch habe ich aber gerne immer wieder zu Gast. Noch was Anderes: Wir haben viele freche Fotos gemacht. Ich arbeite da für einen Verlag ...“ Wenn jemand Lust hätte, es sei aber keine Garantie, dann könnten wir beim nächsten Shooting ja darüber reden. Ich legte das Album und einige Magazine auf den Tisch.
Die Mädchen schauten und kicherten. „Was man durch einen Body hindurchsieht, das kann ich auch gleich offen zeigen. Ich habe damit keine Probleme. Das ist doch nur Softcore. Ich mache da glatt mit“, verkündete die Erste.
„Alles, wo weder ein Mann noch ein Dildo im Spiel ist. Geld ist Geld“, bot die Zweite an.
„Wie viel Geld?“, kam die nächste Frage. „Es muss sich halt schon lohnen, sich ganz auszuziehen.“ Das war die erst so schüchterne Maja, die dann doch voll aus sich raus ging.
Ich gab die Preise und Bedingungen bekannt und, dass es das kleine Risiko der Annahme gibt. Bei hübschen Mädchen, wie sie es seien, sei dieses jedoch verschwindend gering.
„Das hört sich gut an. Und die Magazine gibt es nicht in Deutschland?“, wollte eine andere wissen.
„Nein. Man kann sie abonnieren, im freien Verkauf nicht, zumindest noch nicht.“
Michaela war ihre Sprecherin. „Ich habe von dem Verlag schon gehört. Schicke denen doch einfach einen Abzug von den heutigen Fotos. Wollweber sagte, du könntest darüber verfügen. Wir sind ja im Prinzip bezahlt. Vielleicht kommt doch noch eine von uns in den Playboy.“
„Das werde ich tun meine Damen und - nochmals danke. Nun wünsche ich eine gute Heimfahrt.“
***
Wir saßen wieder alleine im Wohnzimmer. Kristin war die Erste, die etwas sagte. „Ihr werdet es nicht glauben, mir hat es sehr viel Spaß gemacht. Mir geht es aber wohl ein wenig wie Paul - ich scheine meine Mädchenphase überwunden zu haben.
„Wieso und warum überwunden?“, interessierte es mich.
„Ich bin kein bisschen erregt gewesen. Ich fand manche Mädchen beneidenswert schön, das war es aber auch schon.“
„Wenn ich es mir so überlege, bei der Menge an Arbeit kam ich irgendwie gar nicht dazu, dumme Gefühle zu haben“, fiel es jetzt auch Lis auf.
„Ihr habt recht“, stimmte Renate zu. „Es war sexy, ohne Frage. Wir sahen die Mädchen ja auch völlig nackt, im Gegensatz zu Paul. Ich glaube es machte einfach die Menge an Mädchen. Man kam gar nicht dazu, daran zu denken. Ich mache jetzt Kaffee, daran dachtet ihr wohl nicht. Du Kristin bleibst!“, es klang wie ein Befehl.
Lis erzählte, welches organisierte Chaos sie hatten. „Unser aller Glück war, dass die Mädchen disziplinierte Profis sind. Die Arbeit ging vor. Dann wollten sie auch schnell fertig werden, sie waren bereits für acht Stunden bezahlt und ein Mittagessen gab es auch noch.“
„Ich hörte ein paar Mal sagen, dass sie gerne mit einem Profi, wie dir Paul, arbeiten. Du würdest nicht unentschlossen rumstolpern, sondern zügig fotografieren. Dann hörte ich, es würde viel mehr Spaß machen vor einem jungen knackigen Fotografen zu posieren, als vor einem alten Sack. Eine andere meinte, das sei zwar richtig, das Problem sei dann nur, dass ihr bei deinem Anblick die Nippel wehtäten, weil sie sich aufrichten würden. Unten hätte sie vorsichtshalber ein Tampon drin. Ich musste mich sehr zusammennehmen, um nicht loszulachen, als ich das hörte. Ich erinnerte mich nur noch zu gut an unser Shooting“, berichtete Kristin.
Der Gong im Flur ertönte. Kaffee. Kristin saß neben Pop, Lis neben mir. Mom unten und Renate oben am Kopfende des Tisches. Das Tischgespräch ging immer noch um das Shooting von heute.
„Du hast ja heute viele Einzelbilder gemacht, Paul“, sagte Renate. „Sonst machst du immer größere Serien, manchmal einen ganzen Film vom gleichen Motiv. Gab es da einen bestimmten Grund dafür?“
„Schon. Heute waren ja, von Willi Wollweber, vor allem Fotos in schöner Wäsche gewünscht. Da sind zwar ebenfalls Bilder in den verschiedensten Posen gefragt, aber das Hauptaugenmerk, gilt natürlich mehr der Wäsche, als den Models. Das schränkt die Motivauswahl naturgemäß ein. Wenn, du hast es ja gesehen, ein Mädchen bereit war voll aus sich rauszugehen, dann fülle ich eben einen halben oder gar ganzen Film, wie mit Marion“, erwiderte ich.
„Was ich nicht ganz begreife, ich habe es ja bei den Bildern, die du von mir gemacht hast gesehen, ist ein ganzer Film nicht viel zu viel? Die Posen ähneln sich doch sehr, im Magazin sind ja wohl auch nie alle Bilder abgedruckt“, wollte Kristin wissen.
„Das habe ich mich auch mal gefragt“, bestätigte Lis. „Nachdem ich mit Paul sprach und mir danach die Sache überlegte, wurde es mir völlig klar: Bilder aus einer schnell hintereinander geschossenen Serie, haben vor allem einen Vorteil - sie sind lebendiger als ein Portrait. Der Nachteil ist, da ja alles aus der Bewegung heraus geschieht, ist so ein Bild halt auch mal unscharf, vor allem, das passiert auch unserem Paul, da sind plötzlich die Augen geschlossen, weil das Model blinzelte oder der Mund unschön geöffnet, eine Bewegung unpassend, nicht harmonisch; von ungewollten Einblicken gar nicht zu reden.“
„Das hast du gut erkannt mein Schatz. Hier geht es halt um einen Kompromiss zwischen starren Portraits und dynamischen Fotos. Ein Portrait braucht viel Aufmerksamkeit, fünf Minuten pro Bild ist da nicht viel. Meine Art des Fotografierens geht flotter, eben dynamisch. In fünf Minuten kann ich ein Dutzend Bilder machen. Das bisschen Film, rechnet da kaum, aber der Verlag hat eine große Auswahl von Bildern. Notfalls kann er sie auch noch retuschieren, wenn eine Kleinigkeit nicht passt.“
„Jetzt verstehe ich es“, meinte Renate.
***
Axel kam um fünf, schnappte sich Kristin, dann zogen die beiden los. Wir hielten ihnen die Daumen. Um sechs waren sie wieder da. Wir saßen jetzt oben. Es hatte geklappt und Kristin heulte ein bisschen bei ihrer Schwester. Dann büffelten Renate, Kristin und Axel doch tatsächlich eine Stunde persisch. Lis und ich schauten bei Mom rein.
„Es ist gut, dass ihr mal zu mir kommt. Ich versuche immer noch, euer Material aus Persien in die Reihe zu bekommen. Ich habe einen ganzen Katalog an Fragen für Renate aufgeschrieben. Ich sehe da so viel Stoff für Romane, kein Wunder, Persien ist halt das Land von tausendundeiner Nacht.
Dann fragte sie uns wieder ein Loch in den Bauch. Ihre letzte Frage war, ob wir denn zusammen Abendbrot essen wollten.
Lis fegte hoch und kam mit Renate und Kristin zurück. „Wir werden ein kleines Buffet machen. Da können wir drei zusammenwirken und nachher können wir erzählen. Pop muss dazu von seinem Trollinger rausrücken“, schlug Renate vor.
Es wurde gelacht und viel Blödsinn verzapft. Nur Renate verabschiedete sich schon früh, es zwickte sie im Bauch. Lis blieb über Nacht. Kristin und Axel auch, im Gästezimmer. Bald werden sie ja ihre eigene Wohnung haben und brauchen nicht mehr unser Gästezimmer zu verwüsten.
Die folgende Woche verlief normal, zwei Klausuren schafften wir spielend. Am Mittwoch hatten wir kaum etwas zu lernen - für die Schule. Dafür gingen Lis und ich auf persönliche Erkundungstour. Persien und mein Rumhexen mit Kitty, hatte bei Lis viele Fragen aufgeworfen, denen sie heute nachgehen musste. Natürlich blieb sie unbeschadet.