Ein Pirat, der Rum trinkt, ist kein Mythos, und die Verbindung zwischen den seefahrenden Plünderern und einem der beliebtesten alkoholischen Getränke aller Zeiten bleibt ein fester Bestandteil der Piratenüberlieferung. Die Beziehung zwischen Piraten und Alkohol ist so legendär wie keine andere in der Geschichte der Belletristik. Vergesst Romeo und Julia, denn die Liebesbeziehung eines Piraten zu seinem Rum überdauert die Zeiten. Piraten, die Rum trinken, sind in den meisten eingängigen Medien und Romanen ein fester Bestandteil. Sie sind sogar auf den Etiketten von massenproduziertem Rum abgebildet. Kapitän Morgan war zwar ein echter Pirat, ist heute allerdings nur noch das Sprachrohr für Cocktails auf Rumbasis.
Womöglich habt ihr schon den einen oder anderen Cocktail mit Rum getrunken, aber was genau verbirgt sich eigentlich hinter diesem Gesöff?
Süßmäuler zieht es wegen des gerösteten Zuckerprofils zu dieser Spirituose. Der Grund für den einzigartigen Geschmack ist einfach: Zucker. Ob reiner Rohrzucker, Melasse oder Sirup - Rum ist eine der ältesten destillierten Spirituosen der Welt, die Zucker als Basis verwendet.
In der Mitte des 17. Jahrhunderts erlebte die Rumproduktion in der Karibik und in Südamerika seine Blütezeit. Wo es Zucker gab, gab es auch Rum. Reiner Rohrzucker war das begehrteste Produkt, allerdings kann Rum aus beinahe allem hergestellt werden, was verfügbar ist. Melasse und Sedimente, die bei der Zuckerherstellung zurückbleiben, bekannt als Dunder, ergeben ein preiswertes Getränk.
Die karibischen Inseln produzierten im 18. Jahrhundert enorme Mengen an Zucker. Zuckerrohrfelder, so weit das Auge reichte, säumten die Landschaft. Folglich entwickelte sich eine blühende Rumindustrie.
Rum ist in verschiedenen Geschmacksrichtungen erhältlich, von hell bis dunkel, abhängig von der Dauer der Reifung und anderen Faktoren. Eine Geschichte über Piraten wäre ohne Rum definitiv nicht vollständig. Wie sich irgendwann herausstellte, hing die Wahl der Rumsorten für die Piraten von ihrem Heimathafen ab.
Die Hochkonjunktur der Rumproduktion in der Karibik und das Goldene Zeitalter der Piraterie überschneiden sich. Die Piraten befanden sich in der Mitte ihrer Vorherrschaft, als der Anbau von Zuckerrohr auf den verschiedenen Inseln sowie die Rumproduktion zunahmen.
Das Goldene Zeitalter der Piraterie begann in den 1650er Jahren und erstreckte sich bis in die Mitte der 18. Jahrhunderts. Der überwiegende Teil der Historiker betrachtet es als die Hochzeit der Piratenaktivitäten. Die Rumproduktion in der Karibik kam in den frühen 1700er Jahren in Schwung, so dass ein Pirat und eine Flasche Rum nie lange voneinander getrennt waren.
Piraten, die von Inseln wie Port Royal, Jamaika, Tortuga oder Haiti aus operierten, hatten Zugang zum besten erzeugten Rum. Die Wurzeln moderner Hersteller wie Appleton reichen bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts zurück. Viele bekannte Rum-Marken, die es heute noch gibt, stammen aus dieser Zeit.
Die Schuld daran, warum Piraten Rum lieben, trägt die Royal Navy.
Wie bei den meisten Dingen, die Piraten betreffen, begann die britische Royal Navy ihre Partnerschaft mit dem Rum in den frühen 1700er Jahren. Die Matrosen erhielten täglich eine Ration. Diese als tot bezeichnete zugeteilte Menge erwies sich als überaus beliebt. Die Rumrationen wurden zwei Jahrhunderte lang beibehalten, bis zu jenem Tag, der als Black Tot in die Geschichte einging. Am 31. Juli 1970 stellte die Royal Navy diese Praxis zum Entsetzen aller britischen Seeleute ein.
Die Piraten, die von den Briten gejagt wurden, die Kapitäne für ihre Gefangennahme oder Hinrichtung belohnten, teilten mit ihren eingeschworenen Feinden zumindest die Vorliebe für Rum. Bei unzähligen von ihnen handelte es sich um ehemalige Offiziere, die ihre Zuneigung zum Rum in ihre Piratenkarriere einbrachten. Darüber hinaus waren die Piraten auf ihren langen Fahrten auf eine stabile Lebensmittelversorgung angewiesen. Süßwasser war ein rares Gut und verdarb oft innerhalb weniger Tage nach der Einschiffung. Rum hingegen war sehr lange haltbar. Die Piraten füllten Spirituosen in Süßwasser, um dessen Haltbarkeit zu verlängern.
Grog an Bord eines Piratenschiffs war für einen Rumtrinker das Beste, was es gab. Eine Mischung aus Rum, Wasser und Limettensaft galt als optimaler Durstlöscher für einen Piraten.
Obwohl sowohl die Marine als auch die Piraten Rum genossen, verfügte alleinig die Marine über das Verantwortungsbewusstsein, die Portionen zu rationieren.
Das Klischee des betrunkenen Piraten mag daher rühren, dass es keine Regeln für den Konsum von Rum gab. Übermäßiger Alkoholgenuss ist ebenso ein Markenzeichen der Piraten wie ein Papagei auf der Schulter. Aufzeichnungen belegen, dass viele Schlachten verloren gingen, weil es an nüchternen Männern zur Verteidigung fehlte.
Walt Disneys Fluch der Karibik löste eine wahre Rum-Renaissance aus - nicht nur unter Piraten. Die Verkäufe der Spirituose stiegen nach Johnny Depps Darstellung eines Piraten, der sein Lieblingsgetränk hinunterkippte und ihm nachtrauerte, sprunghaft an. Die Darstellung von Rum und Piraten reicht bis in die Anfänge des Films und des geschriebenen Wortes zurück.
In dem Elvis-Presley-Film Blue Hawaii (1961) spielt Rum ebenfalls eine nicht unbedeutende Rolle. Hierfür wurde ein gleichnamiger Cocktail auf Rumbasis erfunden.
In Captain Ron (1992) mit Kurt Russel in der Hauptrolle als Rum-getränkter Kapitän kommt es zu einer Konfrontation mit modernen Piraten.
Robert Louis Stevensons Roman Die Schatzinsel, das berühmteste fiktive Piratenabenteuer, preist den Rum. Die berüchtigte Piratencrew unter der Führung von Long John Silver konsumierte Unmengen der Spirituose. Stevenson generierte überdies mit Dead Man's Chest ein musikalisches Erbe über die Piraten und deren Vorliebe für Rum.
Fünfzehn Mann auf des toten Manns Kiste -
Yo-ho-ho, und 'ne Pulle Rum!
Trunk und Teufel besorgten den Rest -
Yo-ho-ho, und 'ne Pulle Rum!
Rum ist so beliebt wie eh und je, sei es in einer modernen Variante oder als klassischer Grog. Für einen Piraten war Rum einst die Rettung aus der Flaute auf einer langen Reise oder vor der Dehydrierung.