Wie eine Puppe ließ sich Sezuna durch einen Gang führen, an dessen Ende Tücher warteten in denen sie sich einwickelte. Chiana nahm sich noch ein weiteres Handtuch und hielt es Sezuna entgegen.
„Ich bezweifle, dass du nackt in deine Räume möchtest", war die mitleidige Feststellung mit der sie ihr das Tuch entgegenhielt.
Sezuna zuckte fast schon ergeben die Schultern, nahm das Tuch aber an.
„Ich bin nackt hierhergekommen. Wahrscheinlich hat mich sowieso schon jeder so gesehen", erklärte sie, wickelte sich aber dennoch in das Tuch ein. Hoffentlich bekam sie noch etwas anderes zum Anziehen.
Chiana seufzte und schüttelte leicht den Kopf.
„Deine Räume sind neben meinen und du bekommst eine Uniform von mir, die dich als meine Kammerzofe auszeichnet. Morgen werde ich dich dem Highlord vorstellen und er wird dir das Halsband umlegen", erklärte sie und Sezuna schluckte. Ein Halsband? Sie hatte nie erwähnt, dass sie auch eines bekommen würde.
Chiana wartete jedoch nicht auf Sezunas verwirrten Blick, um sie aufzuklären, sondern lief einfach weiter. Eilig versuchte das rothaarige Mädchen mit ihr Schritt zu halten, um sie nicht in diesem Labyrinth an Gängen zu verlieren.
Chiana schwieg den restlichen Weg, bis sie vor einer Tür innehielt und diese öffnete. Sie selbst trat ein und schloss die Tür erst wieder, als Sezuna ebenfalls eingetreten war.
„Das hier ist dein Zimmer. Meines liegt genau neben dir, es dürfte also nicht zu verfehlen sein. Bevor du schlafen gehst musst du noch lernen wie du dich gegenüber dem Highlord zu verhalten hast. Es ist sehr wichtig und du darfst dir keinerlei Fehler leisten. Verstanden?", fragte sie nun eindringlich und unterzog Sezuna eines prüfenden Blickes.
„Aber als erstes", sagte Chiana und trat auf einen Schrank zu, um diesen zu öffnen. Dann reichte sie Sezuna ein weißes, dünnes Kleid. „Das ist das Unterkleid. Zieh es an", befahl sie, ehe sie mit einem Korsett zu ihr kam. Es war so gefertigt, dass es die weiblichen Rundungen nicht zur Geltung brachte, sondern sie eher versteckte. Etwas, was alle Diener trugen, denn niemand wollte, dass die Dienstmädchen die Aufmerksamkeit des Highlords auf sich zogen. Sezuna nahm es entgegen und stellte sich ein wenig ungeschickt an.
„Du wirst lernen, wie du es selbst anziehst", befahl Chiana, ehe sie Sezuna dabei half das Korsett richtig zu schnüren. Die Rothaarige keuchte auf, sagte aber nichts. Dann wurde ihr von der Schwarzhaarigen etwas gereicht, was einem Yukata ähnelte. Es hatte eine fast hässliche, beige Farbe.
Mühsam zog sich Sezuna an und wartete dann auf weitere Anweisungen.
„Morgen früh wirst du früh genug aufstehen, um mich bei Tagesanbruch fertig angekleidet zu wecken. Zu dieser Zeit sollte auch schon meine Garderobe für den Tag bereitliegen und auch Sachen wie erfrischende Öle und Farben für meine Aufmachungen. Du wirst mich fertigmachen, wie ich es dir vormache. So wie du es ab morgen jeden Tag machen wirst", erklärte sie und hielt mit Sezuna den Augenkontakt, um sicherzugehen, dass sie ihr auch zuhörte. „Sobald wir die Räume verlassen, wirst du dich stets mit gesenktem Blick, zwei Schritte hinter mir halten. Du wirst nicht sprechen, bis ich es dir gestatte, oder eine mir höhergestellte Person", fügte sie hinzu und Sezuna bekam fast schon Kopfschmerzen von diesen zahlreichen Regeln, die auf sie einprasselten. Und es wurden nicht weniger.
Chiana machte eine auffordernde Handbewegung und führte Sezuna schließlich in ihr Gemach. Es war ein Traum eines Zimmers. Das Bett war riesig und rund. Es dominierte den kompletten Raum und besaß Vorhänge.
„Dies ist meine Garderobe", erklärte Chiana und deutete auf einen begehbaren Kleiderschrank. „Dort findest du alles, was ich zum Ankleiden brauche. Aber jetzt zum wichtigsten Teil. Sobald du dem Highlord begegnest, wirst du dich sofort auf die Knie fallen lassen, die Hände auf den Boden legen und mit der Stirn den Boden berühren. Du wirst keinen Augenkontakt herstellen und du wirst ihn niemals ansehen. Verstanden?", fragte die Schwarzhaarige und Sezuna schluckte, ehe sie nickte. „Gut, solltest du diese Regelung brechen, wird man dich bestrafen."
Sezunas Herz setzte einen Schlag aus. Hinrichtungen... Bestrafungen... wo war sie hier nur hineingeraten? Die letzten Adligen waren zwar auch nicht sanft gewesen, hatten sie aber mit Samthandschuhen angefasst, weil sie noch ein Kind war.
Und wie sollte sie sich all diese Regeln merken?
„Machen wir einen Testlauf. Der Highlord kommt herein. Was tust du?", forderte Chiana sie erwartungsvoll auf und rekonstruierte die Schritte, die der Herrscher machen würde.
Sezuna kniete sich zu Boden, was in den Sachen überhaupt nicht einfach war und senkte das Haupt, wie Chiana es beschrieben hatte.
Diese schüttelte den Kopf. „Viel zu langsam", tadelte sie, ehe sie um Sezuna herumging und ihre generelle Haltung korrigierte. Sezuna schnappte dabei nicht nur einmal nach Luft, denn das Korsett machte die Haltung alles andere, als bequem.
„Hoch, wir versuchen es noch einmal. Und solange der Highlord in deiner Sichtweite ist und dich niemand aufgefordert hat, dich zu erheben, wirst du so knien bleiben", fügte Chiana hinzu und Sezuna erhob sich mühsam.
Mittlerweile hatte sich Chiana in einen Bademantel gehüllt, der aus durchsichtigem, dünnen Stoff bestand, als wäre es bloß ein Tuch im Wind.
Etliche Male versuchte es Sezunas immer und immer wieder, doch jedes Mal erntete sie nur ein Kopfschütteln.
„Die Arme parallel zueinander und leicht angewinkelt. Dein Kinn muss an deinem Brustkorb liegen", wiederholte sie und tippte mit einem geschlossenen Fächer auf die entsprechenden Zonen.
„Komm wieder hoch", befahl Chiana und wartete, bis Sezuna ihrer Aufforderung Folge geleistet hatte. Sezuna konnte sich kaum konzentrieren, da sie den Hunger immer deutlicher spürte. Dieses ständige auf und ab war überhaupt nicht hilfreich und sie hatte schon so lange nicht mehr richtig gegessen. Würde sie hier überhaupt etwas bekommen?
Die Rothaarige hörte sich gerade noch einmal an, wie sie es richtigmachen sollte, als die Tür geöffnet wurde. Ein Mann in einem edlen Gewandt trat ein. Gefolgt von einem etwas älteren Herren. Sezuna konnte nicht anders und richtete den Blick von Chiana auf den jungen, blonden Mann mit den leichten Locken. Sezuna hielt inne und starrte auf den ersten Mann, den sie in diesem Tempel zu Gesicht bekam. Sie bemerkte nicht einmal wie Chiana, die vor ihr stand, ihr Haupt kaum merkbar senkte und sich wieder aufrichtete. Der Blick des Mannes blieb an Chiana hängen und schien Sezuna nicht mal zu beachten.
„Highlord", grüßte Chiana höflich und Sezuna wurde blass, ehe sie sich zu Boden warf, wie es Chiana ihr versucht hatte bei zu bringen. Ihr Kopf senkte sich und so konnte sie das kalte Lächeln, das die Lippen des Mannes umspielte, nicht sehen.
„Ich habe gehört, du hast eine neue Kammerzofe", erklang die fast schon amüsierte Stimme des Mannes, die Sezuna bis ins Mark ging. Chiana schien es zum Glück nicht bemerkt zu haben, wie Sezuna ihre Verbeugung verschlafen hatte.
„Neuigkeiten sprechen sich hier schnell herum", bestätigte die Schwarzhaarige und folgte dem Mann mit ihrem violetten Blick, wie er begann die Rothaarige zu mustern und schließlich auf sie zu zutreten. Langsam setzte er die Fußspitze zwischen ihren Händen an, um ihre rechte Hand weiter nach außen zu schieben und so ihre Haltung zu korrigieren.
„Ich dachte ich lerne sie kennen, bevor du sie verschwinden lässt", erklärte er fast schon nüchtern und wandte sich kurz wieder zu Chiana um. Der blonde Mann hob die Hand und strich damit sanft über Chianas Wange. „Bist du wirklich so eifersüchtig, dass du deine Zofe so verschnüren musst, damit sie meine Aufmerksamkeit nicht erregt? Sie wird einen Hitzschlag bekommen", meinte er ein wenig belustigt. Ihm war durchaus bewusst, warum Chiana sich die Mühe machte und ihre Zofe in so viele Laken Kleidung steckte. Es diente nur dazu, dass zu verstecken, was ihn darauf aufmerksam machte, dass sie weiblich war.
„Noch ist sie nicht mehr, als ein Kind", versicherte Chiana, die ein wenig rot wurde, weil sie durchschaut worden war. Er zog seine Hand wieder zurück und faltete seine Hände an seinem Rücken.
„Ist das so ja?", fragte er nun tatsächlich ein wenig neugierig. „Erhebe dich", erklärte er an Sezuna gewandt, was ihr Herz einen Schlag aussetzen ließ. Sie hatte doch noch gar nicht geübt, was genau sie tun sollte, wenn er sie aufforderte aufzustehen, außer Folge zu leisten. Ein wenig wackelig und mit hektischem Atem erhob sie sich langsam, wenn auch sehr ungeschickt. Als sie schließlich stand, senkte sie ihren Blick gen Boden und hoffte damit nichts Falsches zu tun. Ihr Herz klopfte laut und ihr Atem ging unregelmäßig, während ihr Bauch knurrende Geräusche von sich gab, die dafür sorgten, dass sie rot wurde. Peinlicher ging es schon gar nicht mehr. Der Mann unterdrückte ein Schmunzeln, als er sie einmal umkreiste und dann wieder vor Chiana zum Stehen kam.
„Zieh ihr an was du willst, aber sorg dafür, dass sie zu essen bekommt. Ich habe keine Lust schon morgen eine neue Zofe begutachten zu müssen", erklärte er leichthin und hauchte ihr einen Kuss an die Wange. „Eifersucht macht alt Chiana. Ich wäre vorsichtig", flüsterte er ihn ans Ohr, ehe er sich abwandte, um den Raum zu verlassen, hielt jedoch im Türrahmen inne. „Ich erwarte dich morgen früh in meinen Gemächern", fügte er noch hinzu und verließ daraufhin den Raum.
Eine erdrückende Last schien von Sezunas Brust zu weichen und ließ sie, soweit es ihr Korsett zuließ, ausatmen.
Chiana schüttelte den Kopf. „Du hast noch sehr viel zu lernen. Und bevor du etwas zu essen bekommst, wirst du lernen, wie du dich richtig zu verbeugen hast. Das nächste Mal, wenn er dich so erwischt, wird er wohl nicht so gnädig sein", erklärte die Schwarzhaarige unnachgiebig, ehe sie sich auf einen Sessel niederließ und Sezuna auftrug sich zu Boden zu werfen und sich wiederaufzurichten.
Solange, bis sie es soweit beherrschte, dass Chiana zufrieden war.
„Bleib so, bis ich zurückkehre", erklärte die Schwarzhaarige und erhob sich, um das Essen zu besorgen.
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