Es war das gelbe Halsband, das jeden Diener kennzeichnete. Allerdings war bei diesem hier ein kleiner Stein eingearbeitet, der Sezuna als Chianas Eigentum auszeichnete. Jeder Diener würde wissen, dass die Rothaarige nur für Chiana zuständig war.
„Vielleicht solltet ihr das Mädchen zu einen der anderen Dienerinnen in die Lehre schicken. Dann müsst ihr euch nicht selbst mit ihr befassen", schlug plötzlich der Mann vor, der bisher immer stumm hinter ihnen hergelaufen war. Seine Stimme war rau und das Haar bereits an den Seiten leicht grau. Auch die Haut war von leichten Altersflecken gekennzeichnet.
Sergej war der Vertraute des Highlords und dazu auch ein guter Freund, wenn man es so nennen wollte.
„Das wäre tatsächlich eine gute Idee. Ich werde es in Erwägung ziehen", bestätigte Chiana und drehte sich wieder zurück nach vorne.
„Du traust dir scheinbar gar nichts mehr zu Chiana. Oder bist du dir einfach zu fein geworden?", höhnte der Highlord und hob die Augenbrauen, ohne wirklich eine Antwort zu erwarten. Die Favoritin jedoch hielt dem Blick stand und lächelte.
„Man wird bei euch leicht verwöhnt und gibt sich der Faulheit hin", war die Antwort die den Highlord schmunzeln ließ. Sezuna verdrehte innerlich die Augen. Sie hatte nichts davon und sie konnte sich vorstellen, dass auch die Favoritin aufpassen musste. Denn wenn sie abgesetzt wurde, konnte auch sie sehr leicht aussortiert werden. Zumindest war sich Sezuna da sehr sicher. Aber aktuell schien sie ihre Privilegien zu genießen. Auch wenn sich Sezuna nicht vorstellen konnte, dass man die Gesellschaft dieses Mannes genießen konnte. Er war zwar wirklich gutaussehend, aber sein Charakter ließ zu wünschen übrig. Er war so hochnäsig und schien Spaß daran zu haben, andere zu demütigen. Etwas, was bei Sezuna auf Abneigung stieß.
Die Ausbildung zu einem Dienstmädchen schien schon mit sehr vielen Flüchtigkeitsfehlern verbunden zu sein. Doch die Aufgaben einer Kammerzofe waren sogar noch komplexer. Weiche nie deiner Gebieterin von der Seite. Du musst für sie verkosten und sie beschützen vor Konkurrentinnen. Sei immer darauf bedacht, dass sie über dich entscheidet. Verärgere sie nicht und stimme ihr immer zu. Und noch viele weitere Regeln, die bloß auf verbalem und mentalem Dienst basierten.
Dann kamen noch die körperlichen Aufgaben von denen es auch reichlich gab. Zur Verbeugung, gab es ebenfalls einen Schwur oder eine Art Gelöbnis. Doch nicht jede Mistress bestand auf ein solches.
Neben Prozeduren zur Vorbereitung, gab es auch noch unterschiedliche Anlässe.
Festtagskleidung, Alltagskleidung, sowie erotische Gewänder für die Dienste im Schlafzimmer. Verschiedene Öle mit verschiedenen Gerüchen für unterschiedliche Anlässe.
Sezuna konnte sich nicht einmal ansatzweise alles merken und machte einen Fehler nach dem anderen. Und das wurde hart bestraft. Denn im Gegensatz zu Chiana war ihre neue Lehrerin, eine ältere Kammerzofe, eine wirklich gnadenlose Frau. Jeder Fehler, den Sezuna machte, wurde sorgfältig notiert und bestraft. Stundenlanges Knien, oder Stehen waren die angenehmsten Strafen.
Am schlimmsten war für die Rothaarige der Schlafentzug, der sie darauf vorbereiten sollte, dass sie in der Lage war, am Morgen rechtzeitig zu erwachen. Denn wenn sie verschlief, durfte sie sich in der nächsten Nacht gar nicht erst zur Ruhe begeben. Doch das sorgte nur dafür, dass ihr noch mehr Fehler unterliefen und sie es sogar schaffte, einige der teuren Öle zu verschütten. Ein Vergehen, was sie teuer bereute und ihr unterschiedliche Formen von Züchtigungen einbrachte.
Sezunas Rücken wies immer noch schlieren der Bestrafung auf und sie hoffte nur, dass es keine hässlichen Narben hinterlassen würde. Doch man schien darauf zu achten, dass man sie nicht entstellte. Scheinbar duldete der Highlord keine sichtbaren Misshandlungen an seinen Frauen. Auch nicht an den Dienerinnen. Was nicht hieß, dass man es nicht dennoch tat. So, dass es niemand sehen konnte.
Nun war es soweit, dass ihre Schonzeit vorüber war.
Chiana würde mit ihren Diensten zufrieden sein oder nicht. Sollte sie es nicht sein, müsste sie sich selbst darum kümmern, Sezuna auszubilden. Eine Erkenntnis, die so erfreulich, wie auch erschreckend war. Womöglich würde sie sich die Mühe nicht mal machen, sie nochmals auszubilden... Sezuna wusste nicht, ob ihre vorherige Zofe wirklich hingerichtet wurde, oder ob es nur ein böser Witz war. Doch irgendwohin musste sie ja gegangen sein. Und da der Highlord auch gesagt hatte, Chiana hätte ihre Zofe verschwinden lassen, sorgte das nur für noch mehr Unbehagen.
Zwei Wochen waren um und die Rothaarige war sich nicht sicher, ob die alte Zofe aufgegeben hatte, oder sie der Meinung war, Sezuna wäre bereit. Was auch immer es war, es bereitete ihr Bauchschmerzen. Im Moment kniete sie auf einen wirklich schönen Boden, der mit einem wunderbaren Mosaik ausgelegt war und wartete darauf, dass Chiana kommen und sie wieder zu sich holen würde. Die Tür öffnete sich und die schwarzhaarige Schönheit trat ein, an ihrer Seite ihre Ausbilderin.
„Erhebe dich", erklang die zärtliche Stimme von Chiana, der Sezuna gehorchte. Ohne äußerliche Regungen richtete sie sich auf. Gesenkter Blick, gefaltete Hände und ausdruckslose Mimik.
„Ich habe mein Bestes getan Mistress Chiana", erklärte die Zofe und musterte Sezuna nach wie vor skeptisch. Die Favoritin lächelte lediglich leicht und nickte.
„Wir werden sehen, ob es gereicht hat", waren die letzten Worte, die sie von sich gab, ehe sie mit den Fingern schnippte und sich umwandte, damit Sezuna ihr folgte. Sezuna folgte diesem Befehl und ging, wie man es ihr beigebracht hatte, mit gesenkten Blick, Hände hinter dem Rücken und zwei Schritte hinter Chiana. Diese führte Sezuna zurück in ihre Gemächer.
„Dann wollen wir sehen, was du gelernt hast. Das Abendmahl steht an und der Highlord möchte mit mir speisen. Bereite mich vor", war die schlichte Anweisung. Sezuna machte einen Knicks, der jedoch recht wackelig wirkte, ehe sie zu dem Kleiderschrank ging und die Garderobe hervorholte und sie auf das Bett legte. Dann sammelte sie die Fläschchen zusammen, die sie brauchen würde, um Chiana zurecht zu machen.
Da sie sich bereits gewaschen hatte, wie Sezuna an ihrem noch nassen Haar erkennen konnte, machte sie sich stattdessen daran ihre Haare zu bürsten und diese mit wohlduftenden Ölen zu verfeinern.
„Zuerst das Unterkleid", war die kurze Bemerkung, die Sezuna die Augen zusammenkneifen ließ. „Natürlich Mistress", stotterte sie leise und eilte zurück, um ihr ein weißes Unterkleid zu holen. Doch als Sezuna wieder in den Raum zurück kam schüttelte Chiana bereits den Kopf und ließ sie wieder zurücklaufen, um ein anderes zu holen. Das musste sie drei Mal tun, ehe Sezuna das richtige Kleid hatte. Das kostete sie viel Zeit und als die Rothaarige begann Chiana eine Frisur zu binden, war sie so unter Zeitdruck und nervös, dass die Schwarzhaarige sie nicht nur einmal anzischte, weil sie zu stark zog, oder sie mit einer Haarnadel stach. Sezunas Zittern wurde immer heftiger und sie musste mit den Tränen kämpfen. Sie hatte das Gefühl, alles falsch gemacht zu haben, was man falsch machen konnte.
Nach etlichen Strapazen, war Chiana nun fertig angekleidet und geschminkt für ihr Abendmahl mit dem Highlord. Auch wenn sie bereits sehr spät dran war.
Gemeinsam mit ihrer Kammerzofe eilte sie zu dem besagten Saal und hoffte darauf, nicht allzu viel Zorn auf sich zu ziehen, weil sie sich verspätet hatte. Als sie dem Speisesaal näherkamen, öffneten zwei Männer ihnen die Türen. Sezuna hatte über diese Männer gelernt, dass es Eunuchen waren. Sie waren die einzigen Männer, neben dem Berater und dem Highlord, denen es gestattet war, diese Palasthälfte zu betreten.
Chiana trat ein und Sezuna tat das, was sie gelernt hatte. Sie folgte Chiana, zog ihr den Stuhl zurück, damit sie sich setzen konnte und kniete dann neben ihrem Stuhl nieder. Auch wenn sie den Kopf nicht hob, so bemerkte sie doch, dass sie fast alleine waren und der Highlord sie neugierig musterte.
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