"Das Emblem stammt von der vertriebenen Königin Naiby aus dem neunten Kreis!", Marbas reichte Church ein altes Buch aus der Bibliothek.
"Du solltest es nur lesen, nicht mitbringen!", fuhr dieser ihn an und warf es auf den Küchentisch, wo Shanora gerade ihr Rührei verschlang.
Marbas wirkte verunsichert: "Auf jeden Fall kam Niaby vor vielen Jahrhunderten in den neunten Kreis, um von dort aus ein neues Reich aufzubauen. Sie unterlag aber in einem Kampf gegen die Druiden und Formwandler und..."
"Keine Geschichtsstunde, Marbas!", unterbrach Chruch ihn wieder.
"Gut, einige der Anhänger Niabys sind nach ihrem Tod nach Argenshire ausgewandert, neben Amergyn! Dort gibt es bis heute an der Ostküste, hinter den Wäldern zwischen den Königreichen, Siedlungen dieser Elfen! Sie tragen das Wappen der Königin um ihre Treue und Loyalität zu beweisen!", versuchte Marbas es diesmal richtig zu machen.
"Geht doch!", Church wedelte mit der Hand, um ihm zu vertreiben, "Beim nächsten Mal ohne das Gerede über Loyalität und solchen Mist!"
Marbas aber blieb stehen und erwiderte Church Blick: "Auch dir bedeutet Loyalität viel, denk an deinen Freund Finn. Also hör auf mich dafür zu verachten, dass ich deiner Familie gegenüber Loyal bin!"
Dann drehte er sich um und verschwand wieder.
"War das wirklich nötig?", wollte Shanora wissen, "Warum behandelst du ihn wie einen räudigen Köter?"
Church verdrehte genervt die Augen: "Er sieht einfach etwas in mir, was ich nie sein werde. Ein Retter für seine kaputte Welt! Du hast Schwarzwasser gesehen und Harmun! Niemand kann das noch retten! Am besten man lässt es brennen!"
Shanora hatte ihr Essen beendet und erhob sich wieder: "Wir wachsen mit der Herausforderung! Und Finn hatte vor den neunten Kreis zu retten! Lass uns weiter machen!" Church seufzte und folgte ihr dann zurück in den Keller, wo sie schon von Did erwartet wurden.
"Ich habe wie gewünscht die Notizen angepasst! Und wir müssen uns beeilen, wenn wir weitere Erinnerungen abrufen wollen! Irgendetwas verändert sich!", brachte diese Shanora und Chruch auf den neuesten Stand.
"Okay!", Shanora nahm den Oculus vom Schreibtisch und hängte ihn sich wieder um, dann ging sie zu Lillets leblosem Körper. Diesmal schien sie schneller und wirbelnder in die Erinnerung eintauchen zu können, dafür war das Bild nicht mehr so klar.
Lillet stand in einem wunderschönen weißen Kleid in mitten von Prunkvoll gekleideten Elfen. Sie tanzten und schienen Spaß zu haben, Lillets Blick aber war bedrückt. Neben ihr begrüßte ihr Vater weitere Gäste in dem Festsaal, der Shanora an ein altes Schloss erinnerte. Weißer Marmor an den Wänden und dem Boden, viel Stück und große Kerzenleuchter mit hunderten hellen Kerzen, die die Nacht zum Tag machten.
Lillet ließ ihren Blick wieder durch den Raum schweifen, am Eingang war jemand erschienen. Ein langer schwarzer Mantel mit großer Kapuze, überhaupt nicht passend zu den anderen Feiernden. Die Gestalt verschwand, für einen Moment fürchtete Shanora, dass der Dunkle gekommen war, um Lillet zu holen. Dann aber erschien er wieder, direkt vor Lillet und ihrem Vater.
"Ich habe euren Auftrag ausgeführt, Lord Terano!", Church Onkel verneigte sich vor dem Elfen.
"Gut gemacht, Rabe!", Lord Terano war sichtlich erfreut. Shanora wusste jetzt, wer dem Schattenmann diesen Spitznamen verpasst hatte.
"Wann wird Lord Eredos hier eintreffen?", fragte er den Raben noch.
"Er war gerade auf dem Pass zwischen Amergyn und Argenshire unterwegs als ich ihn traf. Ich riet ihm eine andere Strecke zu nehmen, aber er bestand darauf. Er wird in drei Tagen hier sein!", der Rabe behielt Lillet in den Augen, sie verließ den Raum, durch die Menge, hinaus in die Nacht.
"Sie wird sich an den Gedanken gewöhnen müssen!", Lord Terano deutete dem Raben ihr zu folgen, "Pass auf das sie keine Dummheiten macht!"
Der Rabe löste sich auf und erschien in den Gärten, direkt hinter Lillet die auf den verzierten Marmorspringbrunnen starrte.
"Ist alles in Ordnung?", fragte er knapp.
Lillet lächelte: "Du wirst es doch in Ordnung bringen, oder? Ich werde keinen Fürsten heiraten und weggehen um dem Dunklen zu entkommen! Ich werde gegen ihn kämpfen, für meine Freiheit!"
Der Rabe packte Lillet am Arm und zog sie mit sich, durch die Gärten bis das Schloss außer Sicht war.
"Ich werde nicht zulassen das irgendjemand dich je berührt!", er zog Lillet in eine innige Umarmung.
Shanora rieb sich die Augen, es schien, als hätte etwas sie aus den Erinnerungen der Elfe gerissen.
"Bist du schon fündig geworden?", wollte Did erstaunt wissen.
Shanora schüttelte den Kopf: "Ich weiß nur, dass Lord Terano wohl in einem Schloss aus weißem Marmor gelebt hat! Und er vorhatte Lillet gegen ihren Willen zu verheiraten. Aber sie hatte ihren eigenen Plan, wollte gegen den Dunklen kämpfen. Außerdem waren sie und Churchs Onkel sehr vertraut!"
Church nickte anerkennend: "Guter Geschmack, liegt wohl in der Familie!"
Shanora und Did warfen ihm einen vielsagenden Blick zu, dieser ließ ihn die Augen verdrehen.
"Ich versuche es weiter!", beschloss Shanora.
"Du hast die Verbindung also nicht unterbrochen?", frage Did erstaunt.
"Nein, natürlich nicht!", Shanora trank noch schnell ein Glas Wasser, "Ich dachte einer von euch war das!" Chruch und Did schüttelten den Kopf und schienen wirklich nichts damit zu tun zu haben.
"Aber wie ist das möglich?", fragte Shanora Did.
"Ich weiß es nicht Kind, die Verbindung scheint instabil zu sein, ich sagte ja, dass wir wohl nicht mehr viel Zeit haben!", antwortete die alte Frau.
Shanora nickte und legte ihre Hand wieder auf Lillets Stirn, diesmal wurde es noch chaotischer. Shanora sah Fetzen aus Erinnerungen, schnell und eher zusammenhangslos.
Lillet stand auf dem Balkon ihres Schlafgemachs als der Rabe hinter ihr erschien. "Der Lord aus dem Norden wird nie hier ankommen!", flüsterte er ihr ins Ohr. Lillet schmunzelte, ein Problem weniger.
"Ich könnte auch die anderen beseitigen!", der Rabe legte ihr die Hände auf die Schultern.
"Nein!", sagte Lillet entschlossen, "Ich will so wenige Opfer wie möglich!
Er nickte, schien aber nicht zufrieden mit ihrer Antwort.
"Wem gehörst du?", fragte er, sein Blick war ernst und beinahe bedrohlich.
Lillet aber schien keine Angst zu haben: "Ich gehöre nur mir, mit Leib und Seele!"
Die Erinnerung verblasste, alles um sie herum schien zu brennen. Lillets toter Körper lag auf dem Boden, durchbohrt von einer schwarzen Klinge.
"Hast du wirklich gedacht du könntest gewinnen!", die Stimme des Dunklen hallte durch die verbrannte Ebene. Der Rabe stand vor ihm, sein Blick voller Hass.
"Sie hat sich für dich geopfert...", der Dunkle grinste über beide Ohren, "Was ich alles mit ihrem Körper machen könnte! Außer du dienst mir, dann werde ich ihre Seele in Frieden lassen!"
Der Wirbel wurde extremer, Shanora sah nichts als Dunkelheit, bis eine Stimme sie zu rufen schien.
"Lillet, es wird Zeit für dich mir einen Nutzen zu bringen!", die Stimme des Dunklen, eindeutig. Aber er war es nicht, es war Finn. Zumindest auf den ersten Blick nach der Finsternis. Suma. Er hatte diese Rune auf Lilles Stirn platziert um sie von den Toten zurückzuholen. Der Plan seines Meisters war also noch vor dessen Wiederauferstehung in die Tat umgesetzt worden.
"Was, wo bin ich?", Lillet erhob sich von dem schwarzen Steinboden und starrte auf die graue Haut ihrer Hände. Vor ihr, auf dem Thron aus schwarzen Stahl, saß er.
"Deine Stimme...", Lillet betrachtete den alten Thronsaal, rote Absperrbänder deuteten darauf hin, dass es eher ein Museum sein sollte.
"Ist die deines Mörders?", Suma lachte auf, "Er wird bald zurückkehren. Bald wird die schwarze Krone wieder herrschen! Ich muss sicher stellen, dass die Feine der Krone unter Kontrolle sind. Also die, die ich nicht töten kann. Dein alter Freund, der Rabe... Nicht einmal meinem Treplew gelang es ihn aufzuspüren!"
Ein Lächeln kam über Lillets Lippen: "Also lebt er noch, das bedeutet, dass ich es geschafft habe!"
Suma fuhr sich gelangweilt durch sein langes blondes Haar: "Wenn du damit gemeint hast, dass du sinnlos gestorben bist und deine Zellen mit ins Grab genommen hast, ja! Aber jetzt wirst du mir dienen!"
Shanora kniff die Augen zusammen, ihr Kopf schmerzte höllisch. Sie konnte nichts mehr sehen, bloß noch hören.
"Du wirst der nächste Treplew sein!", hörte sie Ezras Stimme sagen.
"Deine Gedanken sind mein Eigentum, genau wie dein Körper!", sprach der Dunkle. "Töte den Eindringling!", ein Befehl von Suma.
"Du hast gut gekämpft, aber jetzt ist es an der Zeit wieder schlafen zu gehen!", hörte sie Finn sagen, "Was tot ist sollte auch tot bleiben, Lillet! Ich hoffe ich kann deinen Fluch brechen! Ich habe keine Zeit mehr, aber Shanora und Did werden dich befreien, sodass du zumindest selbst entscheiden kannst, was du tust!"
Dann sah sie sich selbst, wie sie in Lillets Erinnerungen kramte.
"Was denkst du, was du hier machst!", hörte sie Lillets wütende Stimme. Dann spürte sie, wie sie am Hals gepackt wurde.
Shanora riss die Augen auf, sie befand sich wieder im Labor, um sie herum herrschte Chaos. Lillet hatte sie am Hals gepackt und gegen die Wand gedrückt.
"Lass das Mädchen los!", hörte sie Dids verzweifelte Stimme hinter sich, "Church beeil dich!"
Shanora klammerte sich an Lillets Hand um nicht zu ersticken und starrte in das kalte Gesicht der Untoten.
"Das wirst du noch bereuen!", schrie Lillet sie an, "Warum denkt hier eigentlich jeder mit meinem Körper machen zu können, was er möchte?"
Church kam durch die Türe gestürmt und schien einen Moment zu brauchen um die Situation zu begreifen.
"Hey Dornröschen!", schrie er dann, "Ich habe deinem Gefährten ordentlich eine aufs Maul verpasst! Keine Ahnung, ob er das überlebt hat!"
Im ersten Augenblick fragte Shanora sich warum er das tat, als Lillet aber von ihr abließ und sich Church zuwandte sie. Natürlich wusste er, das sein Onkel noch lebte. Er wollte Lillet und ihren Zorn aber auf sich lenken, damit Shanora nichts passieren würde.
"Was sagst du da?", Lillets Augen blitzen auf, "Das war gelogen!"
Church grinste: "Schön das du mir jetzt zuhörst. Ich bin die Vertretung für den Mann, der dich hier herbringen ließ!"
Lillet schien sein Gesicht genau zu beobachten. Durch die ganzen Narben schien es ihr schwerer zu fallen etwas zu erkennen.
"Das war die Wahrheit!", sie sah sich nun um, "Wo ist hier? Und wie gelang es diesem Finn meinen Fluch zu brechen? Ich war ein willenloses Werkzeug, jetzt kann ich wieder klar denken!"
Church zuckte mit den Schultern: "Ich habe keine Ahnung! Aber wie du siehst gibt es keinen Grund uns anzugreifen! Sonst musst du nämlich an mir vorbei! Ich verteidige das, was mir am Herzen liegt!"
Lillet riss die Augen auf und betrachtete Church genauer: "Wenn all die Narben und Nähte nicht wären..."
Church verdrehte die Augen: "Wäre ich wunderschön?"
Lillet schüttelte den Kopf: "Nicht so etwas... Du bist das, oder? Einer der beiden kleinen Jungen? Was haben sie dir nur angetan?"
Church ballte seine Hände zu Fäusten und Verlies den Raum wieder, ohne ein weiteres Wort zu sagen.
"Was hat er?", Lillet sah verwirrt zu Shanora, die sich immer noch den Hals rieb.
Did näherte sich den beiden langsam: "Er wusste bis vor zwei Tagen nichts von seinem schwierigen Erbe. Er kommt damit nicht zurecht, noch nicht!"
Shanora hustete noch ein paar mal, dann funktionierte ihre Stimme auch wieder: "Ich bin Shanora! Das ist Did! Und Church hast du gerade erfolgreich wieder vertrieben!"
Lillet senkte ihren Blick: "Ich kann sehen, dass dich das wütend macht, und es tut mir leid! Ich wollte dich nicht angreifen, ich war nur verwirrt! Eigentlich sollte ich tot sein!"
Did seufzte: "Jemand der eines gewaltsamen Todes gestorben ist und dann für die Zwecke des Mörders auferstehen muss, dem wird ein trübes Schicksal auferlegt. Man bekommt dadurch nicht einfach einen Untoten, der zerfällt und wieder zu Erde wird mit der Zeit. Man bekommt einen rachsüchtigen Geist. Viel mehr Kraft, aber sehr schwer zu kontrollieren. Alles um dieses Wesen ist dazu verdammt zu verdorren. Und man sagt ihnen große Kräfte nach, sie selbst sollen allerlei Seuche über die Menschen bringen können!"
Shanora schauderte, Marbas war also nicht der einzige, der solche Kräfte hatte. Und aufgrund von Marbas wankelmütigem Charakter hatte Suma sich abgesichert. Wahrscheinlich auch um auf keinen Widerstand zu stoßen, schließlich benutzte er die Unterlande jetzt als Quelle seiner beinahe endlosen Armee.
"Du musst kein Mitleid mit mir haben!", unterbrach Lillet ihre Gedanken. Shanora fand die Augen der Elfe beinahe schon beängstigend. Aber klar, dass es ihr gelang in ihrem Gesicht zu lesen, wenn sie es selbst bei dem Raben geschafft hatte.
"Hast du je Gespräche gehört?", Church war zurückgekehrt, "Zwischen dem Dunklen, oder Suma und irgendwelchen anderen?"
Lillet überlegte: "Ein Name viel immer wieder! Alith, es ging wohl um ihren gemeinsamen Sohn!" Shanora wurde hellhörig, Finn hatte ihr schließlich aufgetragen den wahren Erben des schwarzen Throns zu finden. Ein Kind, welches nicht dem Reagenzglas entsprungen war.In dem wirklich 50 Prozent des Dunklen selbst steckte, ohne Zusätze von Fremden Genen und Zellen.
"Alith...", Did schien zu überlegen, "Ich habe keine Ahnung zu wem dieser Name gehören könnte!"
Shanora lächelte: "Das klingt nach einer Expedition in den neunten Kreis, ich wette dort kennt man diesen Namen!"
Church nickte zustimmend: "Aber diesmal wirst du keine Alleingänge durchziehen! Der Dunkle sucht ebenfalls nach seinem Sohn, wir müssen damit rechnen, dass wir viel Ärger bekommen!"
Shanora nickte: "Schick Marbas los, er soll ein Versteck für uns finden und Kyra soll ein Portal zwischen hier und dem Versteck aufrecht erhalten mit den Jägern. Und ich werde diesen Erben noch vor dem Dunklen finden! Ganz sicher!"
Did nickte: "Das klingt gut, ein Teil des Puzzles ist also ausfindig gemacht worden! Lillet sollte auf jeden Fall hier unten bleiben, solange der Verfall um sie unkontrollierbar ist!"
Shanora sank plötzlich auf die Knie, ihre Eingeweide schienen zu brennen: "Was ist das? Mein Körper, mir ist so heiß!"
Did seufzte und legte ihr schnell die Arme auf die Stelle, an der Lillet sie festgehalten hatte. "Ich bin kein guter Heiler, aber dafür sollte es reichen!", Did konzentrierte sich, und einen Moment später verschwanden die Symptome bei Shanora.
"Danke!", murmelte diese und erhob sich wieder, "Was war das?"
Did warf Lillet einen vielsagenden Blick zu: "Das war eine Krankheit, bricht extrem schnell aus und überträgt sich auf andere! Die Seuche der lebenden Toten!"
Lillet wirkte bestürzt: "Es tut mir Leid! Also verderbe ich alles, was ich berühre?"
Did zuckte mit den Schultern: "Das bleibt abzuwarten! Hier im Labor bleibt das Risiko allerdings kalkulierbar!"
Lillet nickte: "Dann werde ich hier bleiben!"