Peter hatte nicht gewusst, wie schnell eine Frau sein kann! Die Angst, er könnte sich aus dem Staub machen ließ sie die Treppe hinunter schweben. In Windeseile zog sie trockene Jeans an und trocknete am Händetrockner ihre Mähne so gut es ging. Aus Angst, alleine da zu stehen, lief sie aber gleich wieder hinauf zum Parkplatz, wo Peter nach wie vor in seinem SUV auf sie wartete. Wow! dachte Peter. Die ist ja richtig hübsch! Sofort lief sie auf ihn zu, so als wolle sie vermeiden, dass er doch noch ohne sie abfuhr. Er aber stieg aus und öffnete den Kofferraum. Sie legte ihre Tasche hinein und er nahm aus einer seiner Taschen eine Lederjacke. Er hängte sie über Ricardas Schultern, denn sie trug nur ein trockenes Shirt und dafür war es eindeutig zu kühl. Vorsichtig nahm er ihr langes schwarzes Haar und zog es aus dem Kragen, so dass es lässig über ihre Schultern fiel. Sie war angenehm überrascht, wie ihr zaghaftes Lächeln vermuten ließ. Peter drückte auf seinen Schlüssel, der ML blinkte einmal lang und signalisierte damit, dass er nun abgeschlossen war. "Ich freu mich schon auf einen heißen, starken Kaffee!" Er streckte ihr die Hand hin und sie nahm sie wie selbstverständlich, so dass sie Hand in Hand ins Bistro gingen. Peter wusste genau, wie man ihr die Scheu nehmen konnte. Er war gespannt auf ihre Geschichte. Sie setzten sich an einen kleinen Ecktisch, so dass sie sich fast gegenüber saßen. "Hast du Hunger?" fragte er. "Ehrlich gesagt ja." Sie hatten vorbereitete Sandwiches, aber Ricarda stellte keine großen Ansprüche. Sie hatte wohl seit dem Morgen noch nichts zu Essen gehabt. Peter genehmigte sich einen großen starken "Häferlkaffee und einen Krapfen dazu. Dann erzähl mal Ricarda. "OK! Aber ich fang mal damit an, warum ich pleite bin und keine Bleibe hab, damit du mich nicht für eine faule Göre hältst." Peter nickte. "Lass es raus, Baby!" scherzte er. Ricarda hatte sich wohl ein Wenig gefangen. "Ich komme eigentlich, wie du, aus Österreich und da wäre ich auch heute hin gefahren, zu meiner Mutter, wenn auch unfreiwillig, weil ich damals gegen ihren Willen nach Deutschland gegangen bin. Ich wollte eigentlich auf die Schauspielschule, aber die Realität hat mit den Träumen junger Mädchen leider nie viel gemein. Nachdem ich mir die Schule einfach nicht mehr leisten konnte, arbeitete ich als Büroangestellte, das hatte ich ja gelernt. Erst mehrere Jahre in München, später in einer Filiale in Stuttgart. Da war ich jetzt zum Schluss und da ich keine Wohnung gefunden hatte, wohnte ich im Haushalt meines Chefs zur Untermiete. Die letzten Löhne hab ich in die Kaution einer Wohnung gesteckt, die ich demnächst beziehen wollte. Letzte Nacht aber, als seine Frau schlief, schlich sich mein Chef (er hatte getrunken) zu mir ins Zimmer und wurde zudringlich. Ich hab mich natürlich mit Händen und Füssen gewehrt, die ganze Sache eskalierte und seine Frau zog ihn an den Haaren aus meinem Zimmer. An eine weitere Zusammenarbeit ist nicht zu denken, noch weniger daran, dort zu wohnen. Aber eine Pension kann ich ohne Geld auch nicht beziehen und an die Kaution für die Wohnung komm ich jetzt auch nicht ran..." Peter konnte nichts außergewöhnliches an ihrer Geschichte finden. "Und warum sollte ich dir das nicht glauben?" - "Das meinte ich nicht , Peter! Aber als ich dir erklären musste, dass ich keinen Job, kein Geld und keine Wohnung habe, da konntest du nicht wissen warum. Und ich bin sowieso eine Schisserin, weißt du. Ich hatte schon furchtbare Angst, als ich mich zu dir ins Auto setzte. Ich konnte ja nicht wissen, dass du so ein lieber Kerl bist. Du hättest ja auch so ein Arschloch sein können wie mein Chef... Und wenn du dir gesagt hättest: Mit der stimmt was nicht, die ist obdachlos und hat kein Geld und hättest mich zurückgelassen, dann wär ich total verzweifelt. Und ich weiß auch jetzt noch nicht wie es weitergeht..." - "Mach dir keine Gedanken, ich nehme dich erst mal mit zu mir." Ricarda sah ihn zweifelnd an. "Brauchst keine Angst zu haben, ich hab ein Gästezimmer, da kannst du dich einsperren, wenn du dich vor mir fürchtest." - "Ich hab keine Angst vor dir. Im Gegenteil, ich habe eher Angst davor, plötzlich ohne dich da zu stehn! Würdest du mich wirklich mit zu dir nehmen?" Sie schenkte ihm einen herzzerreißenden Blick. "Ja doch!" Aber was ist dir dann noch unglaubliches passiert?" - "Bitte versprich mir, dass du mir glauben wirst. Ich bin nicht verrückt und ich lüge dich nicht an. Ganz sicher nicht!"