Mit gemischten Gefühlen machte sich Irina auf den Heimweg. Zwar hatte sie nicht hinterfragen können, was der Grund für die "Beschlagnahme" der Fahrzeuge war, die Gefahr, von Kremer verraten zu werden schien aber gebannt. Dass sie Leonhard und Peter samt Ricarda eingeweiht hatte, wäre von russischer Seite als Hochverrat gewertet worden. Anders aber, wäre sie für immer ein geheimnisumwitterter, einsamer Mensch geblieben, dem man einfach nicht wirklich über den Weg traut. Über die Echtheit der neu gewonnenen Freunde hatte sie nicht den geringsten Zweifel und sie hatte es sich verdient, auch einmal glücklich zu werden. Mit einem liebenden Mann und richtigen Freunden. Der ganze Freundeskreis, würde sich mit der Zeit für sie öffnen, wenn die Leute erst merkten, dass Peter und Ricarda sie nun wirklich schätzten. Peters Meinung war für seine Freunde immer wichtig gewesen. Er war eigentlich der am meisten Respektierte unter ihren Bekannten. Und diese Ricarda war auch in Ordnung. Peter hatte noch gemeint, er freue sich darüber, dass es nun keine "Stutenbissigkeit" mehr zwischen ihnen gäbe. Was Kremer betraf, es war davon auszugehen, dass er Wort halten würde. Es machte sich einfach in seinem Einsatzbericht besser, wenn er ohne Zwischenfälle präzise seiner Aufgabe nachgekommen war. Als sie zu Hause angekommen war, wurde sie von Leonhard schon erwartet. "Und Liebes, wie ist es gelaufen?" fragte er besorgt. "Ich glaube gut, Schatz. Er durfte natürlich nicht über seinen Auftrag sprechen, das ist normal, auch wenn mein Dienstgrad höher ist als seiner. Wenn ich nicht in die Kommandosache involviert bin, darf ich sie auch nicht hinterfragen. Das hätte mich auch verdächtig gemacht. Aber er hat mir sein Wort als Offizier gegeben, über unser Aufeinandertreffen Stillschweigen zu bewahren. Schließlich hatte er sich viel zu weit vorgewagt. Andererseits war ihm sicher klar, dass er mir ebenso große Probleme machen hätte können. Wir haben uns darauf geeinigt, uns nie begegnet zu sein." - "Schön, Liebes! Ruf Peter an und sag ihm Bescheid, ich lass dir inzwischen ein Bad ein." - "Oh, wie lieb, Schatz! Kommst du zu mir in die Wanne?" - "Wenn du mich so fragst... Aber gerne doch!"
Ricarda bereitete gerade das Essen, als Peters Handy anschlug. Das Gespräch dauerte nicht lange. Er war sehr froh, dass Irina offenbar keine Gefahr mehr drohte, bedankte sich und beendete das Telefonat. "Alles gut Schatz! Irina und Kremer haben sich darauf geeinigt, sich gegenseitig nicht anzuschwärzen. Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus...!" - "Aber Peter, Irina ist keine Krähe!" - "So meinte ich das auch nicht, aber es freut mich, dass du sie in Schutz nimmst. Sie hat es verdient. Aber jetzt, mein Schatz, müssen wir wieder nach Vorne schauen! Sobald mein Bein es erlaubt, müssen wir deine Sachen aus Deutschland holen, den Mietvertrag stornieren und zusehen, dass du zu deinem Geld kommst. Außerdem müssen wir dich polizeilich bei mir melden. Und wir müssen darüber nachdenken, ob du bei mir in die "Firma" einsteigen und meine Buchhaltung machen willst, oder ob du dir eine andere Arbeit suchen möchtest. Und schließlich frage ich mich, ob du den Golf jemals wiedersehen wirst." Ricarda, die am Herd gestanden hatte, drehte sich zu Peter um. "Oh, Peter, daran hab ich überhaupt nicht mehr gedacht. Nicht an alles davon meine ich. Da wird mir ganz anders!" - "Ganz ruhig, Ricarda, wir werden das in Ruhe gemeinsam überlegen. Wir habens nicht eilig. Wir haben uns! Das ist es, was zählt!"