"Rufen wir mal den ADAC." meinte Peter. "Ich sagte ja, Peter, jetzt wird es schwierig! Ich bin nicht beim ADAC und ich kann auch keinen anderen Abschleppdienst rufen! Mein gesamtes Vermögen beläuft sich zur Zeit auf zweiundvierzig Euro und einen vierjährigen vollgetankten Golf, der nicht mehr funktioniert und offen gestanden bin ich seit heute Abend praktisch obdachlos. So jetzt ist es heraußen und jetzt käme erst die haarsträubende Geschichte, die sie vermutlich gar nicht mehr hören wollen, nur bitte, bitte lassen sie mich nicht hier im Regen stehen!" Peter spürte, dass er Ricarda jetzt nicht einfach im Stich lassen durfte. "Sie wissen grad nicht weiter, Ricarda! Nicht weinen, Mädchen! Jetzt fahren wir mal zur nächsten Raststätte und kaufen uns einen Kaffee. Haben sie trockene Sachen?" - "Sie nickte und schluckte die Tränen hinunter "Im Auto..." - "Dann müssen sie leider nochmal raus!" Sie schaute ihm in die Augen. "Fahren sie los, wenn ich ausgestiegen bin?" - "Ganz sicher nicht, Ricarda! Sie müssen mir doch erst die ganze Wahrheit erzählen. Vorsichtig wischte er ihr mit dem Daumen eine Träne von der Wange. Keine Angst, Ich warte wirklich auf dich Mädchen, aber du musst dich in der Raststätte umziehen, sonst holst du dir den Tod. Und dann erzählst du mir alles und dann werden wir schon eine Lösung finden!" - "Für mich gibt es keine Lösung..." - "Na komm schon Ricarda, hol deine Sachen, dann fahren wir, ok?" Sie zögerte. "Ok! Bitte lass mich nicht allein!" Ängstlich verließ sie nochmals Peters Wagen, um eine Reisetasche aus dem Golf zu bergen. Auf was, fragte sich Peter, hab ich mich da nur wieder eingelassen? Immer wieder drehte sie sich um, offenbar von der Angst beseelt, Peter könnte ohne sie weiterfahren. Der jedoch war schon zu tief in die Geschichte verwickelt, um jetzt noch auszusteigen. Er wollte jetzt schon ihre ganze Geschichte hören. Außerdem brachte er es nicht fertig, die hübsche junge Frau ihrem Schicksal zu überlassen. Endlich saß sie wieder auf dem Beifahrersitz. "Alles gut?" fragte Peter. Sie nickte und versuchte ein Lächeln. Peter legte den Gang ein und beschleunigte auf die Fahrspur. Der Mercedes ließ ein angenehmes Schnurren vernehmen, ruckelte beängstigend beim passieren von Ricardas Golf und beschleunigte dann ruckfrei und seidenweich auf ein moderates Tempo, da der Regen nach wie vor keine hohe Geschwindigkeit zuließ. Es war kaum möglich, sich zu unterhalten, da Peter sich wirklich konzentrieren musste. Sie befanden sich nun irgendwo zwischen München und Salzburg und es wären noch über hundert Kilometer zu Peters Haus gewesen, also wollte er unbedingt vorher eine Raststätte anlaufen, damit Ricarda sich trockene Sachen anziehen konnte und er brauchte auch dringend einen starken Kaffee. Als er endlich zur Raststätte abbog, sah man Ricarda ihre Angst förmlich an. Sie fürchtete wohl, nach dem Umziehen ohne Geld und ohne Unterkunft wieder alleine da zu stehen. In Wirklichkeit aber, bestand nicht die geringste Gefahr. Peter fühlte sich beinahe ein wenig verantwortlich für sie und hätte sie nie zurückgelassen... Peter parkte in Sichtweite der Damentoilette und nahm aus dem Aschenbecher ein paar Euromünzen. Er drückte sie Ricarda in die Hand und sagte: Geh und zieh dich um. Ich warte hier im Auto auf dich. Wenn du fertig bist, gehen wir gemeinsam einen Kaffee trinken. Ricarda fiel es sichtlich schwer, auszusteigen. "Schau mich an, Mädchen! Würde ich dich belügen? Glaubst du das?" Schließlich schüttelte sie den Kopf und stieg aus. Trotzdem schaute sie mehrfach zurück auf dem Weg in die Toilette. Peter schaltete das Licht aus und stellte den Motor ab, um ihr zu suggerieren, dass er sicher auf sie warten würde. Was hätte dieses Würstchen wohl getan, wenn ich nicht zufällig des Weges gekommen wäre? Dachte er.