Ricarda war schon das Eine oder Andere Mal vornehm Essen gewesen, aber der Abend im Felsenkeller schlug alles. Serviert wurde ein siebengängiges Menü mit allen erdenklichen Gaumenfreuden von Lachs über Trüffel, irgendwo dazwischen Carpacho vom Rind, Melonen, alles in kleinen, feinen Mengen, die vermieden, dass man den nächsten Gang verweigern musste. Schlicht perfekt! Die Rechnung würden beide, Rupert sei Dank, nie zu Gesicht bekommen...
"Du musst dir vorstellen, Ricarda, ich geh manchmal hierher und bestell mir eine "Essigwurst!" Kennst du die. So was ganz Bodenständiges, Normales. Rupert und der Chefkoch haben mir noch nie seit wir uns kennen einen Wunsch abgeschlagen. Und wir kennen uns schon lange!" grinste Peter, der den Abend mit ihr sichtlich genoss! Verliebt sah er sie an. "Du bist wunderschön, mein Liebling! Mit dir bin ich heute der Star in meinem Stammlokal! Alle meine Bekannten beneiden mich um dich" - "Aber die Blonde Frau von deinem Geschäftsfreund schaut doch besser aus als ich!" - "Erstens nein und zweitens hast du etwas, das diese Frau nie haben wird: Herz und Klasse! Beides ist Irina fremd. Sie würde ihren Freund auf der Stelle mit mir betrügen, wenn ich das wollte!" Ricarda hätte sich bald verschluckt. "Wie bitte?" Peter wusste, dass er Ricarda nun reinen Wein einschenken musste. "Ich kannte Irina schon vor Leonhard. Sie war vor Jahren mit einem mir unsympathischen (möglicherweise kriminellen) Typen von Weißrussland hierher gekommen. Der Mann verschwand irgendwann und wurde nie mehr gesehen. Die ganze Single-Männerwelt war plötzlich hinter Irina her. Nur mich hatte immer etwas an ihr gestört. Ich hielt sie nie für vertrauenswürdig. Frag mich nicht warum, ich hab ihr einfach nie getraut. Sie wollte das einfach nicht wahrhaben und sie versucht heute noch, mich zu verführen, wenn sich die kleinste Gelegenheit dazu ergibt. Sie macht auch kein Hehl daraus, dass sie auf mich steht, nicht einmal vor Leonhard, der mich sehr schätzt und nicht weiß, wie er damit umgehen soll. Ich habe ihm aber einmal erklärt, dass zumindest ich, ihn niemals hintergehen würde, weil ich sicher nicht mit der Frau eines Freundes schlafen werde und sei sie noch so schön! Das ist eine Charakterfrage!" Ricarda war irritiert. "Und?" - "Gerade letzte Woche rief sie mich an, sie hätte die Pläne von Leonhards neuem Projekt im Auto und wolle sie mir zeigen. Ob ich nicht ein Bisschen Zeit erübrigen könnte für sie. "Der alten Zeiten wegen" meinte sie. Sie wolle die Pläne allein mit mir einsehen, wenn ich verstünde, was sie meine..." - "Peter? Ich... darf ich dich was fragen?" - "Ich hatte nie was mit ihr, wenn es das ist, was du wissen willst und es wird auch nie dazu kommen. Außerdem hab ich eine Freundin die noch schöner ist, und Klasse hat! Und von der ich annehme, dass sie Irinas Verhalten auch für krank hält!" - "Ich würde dich am liebsten jetzt gleich vernaschen Peter! Ich liebe dich!" - "Ich liebe dich auch, Kleines!"
Die beiden waren sich einig, jetzt nach Hause zu gehen. Also erhoben sie sich und wollten sich noch bei Rupert bedanken, als Johann erschien und erklärte, dass Leonhard sie gerne an seinen Tisch einladen würde auf einen kleinen Verdauungsschluck. Peter hatte nicht die geringste Lust dazu, aber er wollte seinen Geschäftsfreund auch nicht beleidigen, was er Ricarda genauso erklärte. Sie konnte das verstehen und war wohl auch neugierig auf Irina. Also gingen sie Hand in Hand auf Leonhards Tisch zu. Man stellte sich kurz vor und die Beiden setzten sich an den Tisch. "Mensch Peter wir sitzen hier in Gesellschaft der beiden schönsten Frauen. Sind wir nicht zwei Glückskinder?" - "Allerdings, Leonhard! Aber wirklich nur für einen ganz kleinen Absacker! Wir hatten gestern Nacht eine schreckliche Fahrt von Stuttgart runter und sollten wenigstens heute vor Mitternacht ins Bett." Irina musterte Ricarda mit einem beinahe verächtlichem Blick. "Mit einem Schnuckelchen wie dir wäre ich um zehn schon im Bett, mein lieber Peter." - "So schmeichelhaft das auch sein mag, meine schöne Irina, dazu wird es, fürchte ich, nie kommen! Meine geliebte Ricarda würde dafür wohl ähnlich wenig Verständnis aufbringen wie mein Freund Leonhard." - "Lässt du dir alles vorschreiben, Peter?" - "Nur von Menschen, die mir was bedeuten, Irina!" Der Drink, den Leonhard schon geordert hatte, wurde gebracht. Sie stießen an! "Noch ist nicht aller Tage Abend, Peter. Jäger werden besser, wenn das Wild zu flüchten sucht..." Irina war es scheißegal, dass eine peinliche Pause entstand! "Lass uns gehen, Peter!" flüsterte Ricarda, die nahe daran war, die Beherrschung zu verlieren. Peter stand auf und nickte seinen Gastgebern zu. "Leonhard, Irina, Gute Nacht!" Leonhard, dem die ganze Sache peinlich war, stand auf und verabschiedete sich von Ricarda. "Entschuldigen sie bitte, Ricarda" sagte er noch, "Irina hat einen oft peinlichen Humor." Die beiden Frauen jedoch würdigten sich keines Blickes mehr...