"Ich hab mir gedacht, ich greife lieber nichts an, Chef." - "Das hast du gut gemacht Toni!" Gernot folgte dem Lehrling hinaus auf den Hof. Ein alter abgefahrener Reifen lag da, neben einer rostigen Stahlfelge. Gleich daneben lagen eine kleine Digitalkamera und eine Herrenuhr. Vorsichtig, als könnte sie heiß sein, hob Gernot die Uhr, einen teuren Fliegerchronometer auf. Am Armband fehlte der Stift, aber die Uhr lief. "Toni, der Soldat gestern, der hatte doch auch so eine, oder?" - "Genau so Eine. Eine Breitling nämlich, da kenne ich mich aus und er hatte auch genau die gleiche Kamera, aber ich weiß genau, dass da nichts liegengeblieben ist! Ich hab nämlich noch auf die Bodenplatte geschaut und auf den Boden, weil ich keinen Zehner Gabel-Ring mehr habe und ich habe gehofft, dass die Schlüssel wieder auftauchen würden!" Gernot steckte die Uhr ein und widmete sich nun der Kamera. "Keine Angst, Toni, wenn die Uhr kein Beweisstück wird und sich keiner meldet, dann kriegst du sie schon und auch die Kamera. Aber erst müssen wir das klären, ok?" - "Wie sie meinen, Meister." Gernot sah sich die Kamera an. Es war eine kleine Nikon. Nichts Aussergewöhnliches, aber eine durchaus akzeptable kleinformatige Digitalkamera. Als er sie einschaltete, blinkte kurz eine Leuchtdiode auf und erlosch sofort wieder. Kein Strom mehr. Er würde sie an den PC anhängen mit dem kleinen USB-Stecker würde sie schon laden. "Toni, bring den Reifen und die Felge bitte in den Schuppen, damit sie nicht irrtümlich entsorgt werden. Und dann gehst du zum Sepp in die Werkzeugausgabe und holst dir ein paar neue Schlüssel. Ich habs erlaubt, sag ihm! Ich geh mal und ruf meinen Freund mit dem ML an." - "Ist gut, Chef!"
Ricarda und Peter hatten die Zweisamkeit der Nacht genossen und lagen verschmust beieinander. "Ich hab dir ja gesagt, dein Bein brauchen wir dazu nicht!" Triumphierte Ricarda, die Peter verwöhnt hatte. Sie lag mit dem Kopf auf Peters Schulter und spielte mit seinen Brusthaaren. Sie genossen die wiedergewonnene körperliche Nähe, die sie so vermisst hatten. Normalerweise hätte Peter jetzt Frühstück gemacht, aber durch seine Verletzung übernahm das Ricarda. Peter gefiel es gut, wie sie sich in den Haushalt einbrachte. Er war zwar kein schlechter Hausmann, aber man konnte an gewissen Kleinigkeiten erkennen, dass jetzt eine Frau die Hand im Spiel hatte. Viele kleine Dinge waren einfach liebevoller arrangiert, alles war sauber, die Böden gesaugt. "Du bist ein tolles Mädchen, weißt du das?" - "Hauptsache du weißt es, Liebling." kam ihre Stimme aus dem Bad. Peter humpelte in die Küche und wartete geduldig auf sie. Da kam Gernots Anruf.
"Ich kann nur sagen, das der Offizier gestern ebenfalls eine Breitling trug und eine kleine Nikon dabei hatte, genau die Selbe. Toni hats auch bemerkt und er hat auch kontrolliert, dass der Platz nach dem Abtransport leer war! Ich glaub dem Jungen. Er hätte mir das Zurückbleiben der Gegenstände sofort gemeldet, so wie er heute auch sofort seinen Fund gemeldet hat. Der ist in Ordnung der Bursche.!"
- "Daran habe ich nicht den geringsten Zweifel, Gernot! Hast du die Nikon schon an USB angeschlossen. Oder möchtest du damit zu mir kommen, da können wir sie auf einen alten Rechner hängen. Du weißt ja, was passiert, wenn deine EDV versagt." - "Ohjah! Das ist eine gute Idee Peter! Wann darf ich kommen?" - "Am Besten gleich. Ich sag Ricarda noch, dass wir einen Gast zum Frühstück haben, ok?" - "Super! Aber macht euch keine Umstände. Ich hab eigentlich schon gefrühstückt..." Nach einer knappen Viertelstunde läutete es. Ricarda öffnete ihm und begleitete ihn herein. "Entschuldige bitte, dass es so aussieht, wir sind eben erst aufgestanden und ich hatte nicht mit Besuch gerechnet. Aber ich hab für dich auch aufgetragen!" Sie deutete einladend auf einen der Sessel, vor dem für ihn gedeckt war. "Ich bitte dich, Ricarda, du solltest dir doch keine Umstände machen! Ich bin nur so neugierig, ob dein Computerfuzzie da was rauskriegt. Das ist nicht Jedermanns Sache, aber dein Peter ist Spezialist für solche Dinge." Peter humpelte mit einem weinroten Laptop herein. Es war einer seiner "Alten", man konnte aber davon ausgehen, dass der immer noch mehr konnte, als so mancher Neue. Peter stellte seine Hardware immer selbst zusammen. Seine Software war zu kostbar, um wegen eines Hardwarefehlers verloren zu gehen. "Guten Morgen, mein Freund! Lass mal sehen!" begrüßte er Gernot.
Sie setzten sich an den Tisch und Peter ließ nebenbei das Laptop booten die kleine Kamera hatte er mit einem Datenkabel angeschlossen. Ricarda schenkte allen Kaffee ein und sie begannen ganz zwanglos zu frühstücken. Ab und zu klopfte Peter ein paar Befehle in die Tastatur."Es sind achtunddreißig Dateien auf der SD-Karte und sieben auf dem Gerätespeicher." las er nebenbei vom Bildschirm ab. Er drückte ein Paar Tasten. Plötzlich stutzte er. Mit einem Klingeln auf dem Teller legte er das Messer aus der Hand und bediente nun mit beiden Händen die Tastatur. Ricarda und Gernot waren auf sein Verhalten aufmerksam geworden und sahen ihn fragend an. "Heilige Scheiße! Leute, wenn es rauskommt, dass wir im Besitz dieser Kamera sind, ist das unser Todesurteil..."