"Ich halte dich für ein durchaus vernunftbegabtes Wesen. Warum solltest du mich anlügen? Du würdest nichts dabei gewinnen. Also, erzähl!" Ricarda schien sich wohl zu fühlen in Peters Gegenwart, sie war aufgetaut. "Na gut!" meinte sie, "Ich hoffe du hältst mich nacher auch noch für Vernunftbegabt. Ich hab nach dem unschönen Erlebnis nur schnell eine Reisetasche mit dem Wichtigsten befüllt und bin sofort abgehauen. Meinen Golf hab ich noch aufgetankt mit dem letzten Bargeld bis auf die besagten zweiundvierzig Euro und dreizehn Cent und dann hoffte ich, es heute Nacht bis zu meiner Mutter zu schaffen, die in Oberösterreich lebt. Es ging alles so schnell, ich hatte überhaupt keine Zeit nachzudenken. Ich wusste nur: Der Bankomat spuckt nichts mehr aus, ich weiß nicht wo ich schlafen soll, Ins Büro kehr ich sicher nicht zurück, also würde ich wohl meinen Stolz über Bord werfen müssen und bei meiner Mutter ankriechen." Wieder lief eine Träne über ihr Gesicht. Peter nahm seine unbenützte Serviette und tupfte sie weg. "Alles wird gut, Kleines, du weißt ja jetzt, dass ich dich nicht im Stich lasse!" Er nahm ihre Hand und ermunterte sie, weiter zu erzählen. "Weißt du, Peter, meine Mutter und ich, wir hatten nie ein gutes Verhältnis zueinander. Und als sie nach Papas Tod bald einen Neuen einziehen ließ, wurde es noch schlechter! Ich mußte daheim bei ihr Miete zahlen, darum war sie auch sauer, als ich nach München ging, weil ihr das Geld knapp wurde. Sie prophezeihte mir, dass ich bald wieder angekrochen käme, pleite und obdachlos! Das waren ihre Worte: Pleite und obdachlos!" Nun schluchzte sie. Jetzt tat sie Peter richtig leid. Er legte seinen Arm um sie und sie lehnte sich an seine Schulter. "Beruhige dich Ricarda, du mußt nicht zu ihr. Ich helfe dir und morgen sieht die Welt ganz anders aus." Sie nam seine Serviette und schneuzte sich. "Entschuldige bitte, ich bin so eine Heulsuse! Also ich fuhr dann auf die Autobahn und war vielleicht zwei Stunden unterwegs, da hatte ich das Gefühl, dass etwas über mir herflog. Scheisse, ich weiß nicht, wie ich dir das erklären soll. Ich habs nicht gesehn, verstehst du? Mehr gefühlt! Mehr gefühlt als ob da was über meinem Auto schweben würde oder irgendwie, irgendwie da sein würde! Unheimlich einfach! Ich kann es einfach nicht so sagen, wie ich es fühlte. Es wurde irgendwie ganz eng um meine Brust. Ich bekam kaum noch Luft. All die Lichter, die normal auf der Autobahn sind, die beleuchteten Schilder, Wegweiser, alle Lichter gingen aus, wenn ich ihnen näherkam. Meine Scheinwerfer leuchteten fast gar nicht mehr. Dann fing der Motor an zu stottern und blieb schließlich stehen. Alle Lichter gingen langsam aus und es wurde totenstill. Ich hatte das Gefühl, in einem überdimensionalen Sarg zu sitzen..." Sie lehnte sich ein Wenig zurück und sah Peter ins Gesicht. "Du wirst dir denken, dass ich in eine Anstalt gehöre, was?" - "Nein. Ich weiß nicht was da passiert ist und ich weiß auch nicht, wie so etwas passieren kann, aber ich kann spüren, dass du mich nicht belügst. Zumindest hast du das alles so erlebt, wie du es geschildert hast." Ricarda schaute Peter ungläubig an "Du glaubst mir?" - "Ich glaub jetzt nicht unbedingt, dass dich ein UFO angesaugt hat, aber das hast du auch nicht behauptet! Du hast mir geschildert, wie du das alles empfunden hast und davon glaub ich jedes Wort. Denn deine Erregung, diese tief empfundene Angst, könntest du mir so nicht vorspielen. Auch nicht, wenn du auf dieser Schauspielschule geblieben wärst..."