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Weitverbreitet und die giftigste Pflanzenart Europas. Der bloße Kontakt kann zum Tod führen, als Pfeilgift erst recht.
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Von wem wurde Eisenhut verwendet?
Eisenhut-Gift wurde in verschiedenen Regionen als Pfeilgift eingesetzt, darunter im (alten) China, in Indien, von „den Kelten“ und im antiken Griechenland. Berichten zur Folge wurde Eisenhut im Krieg verwendet.
Die Pflanze ist in Europa, Asien und Amerika verbreitet und gilt als die giftigste Pflanzenart Europas. Vor allem der „blaue Eisenhut“ wird in der Literatur als äußerst giftig hervorgehoben.
Woraus wird das Gift gewonnen?
Sämtliche Pflanzenteile des Eisenhuts sind giftig.
Als Pfeilgift soll (in Europa) vornehmlich der blaue Eisenhut Verwendung gefunden haben. Häufig wurde das Gift aus der Wurzel gewonnen.
Zur Herstellung des Pfeilgiftes wurde zunächst die Wurzel ausgegraben und (je nach Rezept) ein paar Tage in feuchter Umgebung gelagert. Danach wurde die Wurzel – ggf. unter Zugabe von etwas Wasser – ausgepresst. Mit diesem Saft wurde die Pfeilspitze bestrichen.
Eine andere Art der Herstellung war das Auskochen der Wurzel mit Wasser. Das Resultat war eine hochgiftige, zähflüssige Masse, mit der die Pfeilspitzen eingerieben wurden.
Überlieferte Rezepturen
Von den Ainu aus Japan ist die folgende Vorgehensweise überliefert: Im Frühling wurden die Wurzeln des Eisenhuts ausgegraben, geschält und in der Sonne getrocknet. Danach wurde die Wurzel zwischen zwei Steinen zu Puder vermahlen. Dazu kam Wasser und die Gallenblasen von Füchsen; die Mischung wurde so lange eingekocht, bis sie sich halbiert hatte. Die Flüssigkeit wurde abgesiebt bzw. gefiltert und dann getrocknet, bis das Gift eine breiige Konsistenz (engl. „pulpy consistency“) hatte. Diesem Brei wurde etwas Wasser und vermahlene Giftspinnen beigemengt, die Mischung wurde nochmals eingekocht, bis sie eine gummiartige, klebrige Kosistenz (engl. „gummy consistency“) hatte. Das Gift konnte jetzt direkt auf die Pfeilspitzen aufgetragen werden; einige Giftmischer vergruben das Gift noch für ein paar Tage in der Erde.
Das Gift wurde getestet, indem ein wenig davon auf die Zunge aufgetragen wurde. Trat darauf sofort eine prickelnde, betäubende Wirkung im Mund ein, war das Gift gut.
(Originaltext siehe Quelle [21], Seite 22)
Von Kodiak Island wurde im 18. Jahrhundert das folgende Rezept aufgeschrieben. Das Gift wurde zum Walfang eingesetzt; ein einziger Treffer mit einer so vergifteten Harpune reichte aus:
Die Wurzeln der Eisenhut-Pflanze werden ausgegraben, getrocknet und zerstampft oder grob zermahlen. Auf die Wurzeln wird Wasser gegossen und alles an einem warmen Ort aufbewahrt, bis es fermentiert ist. Mit diesem Gemisch werden die Pfeilspitzen eingerieben.
(Originaltext siehe Quelle [21], Seite 10)
Wie wirkt das Gift?
Vergiftungssymptome treten sehr schnell auf, bereits nach wenigen Minuten.
Wie lange es braucht, bis der Tod eintritt, wird unterschiedlich beschrieben. Die Bandbreite liegt von mehreren „qualvollen Stunden“ [13] bis zu einer halben bis drei Stunden [8 und 18], zwanzig Minuten oder länger [15] bis zu der Angabe, größere Dosen wirken fast sofort tödlich [6, allerdings mit dem Hinweis, dass ein Beleg fehlt].
Schlussendlich führt Eisenhut – auch bei oraler Einnahme – zu Herzversagen (Herzrhythmusstörungen) und Atemstillstand.
Die Symptome beginnen mit einem Kribbeln auf der Haut (ggf. auch Nesselausschlag), gefolgt von Lähmungen im Gesicht und unerträglichem Kältegefühl („Eiswasser in den Blutgefäßen“ und Eiseskälte im gesamten Körper). Mitunter wird die Haut kalt, blassfahl und marmoriert; der Mund fühlt sich trocken an. Dem folgt Gefühllosigkeit, Lähmungserscheinungen in Armen und Beinen, erschwerte Atmung, Schwindel, Ohrensausen, Sabbern, Erbrechen und Durchfall. Schlussendlich tritt der Tod durch Herzstillstand und Atemstillstand ein.
Bewusstlosigkeit setzt 10-15 Sekunden nach dem Kreislaufstillstand ein, nach 30-60 Sekunden kommt es zum Atemstillstand.
Die vergiftete Person bleibt bis zum Schluss bei Bewusstsein. Berichtet wird von sehr starken Schmerzen.
Was passiert im Körper?
Einer der Haupt-Wirkstoffe des Eisenhuts ist Aconitin.
Aconitin wirkt primär auf das Nervensystem und den Herzmuskel. Es setzt sich auf den Aconition-Rezeptor (eine Art Andockstelle) der Zellen und öffnet den Kanal für Natrium-Ionen; die Natrium-Konzentration in den Nervenzellen steigt.
Beim Nervensystem hat das Gift zunächst eine erregende Wirkung, später führt es zur Lähmung des zentralen Nervensystems. Beim Herzen bewirkt Aconitin, dass zunächst mehr Blut auf einmal durch den Körper gepumpt werden kann, später kommt es zu Herzrhythmusstörungen.
Der Tod tritt durch Herzrhythmusstörungen, Asystolie (Ausbleiben elektrischer und mechanischer Herzaktionen) und einer Lähmung des Herzens ein, dazu kommt noch die Lähmung des Atemzentrums im Gehirn.
Ab wann ist Eisenhut tödlich (Dosis)?
Der Verzehr von einigen wenigen Gramm Eisenhut ist tödlich. Zwei Gramm von der Wurzel des „Blauen Eisenhuts“ sind tödlich, ab 0,2 Gramm der Wurzel treten Vergiftungserscheinungen auf.
Der Hautkontakt mit der Pflanze (häufig mit den Blüten) kann bereits tödlich sein. Dies gilt vor allem für Kinder, aber auch für Erwachsene.
Der Haupt-Wirkstoff (Aconitin) ist bei 0,166mg pro Kilogramm Körpergewicht tödlich (Kennzahl: LD50).
Es scheint, dass es in früheren Zeiten kein Gegenmittel für Eisenhut-Vergiftungen gab.
Anekdoten und Wissenswertes
Die alten Chinesen entwickelten im 7. Jahrhundert v.Chr. eine Rauchbombe, die zu Puder vermahlene Eisenhutwurzel als Bestandteil hatte. Die weiteren Bestandteile waren Kroton-Bohnen (Hautreizungen, abführend), Arsen (nach zwei Stunden: Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, ggf. Tod), Hanf (Halluzinationen), Ölkäfer (Irritationen, Bläschenbildung, Umwohlsein bis hin zu Organversagen), Schwefel (Irritation von Lungen, Augen, Haut, ggf. verschwommenes Sehen), Holzkohle und Harz.
Eisenhut-Gift wurde unter anderem zur Wolfsjagd (ggf. mit Eisenhut-vergifteten Ködern), in Japan zur Bärenjagd und zur Jagd auf sibirische Steinböcke verwendet.
Bei der Bärenjagd der Ainu (Japan) wird berichtet, dass die Bären binnen weniger Stunden sterben, wenn sie von einem Giftpfeil getroffen werden.
Wie das Pfeilgift bei den Ainu (Japan) hergestellt wurde, war nur wenigen (Männern) bekannt. Diese stellten das Gift unter Geheimhaltung her (engl. Original: „with much secrecy and formality“).
Eisenhut und Krieg: „ The hymns of the Rig Veda and Atharva Veda (1200-900 BC) show that poisoned arrows were used in war, and that the tubers of Aconitum were the major poison source.“ (Zitat von [1]).
Übersetzt: „Die Hymnen von Rig Veda und Aharva Veda (1200-900 v.Chr.) zeigen, dass vergiftete Pfeile im Krieg verwendet wurden und dass die Knollen des Eisenhuts die wichtigste Giftquelle waren.“
Meine Recherche hat nicht ergeben, ob Fingerhut durch Hitze vollständig zerstört wird. Sprich: es könnte sein, dass mit Eisenhut erlegte Beute selbst giftig war, evtl. konnte dies umgangen werden, indem das Fleisch um die Wunde weggeschnitten wurde.
Quellen
[1] „Information Resources in Toxicology“, 4th Edition; Philip Wexler et al.; 2009
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Eisenhut – aufgerufen am 09.02.2020
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Aconitin – aufgerufen am 09.02.2020
[4] http://www.gizbonn.de/263.0.html – aufgerufen am 09.02.2020
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Blauer_Eisenhut – aufgerufen am 09.02.2020
[6] https://en.wikipedia.org/wiki/Aconitum_napellus – aufgerufen am 09.02.2020
[7] https://de.wikipedia.org/wiki/Asystolie – aufgerufen am 09.02.2020
[8] https://www.allgemeinarzt-online.de/a/giftpflanze-mit-krimineller-vergangenheit-1726955 – aufgerufen am 09.02.2020
[9] https://de.wikipedia.org/wiki/Membranpotential – aufgerufen am 09.02.2020
[10] https://de.wikipedia.org/wiki/Repolarisation – aufgerufen am 09.02.2020
[11] https://de.wikipedia.org/wiki/Nervenzelle – aufgerufen am 09.02.2020
[12] https://de.wikipedia.org/wiki/Inotropie – aufgerufen am 09.02.2020
[13] https://www.pharmawiki.ch/wiki/index.php?wiki=Blauer_Eisenhut – aufgerufen am 09.02.2020
[14] „Greek Fire, Poison Arrows and Scorpion Bombs“; Adrienne Mayor; 2009
[15] https://www.phytodoc.de/heilpflanzen/eisenhut – aufgerufen am 09.02.2020
[16] https://groups.google.com/forum/#!topic/de.alt.technik.waffen/nK5nq3bPkJg – aufgerufen am 09.02.2020
[17] https://de.wikipedia.org/wiki/Kreislaufstillstand – aufgerufen am 10.02.2020
[18] http://www.gifte.de/Giftpflanzen/Laien/eisenhut.htm – aufgerufen am 09.02.2020
[19] https://www.kampfkunst-board.info/forum/showthread.php?141569-Pfeilgifte-Mythos-oder-nicht/page3 – aufgerufen am 09.02.2020
[20] https://en.wikipedia.org/wiki/Arrow_poison – aufgerufen am 08.02.2020
[21] „Poison Arrows – North American Indian Hunting and Warfare“; David E. Jones; 2007 (teilweise frei verfügbar: https://books.google.de/books?id=m2v8akdyZfwC – aufgerufen am 11.02.2020)
[22] „Dangerous Garden: The Quest for Plants to Change Our Lives“; David Stuart; 2004; (teilweise frei verfügbar: https://books.google.de/books?id=Ze0n0yeqsXUC&printsec=frontcover&hl=de#v=onepage&q&f=false – aufgerufen am 11.02.2020)
[A1] https://en.wikipedia.org/wiki/Codiaeum_variegatum – aufgerufen am 09.02.2020
[A2] https://www.onmeda.de/naehrstoffe/arsen-arsenvergiftung-3435-4.html – aufgerufen am 09.02.2020
[A3] https://en.wikipedia.org/wiki/Blister_beetle – aufgerufen am 09.02.2020
[A4] https://en.wikipedia.org/wiki/Spanish_fly – aufgerufen am 09.02.2020
[A5] http://npic.orst.edu/factsheets/sulfurgen.html – aufgerufen am 09.02.2020