~*~
Schöne Augen, süße Beeren und ein tödliches Pfeilgift.
~*~
Von wem wurde Tollkirsche als Pfeilgift verwendet?
Das Gift wurde u.a. in Europa als Pfeilgift verwendet. Die Pflanze wurde bereits in der Steinzeit als Pfeilgift verwendet.
Woraus wird das Gift gewonnen?
Das Gift wird aus dem Nachtschattegewächs Tollkirsche (Atropa Belladonna) gewonnen. Die Giftstoffe sind in allen Pflanzenteilen zu finden, die Wurzel enthält die größte Giftkonzentration.
Vom (alt-)römischen Militär wurde Jahrhundertelang eine Paste aus Tollkirsche hergestellt, welche auf Pfeilspitzen aufgetragen wurde.
Wie wirkt das Gift?
Das Gift verursacht Schwindel, starke Unruhe und Bewegungsdrang, ggf. Halluzinationen und Sehbeschwerden (kein scharfes Sehen in der Nähe), führt zum Koma und schließlich zum Tod.
Laut einem Bericht tötet ein Pfeil mit Tollkirschengift „sofort“.
Wird Tollkirsche gegessen, treten nach etwa 15 Minuten erste Vergiftungserscheinungen auf. Überlebt man eine Vegiftung mit Tollkirsche, können in den darauf folgenden Wochen immer noch Sehbeschwerden auftreten.
Was passiert im Körper?
Die Beere der Pflanze enthält mehrere toxische Wirkstoffe: Hyoscyamin, Scopolamin und Atropin (welches beim Trocknen oder dem Herstellen eines Extrakts (?) entsteht).
Atropin besetzt den Acetylcholin-Rezeptor (eine Art Andockstelle) des Parasympathikus. Was bedeutet das?
Acetylcholin ist ein wichtiger Botenstoff (Neurotransmitter) im menschlichen Körper. Bspw. sorgt er dafür, dass sich Muskeln anspannen und Nervenbahnen aktiv sind. Wird der entsprechende Rezeptor blockiert, kann das Acetylcholin dort nicht mehr andocken und seine Wirkung entfalten. Der Parasympathikus ist ein Teil des vegetativen Nervensystems. Er ist an der unwillkürlichen Steuerung im Körper beteiligt, bspw. ist er dafür zuständig, dass die Herzfrequenz sinkt und sich Blutgefäße weiten.
Sinkt die Aktivität des Parasympathikus, so steigt die Aktivität seines Gegenspielers: Der Sympathikus. Kurz gesagt sorgt dieser Teil des Nervensystems dafür, dass der Organismus – bspw. bei Stress – höhere Leistungen erbringen kann, was sich u.a. in einer erhöhten Herzfrequenz äußert.
Im Falle einer Vergiftung kommt es zu beschleunigtem Herzschlag, erweiterten Pupillen, verminderter Speichelbildung, vermindertem Sehvermögen und gesteigerter Lichtempfindlichkeit.
Scopolamin hat eine ähnliche Wirkung wie Atropin. Es wirkt auf dieselben Rezeptoren und dasselbe Nervensystem ein. Des Weiteren kann Scopolamin zu Halluzinationen führen.
Hyoscyamin ist ebenfalls ein Anticholinergikum. Gleich wie Atropin und Scopolamin unterdrückt es die Wirkung von Acetylcholin im parasympathischen Nervensystem.
Ab wann ist das Gift tödlich (Dosis)?
Atropin ist (bei oraler Einnahme) ab 33 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht tödlich (Kennzahl: LD50).
Die tödliche Dosis von Scopolamin liegt bei 1275mg pro Kilogramm Körpergewicht bei Mäusen, die Dosis für Menschen habe ich nicht gefunden (Kennzahl: LD50).
Von Hyoscyamin ist 95mg pro Kilogramm Körpergewicht bei einer Maus tödlich, die Dosis für Menschen habe ich nicht gefunden (Kennzahl: LD50).
Wieviel eines Belladonna-Pfeilgifts nötig ist, um tödlich zu sein, ist mir nicht bekannt. Beim Verspeisen der Tollkirsch-Beeren führen beim Erwachsenen 10-14 Beeren, bei Kindern 3-4 Beeren zu einer tödlichen Vergiftung.
Anekdoten und Wissenswertes
Bei niedriger Dosierung wirkt Scopolamin beruhigend und kann einen Zustand der Willenlosigkeit auslösen. Daher wurde es in den 1950er-Jahre als Wahrheitsserum verwendet.
Die Tollkirsche heißt auf Latein auch „Dorycnion“, was wörtlich übersetzt „Speer-Droge“ heißt. Daraus schließen einige Autoren, dass die Tollkirsche schon sehr früh als Speer-Gift verwendet wurde.
Das Gift der Tollkirsche soll bis 30 Jahre nach dem Auftragen wirksam gewesen sein.
Quellen
[1] „History of Toxicology and Environmental Health: Toxicology in Antiquity, Volume II“ – Kapitel 2: „ Chemical and Biological Warfare in Antiquity“ von Adrienne Mayor; Philip Wexler; 2015
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Schwarze_Tollkirsche – aufgerufen am 11.02.2020
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Atropin – aufgerufen am 11.02.2020
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Parasympathikus – aufgerufen am 11.02.2020
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Muskarinischer_Acetylcholinrezeptor – aufgerufen am 11.02.2020
[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Sympathikus – aufgerufen am 11.02.2020
[7] https://www.onmeda.de/anatomie/vegetatives_nervensystem-sympathikus-parasympathikus-und-enterisches-nervensystem-3098-2.html – aufgerufen am 11.02.2020
[8] https://de.wikipedia.org/wiki/Scopolamin – aufgerufen am 11.02.2020
[9] https://de.wikipedia.org/wiki/Hyoscyamin – aufgerufen am 11.02.2020
[10] https://de.wikipedia.org/wiki/Anticholinergikum – aufgerufen am 11.02.2020
[11] http://www.gizbonn.de/237.0.html – aufgerufen am 11.02.2020
[12] https://en.wikipedia.org/wiki/Atropa_belladonna – aufgerufen am 11.02.2020
[13] http://www.gifte.de/Giftpflanzen/Laien/tollkirsche.htm – aufgerufen am 11.02.2020
[14] https://www.ambius.com/blog/botany-gone-bad-the-history-of-the-deadly-nightshade-plant/ – aufgerufen am 11.02.2020
[15] https://allthatsinteresting.com/deadly-nightshade – aufgerufen am 11.02.2020
[16] https://catbull.com/alamut/Lexikon/Mittel/Scopolamin.htm – aufgerufen am 11.02.2020