~*~
Nie heilende Wunden, grausame Qualen: Schlangengift auf Pfeilen war äußerst gefürchtet.
~*~
Schlangengift wurde schon sehr früh als Pfeilgift verwendet, sowohl zur Jagd und gegen Feinde. Bspw. sollen die Gallier Schlangengift verwendet haben, um Beute zu erlegen. Das Gift ist bei Einnahme nicht gefährlich, es kann vom Körper verdaut werden.
Gelegentlich wird statt von Schlangen von Vipern geschrieben.
Wer verwendete Schlangengifte als Pfeilgifte?
Rund um den Globus wurde Schlangengift auf Pfeilspitzen aufgetragen.
Was wurde verwendet?
Es gibt verschiedene Berichte darüber, wie das Schlangengift gewonnen wurde. In einigen Fällen wird nur beschrieben, dass Schlangen- oder Viperngift auf Pfeilspitzen aufgetragen wurde.
Es ist wichtig, zwischen Giften für die Jagd und Giften für Schlachten zu unterscheiden. Die Anforderungen an das Gift waren jeweils unterschiedlich: im einen Fall sollte das Gift möglichst schnell töten (Jagd), hier wurde oftmals nur das Schlangengift an sich verwendet. Im anderen Fall war ggf. psychologische Kriegsführung mit im Spiel, das Gift wurde des Öfteren noch mit anderen Substanzen vermischt.
Zur Herstellung des Gifts wurden Giftschlangen verwendet. Zum einen wurde das Gift der Schlange selbst verwendet.
Laut alten griechischen und römischen Quellen tauchten mehrere Völker ihre Pfeilspitzen in Viperngift, darunter die Gallier, Dalmatier und Draker (Balkan), die Sarmaten (Iran), die Geten (Thrakien), die Slavem, die Armenier, die Parthier (zwischen Indus und Euphrat), Skythen (Schwarzes Meer und zentralasiatische Steppen), Inder und Nordafrikaner.
In Äthiopien soll die Galle von Giftschlangen als Pfeilgift verwendet worden sein.
Es gibt auch Berichte, dass tote Schlangen zur Herstellung des Gifts verwendet wurden. Bspw. in Indien zur Zeit von Alexander dem Großen (um die 300 v.Chr.): dort sollen verfaulte Schlangen zur Herstellung des Gifts verwendet worden sein. Ebenfalls aus Indien sind Berichte bekannt, nach denen Schlangengift zusammen mit verfaulten Schlangen zur Herstellung des Gifts verwendet worden sind (vermutlich wurde die Fea-Viper verwendet). Ähnlich sollen die Skythen ihr Schlangen-Pfeilgift hergestellt haben – aus verfaulenden Schlangen und weiteren Zutaten.
Von den Chickahominy in Amerika wurde bis ins 19. Jahrhundert Schlangengift für die Jagd verwendet. Die Herstellung dieses Gifts wird wie folgt beschrieben (Originaltext siehe Quelle [5], Seite 34): Zunächst tötet man ein Wild (Reh oder Hirsch) und nimmt dessen Leber. Danach fängt man eine giftige Schlange, bspw. eine Kupferkopf-Schlange. Diese hält man mit einem gegabelten Ast so, dass sie die Leber angreift. Die Schlange wird so lange davor gehalten, bis sie erschöpft ist. Falls noch nicht genug Gift in der Leber ist, wird noch eine weitere Schlange gefangen. Wenn genug Gift in der Leber ist, wird diese zu einem Brei geschlagen. Der Pfeil wurde in diese Paste getaucht. Ein Tier, welches von solch einem Pfeil auch nur gestreift wurde, starb daran.
Von den Hopi-Indianern ist ein ähnliches Vorgehen überliefert: Die Leber eines kleinen Tieres wird einer Klapperschlange vorgesetzt, sodass diese ihr Gift in die Leber injiziert. Danach wird die Leber genommen, in Tierhaut verpackt und für etwa eine Woche vergraben. Der Beutel wird wieder ausgegraben und die Pfeilspitzen in die faulige Masse getaucht. Sobald die Pfeilspitzen trocken sind, werden sie in Blut getaucht und nochmals trocknen gelassen.
Weitere Eigenschaften von Schlangengift
Schlangengift kristallisiert. Das heißt, die giftige Substanz konnte eine Weile an Metall, Knochen oder Holz haften bleiben.
Gelegentlich wurde Schlangengift mit anderen Substanzen gemischt.
Wie wirken Schlangengift-Pfeile?
Schlangengift wirkt tödlich, wenn es in den Blutkreislauft gelangt. Die meisten Berichte zu Schlangengift stammen aus Schlachten – also der Verwendung gegen den Menschen. Das Gift führt i.d.R. zu einem schmerzhaften Tod oder nie heilenden Wunden.
Die Auswirkungen solcher Giftpfeile werden in alten Texten an verschiedenen Stellen beschrieben. Es kommt zu folgenden Symptomen:
1. Nekrose (Absterben des Gewebes) um die Wunde mit dunkelblauem bis schwarzem, heraussickerndem Blut.
2. Grässliche Schmerzen, Blutungen, geschwollene Glieder, Erbrechen.
3. Qualvolle Schmerzen, Kälte und Schmerzen im Herzbereich („freezing pain around the heart“).
4. Krämpfe, Schock und Tod.
Nur wenige Menschen überlebten eine Verwundung mit solchen Giftpfeilen. Von diesen Überlebenden wird berichtet, dass die Wunden noch nach Jahren nicht verheilt waren, sie faulten oder eiterten.
Aus den Feldzügen Alexander des Großen wird berichtet, dass schon eine oberflächliche Wunde sofort zu Benommenheit geführt hat, zusammen mit stechenden Schmerzen und Krämpfen. Die Haut wurde blass und kalt und das Opfer erbrach Gallenflüssigkeit. Bald darauf trat schwarzer Schaum aus der Wunde aus, gefolgt von einer sich rasch ausbreitenden purpurgrünen Gangrän (eine Art der Nekrose, d.h. das Gewebe stirbt ab) bzw. Wundbrand, auf die der Tod folgte.
Wird Kobragift verwendet, so ist der Tod vergleichsweise schmerzlos – es kommt zum Atemstillstand.
In der Odyssey und in römischen Texten wird beschrieben, dass die Heiler der damaligen Zeit das Gift aus den Wunden heraussaugten. Dies geschah möglichst schnell, noch auf dem Schlachtfeld. Um zu verhindern, dass man selbst vergiftet wurde, wurden entweder Blutegel zum Aussaugen verwendet (Troja) oder ein Wattebausch als Filter in den Mund geschoben (Indien).
In Rom gab es 88 v.Chr. einen Fall, bei dem ein Heiler Kobragift aus einer Wunde saugte. Er konnte seinen Mund nicht schnell genug mit Wasser ausspülen. Das Gift wirkte zunächst im Mundraum und breitete sich im ganzen Körper aus. Zwei Tage später war er tot.
Quellen
[1] „ARROW AND DART POISONS“; N.G. Bisset; 1989
[2] „Greek Fire, Poison Arrows and Scorpion Bombs: Biological and Chemical Warfare in the Ancient World“; Adrienne Mayor; 2009
[3] „History of Toxicology and Environmental Health: Toxicology in Antiquity, Volume II“ – Kapitel 2: „ Chemical and Biological Warfare in Antiquity“ von Adrienne Mayor; Philip Wexler; 2015
[4] https://www.kampfkunst-board.info/forum/showthread.php?141569-Pfeilgifte-Mythos-oder-nicht/page3 – aufgerufen am 09.02.2020
[5] „Poison Arrows – North American Indian Hunting and Warfare“; David E. Jones; 2007 (teilweise frei verfügbar: https://books.google.de/books?id=m2v8akdyZfwC – aufgerufen am 11.02.2020)