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Ein altbekanntes Hexenkraut und Hallozinogen.
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Von wem wurde Bilsenkraut als Pfeilgift verwendet?
Das Gift wurde u.a. in Europa verwendet.
Woraus wird das Gift gewonnen?
Das Gift wird aus dem schwarzen Bilsenkraut (Hyoscyamus niger) gewonnen. Das Kraut selbst wird als „klebrig, grau-grün und übelriechend“ (übers. Zitat [2]) beschrieben. Alle Pflanzenteile sind giftig, die höchste Giftkonzentration kommt in Wurzeln vor.
Laut Claudius Aelianus (2. Jhdt.) musste das Kraut gesammelt werden, ohne einen Teil der Pflanze mit der Haut zu berühren.
Eine Methode, das Kraut zu ernten, war, den Boden um die Wurzel mit einem Dolch zu lockern. Danach wurde der Stengel am Bein eines entsprechend abgerichteten Vogels befestigt. Wenn der Vogel dann nach oben flog, war die Pflanze entwurzelt.
Wie wirkt das Gift?
Wird Bilsenkraut gegessen, kommt es zu folgenden Symptomen: zunächst zu einem dicken, schweren Kopf, Unwohlsein, Benommenheit, Übelkeit und erweiterten Pupillen. Eventuell kommt es (kurzzeitig) zu erhöhter sexueller Erregung. Weiter kann es zu heftigen Krampfanfällen und Herzrythmusstörungen/Herzrasen kommen. Des Weiteren treten Psychosen auf (teils furchterregende Halluzinationen, Wahnvorstellungen, Realitätsverlust, Vergesslichkeit), es kommt ggf. zu Bewusstlosigkeit und schließlich tritt der Tod ein, u.a. durch Atemlähmung.
Bei einer Einnahme über den Mund kommt es nach 5-30 Minuten zu ersten Vergiftungssymptomen. Wie schnell das Gift tötet, konnte ich nicht herausfinden – es scheint sich dabei maximal um Stunden zu handeln.
Was passiert im Körper?
Bilsenkraut enthält die beiden Hauptwirkstoffe Hyoscyamin und Scopolamin.
Hyoscyamin und Scopolamin sind Anticholinergika. Das bedeutet, dass sie im Körper den Acetylcholin-Rezeptor von Zellen des Parasympathikus besetzen. Was heißt das?
Acetylcholin ist ein wichtiger Neurotransmitter (Botenstoff) im Körper. Bspw. Sorgt er dafür, dass sich Muskeln anspannen und Nervenleitungen aktiv sind. Im Falle einer Vergiftung bedeutet dies, dass keine Botschaften mehr von einer Nervenzelle zur Muskelzelle übertragen werden können.
Der Parasympatikus ist ein Teil des Nervensystems und für die unwillkürliche „Entspannung“ im Körper zuständig, bspw. für eine niedrigere Herzfrequenz. Ist der Parasympatikus blockiert, dann steigt die Aktivität des entgegen gerichteten Nervensystems: des Sympathikus. Kurz gesagt ist der Sympathikus für Aktivität, u.a. bei Stress, zuständig – und regelt bspw. die Erhöhung der Herzfrequenz. Eine erhöhte Aktivität des Sympathikus führt zu beschleunigtem Herzschlag, erweiterten Pupillen, Sehproblemen (wie verschwommener Sicht) und gesteigerter Lichtempfindlichkeit.
Die Halluzinationen werden durch das Scopolamin hervorgerufen.
Ab wann ist das Gift tödlich (Dosis)?
In den Blättern ist bis zu 0,3% des giftigen Wirkstoffs (inkl. Scopalamin) enthalten. Die tödliche Dosis von Scopalamin liegt bei etwa 50mg.
Die Konzentration der Giftstoffe in der Pflanze kann – je nach Standort, Pflanzenteil und Jahreszeit – stark variieren. Bereits 15 der kleinen Samenkörner (etwa 1mm groß) können für Kinder tödlich sein.
Anekdoten und Wissenswertes
Im Stück „Hamlet“ von William Shakespear berichtet Hamlets Vater, von dem Gift „Hebenon“ getötet worden zu sein. Im deutschen Text wurde dies als Bilsenkraut übersetzt. Was genau mit Hebenon gemeint war, ist nicht eindeutig geklärt.
Im Mittelalter wurde angenommen, dass Hexen einen Trank aus Bilsenkraut tranken und das Kraut in ihrer Hexensalbe verarbeiten.
Quellen
[1] „History of Toxicology and Environmental Health: Toxicology in Antiquity, Volume II“ – Kapitel 2: „ Chemical and Biological Warfare in Antiquity“ von Adrienne Mayor; Philip Wexler; 2015
[2] „Greek Fire, Poison Arrows and Scorpion Bombs: Biological and Chemical Warfare in the Ancient World“; Adrienne Mayor; 2009
[3] https://en.wikipedia.org/wiki/Claudius_Aelianus – aufgerufen am 11.02.2020
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Hyoscyamin – aufgerufen am 11.02.2020
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Atropin – aufgerufen am 11.02.2020
[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Parasympathikus – aufgerufen am 11.02.2020
[7] https://de.wikipedia.org/wiki/Muskarinischer_Acetylcholinrezeptor – aufgerufen am 11.02.2020
[8] https://de.wikipedia.org/wiki/Sympathikus – aufgerufen am 11.02.2020
[9] https://de.wikipedia.org/wiki/Anticholinergikum – aufgerufen am 11.02.2020
[10] https://en.wikipedia.org/wiki/Hyoscyamine – aufgerufen am 11.02.2020
[11] „Schwarzes Bilsenkraut (Hyoscyamus niger): Giftpflanze, Arznei- und Hexenkraut“; Volker Unterladstetter
[12] https://catbull.com/alamut/Lexikon/Mittel/Scopolamin.htm – aufgerufen am 11.02.2020
[13] https://www.scienceinschool.org/de/2007/issue4/witchmedicine – aufgerufen am 11.02.2020
[14] https://www.medmix.at/bilsenkraut/ – aufgerufen am 11.02.2020
[15] https://en.wikipedia.org/wiki/Hyoscyamus_niger – aufgerufen am 11.02.2020
[16] https://praxistipps.focus.de/bilsenkraut-wirkung-und-anwendung-der-heilpflanze_112662 – aufgerufen am 11.02.2020
[17] „Unintentional ingestion of black henbane: two case reports“; Tahireh Ashley Shams et al.; 2017; (https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/24734306.2017.1408876 – aufgerufen am 11.02.2020)
[18] https://www.webmd.com/vitamins/ai/ingredientmono-82/henbane# – aufgerufen am 11.02.2020
[19] https://www.uni-frankfurt.de/55321205/Gifte#bilsenkraut – aufgerufen am 11.02.2020
[20] https://de.wikipedia.org/wiki/Hebenon – aufgerufen am 11.02.2020