Holprig setzte ein Standbein des Schwebers auf der Landeplattform auf und Baldor klammerte sich an seinem Platz fest. Knirschend bewegte sich das Fahrzeug hin und her und er zog die Beine an – man konnte ja nie wissen, wann man den Boden unter ihnen verlor. Das Rauschen der Triebwerke ebbte ab und der Schweber krachte auf die anderen Standbeine.
Sergej drehte sich vom Fahrersitz nach hinten und grinste Baldor schief an. "Sorry, ich habe so ein Teil erst ein paar Mal geflogen."
Baldor öffnete den Mund.
"Mach dir keine Sorgen, Eisenarm", kam ihm Ngi zuvor. "Ich bin in letzter Zeit sehr viel schlechter gelandet."
Eisenarm … Der Roboter hatte einen dieser Medienkanäle der Zitadelle gesehen, auf dem Sergej und der Rest seines Teams unter ihren Superheldennamen auf Verbrecherjagd gegangen waren. Jetzt hörte er nicht mehr auf, sie zu benutzen. Ein schwacher Trost, dass das tatsächlich passiert war, im Gegensatz zu seinen anderen Dokus.
"Ja, Ngi hat recht", gab Baldor zu. "Auch wenn es nicht ganz an die Flugkünste meiner Pilotin Pangasius herankommt."
Wie es ihr inzwischen wohl ging?
"Das war die, die wir in deinem Raumschiff gefunden haben?", fragte Sergej nach.
"Ja. Sie war die einzige weibliche Nethuf, die sich auf dem Schiff befand, die meisten anderen waren Schell."
Sergej hob die Augenbrauen. "Welche anderen?"
"Na, es sollte ein Haufen Schell und noch zwei Nethuf dabei gewesen sein. Schell sind diese fliegenden Quallendinger."
"Sie war allein, als wir sie fanden", sagte Sarah. "Versteckt im Cockpit."
"Hmm", brummte Baldor. Sollte er sich deswegen Gedanken machen? Es war nie seine Art gewesen, an jemand anderes zu denken, als sich selbst. Solange Pangasius am Leben war, konnte er die Erde ja immer noch verlassen. Waren die anderen denn wichtig? "Das ist wirklich merkwürdig. Vielleicht haben sie sich einfach nur einen besseren Unterschlupf in der Küstengegend gesucht. Kümmern wir uns erst mal um die Ersatzteile, später können wir sie immer noch suchen."
Sergej zog die Brauen noch hoch weiter hoch. Ha! Er wusste genau, was im Kopf dieses Helden vor sich ging.
"Wirklich, die sind alle selber groß. Wenn schon ich es geschafft habe, zu überleben, werden die es auch hinbekommen."
"Boss, das war ein paar Mal sehr knapp bei dir."
"Klappe du Blecheimer! Ohne deine Mithilfe wäre ich oft nicht mal in Gefahr geraten."
"Ah, da kommt schon so ein Typ vom Sicherheitskorps, um uns zu festzunehmen", murmelte Sarah und lenkte die beiden ab, bevor es noch zu einem Kampf zwischen Monster und Roboter kam.
Ein junger Uniformierter stand stramm vor der Landerampe und sie kletterten hinaus zu ihm.
"Major Lover erwartet euch bereits."
"Major? Der Alte wurde befördert?" Sergej lachte,
"Ja", antwortete der Mann und lachte – drei Ticken nervöser. "Folgt mir bitte."
Er eilte davon und die Gruppe musste sich beeilen, um mit ihm Schritt zu halten. Es herrschte emsiges Treiben in diesem Posten des Sicherheitskorps. Auf den Trainingsplätzen prügelten sich die Rekruten, auf dem Schießplätzen ballerten sie wie irre ihre Magazine leer. Schweber rauschten davon, landeten oder wurden mit Gütern beladen. Eine Gruppe grölend singender Uniformierter kam ihnen entgegen und Baldor ging hinter Ngi in Deckung, als sie sich durch sie hindurchquetschten. Schließlich erreichten sie einen Gebäudetrakt.
Sie folgten ihrem Führer ins Innere. Ihre Schritte hallten durch die kahlen Gänge, in denen sehr viel weniger los war, als draußen. Zwei Mal begegneten sie einem anderen Uniformierten, der mit ihrem eigenen einen lustigen Gruß austauschten. Sie stoppten vor einer Tür, durch die vier Männer nebeneinander gepasst hätten.
"Wartet hier bitte einen Moment", wies er sie an. Wie von selbst öffnete sich die Tür, er schritt hindurch und sie schloss sich sogleich wieder. Baldor konnte sein inneres Kind nicht zügeln und stellte sich ebenfalls davor. Bei ihm reagierte sie nicht.
"Hat die Tür eine biometrische Erkennung? So wie mein Schiff? Das startet auch nur mit mir oder meiner Pilotin an Bord."
"Nein." Sergej schüttelte den Kopf. "Fast jeder Mensch in der Zitadelle hat einen Chip im Kopf implantiert. Die IDs der Chips sind mit verschiedenen Datenbanken verbunden, in denen Zutrittsrechte ..."
Baldor hatte schon bei 'implantiert' aufgehört, zuzuhören, und unterbrach Sergej ein paar Worte später. "Du meinst, allen Menschen wurde der Kopf geöffnet, um ein Stück Plastik und Metall einzupflanzen?"
"Ja"
"Das ist ja barbarisch. Selbst den Kindern?"
"Muss es wohl, aber dafür bin ich kein Experte. Klara und ich, wir sind dieser Operation entgangen."
"Wie das?"
"Wir wurden von außerirdischen Widerstandskämpfern aus unseren Kältekammern geholt und genetisch verändert, damit wir den Vetis in den Hintern treten können."
"Von diesen Thages?" Ein wenig wusste Baldor inzwischen ja auch.
"Genau von denen. War nur alles nicht so durchdacht und endete in einer halben Katastrophe."
"Moment … ihr wart tiefgefroren?"
"Ja" Klara grinste ihn an."Ich war eine kleine Eisprinzessin."
Klar, so wild wie sie aussah, ging sie wohl kaum als Prinzessin durch. Andererseits … insgeheim musste er zugeben, dass sie ihm in ihrer Wildheit besser gefiel als in einem der nethufischen Adelsgewänder.
"In den Tiefen der Zitadelle gibt es immer noch viele Menschen, die in ihren Kältekammern liegen." Baldor war erstaunt, dass jetzt sogar Sarah etwas erklärte. "Das hat ihnen damals das Leben gerettet. Die meisten litten an unheilbaren Krankheiten oder waren schwer verletzt. Heute kann den meisten geholfen werden."
"Und zum Dank müssen sie der Zitadelle lediglich als Sklaven dienen", fügte Sergej hinzu.
"Sklaven ist ein hartes Wort. Sie bekommen Essen und Unterhaltung und können ein normales Leben führen."
"Das nur viel schlechter ist, als das der Oberweltler oder das der Menschen in den Siedlungen."
"Süßer", sagte sie scharf und kniff ihre Augen zusammen, bis sie in einem dunklen Schatten verschwanden. "Dir ist schon klar, dass du den Sinn meiner ganzen bisherigen Arbeit infrage stellst, oder?"
Baldor fragte sich ebenfalls, was mit Sergej war. Klar, beim letzten Mal, als er über die Zitadelle geredet hatte, war er auch kritisch gewesen. Aber irgendwie fühlte sich das hier so an, als würde es gleich eskalieren. Sarah hatte ihm beim letzten Mal doch auch zugestimmt.
War irgendetwas passiert?
Er warf einen fragenden Blick zu Klara, die nur mit den Schultern zuckte. Ein winziges Grinsen schlich sich auf ihr Gesicht. Nein, sie war nicht wirklich besorgt, dass die beiden uneins waren. Eher im Gegenteil.
"Nun, deine ganze Arbeit basiert auf …"
Die Tür öffnete sich und der Mann, der sie hergebracht hatte, räusperte sich. "Ehem, ihr dürft jetzt eintreten. Friedlich, wenn ich bitten darf."
Sarah und Sergej funkelten sich an. Diese Schlacht war nur vertagt worden.
Sie betraten einen kleinen Saal. Ein lang gezogener Tisch füllte den Großteil der Raummitte aus, eine gigantische Version dieser Medienpanels, auf dem ein Teilbereich der Stadtringe und der Flächen außerhalb der Mauer visualisiert wurde. Farbige Punkten pulsierten darauf, die irgendwelche wichtigen Informationen anzeigen mussten. Es sah aus, wie in einem dieser Filme über den Krieg gegen die Vetis – dort gab es auch immer solche Einsatzräume. Auch die Wände waren mit Informationstafeln zugebaut. Schwarz uniformierte Frauen und Männer huschten um den Tisch herum, tippten auf die Anzeigen oder sprachen scheinbar mit der Luft.
"Mach den Mund zu, sonst fliegt noch was hinein." Klara streckte ihm die Zungenspitze raus. "Sie sprechen über das ComNet mit ihren Einsatztrupps."
"Aha", bedankte er sich artig und musste grinsen.
Am Ende des Tisches stützte sich ein Berg von einem Mann auf. Seine Schultern zeichneten sich unter seiner Uniform in grotesk kantigen Formen ab. Ein Teil seines kahlen Schädels glänzte in der Beleuchtung des Raumes und den Lichtern der Medienpanels. War das ein Helm? Baldor kniff die Augen zusammen. Nein, das war keine Reflexion, es war sein Schädel, der blinkte.
Der Mann warf ihnen einen kurzen Blick zu, widmete sich dann aber wieder dem Medienpanel vor sich und tippte ein paar Befehle ein. Als sie sich ihm weit genug genähert hatten, winkte er eine Frau heran, die seine Position einnahm.
"Sergej, Klara." Er nickte ihnen zu. "Ihr habt euch die letzten Wochen rargemacht." Er ließ den Blick über den Rest der Gruppe schweifen, blieb schließlich an Sarah hängen. "Und ihr habt zweifelhafte Freunde gewonnen. Dok Wu, ich lasse Sie nur deswegen nicht verhaften, weil wir dann vermutlich auf Eisenarms Dienste verzichten müssten."
Sarah erwiderte seinen Blick mit kalter Verachtung. Sergej streifte sie mit besorgter Miene, bevor er sich dem Mann zuwandte und zum Sprechen ansetzte. Doch der schien noch nicht fertig zu sein.
"Ich werde Sie nicht verhaften, aber Sie sollten wissen, dass es hier viele Männer und Frauen gibt, die dort unten Freunde und Familie hatten. Ich kann nicht dafür garantieren, wie die sich verhalten werden, wenn sie Sie erkennen."
So, er war also nicht das einzige Monster in ihrer Runde? Baldor brannte darauf, die Wahrheit darüber zu erfahren, was Sarah angestellt hatte. Doch er ahnte, dass dies ein denkbar schlechter Augenblick war, sie danach zu fragen. Wenigstens verstand er nun, warum sie keine Luftsprünge gemacht hatte, als es in Richtung Zitadelle ging. War dieses Geheimnis vielleicht der Grund für die Spannungen zwischen ihr und Sergej?
Sergej sah seine Gelegenheit gekommen und erwiderte die herzliche Begrüßung: "Major Lover, Sie sind befördert worden. Gratulation!"
"Lass die Förmlichkeiten, Sergej. An meinem Job hier draußen ändert der neue Rang auch nichts. Immer noch die gleiche Scheiße. Nein, eigentlich noch schlimmer."
"So schlimm?"
Major Lover nickte ernst und knirschte auf barbarische Weise mit den Zähnen. Das passte zu seinem groben Äußeren. "Seitdem so viele Unterweltler aus der ihren Ebenen geflohen sind, herrschen da unten undenkbare Zustände. Das Sicherheitskorps in der Zitadelle sieht nur zu und es zieht immer mehr Menschen in die Ringe. Der Aufbau hier oben kommt nicht hinterher und sie bauen sich notdürftige Unterkünfte. Armenviertel, wie in der Dritten Welt vor dem Eis."
"Zu wenig Nahrung und keine Unterhaltung?"
"Ja, ein Pulverfass. Sie brauchen nur einen Grund, dann legen sie die Viertel der etablierten Ex-Unterweltler in Trümmer. Nicht einmal die Verbrecherbanden der Ruinen trauen sich noch hierher, um Sklaven in den Vergnügungsvierteln zu fangen."
Das erklärte das emsige Treiben draußen. Die richteten sich schon auf einen Krieg ein. Waren sie beim Major wirklich richtig? Baldor zweifelte, dass sie hier Erfolg haben konnten.
"Kann ich dich trotzdem um einen Gefallen bitten, Pete? Wenn der erledigt ist, können wir dir bestimmt aushelfen."
Major Lover schwenkte seinen Blick zu Baldor. "Geht es um ihn? Mir ist nicht entgangen, was Moritz zugestoßen ist. Außerdem meldet die Kanter-Gruppe einige ihrer Schweber als vermisst. Wisst ihr, so einen, wie der, mit dem ihr gelandet seid."
"Nun ..." Sergej kratzte sich verlegen hinter dem Kopf. Wie ein kleiner Junge, der bei einem Streich erwischt wurde.
Klara rollte mit den Augen."Ach komm, Alter! Willst du uns jetzt ein schlechtes Gewissen machen? Du weißt doch genau, dass wir nicht zimperlich mit Idioten umgehen, die sich mit uns anlegen wollen."
"So?" Der Major tat überrascht.
"Ja, so! Diese Kanter-Heinis haben uns vor der Zitadelle angegriffen! Grundlos! Und ich könnte wetten, dass das irgendjemand von euch mitbekommen und einfach weggesehen hat. Du selbst vielleicht?"
Sie hatte einen Fuß auf eine ihrer Riesenratten gesetzt, einen Arm in die Hüfte gestemmt und streckte den Zeigefinger des anderen anklagend in die Richtung des Majors. Baldor musste schmunzeln. Er fand dieses Bild irgendwie süß.
Der Major lachte. "Okay. Das sind alles Lappalien. Moritz ist selbst schuld und so wie die Kanter-Gruppe sich um die Befugnisse des Sicherheitskorps schert, ist es nicht unwahrscheinlich, dass ihre Anzeige irgendwo in der Bürokratiemühle zermahlen wird."
Klara senkte den Zeigefinger und verschränkte die Arme vor der Brust. "Also, wenn du willst, dass wir dir jemals wieder zur Seite stehen, oder irgendwelchen Zitadellenheinis, die sich in die Wildnis trauen wollen, hörst du Sergej jetzt zu!"
Der große Mann wehrte den verbalen Angriff der Kleinen mit wedelnden Händen ab. "Gnade, Gnade. Ich bin ja schon still. Nicht, dass du mich am Ende noch beißt."
"Und dabei einen Zahn verliere? Du bist doch zu fünfzig Prozent ungenießbar und der Rest aus Metall."
"Mein Glück, oder? Also Sergej, was wollt ihr?"
"Wie viel weißt du, Pete?"
Der Major verschränkte nun auch die Arme, als wäre er Klaras Spiegelbild. "Die Medien halten sich bisher erstaunlich verdeckt. Aber anhand unserer Informationen können wir bereits etwas zusammensetzen. Vor einigen Tagen ist ein Flugobjekt nahe der Küste abgestürzt und hat ein Notsignal gesendet. Das habt ihr angenommen, aber keinen Bericht abgegeben. Dann seid ihr zusammen mit ihm …"
"Baldor", warf Baldor ein. "Ist mir eine Freude, Herr Major."
"… Baldor aufgetaucht. Er ist also wahrscheinlich eines der Besatzungsmitglieder."
Sergej nickte zustimmend.
"Dieses Tentakelmonster kann ich noch nicht genau einordnen, aber mit dem habt ihr wohl auch zu tun, wenn ich die Frisur des Jungen genauer betrachte."
"Ich sehe schon", gab Sergej zu, "du bist nicht umsonst der inoffizielle Boss des Sicherheitskorps hier draußen."
"Solange ihr mir keinen Knüppel zwischen die Beine werft, schaffe ich das auch noch offiziell. Und danach wird in der Zitadelle richtig aufgeräumt."
"Du bildest viele junge Siks aus, bereitest du dich auf einen Krieg mit einer der Parteien vor?"
"Nein, noch nicht. Im Moment brauchen wir schon jeden Mann für das Chaos in den Vierteln. Bei der Ausbildung könntet ihr uns aber behilflich sein. Wir haben viele erfahrene Männer in der Außenwelt verloren. Es gibt kaum jemanden, der hier draußen mehr Wissen und Kampferfahrung hat als ihr beide."
"Wie gesagt, wenn unsere aktuelle Mission abgeschlossen ist."
"Dann spann mich nicht mehr auf die Folter, Sergej."
"Baldor stammt nicht von der Erde, so viel sollte klar sein. Sein Raumschiff ist abgestürzt und er braucht Ersatzteile und Treibstoff. Außer ihm befinden sich noch andere Außerirdischer auf der Erde – Besatzung und Passagiere. Es ist wichtig, dass sie schnell wieder wegkommen. Wenn jetzt schon die Kanter-Gruppe Jagd auf Baldor macht, während wir ihn beschützen, dann sind die anderen in noch größerer Gefahr."
Der Major wechselte seine Haltung und vergrub sein Kinn in der linken Hand. Baldor konnte ihm ansehen, dass er sich überlegte, wie er sie am freundlichsten loswerden konnte. So sahen die Typen immer aus. Immerhin stammte der Großteil seiner Bekannten aus dem diplomatischen Kreis.
"Um eins klarzustellen", begann er. "Vom Sicherheitskorps könnt ihr keine materielle Hilfe erwarten. Wir müssen selbst mit dem Nötigsten zurechtkommen. Die Mittel, die uns der Rat bewilligt, sind knapp. Verschiedene private Gruppen haben uns zwar Unterstützung angeboten, die würde uns aber in ungesunde Abhängigkeiten führen. Musste ich also ablehnen."
Wie es sich Baldor gedacht hatte. "Wie können Sie uns dann helfen? Können Sie uns überhaupt helfen? Falls nicht, könnten wir die Sache hier beschleunigen." Er hatte keine Lust auf Stunden voll Gelaber, bei denen am Ende doch nichts herauskam.
"Da scheint jemand ungeduldig zu sein, was?"
"Baldor hat nicht ganz unrecht", stimmte Sergej ihm zu. "Falls du uns nicht helfen kannst, werden wir einen anderen Weg finden müssen. Einen, der nicht unbedingt mit dem Vorgehen des Sicherheitskorps konform geht. Zumindest nicht mit der Abteilung, die du leitest."
"Ist das eine Drohung?" Der Major zog eine Augenbraue hoch und verschränkte erneut die Arme.
"Hey, es ist eine Notlage. Aber wir suchen uns einen Bezirk, in dem du nicht zuständig bist, keine Sorge."
"Was wollt ihr machen? Einen der Konzerne überfallen? Selbst mit eurer Kampferfahrung ist das doch Selbstmord." Der Major schüttelte ungläubig den Kopf. "Wenn ihr einen Moment wartet, ich habe da noch Alternativen."
"Dann schieß mal los, Alter." Klara blitzte ihn herausfordernd an.
"Also, es gibt einige Familienkonzerne mit weniger fraglichem Ruf. Die Daten zu ihnen und den Ansprechpartnern schalte ich euch in eurem ComNet frei. Geht aber davon aus, dass sie eine Gegenleistung erwarten werden. Die Alternative ist die Sethlan-Enklave."
"Oh", kam es monoton von Klara.
War das eine gute oder schlechte Alternative? "Wer ist diese Sethlan-Enklave?", wollte Baldor also wissen.
"Wissenschaftler und Künstler, die sich vor dem Rest der Zitadelle verbarrikadiert haben", erklärte Klara. "Die haben uns mit Technologie und medizinischer Ausrüstung versorgt, als wir die Menschen hier befreit haben."
"Das ist doch gut, oder?"
"Möglicherweise sind sie daran schuld, dass einer unserer Freunde dabei gestorben ist. Er trug den Anzug, den jetzt Moritz hat. Nachdem er eine schwerere Wunde abbekommen hat, haben sie seinen ganzen Körper mit Betäubungsmitteln vollgepumpt und angefangen, ihn ins Koma zu versetzen. Wir waren noch im Kampf, das war also ziemlich dämlich."
"Meinst du, dass es Absicht war?"
Klara zuckte mit den Schultern, aber ihr Gesichtsausdruck, sprach für sich.
"Also müssen wir zwischen verschiedenen Übeln wählen", fasste Sergej zusammen. "Oder gibt es noch weitere Alternativen?"
"Tut mir leid." Der Major schüttelte den Kopf.
Sergej drehte sich zu Baldor, auch die anderen richteten ihre Blicke erwartungsvoll auf ihn. Sollte er tatsächlich wieder etwas entscheiden dürfen?
"Ihr wollt doch nicht wirklich, dass ich jetzt bestimme, wo wir hingehen, oder? Ihr kennt euch hier viel besser aus."
"Du könntest uns wenigstens mitteilen, bei welcher Option dir weniger übel wird", schlug Sergej vor.
Falls die Familienkonzerne alle ähnlich gestrickt waren und nur an ihm herumschnippeln wollten und die Sethlan-Enklave vielleicht nur einen Fehler gemacht hatte, würde seine Wahl auf Letztere fallen. Das sagte zumindest sein Bauchgefühl.
"Die Enklave."
"Okay, irgendwelche Einwände?" Sergej ließ seinen Blick durch die Runde wandern, erntete bei Sarah nur Desinteresse, bei Klara sichtliche Abneigung und bei Ngi nichts, denn er hatte sowieso nichts zu melden. "Dann ist es entschieden."
"Okay." Der Major übernahm nun wieder die Gesprächsleitung. "Es haben sich einige Dinge geändert, seit ihr das letzte Mal in der Zitadelle wart."