Als Tirzah am nächsten Morgen erwachte und Laryn noch immer in seinen Armen lag, zog sich unwillkürlich ein Lächeln auf sein Gesicht. Sie war noch hier! Bei der ersten Bewegung die er tat, bereute er es schon fast wieder, dass er sich überhaupt bewegen wollte. Gab es eine Stelle an seinem Körper, die nicht weh tat? Nicht, dass es in einem Ausmaß war, dass er es eine Erwähnung wert fand, doch es war überall! Die Schnitte ziepten oder brannten sogar, er spürte wohl jede einzelne Prellung, die er sich beim Kampf zugezogen hatte und selbst ohne nachzusehen wusste er, dass sein Knie angeschwollen war. Großartig! Er würde den ganzen Tag humpeln...
Laryn hatte so gut geschlafen, wie schon lange nicht mehr. Die ganze Nacht über hatte Tirzah sie nicht aus seinen Armen entlassen. Sein Geruch hatte sich wie ein Schleier um sie gelegt und ihr wieder bewiesen, dass sie dort zu Hause war, wo auch ihr er war. Seine Bewegungen waren es, die sie auch am nächsten Morgen aufweckten. "Nicht...", murmelte sie leise und schmiegte sich verschlafen an den muskulösen Körper ihres Geliebten.
Tirzah lachte leise, doch er gehorchte und lag wieder still. Nur seine Arme legten sich wieder um Laryn. Vor gar nicht allzu langer Zeit hatte sie ihn noch aufgezogen, dass er gern in Ruhe wach wurde und aufstand, wenn er die Gelegenheit dazu fand. Nun hatte er ständig die Gelegenheit und er wünschte sich schon fast, dass ihn ein Alarm aufspringen ließ.
Am Fußende des Bettes hob Thanos den Kopf. Leise murrend, als ob es eine Unverschämtheit wäre ihn zu wecken, stand er auf, drehte sich ein Mal um sich selbst und legte sich dann wieder bequem hin.
Erneut löste sich ein leichtes Lachen aus Tirzahs Kehle, als er das sah. Irgendwie konnte er seiner Gefährtin nun nicht einmal mehr widersprechen. Es bestand tatsächlich eine gewisse Ähnlichkeit zwischen ihm und dem Dusoq.
Ein genießendes Seufzen entkam Laryn, als sich seine Arme wieder um sie schlangen. So gehörte es sich. Sie beide in einem Bett, von Frieden umgeben, die Welt ausgeschlossen. Das amüsierte Lachen ihres Gefährten schaffte es, sie schmunzeln zu lassen, auch wenn sie nicht wusste, was er so lustig fand. "So gut gelaunt, wenn ich mit dir in einem Bett liege?", erkundigte sie sich verschlafen, die Augen immer noch geschlossen.
Ein zärtliches Lächeln legte sich auf Tirzahs Züge. „Sollte ich deshalb schlecht gelaunt sein?“, fragte er neckisch nach. Seine Finger streichelten sanft über die weiche Haut. „Nein, ich denke, ich bin sehr zufrieden mit meiner aktuellen Situation“, fügte er einen Moment später an. Zumindest beinahe war er es. Und dieses 'Beinahe' war lediglich seiner körperlichen Situation zuzuschreiben. Franuk war ein harter Gegner gewesen, doch das war gut so. So hatte er seinen Status festigen können. Nun würde ihn niemand mehr so schnell herausfordern.
Sie hatte keine Ahnung, wie früh es war, aber dennoch schaffte Tirzah es mit Leichtigkeit, sie zum Grinsen zu bringen. Für einen Moment fühlte es sich so an, wie vor wenigen Monaten. Sie alleine auf dem Schiff, die Welt ausgeschlossen. Es gab nur sie beide, die sich nach einer erfolgreichen Jagd oder einem erfolgreichen Kampf ausruhten. Moment... Kampf! Augenblicklich schlug Laryn ihre Augen auf und richtete sich schockiert auf. "Deine Wunden müssen gepflegt werden!" Wie hatte sie das nur vergessen können?! Kaum war der Satz zu Ende gedacht, hatte sie die Antwort. Wie hätte sie nach dem Sex gestern noch bei klarem Verstand sein sollen?
Die plötzliche Bewegung ließ Tirzah unwillkürlich vor Schmerz zusammenzucken. Er unterdrückte einen Fluch und ließ sich zurück sinken. Eindeutig nicht angenehm, aber es würde vorbei gehen. Wie immer. Trotz allem ließ er seine Hände mit einem sanften Lächeln durch Laryns Haarflut gleiten. „Das hat noch Zeit“, brummte er. Viel lieber blieb er noch ein wenig hier liegen. Mit seiner Geliebten im Arm.
Tirzah verdrängte seine Schmerzen wie üblich. Laryn konnte nicht einmal wirklich sagen, warum sie genau sah, dass es ihm mehr wehtat, als er zugeben wollte. Vielleicht, weil sie selbst nicht anders handeln würde. "Warum dich unnötig quälen, Tirzah?", fragte sie stattdessen. Zärtlich nahm sie eine seiner Hände und hauchte einen Kuss auf seine Finger. "Ich bin gleich zurück", versprach sie.
„Schneller, als du selbst glaubst“, antwortete er und packte ihre Hand. Mit einem Ruck zog er sie zu sich, so dass sie auf ihm landete. Dieses Mal war er jedoch darauf gefasst, dass es weh tun würde und so blieb sein neckisches Schmunzeln auch, als er wieder einmal die Arme um Laryn legte. „Siehst du?“, fragte er. „Mir gehts gut. Lass uns einfach noch ein wenig liegen bleiben.“ Bevor er sich aufmachen musste. Bevor er wieder den lieben langen Tag festsaß.
"Tirzah!", schimpfte sie erschrocken, aber ebenso amüsiert. Verliebt blickte sie zu ihrem Gefährten. Sie entspannte sich wieder, da sie wusste, dass jeder Widerstand zwecklos war. "Kannst du mir sagen, ab wann ein Männchen um mich wirbt? Ich will nicht wieder aus Versehen auf ein Werben eingehen...", bat Laryn vorsichtig.
Augenblicklich verfinsterte sich sein Gesicht. Zum einen, weil er nicht wollte, dass überhaupt jemand um seine Gefährtin warb, zum anderen, weil er keine Antwort auf diese Frage hatte. Natürlich, es hatte immer das eine oder andere Weibchen gegeben, das Jägerin werden wollte, doch selbst wenn es erfolgreich gewesen war, die Männchen hatten normal um sie geworben. Mit Präsenten und Darstellung. Er seufzte. „Ich weiß es nicht, Laryn“, meinte er schließlich. „Vielleicht fordern sie dich zu Zweikämpfen heraus, um dich davon zu überzeugen, dass sie deiner würdig sind. Vielleicht wollen sie auch nur eine neue Herausforderung oder etwas lernen.“
Beruhigend strich sie ihm über die Brust. „Sie verschwenden ihre Zeit“, sagte sie mit fester Stimme und ebenso fester Überzeugung. „Ich liebe meinen Gefährten und ich werde ihn nie verlassen. Niemand kann sich mir dessen in den Weg stellen. Keine Jäger und auch keine Ratsmitglieder.“ Laryn konnte aber nicht verhindern, etwas traurig zu seufzen. „Keine Kämpfe mehr also…“ Kurz kräuselten sich ihre Lippen, ehe sie wieder den Blick Tirzahs suchte. „Es sei denn, mein Gefährte lehrt mich abends wieder?“
Sacht drückte Tirzah sie an sich, als sie ihm versicherte, dass sie keinem Werben stattgeben würde. Und er hatte auch eigentlich keinen Zweifel daran, doch er konnte es nicht ertragen, dass es doch jemand versuchen würde. Sie hatten doch vorher auch keinen Blick auf Laryn geworfen. Hätten sie sie früher beachtet, sie möglicherweise umworben. Wie anders sähe die Situation jetzt aus? Ob sie immer noch ihn gewählt hätte?
Laryns Vorschlag lockte wieder ein Lächeln auf sein Gesicht. Das war eine wundervolle Idee. So hatte er etwas, auf das er sich freuen konnte. Darüber hinaus konnte er gleichzeitig seinen Anspruch auf sie zeigen. Das Beste war jedoch, dass er die Zweikämpfe mit ihr immer genoss. „Klingt sehr gut“, stimmte er zu und da fiel ihm etwas ein. „Du wolltest mich gestern noch an eine Frage erinnern?“
„Sehr gut“, meinte Laryn, als Tirzah nicht von dieser Idee abgeneigt schien. „Dann haben wir wohl ein Date.“ Sie grinste frech, als sie diese menschliche Bezeichnung hervorholte. Plötzlich aber brachte er ihr wieder etwas in den Sinn, dass sie erfolgreich verdrängt hatte. Sie holte Luft und… es war ihr peinlich. Warum war es ihr peinlich? Ihr war nie etwas peinlich! „Es ist-…“ Sie wich seinem Blick aus und ließ ihren Finger über eine seiner vielen Narben gleiten. „Es ist nicht wichtig.“ Bevor er allerdings widersprechen konnte, redete sie einfach weiter. „Die jungen Jägerinnen machen sich gut. Ich glaube, wir können bald zu ein paar Jagden aufbrechen. Delia selbst kann es kaum erwarten, etwas zu erlegen. Ich hoffe nur, dass dieses etwas nicht Rhutvak heißt. Und in diesem Fall hat erlegen auch eine völlig neue Bedeutung.“
Wieder brachte sie ihn zum Lachen. Eigentlich konnte er es sich gut vorstellen, dass der Anführer der Venturas Delia umwarb. Sie war ein gut gebautes, schönes Weibchen und hatte gesunde, starke Kinder zur Welt gebracht. Noch dazu bewies sie ihre Stärke als Jägerin. Nicht jeder war dem so abgeneigt, wie ihr früherer Gefährte und gerade die Venturas schätzten Stärke. „Ich könnte ihm ja ein Bein stellen“, scherzte er, doch dann wurde er wieder ernst. Er löste einen Arm von Laryn und hob ihr Kinn an, damit sie seinem Blick nicht ausweichen konnte. „Sprich mit mir, Laryn“, bat er sie in dem bestimmten Wortlaut, bei dem er sich noch nie hatte abwimmeln lassen. „Es ist dir wichtig, dann kannst du es mir auch sagen.“
„Ein Bein reicht niemals“, meinte Laryn ebenso amüsiert wie Tirzah. Bevor sie aber weiter Witze darüber reißen konnte, hob er ihr Kinn an und verlangte nach einer Antwort. Ihr wurde völlig unwohl und sie wich seinem Blick aus. War es denn nicht so, dass er sie fragen sollte? Umgekehrt war es irgendwie… falsch. Und es ließ sie schwach und unsicher darstellen! Aber dennoch wollte sie ihren Gefährten keinen freien Moment lang missen, den er übrig hatte. „Es… ist nicht so, als würde mir meine Wohnung nicht gefallen oder… als wäre sie mir zu klein. Es ist schön dort…“
Laryns Gehabe ließ Tirzah die Stirn runzeln. Was wollte sie fragen, dass es ihr so peinlich war? Er konnte sich einfach nichts vorstellen, immerhin lebten sie nun schon eine Weile zusammen und bisher hatten sie über so ziemlich alles bereits gesprochen. Dann begann sie stockend zu erzählen und seine Gesichtszüge entspannten sich wieder. Und jetzt wusste er auch, weshalb er sich nicht daran erinnert hatte. Er grinste anzüglich. „Ich dachte, ich hätte meine Meinung zu diesem Thema bereits deutlich gemacht“, sagte er. „Es sei denn, es gibt da eine gewisse Kleinigkeit, die dich davon abschrecken würde.“
Verdammt. Wurde sie jetzt etwa auch noch rot?! Sie war schon lange nicht mehr rot geworden! Aber Tirzah hatte sie eiskalt erwischt. Er wusste genau, was sie mehr oder weniger fragen wollte. Und dann zog er sie auch noch auf! Laryn ließ ihren Kopf auf seine Brust fallen und vergrub sich damit bei und vor ihm. „Du Idiot…“, murrte sie. „Die Kleinigkeit schreckt mich nicht davon ab, aber ich habe keine Ahnung, wie ich damit umgehen sollte, dass du Ratsmitglied bist. Das Oberste noch dazu! Ich würde so gerne jede freie Sekunde über dich herfallen, so wie früher, aber ich halte mich stets zurück weil ich nicht-… weil ich-…“ Ein genervtes und ebenso gedämpftes Stöhnen war zu hören.
Tirzah konnte einfach nicht anders und lachte leise. Seine Gefährtin, die sich ohne zu zögern einem Zweikampf oder einer mächtigen Beute stellte, hatte Angst, sich daneben zu benehmen. Sacht strich er ihr über den Kopf. „Stimmt, wir sind nicht mehr ganz unter uns“, bestätigte er. „Und es würde nicht gerade von Respekt vor dem Rat allgemein zeugen, würdest du dort über mich herfallen.“ Und auch von wenig Selbstdisziplin, doch die hatte er ihr beigebracht und er glaubte kaum, dass dies ein Problem darstellen würde. „Aber ich bin immer noch dein Gefährte, der dich liebt und begehrt. Es wäre frustrierend für mich, würde es dir nicht ebenso gehen.“ Einen Moment schwieg er, dann fügte er noch hinzu: „Zumindest hier müsstest du dich nicht zurückhalten...“
Laryn hob ihren Kopf, das Kinn aber immer noch auf seinem Körper abgestützt, als er sagte, dass er sie liebte und ebenso begehrte. Unwillkürlich musste sie schmunzeln. Tirzah sagte es nicht oft. Sie hingegen würde es ihm am liebsten alle drei Sekunden sagen, ließ es aber aus dem Grund der Unwissenheit, wie die Predator dazu standen bleiben. Warum eigentlich? Es war nicht das erste Mal, dass sie etwas falsch machte oder sogar die Traditionen der Predator mit Füßen trat, ohne es überhaupt zu wissen. Tirzah hatte es meist mit Humor genommen. Bevor sie es ihm aber sagen würde, wollte sie auf Nummer sicher gehen:
"Willst du es denn wirklich? Ich möchte nicht, dass du das Gefühl hast, du musst mich aufnehmen, nur... damit ich den Mund halte. Falls du glaubst ich schmücke mich mit deinem Rang, liegst du auch falsch."
Wie er dieses Zusammensein doch liebte. Es war nicht nur einfach friedlich, es war ein Zuhause. Mehr noch als es ein Gebäude oder ein Schiff je sein könnte. Wenn Laryn bei im wäre, würde er sogar jede Nacht unter freiem Himmel schlafen. Er sah auf sie hinab.
„Laryn... Du bist Jägerin. Du hast den Anspruch auf eine eigene Wohnung, darfst frei jagen, eine Familie gründen. Wir haben Jahrzehnte lang die Galaxie durchstreift, als wir beide Nichts waren. Warum sollte ich glauben, dass du aufgrund von Prestige mit mir zusammen sein willst?“ In seinen Augen funkelte Schalk. „Andererseits ist es wirklich eine große Ehre, ausgerechnet meine Gefährtin zu sein...“
Ja, er zog sie erneut auf. Ganz einfach weil es so lange keine Rolle gespielt hatte, wo sie standen. Sie waren einfach nur sie beide gewesen und er wollte nicht, dass sich das änderte. Wieder strich er ihr sanft durch die Haare. „Behalte deine Wohnung“, meinte er. „Sie steht dir zu und du hast sie dir verdient. Außerdem zeigt sie, dass du unabhängig bist. Aber ich würde mich freuen, wenn du hier wohnen würdest.“
"Eine wahnsinns Ehre", meinte sie trocken, ließ dann aber ebenso ihr Grinsen hervorbrechen. Als er aber meinte, dass sie ihre Wohnung behalten wollte, erstarb es. Das hieß dann wohl nein. Eigentlich sollte es sie nicht enttäuschen. Es war immerhin ihre eigene Wohnung, ihr eigenes Hab und Gut. Aber schon damals als sie unter den Menschen gelebt hatte, hatte es ihr nichts bedeutet. Ohne Tirzah war es einfach kein zu Hause. Aber das würde sie ihm nicht sagen. Sie wollte nicht betteln, sie bettelte nie - nunja, nicht wenn es um so etwas ging. Erst da drang der letzte Satz zu ihr durch und augenblicklich musste sie wieder lächeln. "Ja?", entkam es ihr, bevor sie sich zurückhalten musste. Bevor er darauf antworten konnte, schwang sie sich auf ihn und gab ihm tausend Küsse auf die unverletzten Stellen auf seiner Brust und teilweise auch auf seinen Hals.
Erneut entkam Tirzah ein schmerzerfülltes Keuchen, doch er dachte nicht daran, Laryn von ihren Zärtlichkeiten abzuhalten. Wie selbstverständlich hatten seine Hände ihre Taille gefunden. „Ja“, antwortete er überflüssigerweise. Wie konnte sie nur einen Moment daran zweifeln, dass er sie bei sich haben wollte?
Laryn zuckte leicht zusammen, als sie Tirzah keuchen hörte. Sofort hielt sie inne und richtete sich auf. Zärtlich und noch lange nicht so übermütig wie gerade eben noch, hauchte sie ihm einen Kuss auf seine Mandibel. Grinsend kletterte sie von ihm runter und machte sich daran, aufzustehen. Seine Wunden mussten dringend versorgt werden, ebenso sein Knie. Er sollte nicht weiter unnötig leiden. Ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, sich anzuziehen, verließ sie das Zimmer, um die Salben für ihren Gefährten zu holen.
Trotz der Beschwerden stützte sich Tirzah auf den Ellbogen auf und sah seiner Gefährtin hinterher. Schon jetzt reizte es ihn erneut, seine Hände in ihren Haaren zu vergraben und die einzelnen Strähnen durch seine Finger gleiten zu lassen. Beinahe verdeckte dieser wundervolle schwarze Flut den sanften Schwung ihrer Hüfte. Jede Bewegung schon lange vertraut. Wenn er richtig vermutete, würde sein Duell gegen Franuk schon längst die Runde machen. Damit würde hoffentlich jedem Männchen klar werden, dass er nicht gestatten würde, dass ein anderer um Laryn warb.
Als Rhutvak den Teil des Gebäudes verließ, den er für sich beanspruchte, war das erste was er sah, Laryn. Ohne einen Fetzen am Leib. Offenbar ging es Tirzah wieder gut. „Guten Morgen“, wünschte er freundlich.
Laryn erschrak zutiefst und drehte sich um, bereit jeden einen gehörigen Haken zu verpassen, der es wagte, sie anzugreifen! „Rhutvak“, entkam es ihr, als sie erkannte, wer sich so fies an sie herangeschlichen hatte. Tief atmete sie durch und… schenkte ihm ein Lächeln, während sie sich kurz und knapp ein wenig verneigte. „Du bist schon wieder so früh wach. Dir fehlt eindeutig ein Weibchen.“ Ein Weibchen namens Delia. Sie sollte ihr das nächste Mal definitiv Mut zusprechen. Sie konnte ruhig und ohne jegliche Bedenken um ihn werben.
Rhutvak legte den Kopf schief. „Du meinst jemanden wie dich, der mich die ganze Nacht wach hält?“, fragte er nach, doch er schmunzelte. Er tat so, als müsste er überlegen, doch dann nickte er. „Ich glaube, das ist eine ganz gute Idee“, stimmt er ihr zu. Doch vielleicht würde er noch etwas warten. Er hatte bereits mit Tirzah gesprochen. Den Sitz im Rat würde er so bald noch nicht einnehmen können. Zuerst mussten sich die Venturas beweisen. Und er selbst musste sich beweisen. Wie sein ganzer Clan. Danach vielleicht.
„Ich wünsche euch noch einen schönen Tag“, meinte er dann. „Und halte den obersten Rat nicht so lange auf“, fügte er an. In etwa einer Stunde würde sich der Rat versammeln. Mit einem Neigen des Kopfes verabschiedete er sich und verließ das Gebäude. Sein heutiges Ziel war der nahe Dschungel. Er hatte Lust auf eine kleine Jagd.
Auf seine Worte konnte sie nur lachen. Es würde sie nicht einmal wundern, wenn er sie gehört hätte. Wirklich leise waren sie nun beide nicht, wenn sie sich an ihren beiden Körpern erfreuten. „Es gibt niemanden so wie ich“, meinte sie neckisch und grinste. Als Rhutvak sich mit einer Warnung verabschiedete, verzog sie ihr Gesicht. Er hatte recht… sie sollte die Zeit mit ihm genießen. Ohne eine weitere Sekunde zu vergeuden, eilte Laryn zurück in Tirzahs Zimmer. „Verzeih“, entschuldigte sie sich. „Rhutvak ist mir über den Weg gelaufen und ich hab ihm mal wieder gesagt, dass er sich ein Weibchen suchen sollte. Er nimmt es uns wohl übel, dass wir nachts lauter als er waren“, scherzte sie. Mit einem Lächeln kletterte sie zurück zu ihrem Gefährten und öffnete die Salbe.
Damit brachte sie ihn erneut zum Lachen. „Sobald sich alle an die Venturas gewöhnt haben, wird er nicht lange alleine bleiben“, prophezeite er Laryn, während sie mit ihren sanften Händen die Salbe auftrug. Es war eigentlich von Vorteil, dass sie so lange im Exil gewesen waren. Nur noch ein kleiner Teil erinnerte sich an den Clan selbst und Geschichten ließen sich leichter abstreifen, als das eigentliche Erleben. Und ganz davon abgesehen, wäre er nicht sicher, dass die Venturas lediglich überleben wollten und ihre Vergangenheit hinter sich gelassen hatten, hätte er Rhutvak nicht in seinem Haus willkommen geheißen und würde ihn 'Freund' nennen.
Es war zu schade, dass sie keine Zeit mehr hatten, als Laryn mit der Behandlung fertig war. Sacht strich Tirzah ihr über die Wange. „Danke dir“, sagte er und richtete sich auf. Als er jedoch die Beine über die Bettkante schwang, entkam ihm ein Knurren. Sein linkes Knie sträubte sich und tat trotz allem weh. Missmutig knurrend stand er trotzdem auf. Immerhin konnte er es ein Stück weit belasten. Alles andere konnte die Zeit heilen.
Es tat ihr fast schon selbst weh, zu sehen, was für Schmerzen Tirzah hatte. Und dann auch noch wegen ihr. Langsam stand sie auf und hauchte auf seinen großen Bizeps einen Kuss. „Ich kümmere mich noch um deine Rüstung“, versprach sie und machte sich sogleich daran. Eigentlich wollte sie das gestern noch machen, aber die Zeit zu zweit war es ihr wert gewesen, diese Aufgabe vorerst zu verschieben. So war es nicht verwunderlich, dass Laryn die Rüstung nur reinigte, anstatt sie zu pflegen. Nachdem sie ihre eigene angezogen hatte, trug sie die Teile zu ihrem Gefährten. „Heute Abend kümmere ich mich richtig darum“, versicherte sie ihm. Schließlich würde sie nun bei ihm wohnen. Der Gedanke schaffte es, sie lächeln zu lassen.
„Du weißt, dass du das nicht musst“, antwortete Tirzah lächelnd und doch wusste er, dass sie es tun würde. Das hatte auch nicht länger etwas mit einer Pflicht einer Schülerin gegenüber ihrem Meister zu tun. Es war ein Gefallen, den ein Weibchen ihrem Geliebten tat. Stück für Stück legte er die Rüstung an, wobei ihm Laryn wie selbstverständlich half. Schließlich waren sie bereit für den Tag. Wie schon so oft, legte er eine Hand an ihr Gesicht und lehnte seine Stirn an ihre. „Bis heute Abend“, murmelte er zärtlich, dann trennten sich ihre Wege.
tbc...