Am nächsten Morgen war Laryn es, die sich zuerst bewegte. Vorsichtig löste sie sich von ihrem Gefährten, den sie die ganze Nacht mit sich beansprucht hatte. Tirzah schaffte es wohl viel leichter, als es ihr lieb war, sie davon abzuhalten, sich um seine Rüstung zu kümmern. Auch wenn sie noch viel lieber ein wenig länger liegen bleiben wollte, stand sie auf. Versprochen war nun mal versprochen. So wie sie es von ihren gemeinsamen Jagden wusste, hatte sie ihn trotz ihrer Bemühungen geweckt. Es waren seine jahrhundertelang trainierten Instinkte. In aller Ruhe zog sich Laryn eines der extra für sie gefertigten Oberteile über und band ebenso das Leder um ihre Hüfte. Ein Weibchen hatte dafür gesorgt, dass ein paar ihrer Sachen zu Tirzahs zu Hause gebracht worden waren. Leise singend kniete sie sich auf den Boden und machte sich daran, die Brustplatte zu putzen. Ohne, dass sie es wirklich registrierte, sang sie die Melodie, die sie einst am See wiedergegeben hatte.
Faul rollte sich Tirzah herum und sah seiner Gefährtin zu. Es störte ihn nicht, dass sie ihn geweckt hatte. So konnte er noch ein wenig ihre Gesellschaft genießen. Letztendlich rappelte er sich jedoch auf. Auch wenn er sein Knie schonte, ließ er sich neben ihr nieder. Wie sie nahm er sich ein Rüstungsteil und machte sich ebenfalls an die Arbeit. So sehr er Laryns Fürsorge schätzte, es sollte auf Gegenseitigkeit beruhen. Eine weitere Idee kam ihm und er hatte auch bereits eine Ahnung, wie er sie umsetzen konnte. Doch alles zu seiner Zeit.
Schließlich musste er sich jedoch auf den Weg machen. Mit keinem Wort hatte er erwähnt, was er vor hatte, doch er wusste, dass Laryn ihn gut genug kannte. Sie ahnte bestimmt schon, dass ihm etwas im Kopf herum ging. Doch sie kannte ihn ebenso gut genug, dass sie wusste, dass er nichts offenbaren würde, wenn sie fragte. Wie so oft nahm er sanft ihr Gesicht in seine Hände und lehnte seine Stirn an ihre. „Bis später“, verabschiedet er sich und ging.
Tirzah sah aus, als hätte er irgendetwas vor. Sie fragte aber nicht danach, da es sich dabei wohl sowieso um die Belange des Rates drehte. Liebevoll strich sie ihm über seinen Hals, als er sich verabschiedete.
"Bis heute Abend", meinte Laryn lächelnd und ließ ihn endlich ziehen. Nachdenklich sah sie zu ihrer Rüstung. Auch sie sollte sich auf den Weg machen. Immerhin hatte sie ein paar Weibchen, die sie trotzdem unterrichten sollte. Wegen Delia hatte sie sich noch nicht entschieden. Noch immer bohrte die Nadel der Wut in ihr und ebenso fühlte es sich nach Verrat an. Sie hatte nicht nur einfach den Weg der Jägerin verlassen, sondern ebenso sie als ihre Freundin. Thanos streckte sich und gähnte übertrieben, als sie damit begann, ihre Rüstung anzulegen.
"Bleibst du wieder hier oder kommst du mit?", fragte sie. Überraschenderweise kam keine Antwort zurück. Er sah zu ihr auf und schnaubte, ehe er aufstand und ihr einmal quer übers Gesicht schleckte. Leise lachend klopfte sie ihm auf die Brust. Dann drehte sie sich endlich um und ging los.
Sein erster Weg führte Tirzah jedoch nicht direkt zum Rat. Er hatte einiges vorzubereiten. Zwei Stunden später hatte er Thanos Zuhause aufgesammelt, wo der Dusoq die Gelegenheit ausgenutzt hatte um sich mitten aufs Bett zu legen. Es war wirklich Zeit für Abwechslung. Seine Schritte führten ihn zum Trainingsplatz, wo er Laryn vermutete. Tatsächlich war sie dort, umgeben von ihren Schülerinnen. Nur Delia war nicht anwesend. Hoffentlich täuschte er sich nicht in ihr. Er hoffte ehrlich, dass sie zum Training zurückkehren würde. Er würde seinen Teil dazu beitragen, dass sie ihre Tochter wiedersehen konnte.
Er trat an den Zaun heran, als ob er gerade nicht irgendwo anders sein müsste. Thanos setzte sich neben ihn und gähnte demonstrativ.
Wie so oft erklärte Laryn klar und deutlich ihre Lektionen, bevor sie ins Wesentliche übergingen. Bewegung für Bewegung zeigte sie ihren Schülerinnen den Kampf ums Überleben, sah zu und korrigierte falls notwendig. Um es zu verinnerlichen, ließ sie sie anfangs gegeneinander antreten. Zum Schluss mussten sie das neue gelernte bei ihr beweisen. Rein zufällig bemerkte sie die Gestalt ihres Gefährten am Zaun stehen. Es wunderte sie, dass er Zeit dafür hatte. Nach einem Moment ging sie auf ihn zu und grüßte ihn als Ratsmitglied. "Hat das Ratsoberhaupt Einwände?", erkundigte sie. Schließlich war er gestern gar nicht mehr dazu gekommen, ihr sein Urteil mitzuteilen.
Mit leichtem Neigen des Kopfes begegnete Tirzah dem Gruß. „Deine Schülerinnen machen sich gut“, antwortete er. „Einen Einwand hätte ich jedoch.“ Auch wenn er weiter seine Gefährtin ansah, bemerkte er im Hintergrund, wie ihre Schülerinnen aufmerksam wurden. „Ich frage mich, was du hier tust, wenn wir uns schon längst auf dem Schiff und auf Kurs befinden könnten.“ Er brachte die Worte hervor, ohne eine Miene zu verziehen.
Laryn straffte ihre Schultern und war bereit, seine Einwände aufzunehmen. Was konnte es nur sein? Wollte der Rat, dass sie anders vorging? Natürlich hatte sie eine andere Weise, Wissen zu vermitteln als Tirzah, auch wenn sie vieles einfach übernommen hat. Was er dann aber tatsächlich sagte, schaffte es, dass ihre straffe Haltung bröckelte. Von was sprach er denn da? Hatte sie irgendeinen Festtag nicht berücksichtigt? Nein, selbst andere Jäger waren hier um zu trainieren. Nun zog Laryn doch skeptisch ihre Augenbrauen zusammen und suchte seinen Blick. "Ich... fürchte, ich kann dem Ratsoberhaupt nicht folgen."
Nun konnte er sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. „Wir gehen jagen“, offenbarte er Laryn. „Nur wir drei.“ Es war nicht ganz einfach gewesen, doch er hatte es geschafft. „Aber wir haben nur ein paar Tage.“ Das war der einzige Nachteil daran. Er hatte nur vier Tage herausschlagen können. Trotzdem war es besser, als nichts. Er vermisste eine richtige Jagd und nun hatte er die Gelegenheit.
Ihr skeptischer Blick wandelte sich augenblicklich. Völlig überrascht sah sie zu ihrem Gefährten hoch und konnte ihr strahlendes Lächeln nicht zurückhalten. Bevor Laryn fragen konnte, ob er das denn wirklich ernst meinte, wandte er schon ein, dass sie ein paar Tage Zeit hatten. Tage! Nicht nur ein paar Stunden, sondern Tage! Mit einem freudigen Aufschrei flog sie ihm - ungeachtet des Zaunes, der ihr in diesem Moment eher als Absprunghilfe gedient hatte - in die Arme. Bevor Tirzah sich beschweren konnte, dass sie sich in der Öffentlichkeit gefälligst zusammenreißen sollte, löste sie sich soweit von ihm, dass sie ihn ansehen konnte. "Wer zuerst beim Schiff ist?"
Tirzah verbiss sich ein Lachen. Allein Laryns Freude war es wert gewesen, sich mit dem Rat anzulegen. Er ließ sie wieder los und setzte sie auf ihre eigenen Füße. „Wie wäre es, wenn du zuerst deinen Schülerinnen Anweisungen für die nächsten vier Tage gibst?“, hakte er ernst nach. „Als du sie als deine Schüler akzeptiert hast, hast du die Verantwortung für sie übernommen.“ Manchmal war es faszinierend, wie jung seine Gefährtin doch wirkte, obwohl er sie schon so viel gelehrt hatte. Selbst wenn er selbst noch so sehr nach einer richtigen Jagd gierte, es gab gewisse Notwendigkeiten, denen gefolgt werden musste.
"Oh, richtig", meinte Laryn und musste leise lachen. Bei dieser Freude hatte sie tatsächlich vergessen, wo sie war und was sie eigentlich grade getan hatte. Sie ignorierte auch die Tatsache, dass sie Tirzah eigentlich nicht so leichtfertig in die Arme hätte springen sollen. Immerhin hatte das auch mit Respekt zu tun. Aber wie hätte sie es bei seinen Worten nicht tun können? Er war sozusagen selbst schuld, wenn sie ihn überfiel.
Laryn holte tief Luft, um wieder die ernste Meisterin sein zu können. Elegant schwang sie sich wieder über den Zaun und ging auf ihre Gruppe zu, die neugierig geworden war, warum sie ihren Gefährten so angefallen hatte. Sie erklärte, dass sie ein paar Tage weg war und was sie üben sollten. Sie nickten, als Zeichen, dass sie es verstanden haben und somit kehrte sie zu ihrem Gefährten zurück - mit einem Grinsen im Gesicht. Endlich, ENDLICH, konnte sie wieder mit Tirzah jagen gehen!
Wieder ganz der disziplinierte Rat sah Tirzah zu. Auch wenn er es noch so gern sah, wenn Laryn glücklich war, er ließ sich nichts anmerken. Er hatte festgestellt, dass seine eigene Disziplin dahingehend die letzten Jahre gelitten hatte. Was nicht weiter verwunderlich war, wenn man bedachte, dass es in diesen Jahren quasi nur ihn und Laryn gegeben hatte. Es wurde Zeit, dass er wieder zu seiner alten Form zurückfand und sich dem Platz im Rat tatsächlich würdig erwies.
„Lass uns gehen“, meinte er zu Laryn, als sie zu ihm trat. Keine zehn Minuten später hob das Schiff ab. Als Ziel hatte er eine Dschungelwelt gewählt, die nicht allzu weit entfernt war. Umso mehr Zeit würden sie für die Jagd haben.
Sie bemerkte, dass Tirzah wieder ernster wurde und seine ganze Seriosität ausstrahlte. Ganz so, wie es vor der Veröffentlichung war, dass sie Gefährten waren. Vielleicht sogar, bevor er sie wirklich als Gefährtin erwählt hatte. Laryn nahm es hin. Zumindest so lange, bis sie im Schiff waren. Kaum hoben sie ab, schubste sie Thanos, der zur Seite stolperte und sie verwundert ansah. Dann begann er mit den Schwanz zu wedeln und ging in ‚Angriffsstellung‘. Amüsiert lachte sie auf, festigte ihren Stand und hob ihre Hände, als wolle sie sich auf ihn stürzen und ihn fangen. Schwanzwedelnd sprang der Dusoq auf allen vieren zur Seite, was Laryn nachahmte. Auch als er zur anderen Seite sprang, tat sie dasselbe, ehe sie sich auf ihn stürzten und gemeinsam mit ihm über den Boden kullerte.
Tirzah bekam den Tumult natürlich mit. Auch das spielerische Knurren Thanos', welches er schon lang von ernsthaftem Knurren unterscheiden konnte. Diese Tage würden ihnen allen wirklich allen gut tun.
Und genau das taten sie. Sie jagten und liebten sich. Es störte sie auch nicht, als bereits am ersten Abend Regen einsetzte. Beständig, aber auf dieser tropischen Welt sehr zu genießen.
Laryn folgte Tirzah. Thanos war der Erste, der gleich in das Schiff rannte und sich vor der Nässe rettete. Doch bevor ihre Füße tatsächlich den Aufgang des Schiffs betraten, warf sie einen Blick über ihre Schulter zurück und blieb stehen. Nach einem weiteren Moment legte sie ihre Trophäen auf den Boden ab und trat zurück in den Regen. Ein letztes Mal genoss sie die Aussicht, die sich ihr bot. Die nicht mehr ganz so fremde und bunte Fauna, die Kleintiere, die sie sehr an die Affen der Erde erinnerte und sie neugierig beobachteten...
All das hier würde ihr sehr fehlen, aber es war wohl nur ein weiterer Grund, warum sie auch weiterhin hart an ihrem Rang arbeiten sollte. Je weiter sie aufsteigen konnte, desto mehr Freiheiten hatte sie. Vielleicht sogar mal ein eigenes Schiff. Aber selbst dieser Gedanke tröstete sie nicht, da dabei Tirzah nicht vorkam. Es wäre wohl genauso selten wie jetzt, dass er ein paar Tage rausschlagen konnte. Oder es war eine einmalige Sache gewesen. Die Jägerin seufzte stumm, schloss die Augen und hob ihren Kopf gen Himmel. Das letzte Mal für eine lange Zeit genoss sie die Regentropfen, die ihr ungehindert ins Gesicht tropften.
Vielleicht war es aber auch keine einmalige Sache gewesen. Und schließlich hatten sie auch erfolgreiche Jagden hinter sich und ebenso heiße leidenschaftliche Stunden, die sie teils sogar wieder im Rausch des Adrenalin und Stolzes genossen hatten. Die Erinnerung daran ließ sie augenblicklich schmunzeln. Aus dem Schmunzeln wurde ein Grinsen und aus dem Grinsen ein leises, amüsiertes Lachen.
Tirzah sah über seine Schulter zu seiner Gefährtin. Wie sie da stand, lockte es ihm ein Lächeln auf das Gesicht. Nach einem Moment setzte er seinen Weg zur Brücke fort. Es war nicht fair, dass Laryn mit ihm auf Yautja-Prime festsaß. Zugegeben, jeder Jäger musste sich das Recht auf ein eigenes Schiff erst verdienen. Bis dahin konnten sie die Schiffe des Clans nutzen. Was nicht ohne Wartezeit und Bürokratie abging. Bei ihr war die Sache seiner Meinung nach jedoch anders gelagert. Sie war clanlos und hatte keinerlei Ressourcen dahingehend. Durch die Verbannung war sie während ihrer ganzen Ausbildung quasi unterwegs gewesen. Außerdem vermutete er noch weit mehr Wissen in ihr, welches sie noch nicht erschlossen hatte. Sie sollte in ihrer eigenen Geschwindigkeit ihre Fähigkeiten erweitern.
Immer mit einem Blick auf Anzeige, die ihm bestätigen würde, wenn Laryn das Schiff betreten und die Luke geschlossen hatte, bereitete er den Start vor.
Um Tirzah nicht lange warten zu lassen, beeilte sie sich schließlich, das Schiff zu betreten. Die Trophäen erst mal auf die Seite verstaut, ging sie zur Brücke und ließ sich auf den Co-Piloten-Sitz fallen. In den vergangenen Tagen hatten sie kein Wort über Yautja-Prime, ihre Verpflichtung als Meisterin oder den Rat gesprochen. Es gab nur sie beide, wie auch damals. Allerdings kamen nun ihre Verpflichtungen zurück und dahingehend hatte sie eine Frage, auf die sie eigentlich schon länger eine Antwort wollte.
„Nun sag, Tirzah…“, begann sie, ihrem Mund bereits zu einem schelmischen Grinsen verzogen, so wie sie es immer tat, wenn ein Scherz über ihre Lippen kam. „Musstest du deine Seele verkaufen, um die vier vergangenen Tage mit mir jagen gehen zu dürfen?“
Ein leises Lachen antwortete darauf. Eigentlich hatte er diese Frage schon viel früher erwartet. Er drückte die letzten Knöpfe und sandte sie damit auf den Heimweg. „Nicht ganz“, antwortete er schließlich. „Allerdings hoffe ich, dass alles glatt gelaufen ist, denn der Rat war nicht wirklich einverstanden, das ich mich ausgerechnet von Rhutvak vertreten lasse.“ Und das war noch untertrieben. Laut den anderen Räten hatte sich Rhutvak diesen Platz noch nicht verdient.
Das, was Tirzah da sagte, ließ Laryn doch glatt von ihrer nachlässigen Position – die Beine über die Armlehne gelegt und mehr liegend als sitzend – halb aufspringen. „Was?!“, entkam es ihr. Doch nicht vor Unglauben, viel mehr vor Freude. Allerdings konnte sie sich die Gesichter des Rates gerade nur zu gut vorstellen, als sie den Vorschlag ihres Gefährten gehört hatten. „Ich bin mir sicher, dass er es gut gemacht hat“, meinte sie belustigt. „Hoffen wir nur, dass er es nicht zu gut gemacht hat.“ Frech grinsend lehnte sie sich weiter vor, gespannt, wie ihr Gefährte daraufhin reagieren würde. „Dann könnte ich dich entführen und niemand würde dich vermissen. Ich könnte dich endlich dazu zwingen, mir zu zeigen, wie du dich befriedigst. Dann wärst du... hm... wie nannten die Menschen es? Mein Sexspielzeug? Sexsklave?“
An 'zu gut' glaubte Tirzah noch nicht. Nicht, weil er es Rhutvak nicht zutraute, doch er sollte lediglich ihn vertreten. Nicht seinen eigenen Status festigen. Von daher hatte er ihm auch sehr klare Anweisungen gegeben. Sie beide erwarteten auch nicht, dass Rhutvak sehr bald als Ältester der Venturas dort sitzen würde. Doch diese Gelegenheit war ein perfekter Testlauf und hatten ihm und Laryn diese wenigen Tage verschafft.
Ihre weiteren Worte sorgten jedoch dafür, dass sich sein Gesicht prompt verfinsterte. Wäre er nicht absolut sicher, dass Laryn keine Bewusstseinsverändernden Substanzen benutzte, würde er gerade das vermuten. Er wandte sich wieder der Anzeige zu, obwohl nichts neues dort zu sehen war. „Nein“, antwortete er kalt.
In dem Moment, als sie es ausgesprochen hatte, wurde ihr klar, dass sie es übertrieben hatte. Sofort stand Laryn auf und kniete sich neben ihren Gefährten nieder. „Vielleicht solltest du deiner Gefährtin klar machen, wer hier wen gezähmt hat?“ Mit einem zögerlichen Lächeln blickte sie zu ihm auf.
Tirzah sah zu Laryn hinab. Noch immer hatte er keine Ahnung, was er davon halten sollte. Nach einem Moment, in dem er sie einfach nur angesehen hatte, schüttelte er sacht den Kopf und wandte sich erneut der Anzeige zu. Die Wahrheit war doch, dass es eindeutig sie war, die ihn eingefangen hatte. Irgendwie hatten ihn ihre Worte völlig aus der Bahn geworfen.
Laryn ließ ihre Schultern hängen und kräuselte die Lippen. Natürlich könnte sie sich einfach entschuldigen, aber das brachte gar nichts. Sie wollte doch einfach nur mit ihm blöde Witze reißen. Die Frage war nur, wie sie ihn aus der Reserve locken konnte. Sollte sie ihn einfach weiter machen oder ein paar Schritte zurücktreten? Nach ein paar Momenten, in der Tirzah sie mehr oder weniger demonstrativ ignoriert hatte, entschied sie sich dazu, aufs Ganze zu gehen. Sie setzte sich ungefragt auf seinen Schoß und strich mit ihrer Hand über seine von der Rüstung geschützte Brust. „Du hast mir noch nie gesagt ob du zufrieden bist“, meinte sie leise. „Schließlich hat mein Gott eine der erwählten Frauen auserkoren und mit sich genommen.“ Ihr Ziel damit war, dass sie ihn darauf aufmerksam machte, dass er sie tatsächlich entführt hatte und sie auch intim geworden waren. „Ich bemühe mich, schön für dich zu sein, ich tanze für dich… und ich habe letztens sogar für dich gesungen. Ist mein Gott denn mit seiner Eroberung zufrieden?“
Plötzlich setzte sich Laryn einfach auf ihn und zwang ihn damit quasi dazu, sie anzusehen. Dieses Mal brachten ihre Worte Tirzah jedoch dazu, dass er lächeln musste. Er nahm seine Hände von den Armlehnen und sie fanden ihren Platz auf Laryns Hüfte. „Du meinst mit diesem sturköpfigen Wesen, das wegläuft und es sich in den Kopf gesetzt hat, die beste Jägerin überhaupt zu werden?“, hakte er nach und machte ein überlegendes Geräusch. „Es könnte sein, dass ich noch etwas mehr überzeugt werden muss. Es war nicht nur ein Lied, welches du gedichtet hast oder?“
Laryn hob empört ihre Augenbrauen, als er behauptete, sie wäre stur, lachte aber dann sogleich darauf. Ja, er hatte Recht. Sie war stur. Als er meinte, dass er noch mehr Überzeugung brauchte, wollte sie schon wieder einen trockenen Witz äußern, doch was daraufhin folgte, schaffte es tatsächlich, dass sie ihn überrascht ansah. „Du willst… mehr hören?“ Das warf sie ein wenig aus der Bahn. Natürlich hat er nicht gesagt, dass es ihm nicht gefallen hat, aber sie hatte trotzdem nicht erwartet, dass er mehr hören wollte.
Die eindeutige Überraschung hatte er nicht erwartet. Seine Gesichtszüge wurden sanft. Sacht ließ er seine Hände über ihren Körper streichen, berührte Rüstung und bloße Haut. Wie von selbst fand eine Hand das Band in ihren Haaren. „Du erinnerst dich sicher noch, an unser erstes gemeinsames Fruchtbarkeitsfest“, raunte er sanft. „Als du noch als Streuner galtest und ich noch Cleaner war.“ Sacht löste er das Band und entwirrte die Strähnen. „Ich habe dich bei dem See gefunden und dort habe ich das Schönste gehört, was mir bis dahin in meinem Leben zu Ohren gekommen war.“ Er machte eine kurze Pause. „Du hast gesungen... Das werde ich nie vergessen...“
Wie seltsam es doch war, dass sie es wahrhaftig genoss, wenn Tirzah ihre Haare öffnete oder einfach nur durch sie strich. Es entspannte sie auf eine Art und Weise, die sie sich nicht erklären konnte. Als er zu erzählen begann, suchte sie seinen Blick. Was er sagte, schaffte es, eine solche Rührung in ihr zu erzeugen, dass sie befürchtete, dass ihre Augen glasig wurden. Sie lächelte und strich ihm liebevoll über seine Wange. „Ich hab mir so sehr gewünscht, dass du bei mir wärst. Ich wollte nicht länger alleine sein, nicht länger ertragen, nicht zu wissen, was es bedeutete, jemanden zu haben… und du hast meine Gebete erhört.“ Sanft schmunzelte Laryn. Sie konnte sich an die Melodie erinnern, als hätte sie sie erst gerade wiedergegeben. Die stumme Bitte darin, endlich erlöst zu werden…
Und sie tat es erneut. Sie sang die Melodie, die alleine für Tirzah bestimmt war.
Mit halb geschlossenen Augen lauschte er. Laryns sanfte Stimme floss geradezu durch ihn hindurch. Warm und sanft und es erinnerte ihn an ihre erste gemeinsame Nacht. Seine Hände streichelten sanft über ihre Haut. So sehr er ihre gemeinsamen Jagden und den Sex genoss, das hier war fast noch besser. Es war so viel inniger.
Als sie endete, öffnete Tirzah seine Augen wieder und nahm Laryns Gesicht in beide Hände. Vertraut lehnte er seine Stirn an ihre. „Um nichts auf der Welt will ich dich für irgendetwas eintauschen.“
Laryn schloss ihre Augen, als er seine Stirn an die ihre lehnte. „Ich werde immer an deiner Seite sein“, versprach sie. „Für den Rest meines Lebens, bin ich die deine… und darüber hinaus.“
Innerhalb von wenigen Minuten landete das Schiff auf Yautja Prime. Eigentlich wollte sie sich gar nicht von dem Schoß ihres Gefährten erheben. „Vielen Dank“, hauchte sie und küsste ihm dabei auf eine seiner Mandibeln. „Das waren wundervolle Tage.“ Und sie bedauerte, dass sie schon vorüber waren. Aber vielleicht war es tatsächlich nicht das letzte Mal.
„Ich danke dir“, antwortete Tirzah und genoss den leichten Kuss. So wie Laryn nahm auch er seine Trophäen auf und sie verließen das Schiff. Das erste Mal Seite an Seite. Nun konnte das niemand mehr hinterfragen. Vor Tirzahs großem Haus erwartete sie jedoch eine Überraschung. Delia lehnte dort an der Wand. Sie trug keine Rüstung, aber kaum bemerkte sie sie beide, richtete sie sich auf.
tbc...