Am nächsten Morgen war Dylan der Erste, der wach war. Er kuschelte sich an Jaden, aber als klar war, dass er nicht mehr einschlafen würde, schlich er sich vorsichtig aus dem Bett.
Nach einem Abstecher ins Bad und danach ins Ankleidezimmer, wo er sich eine lange Jogginghose, einen Hoodie und flauschige Socken anzog, tapste er weiter in Richtung Küche.
Ryan, der in Wolfsform auf dem Sofa lag, hob den Kopf, als Dylan ins Wohnzimmer kam.
„Schlaf weiter“, sagte Dylan leise.
Ryan musterte ihn einige Sekunden, dann legte er den Kopf wieder auf den Vorderpfoten ab und schloss die Augen.
Dankbar ging Dylan weiter in die Küche. Ein wenig Ruhe beim Kochen würde ihm sicherlich guttun.
Kurz darauf quollen die Arbeitsplatten vor Kochzutaten über. Er hatte frische Zimtschnecken in den Ofen gesteckt, Teig für Pancakes angerührt und Obst geschnitten. Nun machte er sich daran, die Pancakes, Rührei und Bacon zu braten. Nebenbei machte er Kaffee, deckte den Tisch und stellte Saft, Milch, Ahornsirup und Zucker darauf.
Gerade, als Dylan alles in Schalen auf dem Tisch verteilt hatte und die anderen zum essen rufen wollte, erschien ein sehr grummeliger Jaden in der Küche.
Zielstrebig ging er auf Dylan zu, zog ihn an sich heran und küsste ihn. „Ich hab dich vermisst“, murmelte er. „Ich mag es nicht, alleine im Bett aufzuwachen.“
Dylan kuschelte sich an ihn. „Ich weiß. Aber ich konnte nicht mehr schlafen und dachte, ich mach mich nützlich.“
„Es riecht verdammt lecker. Trotzdem esse ich lieber trockenen Toast, als alleine im Bett aufzuwachen.“ Jaden küsste ihn erneut.
Hinter Jaden kamen Ryan und Vincent schnuppernd in die Küche. „Hm. Was gibts Leckeres?“, fragte Ryan.
Jaden knurrte. „Geht weg! Mein Gefährte!“
Ryan lachte auf. „Ich will nicht deinen Gefährten! Ich will das Essen du Steinzeitwolf.“ Auch Vincent grinste.
Grummelnd drückte Jaden Dylan an sich und drückte seine Nase in dessen Haare.
Dylan tätschelte ihm belustigt die Seiten. „Komm, wir müssen dein Rudel füttern. Danach kannst du mich wieder in deine Höhle schleppen.“
„Hm. Du klingst viel zu vernünftig.“ Jaden seufzte und führte ihn zum Küchentisch. Dort setzte er sich auf die gemütliche Eckbank und zog Dylan direkt neben sich.
Ryan und Vincent setzten sich auf die Stühle gegenüber.
„Wo ist eigentlich Tyler?“, fragte Dylan. „Ah, kaum spricht man von ihm.“
Verschlafen wankte Tyler in die Küche und ließ sich auf den Stuhl neben Ryan sinken. Dieser goss Kaffee in eine Tasse und schob sie Tyler hin, der sie dankbar annahm.
Jaden belud sich und Dylan die Teller mit den ganzen Köstlichkeiten.
Geduldig wartete Dylan, bis auch die anderen ihre Teller befüllt hatten. Jaden hingegen begann direkt zu essen.
„Haben wir auch Toast?“, fragte Tyler.
Dylan wollte aufstehen, wurde aber von Jaden aufgehalten.
„Du weißt, wo der Toast und der Toaster sind“, antwortete Jaden zwischen zwei Bissen.
Tyler sah ihn irritiert an. „Ich wollte nur fragen, bevor ich unnötig aufstehe.“ Er stapfte zum Brotkasten, nahm den Toast heraus und steckte zwei Scheiben in den Toaster.
Während Vincent halbwegs versuchte, sich das Grinsen zu verkneifen, hatte Ryan bereits aufgegeben und versteckte sich hinter seiner Kaffeetasse.
„Du bist heute echt in Steinzeitlaune“, murmelte Dylan.
Jaden drehte sich zu ihm und und küsste Dylan den Hals, was ihm eine Gänsehaut verpasste. „Ich hatte einen doofen Morgen“, antwortete er genauso leise.
Dylan schnaubte amüsiert. Er drehte den Kopf zu Jaden.
Dieser nutzte die Gelegenheit und küsste Dylan. Seine Hand umfasste Dylans Nacken und Dylan vergaß alles um sich herum, als Jadens Zunge über Dylans Unterlippe strich.
Er erwachte erst wieder aus seiner Trance, als Ryan mit dem Messer an seine Tasse stieß. „Jaden“, flüsterte er und wurde rot.
„Was denn, mein kleiner Wolf?“ Jaden sah ihn amüsiert an.
„Wir haben Publikum!“ Dylans Wangen fühlten sich noch heißer an.
Jaden lachte leise. „Hm, an dir ist also kein Exhibitionist verloren gegangen?“
Energisch schüttelte Dylan den Kopf. „Nope!“
„Na gut.“ Jaden küsste ihn ein letztes Mal. „Außerdem soll ja das Essen nicht kalt werden.“ Er drehte sich, als wäre nichts gewesen, zu seinem Teller um und schob sich ein Stück Rührei auf die Gabel.
Dylan hingegen hatte das Gefühl, gleich zu verglühen. Einerseits vor Erregung wegen Jadens Liebkosungen, andererseits aus Scham, weil die anderen dabei hatten zusehen können. Er drückte sein Gesicht an Jadens Schulter.
„Bah, was riecht hier so?“, fragte Ryan und rümpfte die Nase.
Verwundert sah Dylan auf und sah den rauchenden Toaster. „Öhm, ich glaube, der Toaster brennt?“
Tyler sprang auf, riss den Stecker aus der Steckdose, warf den Toaster ins Waschbecken und ließ Wasser darüber laufen. Es zischte und es stiegen Dampf und Rauch aus dem Waschbecken auf.
„Du hast den Toaster kaputt gemacht“, stellte Jaden grummelig das Offensichtliche fest.
„Was du nicht sagst“, knurrte Tyler und starrte dann den Toaster böse an.
Ryan grinste. „Ich glaube, der Toaster war einfach von euch beiden so angetan, dass er überhitzt hat.“
Nun war es Ryan, der von Dylan und Jaden böse angestarrt wurde. Dylan hatte das Gefühl, dass seine Wangen noch mehr glühten.
Ryan zuckte jedoch nur ungerührt mit den Schultern. „Was denn? Ist doch so.“
Jaden schnaubte. „Dafür kannst du jetzt auch den neuen Toaster bestellen!“
„Warum ich? Tyler hat ihn abgefackelt!“ Ryan sah Jaden empört an.
„Weil du Dylan verlegen gemacht hast. Darum.“ Jaden biss in ein Stück Apfel.
Dylan pikte Jaden mit dem Finger in die Seite und schüttelte den Kopf. „Tyler darf den Toaster bestellen. Er hat ihn ja auch kaputt gemacht. Und lass Ryan in Ruhe. Ich hab dir letztens schon gesagt, dass ich es einfach nicht gewöhnt bin. Aber Ryan ist mein Freund. Der darf das.“
Belustigt sah Jaden ihn an. „Ach ja?“
Mit zusammengekniffenen Augenbrauen starrte Dylan zurück. „Ja, das ist so!“
Jaden grinste. „Hast du ein Glück, Ryan.“ Er nahm sich eine der Zimtschnecken, steckte sie sich in den Mund und seufzte glücklich.
Irritiert, weil Jaden so einfach nachgegeben hatte, sah Dylan auf seinen Teller. Er spießte ein Stück Pfannkuchen auf die Gabel und ertränkte es in der Ahornsirup-Pfütze am Tellerrand. Er steckte es sich in den Mund und kaute. Einige Bisschen später sah er wieder auf und blickte in die drei grinsenden Gesichter von Ryan, Tyler und Vincent. Als Dylan sich zu Jaden drehte, funkelte der die drei Betas an. „Was habt ihr denn schon wieder?“, fragte Dylan.
„Rotzfreche Betas“, antwortete Jaden ohne den Blick von ihnen zu nehmen.
Ungerührt grinsten sie ihn weiter an.
„Gönn uns doch ein wenig Spaß“, sagte Ryan.
Immer noch verwirrt sah Dylan zwischen den vier hin und her. „Hab ich was verpasst?“
Ryan lächelte ihn warm an. „Wir finden es nur super, dass du unseren Alpha hier so in der Tasche hast. Du bist ein Steinzeitwolf-Bändiger.“
Jaden knurrte und die Betas grinsten nur noch breiter.
Dylan lehnte sich an Jadens Schulter und sah ihn besorgt an. „Hab ich was falsch gemacht?“, fragte er leise.
Liebevoll strich Jaden ihm über die Wange. „Im Gegenteil, kleiner Wolf. Du hast alles richtig gemacht.“ Er sah auf. „Es wäre aber toll, wenn sich meine Betas etwas unauffälliger dran ergötzen würden.“
Tyler prustete. „Öhm. Sorry aber nein.“
„Gönn es uns. Wir haben uns das verdient“, ergänzte Ryan.
Vincent nickte eifrig und Jaden ließ den Kopf hängen.
Verlegen drückte sich Dylan fester an Jaden. „Sorry“, murmelte er.
Jaden legte ihm den Arm um die Schultern und zog ihn heran. Sanft küsste er Dylan. „Du hast nichts, wofür du dich entschuldigen müsstest, kleiner Wolf. Lassen wir ihnen ihren Spaß. Und sie haben ja recht, du hast mich absolut um den Finger gewickelt.“ Jaden küsste ihn wieder. „Und das ist völlig okay so.“
„Sicher?“, fragte Dylan.
„Absolut. Ich mag es, wenn du mir sagst, was du möchtest. Heißt nicht, dass ich alles mittrage, aber ich will deine Meinung hören.“ Jaden lächelte ihn an. „Und jetzt iss, bevor wirklich alles kalt wird.“
Dylan nickte und drehte sich zurück zu seinem Teller.
„Denkt bloß nicht, dass ihr das auch versuchen könnt!“, sagte Jaden knurrig zu den Betas.
Die hoben abwehrend die Hände und setzten ihren besten Dackelblick auf.
„Würden wir doch nie tun“, antwortete Tyler. Er hatte sich eine Pfanne genommen und toastete den Toast nun darin.
„Und schamlos lügen tun sie auch noch.“ Jaden seufzte leidend.
Dylan lachte leise. Er konnte Jadens zuckende Mundwinkel genau sehen und wusste, dass er sein Bestes gab, um sich das Lachen zu verkneifen.
Jaden rettete sich, indem er sich eine Zimtschnecke in den Mund steckte und kaute.
Nachdem Tyler endlich seinen Toast hatte, überlegten sie gemeinsam, wie sie die nächsten Tage organisieren wollten.
Nach dem Frühstück räumten die Betas freiwillig die Küche auf. Jaden machte Kaffee für sich und Dylan. Gemeinsam ließen sich die beiden auf dem Sofa nieder. Dylan kuschelte sich an Jaden, der noch eine flauschige Decke über ihn legte.
Es war zwar angenehm warm, aber Dylan genoss es dennoch sehr, sich unter der Decke an Jaden zu kuscheln.
Jaden legte ihm den Arm um die Schultern und küsste Dylans Schläfe. „Was hattest du eigentlich zu Thanksgiving geplant?“
Dylan schluckte. Nach Hause konnte er dieses Jahr nicht fahren. Von Bree wusste er, dass sie und Tyler nach Hause fahren würden. Er vermutete, dass auch Jaden heimwollte. Er selbst würde wohl hierbleiben. „Keine Ahnung. Vermutlich lernen, warum?“
„Lernen? Warum lernen?“, fragte Jaden irritiert.
Unsicher zuckte Dylan mit den Schultern. „Was soll ich sonst machen?“
Jaden schnaubte. „Glaubst du ernsthaft, dass ich dich Thanksgiving alleine lassen würde?“
Dylan sagte nichts, sondern drückte sein Gesicht an Jadens Brust.
„Ich behaupte, wir haben zwei Optionen. Variante eins, wir bleiben hier, bestellen uns dann was zu essen und schauen die Parade. Oder Variante zwei, wir fahren gemeinsam nach Hause und machen es uns da bequem.“ Jaden streichelte ihm sanft über die Wange.
„Ich will nicht stören“, murmelte Dylan.
Seufzend schob Jaden seine Finger unter Dylans Kinn und drückte es nach oben, sodass Dylan ihn ansah. „Kleiner Wolf“, sagte er streng und Dylan schauderte. „Du störst nicht. Ich will meine Zeit mit dir verbringen und ich würde mich sehr freuen, wenn wir Thanksgiving nach Hause fahren würden.“
„Meinst du, das ist okay?“, fragte Dylan leise.
„Warum sollte es nicht okay sein?“ Jaden sah ihn verwirrt an.
Dylan schluckte. „Na ja, das ist ein Familienfest und ich weiß ja nicht, ob es okay ist, wenn du jemanden nach Hause bringst.“
„Oh, kleiner Wolf.“ Jaden sah ihn liebevoll an. „Du gehörst zu meiner Familie! Und es ist auch dein Zuhause! Meine Eltern freuen sich schon sehr drauf, dich endlich kennenzulernen. Sogar meine Brüder sind neugierig.“ Er küsste Dylan. „Kleiner Wolf. Du solltest dir langsam merken, dass du jetzt eine sehr liebevolle und fürsorgliche Familie und ein Zuhause dort hast.“
„Okay?“ Dylan sah ihn verschüchtert an.
„Unser Rudel ist kein Stück wie dein altes. Und ich bin mir sicher, dass sie dich lieben werden. Schau nur, wie schnell du Tyler, Ryan und Vincent um den Finger gewickelt hast. Und das will grade bei Ryan was heißen, der Mann hasst Fremde!“
Dylan blinzelte ihn an. „Aber Ryan ist doch voll cool?“
Jaden schnaubte belustigt. „Aber auch nur, wenn er die Leute kennt und mag. Wenn nicht, kann der Kerl ungemütlicher werden, als nen Hurrikan der Stufe fünf.“
„Oh“, sagte Dylan.
„Ja. Ryan ist nicht umsonst stellvertretender Chef der Betas. So lieb und nett er aktuell tut, seine Aufgabe ist der Schutz des Rudels. Und darin ist er verdammt gut. Ansonsten würde ich dich nicht guten Gewissens in seiner und Vincents Obhut lassen.“ Jaden grinste.
„Hey! Erzählst du schon wieder Blödsinn über mich?“, fragte Ryan, der in diesem Moment mit einer Kaffeetasse in der Hand aus der Küche kam. Er ließ sich auf einen Sessel fallen und sah Jaden fragend an.
„Ich hab Dylan nur erklärt, dass du zum Hurrikan Stufe fünf werden kannst, wenn du musst“, antwortete Jaden.
Ryan zuckte ungerührt mit den Schultern. „Ich nehme meinen Job halt ernst.“
„Pluster dich nicht so auf“, sagte Tyler, der zusammen mit Vincent aus der Küche kam und sich ebenfalls setzte.
Abschätzig sah Ryan Tyler an. „Du brauchst wohl wieder ne Runde auf der Matte, Welpe?“, fragte Ryan provokant.
Tyler riss die Augen auf. „Nope! Ich bin lieb!“
Ryan schnaubte belustigt. „Zu spät. Und Training schadet nie.“
„Kann ich nicht mit Vincent trainieren?“, bettelte Tyler.
Vincent schüttelte grinsend den Kopf.
„Verräter!“, murrte Tyler und ließ den Kopf hängen.
„Ich bin auch nett zu dir.“ Ryan setzte einen gespielt unschuldigen Blick auf.
Grummelnd sah Tyler ihn an. „Hmhm, dann komm ich nur als blauer Fleck nach Hause und nicht mit zusätzlich noch zehn gebrochenen Knochen?“
„Genau!“ Ryan strahlte.
Seufzend ergab Tyler sich seinem Schicksal. „Na klasse.“
Dylan sah fasziniert dem Gespräch zu.
„Das könnt ihr machen, wenn wir nach Hause fahren“, sagte Jaden streng. „Hier brauche ich Tyler in Topform.“
Ryan nickte. „Wir fahren also heim? Perfekt! Dann bekomm ich doch den guten Truthahn.“ Er rieb sich begeistert die Hände.
„Sehr gut. Dann ist das auch geklärt“, sagte Jaden.
„Was schauen wir heute?“, fragte Ryan.
Jaden sah zu Dylan, der jedoch nur mit den Schultern zuckte. „Okay, such dir was aus.“ Er streckte sich aus und zog Dylan an sich, der den Kopf auf Jadens Brust ablegte und die Augen schloss.
Dylan hörte, wie Ryan, Tyler und ziemlich sicher auch Vincent sich durch das Netflix-Programm wühlen und sich schlussendlich doch auf einen Film einigen konnten. Er selbst genoss es einfach nur, an Jaden gekuschelt da zu liegen. Er war neugierig auf Jadens Familie und dessen Zuhause, hatte aber gleichzeitig auch etwas Angst davor. Aber Jaden würde schon auf ihn aufpassen.