Einige Tage später saß Dylan eingewickelt in eine Decke und mit einem dampfenden Kaffeebecher in der Hand zwischen River und Jaden auf dem Sofa. Sie sahen eine Wiederholung der Thanksgiving-Parade in New-York, da keiner von ihnen Lust gehabt hatte, dafür bereits um sechs Uhr morgens vor dem Fernseher zu sitzen.
Liam war unterwegs, um seine Gefährtin Mia und ihre gemeinsamen Kinder Celine und Tobias, die bei Mias Eltern gewesen waren, vom Flughafen abzuholen. Eve und Landon waren im Gemeindehaus, wo sie bei den Vorbereitungen halfen. Dylan, Jaden und River hatten angeboten zu helfen, aber die beiden hatten abgelehnt und gesagt, dass sie es sich gemütlich machen sollten.
Und genau das taten sie. Jaden und River tranken Kaffee und amüsierten sich über die Parade, während Dylan mit halb geschlossenen Augen an Jaden lehnte und seinen Kakao nippte. Hin und wieder hielt Jaden ihm ein Stück Pancake vor den Mund, das er glücklich verspeiste.
„Hast du ein Leben“, sagte River amüsiert.
Dylan sah ihn fragend an, während er auf dem Pancake kaute.
„Ja genau das. Rumliegen, Kakao schlürfen und gefüttert werden.“ River legte sich halb auf Dylan, um Jaden ein Stück Pancake abzuluchsen.
„Hey, geh von mir runter! Du bist schwer!“, murrte Dylan gequält.
„Wenn Jaden mir einen Pancake gibt!“, antwortete River frech.
Jaden knurrte. Dann ließ der Druck nach und Dylan konnte wieder atmen.
Dylan kuschelte sich an Jaden und drückte seine Nase an dessen Brust. Er hörte, wie River seinen Pancake futterte. „Und du belohnst ihn auch noch?“, fragte er Jaden brummig.
„Ich wollte ihn von dir runter bekommen. Wenn er das noch mal macht, schmeiß ich ihn allerdings aus dem Fenster.“ Jaden knurrte wieder.
„Dann gib mir die Pancakes halt so!“, antwortete River.
„Wie wärs, wenn du faules Vieh dir nen Teller aus der Küche holst?“, fragte Jaden genervt.
River schnaubte. „Viel zu weit weg. Und du hast mehr als genug da liegen!“
Dylan sah River unbeeindruckt an. „Hmhm. Du bekommst also morgen keine Pancakes!“
Panisch sah River ihn an. „Was? Das kannst du doch nicht machen! Hallo? Du bist doch der nette Omega! Nicht so ein Knurrvieh wie mein Bruder!“
Jaden lachte und küsste Dylan auf den Hinterkopf. „Jaa, gibs ihm“, flüsterte er.
„Das hab ich gehört!“, murrte River und funkelte Jaden an.
„Dann steh auf und geh dir Pancakes in der Küche holen! Das sind meine!“ Dylan wurde rot und drückte sich fester an Jaden, als River ihn kritisch musterte.
Dann seufzte River dramatisch. „Naa gut, weil du es bist.“ Übertrieben umständlich stand er auf und stapfte in die Küche.
„Man könnte meinen, du wärst zwölf und nicht dreißig“, rief Jaden hinterher.
River kam mit einem Berg Pancakes, die in Ahornsirup ertränkt waren, aus der Küche zurück. „Gewusst wie!“
„Es wird Zeit, dass dich wer fest tackert!“ Jaden seufzte.
„Aber wo bliebe da der Spaß“, fragte River, setzte sich und verputzte seine Pancakes, während er die Parade beobachtete.
Am Nachmittag kam Liam mit seiner Familie zurück. Kaum hatte er die Tür geöffnet, schossen die beiden Kinder ins Wohnzimmer und direkt auf Dylan zu. Bevor dieser wusste, wie ihm geschah, saßen beide Kinder auf seinem Schoß und strahlten ihn an.
„Öh, hi?“, sagte Dylan und lächelte vorsichtig zurück.
Jaden nahm ihm lachend die zum Glück gerade geleerte Tasse aus der Hand.
„Ich bin Toby. Und du bist Dylan, oder?“, fragte der Junge mit den rotbraunen, völlig verstrubbelten Haaren.
Dylan nickte. „Und du musst dann Celine sein?“
Nun nickte Celine und lehnte ihren Kopf an Dylans Schulter.
„Euch kann man keine zwei Minuten aus den Augen lassen“, schimpfte Liam vom Flur aus.
Beide Kinder drückten sich fester an Dylan und sahen ihn mit großen Kulleraugen an. Es gelang ihm nicht wirklich, sein Lachen zu verstecken. Auch Jaden und River versagten kläglich dabei.
Liam kam ums Sofa herum und klemmte sich seufzend die beiden Kinder unter die Arme. „Dafür könnt ihr gleich beide den Flur und das Wohnzimmer fegen. Ihr habt mit euren Schuhen alles dreckig gemacht! Wenn ihr Kekse wollt, sollte das weg sein, bevor Grammy wiederkommt!“
Es folgte ein lautstarkes Schiefen, aber Liam blieb hart.
Lachend kam eine leicht mollige Frau mit Sommersprossen, rotbraunen Haaren und Stupsnase ins Wohnzimmer. Dylan fand sie auf Anhieb sympathisch. Sie kam auf Dylan zu und beugte sich zu ihm, um ihn zu umarmen. Mittlerweile daran gewöhnt, erwiderte er die Umarmung herzlich.
Sie ließ ihn los und strahlte ihn an. „Du musst Dylan sein. Ich hab schon so viel von dir gehört! Ich bin Mia.“ Sie scheuchte River, der brummend Platz machte, zur Seite und setzte sich direkt neben Dylan.
„Und was ist mit uns?“, fragte Jaden gespielt empört.
Mia hob die Augenbraue. „Was soll mit euch sein?“
„Wir werden nicht begrüßt?“ Jaden schnaubte.
Lachend streckte Mia ihm die Zunge raus. „Euch kenn ich doch schon. Ich will jetzt lieber mit dem neuen Spielzeug spielen!“
Dylan wurde rot.
„Boah! Wie fies!“, beschwerte sich Jaden. Dir helf ich noch mal!“
Mia grinste ihn an. „Hallo, kleiner Bruder! Ich hab dich auch lieb!“
Jaden legte Dylan den Arm um die Schultern und zog ihn an sich. „Pah! Jetzt hast du Pech gehabt!“
„Hey! Macht das untereinander aus und lasst mich da raus“, beschwerte sich Dylan.
Dann kamen Celine und Tobias wieder, Liam stapfte kopfschüttelnd hinter ihm her. Die beiden Kinder krabbelten wieder auf Dylans Schoß und sahen ihn erwartungsvoll an. „Mama hat gesagt, du gehörst jetzt zur Familie“, sagte Toby und grinste.
Fragend sah Dylan zu Mia, die ihn rettete. „Genau. Das ist euer Onkel Dylan. Er ist der Gefährte von Jaden.“
Celine nickte und runzelte dann die Stirn. „Aber warum hat Onkel Jaden einen Gefährten und Onkel River nicht? River ist doch viel größer!“
Jaden, Mia und Liam begannen schallend zu lachen, während River vor sich hin knurrte.
„Genau, Onkel River. Warum hast du noch keinen Gefährten?“, fragte Jaden und grinste.
„Ihr seid doch doof!“, murrte River. „Und weil ich meinen Gefährten oder meine Gefährtin noch nicht gefunden habe!“
„Das ist aber doof! Mama! River braucht auch einen Gefährten! Alleinsein ist blöd! Wir müssen ihm helfen“, sagte Celine ernst.
„Oh Hilfe“, murmelte River und ließ den Kopf nach hinten sinken.
Liam gluckste vor sich hin und setzte sich auf einen der Sessel. „Wir machen es jetzt wie früher und lassen ihn sämtliche Rudel nach einem passenden Gefährten abgrasen“, schlug er vor.
River funkelte ihn an. „Ich nehm dich dann als Bodyguard mit, um mich vor den Rudeln zu beschützen, wenn ich mich durchprobiere!“
„Wie kann man denn ein Rudel probieren?“, fragte Toby unschuldig.
Mia hieb River den Ellbogen in die Seite. „Das darfst du ihm jetzt erklären!“
„Aua! Warum seid ihr so gemein zu mir?“, fragte River und schmollte. „Das heißt, dass man sich die Wölfe ohne Gefährten anschaut und sie beschnuppert.“
„Oh! Ich hoffe, da sind dann keine Wölfe dabei, die sich nicht gerne duschen!“ Toby rümpfte die Nase.
Jaden liefen vor Lachen mittlerweile die Tränen.
Auch Dylan hatte höchste Mühe, es bei einem fast lautlosen Prusten zu belassen, um die Kinder nicht zu erschrecken oder sie sogar aus Versehen runterzuwerfen. Dennoch hatte er ein wenig Mitleid mit River. „Ich bin mir sicher, dass auch River noch einen passenden Gefährten findet! Er muss halt leider ein wenig mehr Geduld haben.“ Er lächelte River an, der ihn dankbar ansah.
„Genau! Und so lange bin ich der coole Onkel und der beste Babysitter der Welt!“ River sprang auf, schnappte sich Toby und Celine und wirbelte mit ihnen durchs Wohnzimmer, was sie begeistert aufquietschen ließ.
„Zum Glück haben sie noch nicht gegessen“, murmelte Mia.
In diesem Moment ging die Haustür auf und Eve kam kurz darauf ins Wohnzimmer. „Ah! Hab ich doch richtig gesehen! Schön, dass ihr wieder da seid! Ich hab euch vermisst!“
Celine und Toby strampelten, bis River sie absetzte und rannten dann in Eves Arme. „Grammy! Grammy! Wir haben dich auch vermisst!“
Eve küsste ihnen die Wangen. „Ich hoffe, ihr habt großen Appetit mitgebracht. Heute gibt es Truthahn!“
Die beiden nickten eifrig und Celine breitete die Arme aus. „Ich hab sooo viel Hunger!“
Lachend wuschelte Eve ihr durch die Haare. „So viel? Dann brauchst du ja einen ganzen Truthahn für dich alleine!“
„Ich teil mit Toby!“, sagte Celine und strahlte ihren Bruder an.
Dylan kuschelte sich an Jaden.
„Weißt du, auf was ich mich freue?“, flüsterte Jaden ihm ins Ohr.
„Was denn?“, fragte Dylan leise.
„Wenn unsere Kinder solche Diskussionen führen“, antwortete Jaden und küsste Dylans Hals.
Wohlig schaudernd lehnte Dylan sich in die Berührung und drehte dann den Kopf, um Jaden zu küssen. „Das klingt gut“, murmelte er.
Jaden legte Dylan eine Hand an den Hals und küsste ihn leidenschaftlich.
Erst ein Räuspern von Liam ließ Dylan wieder zurück in die Wirklichkeit finden und er wurde rot.
„Immer diese Spielverderber!“ Jaden knurrte.
„Warum vergesse ich eigentlich immer alles um mich herum, wenn wir uns küssen?“, fragte Dylan leise. Mia lachte und Dylan vergrub sein Gesicht an Jadens Hals. Er hatte wohl auch völlig vergessen, wie gut alle hörten.
„Weil sich das zwischen Gefährten so gehört, Dylan“, beantwortete Mia seine Frage.
Auch Eve und Liam stimmten dem deutlich zu.
„Mach dir keinen Kopf, Dylan. Liam und Mia sind bis heute so und mir gehts mit Landon auch nicht viel besser. Solange es nur beim Rumknutschen bleibt, wird da niemand meckern“, sagte Eve amüsiert.
„Naja, wenigstens lassen sie sich von einem Räuspern unterbrechen. Und nicht wie gewisse andere Paare nur von einem Eimer Wasser!“ River lachte.
Diesmal war es Liam der knurrte. „Ich werde dich dran erinnern, wenn du den Eimer Wasser brauchst!“
Eve klatschte in die Hände. „Kinder! Hört auf zu streiten. Geht lieber die Hände waschen, zieht euch um und kommt dann rüber ins Gemeinschaftshaus. Das Essen ist bald fertig!“
„Ja, Mom“, ertönte es gleichzeitig mit dem „Ja, Grammy“, der Kinder und Dylans einsamen „Ja, Eve“. Artig standen sie alle auf und verstreuten sich im Haus.
Dylan folgte Jaden nach oben in ihr Schlafzimmer, wo sie sich beide aus ihren Jogginghosen und den verwaschenen Pullis schälten und diese gegen dunkle Jeans und warme Hoodies tauschten.
Kurz darauf folgten sie Eve und den anderen ins Gemeinschaftshaus, aus denen ihnen die köstlichsten Gerüche entgegen waberten. Dylan lief das Wasser im Mund zusammen.