Die letzten Tage waren rasend schnell an Dylan vorbeigezogen. Tagsüber hatte er viel Zeit mit seiner Mom verbracht, während die Nächte Jaden gehörten. Als er sein schlechtes Gewissen, dass er Jaden alleine ließ, ausdrückte, hatte Jaden ihn nur kopfschüttelnd angesehen und geküsst. Und ihn dran erinnert, dass er absolut kein Problem damit hatte, Dylan seine Mom ewig nicht gesehen hatte und sie bis zu den nächsten Semesterferien auch nicht mehr sehen würde. Danach war Dylan deutlich entspannter gewesen.
Und wie immer genoss er es, jeden Morgen mit Jadens warmer Brust im Rücken aufzuwachen.
„Frohe Weihnachten, kleiner Wolf“, murmelte Jaden und küsste Dylans Hals.
Dylan drehte sich um und lächelte Jaden an. „Frohe Weihnachten.“
Jaden legte Dylan die Hand an die Wange und küsste ihn zärtlich. Dylan wunderte sich, warum er nach Zahnpasta schmeckte. Aber als er den Kuss erwiderte, vergaß er alles um sich herum. Eingehüllt in Jadens Geruch und Wärme und mit dessen Lippen auf seinen, gab es für Dylan nichts mehr anderes.
Ihre sinnliche Zweisamkeit hielt jedoch nicht sehr lange an und wurde von Gekicher durchbrochen. Jaden gab Dylan noch einen letzten Kuss und drehte den Kopf zur halb geöffneten Tür, wo Celine und Toby standen und sie breit angrinsten.
„Na ihr Rabauken? Seid ihr wieder frech?“, fragte Jaden.
Dylan schmunzelte, als die beiden rot wurden.
„Aber es gibt doch Geschenke!“, rief Celine aufgeregt und machte einen Schritt ins Zimmer hinein.
Toby nickte eifrig. „Und Grammy hat gesagt, dass es die erst gibt, wenn alle da sind. Und ihr seid die Letzten! Ihr müsst aufstehen!“
Jaden brummte. „Aber im Bett ist es soooo kuschlig und warm. Ich will nicht aufstehen.“
„Aber Onkel Jaden!“, quengelte Celine.
„Nönö!“ Jaden zog sich grinsend die Decke über den Kopf.
Amüsiert beobachtete Dylan wie Celine und Toby aufs Bett sprangen und versuchten, Jaden unter der Decke hervor zu bekommen. Um selbst nicht von den wild herum fliegenden Armen und Beinen getroffen zu werden, schlüpfte er aus dem Bett und setzte sich auf den kuschligen Lesesessel daneben. Er wickelte sich in die Decke, die dort lag, und zog sich ein frisches Paar Flauschsocken an.
Jaden hatte es geschafft, die beiden Welpen so in die Decke einzuwickeln, dass sie nicht mehr herauskamen, und grinste ihn an.
„Na, hast du Beute gemacht?“, fragte Dylan.
Celine und Toby quietschten und lachten, während sie versuchten, sich aus der Decke zu befreien.
„Jap. Das wird mein leckeres Frühstück!“, antwortete Jaden und schnappte spielerisch mit den Zähnen nach den beiden, die nur noch lauter quietschten.
„Gegessen wird aber in der Küche!“ Dylan stand auf und schnappte sich eine gefütterte Jogginghose mit Weihnachtsbäumen darauf und einen Hoodie mit Rentieren. Er klemmte sich beides unter den Arm und verschwand im Bad. Nach einer kurzen Morgentoilette tauschte er seinen Pyjama gegen die mitgebrachte Kleidung und ging zurück ins Schlafzimmer, wo Jaden die beiden Welpen immer noch gefangen hielt.
„Fertig?“, fragte Jaden und nahm das zappelnde Welpenbündel auf den Arm, als Dylan nickte.
Im Wohnzimmer angekommen, ließ Jaden Celine und Toby vorsichtig auf dem Sofa aus der Decke fallen.
Aufgeregt sprangen die beiden auf und rannten zum festlich geschmückten Weihnachtsbaum, unter dem die Geschenke lagen.
Dylan setzte sich neben seine Mom, die auf einem der Sofas saß. Auch die anderen waren schon da und hatten sich rings um den mit Essen beladenen Couchtisch auf den Sofas und Sesseln verteilt. Im Hintergrund lief Weihnachtsmusik.
Lächelnd ließ Jaden sich neben Dylan in die weichen Polster sinken und legte die Decke über sie.
„Frohe Weihnachten“, sagte Dylan und lehnte seinen Kopf an die Schulter seiner Mutter.
„Frohe Weihnachten, mein Baby“, antwortete sie und strahlte ihn an. Sie wirkte entspannt und glücklich. „Ich fühle mich wie im Traum:“
Dylan grinste. Er war so froh, dass sie endlich auch in Sicherheit war. „Nicht nur du.“ Er sah sich um und schluckte schwer, als er zwischen den Weihnachtskugeln und -figuren aus Glas und Holz, auch die von ihm und seiner Mom selbst gemachten Dekorationen sah. „Du hast sie mitgebracht?“, fragte er leise.
Kate lächelte. „Ja, ich hab alles mitgenommen, was in unserer Hütte war.“
Landon schnaubte. „Hütte. Ich bin fasziniert, wie du aus dem Holzhaufen ein Zuhause gemacht hast. Aber ihr habt Besseres verdient, als einen zugigen und kalten Bretterverschlag.“
Beschämt senkte Kate den Kopf.
„Das ist nichts, wofür du dich schämen musst, Kate! Das war ein Lob! Du hast es trotz eurer widrigen Umstände geschafft, Dylan eine Familie und ein Zuhause zu geben.“ Landon kniete sich vor ihr auf den Boden und nahm ihre Hand.
„Ich hab versucht, was ich konnte. Aber außer das, was wir im Wald gefunden haben, haben wir nichts bekommen. Nur ein bisschen Essen und hin und wieder Stoff für Kleidung. Wer Fleisch haben wollte, musste selbst jagen gehen. Ich hab immer wieder Hasen und Rehe gegen fertig genähte Kleidung getauscht“, sagte Kate leise.
Eve ließ sich neben ihr auf die Armlehne sinken und legte ihr den Arm um die Schultern. „Und du solltest stolz darauf sein! Du bist eine echte Kämpferin.“ Eve strahlte sie an. „Aber auch eine Kämpferin braucht mal Urlaub. Und den verordne ich dir jetzt. Entspann dich, genieß es und gönn es dir. Und zwar solange du willst.“
Kate sah sie dankbar an und nickte. „Okay.“
„Und nimm dieses Weihnachten einfach als Neuanfang.“ Landon lächelte.
„Das klingt gut“, antwortete Kate.
Dylan legte seinen Kopf auf ihren Schoß, als Landon aufgestanden war und seine Beine auf Jadens Oberschenkel. Er seufzte glücklich. „Das klingt es wirklich.“
Sie sahen Celine und Toby zu, die sich nun endlich über ihre Geschenke hermachen durften. Kate strich Dylan dabei sanft durch die Haare.
Celine quietschte, als sie das Geschenk von Dylan und Jaden, einen Plüschwolf, der größer war als sie selbst, auspackte. Dann sprang sie auf Dylan und Jaden zu, umarmte beide und sagte dabei immer wieder: „Danke! Danke! Danke!“
„Gern geschehen, Celi“, sagte Jaden.
„Und er sieht aus wie Onkel Dylan!“, rief sie begeistert.
Dylan lachte. „Jetzt hast du mich immer zum Kuscheln da.“
Glücklich strahlte Celine ihn an und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Dann sprang sie wieder zurück zu ihrem Plüschwolf und stürzte sich auf ihn, um ihn durchzuknuddeln.
Toby freute sich über neue Aquarellstifte, Pinsel und ein dazu passendes, großes Skizzenbuch. Wie River liebte er es, zu malen, und Dylan war immer wieder von seinen Werken fasziniert.
Nachdem die Kinder alle ihre Geschenke ausgepackt hatten, bekamen nun die Erwachsenen ihre.
River bekam ebenfalls neue Malutensilien. Nun saßen er und Toby gemeinsam mit ihren Sachen auf dem Boden und bewunderten alles.
Für Liam hatten Dylan und Jaden zwei neue Schnitzmesser gefunden, die er natürlich direkt austesten musste. Er verschwand kurz und kam dann mit mehreren Aststücken zurück. Völlig versunken, machte er sich daran, das Holz in kleine Wölfe zu verwandeln. Mia sah ihm in ihren neuen Kaschmirschal lächelnd dabei zu.
Für Landon und Eve hatten Jaden und Dylan zwei Wochen Urlaub auf Hawaii gebucht. Dazu gab es noch eine Karte, einen Abenteuerroman für Eve und ein Krimi-Hörbuch für Landon besorgt.
Dylan hatte sogar für seine Mutter etwas besorgt, war aber davon ausgegangen, dass es zu Hause lag. Allerdings hatte er es beim Auspacken der Geschenke dennoch gefunden. Vermutlich hatten Ryan oder Vincent es heimlich zu den anderen Geschenken in die Tasche gesteckt.
Kate lächelte, als sie vorsichtig die kleine Schachtel auspackte. Als sie sie öffnete und vorsichtig die Kette mit einem Blütenanhänger und einem kleinen Anhänger mit Dylans Namen und Geburtstag herausnahm. Eine Träne lief ihr die Wange hinunter, als sie Dylan anstrahlte und ihn dann an sich zog, um ihn fest in den Arm zu nehmen.
Als Dylan aufstand, um sein Geschenk für Jaden zu holen, zitterten seine Finger vor Aufregung. Er hoffte, dass Jaden gefiel, was er gemacht hatte.
Jaden zog ihn auf seinen Schoß, als Dylan ihm das Päckchen überreichte und küsste seine Wange. „Entspann dich“, flüsterte er und Dylan lehnte seinen Kopf an Jadens Schulter. Jaden entpackte ein Buch mit einem dunkelgrünen Ledereinband. Er öffnete es und blätterte ein wenig darin herum. Dann schloss er es, drückte es sich an die Brust und küsste Dylan leidenschaftlich.
Dylan versank im Kuss und sah Jaden atemlos an, als dieser sich nach hinten lehnte und verliebt ansah.
„Es ist perfekt“, flüsterte Jaden und lächelte glücklich. „Du bist perfekt!“ Er küsste Dylan. „Ich liebe dich!“
„Ich liebe dich auch“, flüsterte Dylan zwischen Küssen zurück.
„Sind sie nicht süß?“, fragte Mia und seufzte.
Mit knallroten Wangen ließ Dylan von Jaden ab. Schon wieder hatte er alles um sich herum vergessen!
„Oh ja, das sind sie!“, antwortete Kate.
Verlegen drückte Dylan sein Gesicht an Jadens Hals.
Jaden streichelte ihm über den Rücken. „Die sind doch nur neidisch“, sagte er und lachte.
„Was hast du denn bekommen?“, fragte Mia neugierig.
Lächelnd sah Jaden zu Dylan. „Ein Buch mit Erinnerungen von uns und Briefen von Dylan an mich. Und nein! Ihr dürft nicht reinschauen! Das ist privat!“
Dylans Wangen wurden noch ein wenig heißer.
„Naaaaaaaw!“, riefen Eve und Mia gemeinsam. Aber auch die anderen grinsten fröhlich.
„Jaja, ist ja gut jetzt!“, sagte Jaden amüsiert. „Celi-Schatz? Kannst du mir das Geschenk von mir für Dylan bringen?“
Celine nickte eifrig und rannte zum Weihnachtsbaum. Obwohl sie erst vier war, konnte sie die Namen auf den Päckchen lesen und brachte Jaden strahlend das Päckchen.
„Dankeschön“, sagte Jaden. Er nahm das Päckchen und drückte es dann Dylan in die Hand.
Neugierig betrachtete Dylan das kleine Päckchen. Vorsichtig löste er die Schleife und dann die Klebestreifen. Als er es ausgepackt hatte, hielt er eine Schatulle aus hellem, polierten Holz in der Hand. Langsam öffnete er den Deckel und spähte hinein. Darin befand sich ein schwarzes, rundes Lederarmband, an dem sich silberne Anhänger mit einem Wolf, einer mit Herz und ein Mond mit Sternen befanden. Fasziniert nahm Dylan das Armband heraus und inspizierte es. In die Anhänger waren auch mehrere Steine gearbeitet. Mit feuchten Augen sah Dylan Jaden an und küsste ihn. „Dankeschön!“
„Bitteschön, kleiner Wolf“, flüsterte Jaden und drückte ihn an sich.
Dylan hielt Jaden das Armband hin. „Kannst du es dranmachen?“, fragte er leise.
„Warte noch kurz“, sagte Jaden und zwinkerte ihm zu.
Fragend sah Dylan ihn an, erhielt aber keine Antwort.
Die kam in Form von Celine, die ihm eine kleine, gepolsterte Tüte in die Hand drückte.
Als Dylan sie öffnete, fand er darin einen weiteren Anhänger. Diesmal mit einem Welpen. Nach und nach bekam er mehr der kleinen Tütchen in die Hand gedrückt. Und in jedem fand er einen weiteren Anhänger. Von seiner Mom ein Herz mit „Mom“ darauf. Von Eve und Landon eine Blüte und einen Kompass. Von Toby einen mit Buntstiften und von River eine Farbpalette mit Pinseln. Mia und Liam steuerten Federn und eine Pfote bei.
Überwältigt saß Dylan auf Jadens Schoß und drückte schluchzend seine Stirn an Jadens Hals. Dieser streichelte ihm sanft über den Rücken und küsste seine Schläfe.
„War die Idee nicht gut?“, fragte Celine unsicher?
„Doch!“, wimmerte Dylan.
„Aber warum weinst du dann?“ Sie klang besorgt.
„Weil ich mich so freue!“, antwortete Dylan.
„Oh. Dann ist gut!“ Celine kicherte.
Jaden lachte leise. „Willst du dein Armband zusammenbasteln, damit ich es dir anziehen kann?“
Dylan nickte. „Ja, bitte!“
Da seine Finger so sehr zitterten, half am Ende seine Mom, die Anhänger auf das Armband zu fädeln. Als sie fertig war, reichte sie es an Jaden.
Dieser nahm das Armband lächelnd entgegen und legte es Dylan um das Handgelenk. Glücklich bestaunte Dylan es. Jetzt hatte er seine Familie die ganze Zeit dabei.
Auch die anderen hatten mittlerweile alle ihre Geschenke ausgepackt. Währenddessen hatten sie auch die Köstlichkeiten auf dem Couchtisch vernichtet.
Glücklich kuschelte Dylan sich an Jaden und legte seinen Kopf auf dessen Schoß ab. Celine kuschelte sich an seine Brust und Toby auf die andere Seite von Jaden. Während die beiden Welpen nach der ganzen Aufregung selig schliefen, beobachten Dylan und Jaden das Getümmel um sie herum.
Kate diskutierte mit Liam und River das Für und Wider von verschiedenen Trainingsarten, während sie gemeinsam auf einem der Sofas saßen und Kakao tranken. Eve und Mia blätterten in dem großen Pflanzenbuch, das Mia von Liam geschenkt bekommen hatte. Landon hatte sich neben Eve auf dem Sofa ausgestreckt und hörte eines seiner neuen Hörbücher.
Für Dylan fühlte es sich an wie der Himmel auf Erden. Alle waren entspannt, glücklich, hatten fröhliche Gesichter und lachten vergnügt. Hätte man ihm vor einem Jahr gesagt, dass sein Weihnachten dieses Jahr so aussehen würde, er hätte die Person ausgelacht. Es war wie ein ferner Traum, nur noch deutlich besser.
Auch seine Mom hatte er noch nie so entspannt und unbeschwert erlebt. Obwohl sie sich immer Mühe gegeben hatte, in seiner Gegenwart fröhlich zu sein, hatte er doch immer die Anspannung bemerkt.
„Bestes Weihnachten ever“, murmelte Dylan.
Jaden lacht leise und streichelte ihm über den Kopf. „Auf jeden Fall. Wir haben die Messlatte für die nächsten Jahre verdammt hochgelegt.“
Dylan drehte sich so, dass er Jaden ansehen konnte. „Jedes Weihnachten mit dir ist das Beste!“
Glücklich strahlte Jaden ihn an. „Jedes Weihnachten mit uns beiden!“
Lächelnd nickte Dylan und drehte sich wieder in Richtung des Raumes, um die anderen zu beobachten. Jaden kraulte ihm derweil weiter den Nacken.