"Ich möchte, dass du deinen Freunden schreibst und sie fragst, ob ihr euch mal wieder treffen könnt. Es ist eine Weile her, dass ich euch das letzte Mal zusammenkommen lassen habe.", sagte Nathan wie beiläufig beim Abendessen.
Ich mochte meine Freunde und normalerweise kam der Impuls, dass wir uns mal wieder treffen nicht nur von mir.
Aber ich hatte bei den letzten beiden Treffen was anderes vorgehabt.
Jetzt konnte ich vorschlagen, dass wir was zusammen machen.
Nathan legte mir das Datum vor, an dem es ihm passte, dass wir wieder zusammenkommen.
"Magst du denn mitkommen?", fragte ich ihn. "Nein Quatsch", er lachte. "unter keinen Umständen. Du musst unter normale Leute und dich mal normal verhalten. Du darfst da auch alles essen, was du möchtest und alles trinken, was du möchtest und ausnahmsweise sogar auf die Toilette gehen, wann du möchtest." Das musste ich normal sonst wenn wir nicht beieinander waren, über Textnachrichten erfragen.
Das war schon ziemlich demütigend, aber gehörte eben auch zu unserem Lebensstil dazu.
Ich wusste nicht, ob ich mit so vielen Freiheiten auf einmal umgehen konnte.
Aber andererseits freute ich mich auf meine Freunde, deswegen wars nicht ganz so tragisch.
ich freute mich wirklich.
Also machte ich mit meinen Freunden einen Termin aus und als der Tag dann gekommen war, suchte mir Nath ein Outfit raus, ich zog mich an und ging dann los zu dem Park, in dem wir uns treffen würden.
Ich war als erstes da, aber die anderen trudelten schon kurz nach mir ein. Nach kurzem Smalltalk fragte mich Jana: "Bist du eigentlich immer noch mit diesem Mann zusammen?" Wir saßen an einem Picknicktisch. Die Blätter, die von den umstehenden Bäumen herabgefallen waren, knisterten im Hintergrund und obwohl ich das Wetter liebte, zog ich die Schultern hoch. So fühlte ich mich ganz und gar nicht wohl. "Ja klar", sagte ich. "Wirklich? Das war doch dieser Kontrollfreak, oder?"
Ich seufzte und sah meine Freundinnen an. Ich hatte sie wirklich lieb, aber ich hatte dieses Gespräch schon ungefähr 80 Mal mit ihnen geführt. "Ich liebe ihn und ich bin glücklich", sagte ich also.
Die Mädchen machten bemitleidende Geräusche. Ich verdrehte die Augen. "Du musst das machen, was dich glücklich macht, Süße", sagte Ellen und legte einen Arm auf meine gefütterte Jacke. Sie wollte sicher nur liebevoll meinen Arm streicheln, aber wegen der Dicke des Materials spürte ich sie ohnehin nicht und es war einfach unauthentisch.
"Das was Ellen sagt, stimmt schon. Aber. Ich meine ja nur. Willst du nicht lieber eine richtige Parnterschaft führen, auf Augenhöhe?", fragte Frieda. Ich verdrehte erneut die Augen. "Es gibt so viel mehr an mir, was interessant ist, als meine Beziehungsform, meint ihr nicht? Meinen Job? Unsere gemeinsamen Interessen? Filme, die ich gesehen habe? Bücher, die ich gelesen habe? Habt ihr zum Beispiel 'A Haunting In Venice' gesehen?" Die anderen schüttelten nur betreten den Kopf. Dann sagte Frieda, die wohl einfach nicht locker lassen konnte: "Das ist einfach krank. Weißt du? Diese Beziehung ist krank. Sie wird dich irgendwann unglücklich machen!"
"Hallo?", sagte ich. "Ich finde nicht, dass da jemand anderes eine Meinung drüber haben sollte, als er und ich!"
Ellen neigte nachdenklich ihren Kopf. "ich glaube er nutzt dich einfach nur aus." Ich schüttelte den Kopf. Dann sagte ich: "Sieh dich doch mal an, Frieda. Dein Freund ist 12 Jahre älter als du und wohnt noch bei seiner Mutter. Warum ist er nicht mit einer Gleichaltrigen zusammen? Weil Frauen in seinem Alter selbstständig sind und es verachten, wenn ein Mann das nicht ist. Frauen in seinem Alter wissen es besser. Und du, Marina? Ist deine Beziehung etwa glücklich? Und du Ellen? Du hast drei Kinder von drei Männern und bist alleinerziehend. Jana? Du tinderst immer noch! Zora ist seit sie 19 ist verheiratet aber lebt seit sie 20 ist getrennt von diesem Mann! Und ihr sagt, ich bin die, die - obwohl ich in einer glücklichen Langzeitbeziehung lebe - keine Ahnung von Liebe habe? Er liebt mich und ich liebe ihn. Ich habe mir das ausgedacht. Aufgrund der Gefahren, die es in so einer Beziehung gibt, ist meine Beziehung hyperreflektiert. Alles, was mich einschränkt, ist überdacht worden. Wir tanzen nachts um drei in der Küche, wenn wir was zu feiern haben, wir sehen regelmäßig Freunde, er bringt mir meine Lieblingsschokolade mit, er schickt mir Fotos von süßen Sachen, bei denen er an mich denken musste, wir fahren in den Urlaub und singen die ganze Fahrt, so happy sind wir. Ich habe euch nicht gefragt, wie ihr meinen Freund findet." Sie starrten mich an. Mit so einem Ausbruch hatten sie wohl nicht gerechnet. "Versteht mich nicht falsch. Ich respektiere eure Lebensstile und denke auch nicht, dass die Art, wie ich mein Leben führe, für die meisten Menschen richtig ist. Aber ich denke, dass jeder Mensch selbst entscheiden sollte, was für ihn richtig ist und wir nicht darüber urteilen sollten. Wir können fragen, ob jemand Hilfe braucht, wenn wir uns Sorgen machen. Aber ich wünsche mir von euch, meinen Freundinnen, den gleichen Respekt den ich euch und euren Partnern entgegenbringe."
Sie waren sprachlos. Dann sagte ich: "Welche Serien schaut ihr denn gerade so?"
Zuhause empfing mich Nathan. "ich habe mitgehört", sagte er und zeigte auf mein Armband. "ich weiß", sagte ich.
"Ich finde es süß, wie du mich verteidigt hast."
Ich zuckte mit den Schultern und seufzte. Dann sagte ich: "Ich wünschte, sie würden nicht über dich sprechen. Sie tun so, als wäre ich mit einem Monster zusammen und nicht mit dir." "Bist du das denn?", fragte er. "Nein natürlich bin ich nicht mit einem Monster zusammen!", sagte ich. Er kam auf mich zu und hob mich hoch. Er roch gut und nach Kürbis und nach Herbst. Nach der Art von Herbst, die mich glücklich macht. Nach Geborgenheit. Er legte seine weichen Lippen auf meine und begann mich zu küssen. "Würde ein Monster dich so küssen?", raunte er dann. "Das schon", sagte ich und kicherte. Seine linke Hand legte sich sanft um meinen Hals. Er drückte nur ganz zärtlich, aber sofort war ich bereit, um mich ihm ganz hinzugeben. "Und so?", fragte er. "So auch", hauchte ich. Er knurrte, aber ich wusste, dass er angeturnt war. "Dann will ich dir mal zeigen, was Monster noch so machen", raunte er, bevor er mich hochhob und die Treppen nach oben beförderte. Ich jauchzte. Das was kommen würde, würde mir gefallen, so viel war sicher.