"Wie stehst du eigentlich zu mentaler Gesundheit und tpe?", fragte mich Mona, als sie uns bei uns zuhause besuchen kam. Die zwei Wochen als Chefin hatte ich erstmal geschafft.
"Wieso?", fragte ich.
"Ich habe da in diesem Forum ein Mädchen getroffen. Sie meinte dann, dass sie durch ihre Beziehung gelernt hat ihre Panikattacken in den Griff zu bekommen."
Ich nickte.
Ich hatte auch schon gehört, dass sich besonders Menschen, deren mentale Gesundheit nicht so fit ist, von der Szene angezogen fühlen.
Und leider bestätigten meine eigenen Erfahrungen das nur.
"Ich glaube, dass tpe eine Beziehungsform ist, die einen eher zerstört als aufbaut", sagte ich dann. "Für mich klappt es, aber für viele andere eben nicht. Ich habe auch Menschen getroffen, denen es gut getan hat, ja die es wohl gerettet hat. Aber im Großen und Ganzen ist es halt wirklich nicht so witzig. Man kann Menschen viel leichter von sich abhängig machen, wenn es ihnen ohnehin schon nicht so gut geht."
Mona nickte.
Dann sagte sie: "Das weiß ich. Aber wenn du Dom wärst, würdest du eine Beziehung mit einer Sub eingehen, die psychisch krank ist?"
Ich überlegte. Das war eine sehr sehr gute Frage.
Es ist auch legitim, wenn man mal auf eine Frage keine Antwort hat.
Aber dann sagte ich: "ich glaube, dass es zu individuell ist, um es so zu sagen. Grundsätzlich würde ich versuchen, es zu vermeiden."
Nathan kam rein. "Ich habe gehört, dass ihr über psychische Erkrankungen sprecht.", sagte er.
"ich würde empfehlen, sicherzugehen, dass es kein Symptom der Krankheit ist. Aber sonst ist eine psychische Krankheit kein Hindernis."
Er ließ sich neben mich fallen.
Unsere Beziehung war im Moment ein einziges Träumchen.
Wir hatten so viel Sex wie lange nicht mehr. Und er war einfach reflektiert und wunderbar.
"Was wenn ich zu kaputt bin, um jemals wieder geliebt zu werden und in einer Beziehung zu sein?", fragte Mona.
"ich glaube, jeder Mensch ist wie ein wunderschönes Kunstwerk und jeder Mensch ist irgendwie schon mal runtergefallen. Manche haben einen Sprung, anderen fehlt ein Teilchen, wieder andere haben sich mühevoll wieder zusammen geklebt. Aber egal wie es ist, man kann in einer Beziehung sein, es ist nur nicht für jeden das Richtige zu jeder Zeit. Kennst du all die Statuen und Plastiken, denen ein Arm fehlt oder die Nase? Leute zahlen trotzdem dafür, sich dieses Kunstwerke anzusehen. Und komplett zertrümmert bist du nicht, so lange du noch stehen kannst.", sagte ich. Nathan stupste mir auf die Nase: "Das ist sehr poetisch, meine Liebe. Aber leichter kann man auch sagen, dass es niemandem schadet in Therapie zu gehen und alleine rauszufinden, was man will. Danach kann man sich immer noch binden. Bevor ich mit Lilly zusammengekommen bin, war ich auch in Therapie. Es war nichts schlimmes, aber ich hatte etwas, was ich ordentlich aufarbeiten wollte. Und danach fühlte ich mich befreit."
Mona nickte. Dann sagte sie: "Das leuchtet mir ein. Mir wurde auch gesagt, dass man nach häuslicher Gewalt manchmal ein bisschen braucht, bis man sich sicher fühlt. Ich finde den Gedanken furchtbar, dass jemand mein neues Schlafzimmer betreten könnte. Egal wer. Ich möchte einfach nicht, dass jemand in meine Schutzhöhle eindringt."
"Dann hast du doch schon viel gelernt", sagte Nathan. "Es ist ein Zeichen von Heilung, wenn man seine Grenzen wahrnimmt und dafür einsteht, dass sie respektiert werden. Es kann auch eine Grenze sein, obwohl niemand anderes sie hat. Es kann auch eine Grenze sein, obwohl alle sie albern finden. Wenn du nicht willst, dass jemand dein Schlafzimmer betritt, dann betritt auch niemand dein Schlafzimmer, das ist vollkommen in Ordnung."
Mona dachte einen Moment nach, dann sagte sie: "Und was ist mit einer tpe Beziehung?"
Ich seufzte. Das war wirklich schwierig, weil ich nicht so wirklich hinter dem Konzept an sich stand, außer wenn es um meine eigene Beziehung ging.
"Ich glaube, du kannst schon Halt in einer tpe Beziehung erfahren und es kann das Beste für dich sein, weil es Stabilität und Routine gibt. Und auch in einer tpe Beziehung kann man sagen, du hast die komplette Macht - aber nur in diesem Rahmen. Angenommen du legst fest, dass du nicht im gleichen Zimmer schlafen willst, dann kannst du ihm trotzdem die gesamten anderen Entscheidungen überlassen.
Also alle Entscheidungen, die noch getroffen werden müssen, trifft dann der Partner. Alles was vorher entschieden wurde, wird nicht mehr angetastet. Überlegs dir aber gut!"
Nachdem Mona wieder aufgebaut war, fragte mich Nathan: "Würdest du zum Beispiel nach der Geburt unserer Kinder an postpartalen Depressionen leiden, wie soll ich mit dir darüber reden? Möchtest du, dass ich einfach entscheide, dass du was dagegen machst, oder möchtest du es dialogischer regeln?" Ich hatte nie darüber nachgedacht, wie er reagieren sollte, würde ich aus welchen Gründen auch immer, psychisch erkranken.
"Ich denke es wäre gut, wenn du das Gespräch suchst. Besonders bevor du irgendwas entscheidest, was langfristige Folgen hat. Aber ich denke, dass du mir auch viel helfen kannst, mich zu erholen, ohne unsere tpe Beziehung in den Vordergrund zu stellen. Wer weiß, vielleicht tut es mir in der Situation dann gut, das Gefühl zu haben, dass ich Kontrolle habe, wenigstens ein bisschen."
Das Wochenende war super. Wir waren immer noch ganz aufgedreht von all den schönen Dingen, die uns in letzter Zeit widerfahren waren.
Aber Montag fiel meine Laune leider wieder ein bisschen, weil meine Chefin wieder gesund war. Klar freute ich mich darüber, denn ich gönnte jedem Menschen nur das beste. Aber sie behandelte mich wieder, als wäre ich ein Kind. Sie gab mir wieder Aufgaben, die mich eher langweilten und teilte mich Projekten zu, bei denen nur noch der Abschluss gemacht werden musste.
"Letzte Woche habe ich gute Ergebnisse bei den Projekten festgestellt, die von Anfang bis Ende der gleichen Person zugeteilt waren."; sagte ich bei unserem 1:1 Meeting zu ihr. Sie war irgendwie noch blass.
"Wie meinst du das?", fragte sie.
"Ich habe unsere Projektliste durchgeschaut und gemerkt, dass die Projekte dann nicht nur schneller abgeschlossen wurden, sondern auch mit weniger Fehlerkorrekturen."
"Oh das ist ja aufmerksam von dir. Ich mache diesen Job schon seit sieben Jahren. Ich wei0, worauf ich achten muss, um erfolgreiche Projekte abzuschließen. Danke!"
Ich war so frustriert, dass ich mich bei Nathan auskotzte.
"Ich verstehe, dass es dich nervt", antwortete er mir. "Aber du musst dich erstmal fügen. Es dauert sicher nur etwas, bis du dich wieder eingearbeitet hast."