Nathan war unterwegs.
Das war in Ordnung.
Manchmal benahm er sich so, als wäre ich ein Hund, der nicht alleine sein konnte.
Auch heute morgen, bevor er losgefahren war, hat er mir gesagt, dass Jan am Abend nach mir sehen würde und mich Lucius am nächsten Tag dann nach der Arbeit abholen würde, damit ich dort mit ihm den Abend verbringen sollte.
Am nächsten Morgen sollte ich von dort zur Arbeit gehen und abends würde dann eine Freundin von ihm - Isabell - nach mir sehen. Tatsächlich so, als wäre ich ein Haustier, dessen Besitzer weg ist. "Alle drei sind mit unserem Lebensstil vertraut. Du wirst auf sie hören und sie mit höchstem Respekt behandeln.", hatte Nathan verlangt.
"Du wirst artig sein und dich benehmen." "Ja", hatte ich gesagt. "Sie sind alle dominant. Du wirst sie mit Anrede ansprechen und alles tun, was sie wollen, außer natürlich Sex, Blowjobs und Küssen. Hast du das verstanden?" "Natürlich", hatte ich genervt gesagt.
Ich liebte ihn, aber das war doch eindeutig überreagiert. Ich konnte durchaus mal alleine zuhause sein.
Jetzt war ich bei der Arbeit und fühlte mich einsam, weil er nicht antwortete. Er hatte mir genau vorgegeben, was ich wann zu tun hatte und hatte mir auch eine Nummer für den Notfall gegeben.
Alles normal also.
Ich nervte ihn auch nicht. Ich hatte ihn nur gefragt, wie es läuft, aber er war auf einer Konferenz mit seinem Chef. Vermutlich wollte er keinen schlechten Eindruck machen und aufs Handy schauen.
Das verstand ich.
Wirklich. Deswegen wollte ich ja auch nicht mucken.
Ich arbeitete also und machte zu den vorgeschriebenen Zeiten eine Pause.
Er hatte sogar den Essensplan mit mir gemeinsam ausgewählt.
Also war alles in Ordnung, ich wusste genau, was ich machen sollte.
Nach der Arbeit ging ich nach Hause, wie ausgemacht.
Ich machte meine Aufgaben und Sport, dann duschte ich und schickte Nathan den Bericht der vergangenen Stunden. Abends dann saß ich auf dem Sofa und wusste nicht, was ich machen sollte.
Ich hatte ein paar Dinge, die ich tun konnte, wenn ich ein Loch in meinem Tag hatte, welches Nathan nicht für mich gefüllt hatte.
Aber ich wollte weder Lesen, noch meine Aufgaben vom nächsten Tag anfangen oder zeichnen oder Klavier üben.
Das waren die Dinge, die ich ohne zu fragen in meiner Freizeit machen konnte.
Ich musste fragen, bevor ich jemandem schrieb oder jemanden traf.
Und ich wollte ihn nicht belästigen, deswegen hatte ich das Handy, nachdem ich es auf dem Heimweg von der Arbeit ausgeschaltet hatte, nicht wieder angemacht.
Eigentlich wollte ich auch nicht unbedingt Besuch bekommen. Nur von Nathan.
Ich wollte kuscheln oder Sex oder irgendwas anderes eben.
Ich seufzte und vermisste ihn schrecklich.
Jan hatte einen Zweitschlüssel bekommen. Er kam heute rein, ohne zu klingeln. Ich hatte keine Geheimnisse vor Nathans Freunden zu haben. "Hallihallo", begrüßte er mich fröhlich.
Das hatte ich nie an Jan verstanden. Er war einfach ein fröhlicher Mensch. Im Gegensatz zu Lucius, der irgendwie von einer dunklen Aura umgeben war. Aber vielleicht lag das auch an seinem Namen - ich meine, wer wie Draco Malfoys Vater heißt hat einfach einen engeren Draht zu den dunklen Künsten.
Ich nickte, unsicher was ich tun sollte.
"Steh auf", forderte er mich auf. Er stellte sein Handy gegen die Wand gelehnt an die Kommode und schaltete die Kamera ein.
Dass wir auch Videokameras hier hatten, die mich permanent kontrollierten, schien er nicht zu wissen.
"Ich soll dich kontrollieren, inspizieren sozusagen. Und damit Nathan sieht, dass ich alles nach unserer Vereinbarung mache, filme ich es und schicke es ihm heute Abend zu. "In Ordnung", sagte ich, die Kamera lief eh schon.
"Zieh dich bitte aus.", sagte Jan.
Ich durfte eigentlich nicht von anderen Doms angefasst werden.
Aber Nathan wusste, dass ich manchmal, wenn ich einsam war und es mir schlecht ging, nicht sagte, dass ich mir wehgetan hatte, um niemandem eine Bürde zu sein.
Deswegen wollte er wohl, dass die anderen Doms mich checkten.
In Unterwäsche stand ich nun also vor Jan - der immerhin Oberarzt war, also wusste, was er tat.
Jan tastete mich ab, während ich Inspektionsposition vor ihm stand.
Als er fertig war, nickte er zufrieden. "Sehr gut", lobte er mich und streichelte meinen Kopf.
Eigentlich mochte ich Jan nicht besonders, aber ich war froh, nicht alleine zu sein. Zumindest ein bisschen. "Ich habe dir Essen mitgebracht", sagte er und stellte die Kamera wieder aus.
"Aber ich kann doch selbst kochen, Sir", sagte ich. Ich war davon ausgegangen, dass er mir erlauben würde, etwas selbst zuzubereiten.
"Ich weiß, aber Martha hat dir eins ihrer legendären Sandwiches gemacht, Lilly", sagte er. "Iss es einfach."
Er legte es vor mir auf den Tisch und begann dann nach einem Teller zu suchen.
Er beobachtete mich anschließend beim Essen, was mir wirklich sehr unangenehm war.
"Was ist denn?", fragte er mich. Ich sagte nichts.
Als ich aufgegessen hatte, sagte er: "Dann mal ab ins Badezimmer, mach dich bettfertig."
"Aber es ist doch erst 19 Uhr", sagte ich. Er zog eine Augenbraue hoch. Dann sagte er: "Ich bin hier, um nach dir zu sehen und dich zu versorgen.
Ich habe dich untersucht, gefüttert und jetzt gehts schlafen. Ich habe zu Hause noch einen Haufen eigene Frauen, mit denen ich ein Abendritual vollziehen muss."
Ich schluckte und fühlte mich wie eine Belastung.
Wäre Nath doch wieder zurück.
"Ich möchte aber nicht", sagte ich. Ich hatte nicht vorgehabt aufmüpfig zu werden, aber mein Dom schickte mich nie so früh schlafen und ich wollte ich stundenlang wach in meinem Bett liegen und ihn vermissen.
Sobald ich einmal lag, stand ich nicht wieder auf. Das durfte ich nicht.
Jan seufzte. Dann fragte er, überraschend einfühlsam: "Ist es, weil dir Nathan fehlt?"
Ich nickte und sah auf den Boden, auf einmal den Tränen nahe.
Er stand auf, ging zu mir und nahm mich in den Arm. "Das verstehe ich", sagte er, während er meinen Kopf an seine Schulter drückte.
Aber das ändert nichts daran, dass ich heute noch nach Hause muss und sichergehen möchte, dass es dir gut geht, wenn du ins Bett gehst."
Ich nickte, natürlich verstand ich ihn.
"Ich gehe schon", flüsterte ich und löste mich aus seinen Armen. "Nein, warte", befahl er.
"ich nehme dich mit zu mir nach Hause. Das war zwar eigentlich nicht so abgemacht. Aber ich denke, dass es das beste ist, wenn du jetzt noch nicht alleine sein musst. Martha oder eine meiner anderen Mädchen macht dir gerne ein Bett fertig. Ist das okay?", fragte ich.
Ich nickte.
Das war mir lieber als alleine in diesem großen Haus zu bleiben.
Eigentlich mochte ich Jan nicht besonders, aber die Art wie er auf mich einging, sprach für ihn.
Ich war mir sicher, dass es mir besser gehen würde, wenn ich erstmal bei ihm zuhause war, mit all den lachenden, jungen Frauen.
Ich ging schnell hoch, um meinen Schlafanzug, meine Zahnbürste und etwas für den nächsten Morgen zum Anziehen mitzunehmen, dabei beeilte ich mich natürlich, denn ich wollte Jan nicht länger aufhalten als unbedingt nötig.
Ich wollte keine Last für ihn sein.
Erst im Auto merkte ich, dass ich sowohl mein Handy als auch mein Armband, welches man ja orten und auch abhören konnte, zuhause vergessen hatte.
Aber Nathan war eh die ganze Zeit beschäftigt und es würde ihm sicher nicht auffallen. Und wenn doch, konnte er ja mit Jan Kontakt aufnehmen - so war ich mir sicher.